Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

19.09.2001

Geschäftszahl

2001/16/0174

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der B GmbH in P, vertreten durch Dr. Marcella Prunbauer, Dr. Andreas Peyrer-Heimstätt, Dr. Leonhard Romig, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Mahlerstrasse 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 10. Jänner 2001, Zl. RV 551-09/07/00, betreffend Stempelgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin brachte mit Schriftsatz vom 28. April 1997 beim Österreichischen Patentamt eine Gegenschrift gegen den von der T GmbH gestellten Antrag auf Löschung der Marke "AUTOFIT" infolge Nichtgebrauchs gemäß Paragraph 33 a, MSchG (Markenschutzgesetz 1970) ein.

In der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 1999 legte die Beschwerdeführerin mit dem Antrag auf Beweisaufnahme unter anderem zwei Konvolute mit 617 Rechnungen als Beweis betreffend die Benutzung dieser Marke (Beilagenkonvolut 41) und 124 Umfragebögen zum Ergebnis einer Umfrageerhebung betreffend den Verkehrsgeltungsnachweis dieser Marke (Beilagenkonvolut 44) vor. Der Senat der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes wies diesen Antrag der Beschwerdeführerin auf Beweis durch die genannten Konvolute gemäß Paragraph 42, Absatz eins, MSchG in Verbindung mit Paragraph 119, Absatz eins, PatG und Paragraph 179, ZPO wegen verspäteten Vorbringens und, weil eine Zulassung der neuen Beweise das Verfahren erheblich verzögern würde, ab.

Die Beschwerdeführerin entrichtete für das Beilagenkonvolut 41 Stempelgebühr von S 30.850,-- und für das Beilagenkonvolut 44 Stempelgebühr von S 6.200,--, insgesamt somit S 37.050,--.

Mit der Eingabe vom 6. August 1999 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Rückerstattung zu Unrecht entrichteter Stempelgebühren. Sie brachte vor, eine Beilage sei nur dann gebührenpflichtig, wenn sie entweder einer gebührenpflichtigen Eingabe oder einem eine Eingabe ersetzenden Protokoll (Paragraph 14, TP 7 Ziffer eins, GebG) beigelegt würde. Die gegenteilige Ansicht, wonach Beilagen zu allen Protokollen der TP 7 gebührenpflichtig wären, sei unrichtig, weil sie im Wortlaut der TP 5 keine Stütze finde. Eine solche Auslegung würde erfordern, dass die Bezeichnung "Protokolle" ohne Klammernausdruck gleichberechtigt neben den "Eingaben" und verbunden mit dem Wort "oder" angeführt sei, was nach dem Gesetzeswortlaut und auch der Intention des Gesetzgebers nicht erfolgt sei, obwohl dies möglich gewesen wäre. Es sei auch nicht gerechtfertigt, die im streitigen Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung des Patentamtes erstellten Verhandlungsprotokolle als gebührenpflichtige Protokolle zu betrachten, die eine Beilagengebührenpflicht auslösten. Für die streitigen Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung sei bei Einleitung des Verfahrens für das gesamte Verfahren eine Verfahrensgebühr in Höhe von S 2.900,-- zu entrichten, welche den gerichtlichen Pauschalgebühren in den streitigen Verfahren vor den Zivilgerichten vergleichbar sei. Durch die Verfahrensgebühren würden sämtliche mit dem Verfahren verbundenen Tätigkeiten der Behörde abgedeckt und seien insbesondere für Verhandlungsprotokolle keine weiteren Gebühren zu entrichten. Bei Streitigkeiten vor der Nichtigkeitsabteilung des Patentamtes handle es sich um "civil rights" im Sinn des Artikels 6 MRK. Eine derart exzessive Gebührenbelastung verstoße gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens. Die Beschwerdeführerin machte auch noch die Verletzung weiterer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend.

Mit Bescheid vom 31. Jänner 2000 wies das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien das Ansuchen der Beschwerdeführerin auf Rückerstattung von Stempelgebühren ab. Dies mit der Begründung, die in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 1999 vorgelegten 617 Rechnungen und 124 Seiten Marktanalysen stellten nachgereichte Beilagen zu der Gegenäußerung (Gegenschrift) vom 28. April 1997 dar und unterlägen somit der Gebührenpflicht gemäß Paragraph 14, TP 5 Absatz eins, GebG. Diese Schriften seien daher nicht als Beilagen zum Protokoll über die mündliche Verhandlung zu werten. Grundsätzlich sei jede Schrift für sich als Beilage anzusehen. Als Kriterium für die Zusammengehörigkeit mehrerer beschriebener Blätter zu einer Beilage sei anzusehen, ob die beschriebenen Blätter einen inhaltlich fortlaufenden Text enthielten. Bei den ausgestellten Rechnungen und Marktanalysen fehle das wesentliche Kriterium eines inhaltlich fortlaufenden Textes.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen diesen Bescheid als unbegründet ab und führte aus, die Gebühren nach dem Gebührengesetz seien keine Äquivalenzgebühren. Weder das Gerichtsgebührengesetz noch das Rechtsgebührengesetz würden Vorschriften kennen, die Gerichtsgebühren einerseits und Rechtsgebühren andererseits abgrenzten. Fehle es an einer grundsätzlichen Abgrenzungsbestimmung, so unterliege ein und derselbe Rechtsvorgang mehreren Abgabenbelastungen. Unter Überreichung sei das Einlangen einer Eingabe bei der Behörde zu verstehen, wobei mit der Überreichung die Gebührenschuld entstehe, wenn Stempelmarken bei einer Eingabe auf der überreichten Schrift anzubringen gewesen wären. Eine Eingabe sei ein schriftliches Anbringen, wodurch ein bestimmtes Verhalten einer Privatperson eine Anordnung oder Verfügung der Behörde innerhalb ihres gesetzlichen Wirkungsbereiches veranlassen solle. Eine Eingabe könne einen Antrag enthalten. Das Fehlen eines Antrages nehme der Schrift nicht die Eigenschaft einer Eingabe, wenn die Voraussetzungen des Paragraph 14, TP 6 GebG vorlägen. Eingaben, mit denen eine Partei von der ihr von der Behörde eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme zum bisherigen Verfahrensergebnis, zur Rechtsanschauung der Behörde und dergleichen Gebrauch mache und der Behörde ihren Standpunkt zur Kenntnis bringe, unterliege auch dann der Eingabengebühr, wenn sie keinen weiteren Antrag enthalte. Die nachträglich zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen dienten in erster Linie der Unterstützung der Argumentation der am 28. April 1997 eingebrachten Gegenschrift und sollten diesen Antrag bekräftigen. Die Beweismittel seien auf Grund des verspäteten Vorbringens im laufenden Verfahren nicht mehr zugelassen worden, was aber die einmal durch die Vorlage entstandene Gebührenschuld nicht mehr aufhebe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, für die Beilagen keine Gebühr entrichten zu müssen.

Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Paragraph 14, TP 6 Absatz eins, GebG 1957, in der Fassung Bundesgesetzblatt Nr. 797 aus 1996,, unterliegen Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, einer festen Gebühr von S 120,--. Zur Entrichtung der Stempelgebühr ist gemäß Paragraph 13, Absatz eins, Ziffer eins, GebG 1957 derjenige verpflichtet, in dessen Interesse die Eingabe eingebracht wird.

Eine Eingabe im Sinne des Paragraph 14, TP 6 Absatz eins, GebG 1957 ist nach der oben wiedergegebenen Begriffsbestimmung des Gesetzes somit ein schriftliches Anbringen, wodurch ein bestimmtes Verhalten einer Privatperson zur amtlichen Kenntnis gebracht oder im Interesse einer Privatperson eine Anordnung oder Verfügung der Behörde innerhalb ihres gesetzlichen Wirkungskreises veranlasst werden soll vergleiche das hg Erkenntnis vom 19. März 1990, Zl. 89/15/0033).

Für die Gegenschrift vom 28. April 1997 entrichtete die Beschwerdeführerin eine Stempelgebühr von S 120,--. Sowohl die belangte Behörde als auch die Beschwerdeführerin gehen von der Gebührenpflicht dieser Eingabe gemäß Paragraph 14, TP 6 Absatz eins, GebG 1957 aus.

Gemäß Paragraph 14, TP 5 Absatz eins, GebG 1957 unterliegen Beilagen, das sind Schriften und Druckwerke aller Art, wenn sie einer gebührenpflichtigen Eingabe (einem Protokolle) beigelegt werden, von jedem Bogen einer festen Gebühr von S 50,--, jedoch nicht mehr als S 300,-- je Beilage.

Der Gebührenpflicht des Paragraph 14, TP 5 Absatz eins, GebG unterliegen auch Beilagen, die im Zusammenhang mit einer gebührenpflichtigen Eingabe nachgereicht werden vergleiche die hg. Erkenntnisse vom 5. März 1990, Zl. 89/15/0061, und vom 14. Jänner 1991, Zl. 90/15/0086).

Eine Beilage setzt in erster Linie die Eignung des Schriftstückes voraus und die Vorlage der Urkunde muss in der offensichtlichen Absicht erfolgen, das Vorbringen in der Eingabe zu stützen oder zu ergänzen, mit anderen Worten, die Erreichung des mit dem gebührenpflichtigen Antrag verfolgten Zieles zu fördern. Das Tatbestandsmerkmal des Privatinteresses bestimmt den Begriff der gebührenpflichtigen Eingabe im Sinne des Paragraph 14, TP 6 Absatz eins, GebG 1957 vergleiche das Erkenntnis vom 5. März 1990, Zl. 89/15/0061).

Hinsichtlich der vorgelegten Rechnungen und Markenumfragebögen ist die Absicht der Beschwerdeführerin auf einen persönlichen und materiellen Vorteil zu erkennen, nämlich den gemäß Paragraph 33 a, MSchG von der T GmbH gestellten Antrag auf Löschung der Marke abzuwenden. Es ist nicht von Bedeutung, zu welchem Zeitpunkt die Beilagen im Laufe des Verfahrens nachgereicht werden, solange dies noch im Zusammenhang mit der gebührenpflichtigen Eingabe geschieht vergleiche das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1956, Zl. 511/56). Wenn die Beschwerdeführerin vermeint, die Vorlage der Beilagen sei zur Entkräftung des Vorbringens der Gegenseite erfolgt und nicht um die Argumente der eigenen Eingabe zu stützen, so kann ihr nicht gefolgt werden. In der Gegenschrift behauptete die Beschwerdeführerin die Marke sei von ihr und verbundenen Unternehmen seit 1975 ununterbrochen für Waren und Dienstleistungen gebraucht worden. Die Rechnungen sind anlässlich der mündlichen Verhandlung zum Beweis betreffend Benutzung der Marke und das Ergebnis der Umfrageerhebung zum Nachweis der Verkehrsgeltung vorgelegt worden. Die Beweisurkunden wurden somit zur Stützung der Behauptungen in der Gegenschrift vorgelegt. Der Zusammenhang mit der gebührenpflichtigen Eingabe war daher gegeben.

Die Beschwerdeführerin hat den Tatbestand des Paragraph 14, TP 5 Absatz eins, GebG mit dem Nachreichen der Beilagen in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 1999 erfüllt, weil die Gebührenschuld gemäß Paragraph 11, Ziffer eins, GebG bei Eingaben und Beilagen im Zeitpunkt ihrer Überreichung entsteht. Der Antrag auf Zulassung der Beilagen wurde zwar abgewiesen, dies hat aber keinen Einfluss auf das Entstehen der Gebührenschuld.

Auf die in der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob das anlässlich der mündlichen Verhandlung aufgenommene Verhandlungsprotokoll der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes und die bei der Verhandlung eingereichten Beilagen als Beilagen des (Verhandlungs-) Protokolls der Gebührenpflicht unterliegen, erübrigt sich, weil es im Beschwerdefall darauf nicht ankommt (zur Frage der Gebührenpflicht siehe Frotz-Hügel-Popp, Kommentar zum Gebührengesetz, Paragraph 14, TP 5 B römisch eins 3, sowie Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren6 (1998), Anmerkung 1 zu Paragraph 14, TP 5 und Arnold, AnwBl. 1986, S. 85 f).

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, die bei der Einleitung des streitigen Verfahrens vor der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes zu leistende Verfahrensgebühr von S 2.900,-- sei den gerichtlichen Pauschalgebühren in den streitigen Verfahren vor den Zivilgerichten vergleichbar und decke sämtliche mit dem Verfahren verbundenen Tätigkeiten der Behörde, insbesondere auch die Errichtung von Verhandlungsprotokollen ab. Dem ist zu entgegnen, dass nach den Bestimmungen des Gerichtsgebührengesetzes (GGG) und des Gebührengesetzes 1957 (GebG) Gerichtsgebühren und Stempel- und Rechtsgebühren nebeneinander bestehen können. Das GebG hat vielmehr lediglich in einzelnen Tarifbestimmungen eine Doppelbelastung mit Gerichtsgebühren und Gebühren nach dem GebG ausgeschlossen. In den anderen Fällen ist davon auszugehen, dass selbst ein und derselbe Rechtsvorgang mehreren Abgabenbelastungen unterliegen kann vergleiche Fellner, a.a.O. E 16 zu Paragraph eins, unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 18. November 1993, Zl. 93/16/0014).

Gemäß Paragraph 40, Absatz eins, MSchG ist für jeden vor der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes zu verhandelnden Antrag eine Gebühr von S 2.900,-- zu zahlen. Diese Gebühr wurde von der antragsstellenden T GmbH entrichtet.

Durch die Nachreichung der Beilagen zur Gegenschrift vom 28. April 1997 entstand für die Beschwerdeführerin die Gebührenpflicht nach Paragraph 14, TP 5 Absatz eins, GebG aus einem anderen Grund und zu einem anderen Zeitpunkt. Eine Befreiung oder ein Ausschluss der Gebührenpflicht ist in den anzuwendenden Bestimmungen wegen der bereits entstandenen Gebühr von S 2.900,-- nicht normiert. Die Stempelgebühr war daher zu entrichten und der Antrag auf Rückerstattung wurde mit Recht abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin behauptet ferner, durch die Gebührenbelastung werde gegen den Grundsatz eines "fairen Verfahrens" verstoßen. Ein solches Verfahren erfordere, dass der Betroffene seine Rechte "effektiv vertreten können" müsse, was bei einer exzessiven Gebührenbelastung für Beweisurkunden nicht gegeben sei.

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Beilagengebühr S 50,-- beträgt und daher von einer exzessiven Gebührenbelastung für Beilagen keine Rede sein kann. Ferner bestimmt der Einschreiter selbst, welche Urkunden und in welcher Anzahl solche Urkunden als Beilagen vorgelegt werden, sodass er es in der Hand hat, die Gebührenbelastung einzuschränken oder auszuweiten. Eine exzessive Gebührenbelastung für Beweisurkunden, die ihn hindert, seine Rechte effektiv vertreten zu können, liegt nicht vor. Im Übrigen fällt die Vorschreibung von Abgaben nicht unter Artikel 6 MRK vergleiche VfSlg. 8112 und 11500).

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß Paragraph 42, Absatz eins, VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die Paragraphen 47, ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung Bundesgesetzblatt Nr. 416 aus 1994,.

Wien, am 19. September 2001