Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

27.11.2003

Geschäftszahl

2001/15/0076

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des A in S, vertreten durch Dr. Hans Wabnig, Rechtsanwalt in 5600 St. Johann im Pongau, Hauptstraße 35, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 12. März 2001, RV 426/1-9/00, betreffend Familienbeihilfe ab Dezember 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Familienbeihilfe samt Erhöhungsbetrag (ab Dezember 1997) im Instanzenzug abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, der im Jahr 1945 geborene Beschwerdeführer sei im Heim St. Vinzenz untergebracht. Seit November 1997 würden die Unterhaltskosten "vom Sozialamt mitgetragen". Einen erheblichen Teil der Unterhaltskosten trage der Beschwerdeführer allerdings selbst. Das Finanzamt habe den Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe abgewiesen, weil sich der Beschwerdeführer iSd Paragraph 6, Absatz 2, Litera d, FLAG in Anstaltspflege befinde. Es sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer voraussichtlich dauernd außer Stande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Nach Ansicht der belangten Behörde sei die Unterbringung des Beschwerdeführers im Heim - im Hinblick auf die Betreuung und Pflegeleistungen - als Anstaltspflege anzusehen. Da der Beschwerdeführer für die Kosten dieser Einrichtung nicht zur Gänze selber aufkomme bzw aufgekommen sei, bestehe kein Anspruch auf Familienbeihilfe iSd Paragraph 6, Absatz 2, Litera d, FLAG.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß Paragraph 12, Absatz eins, Ziffer 2, VwGG gebildeten Senat erwogen:

Paragraph 6, Absatz 2, Litera d, FLAG räumt volljährigen Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe ein, wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außer Stande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und sich in keiner Anstaltspflege befinden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof seit dem Erkenntnis vom 25. April 2002, 99/15/0210, in ständiger Judikatur zu Recht erkennt, ist für die Auslegung der Tatbestandsmerkmale Anstaltspflege in Absatz 2, Litera d und Heimerziehung in Absatz 5, des Paragraph 6, FLAG die Kostentragung entscheidend. Der Absicht des Gesetzgebers entsprechend soll in Fällen, in denen der Unterhalt einer Person durch die Unterbringung in Anstaltspflege oder in einem Heim durch die öffentliche Hand sichergestellt ist, kein Anspruch auf Familienbeihilfe nach Paragraph 6, Absatz 2, Litera d, oder Paragraph 6, Absatz 5, FLAG bestehen. Dabei kommt es nicht auf die Art der Unterbringung (Bezeichnung als Anstalt oder Heim), sondern ausschließlich auf die gänzliche Kostentragung durch die öffentliche Hand an.

Anstaltspflege im Sinne des Paragraph 6, Absatz 2, Litera d, FLAG liegt somit nur dann vor, wenn der Unterhalt der behinderten Person unmittelbar und zur Gänze durch die öffentliche Hand gewährt wird. Dies ist nicht der Fall, wenn zum Unterhalt durch die untergebrachte Person - durch eigene Mittel - beigetragen wird.

Unbestritten ist im gegenständlichen Fall, dass der Beschwerdeführer einen Teil der Kosten der Unterbringung durch eigene Mittel getragen hat. Solcherart trifft es nicht zu, dass sich der Beschwerdeführer zur Gänze auf Kosten der öffentlichen Hand in Anstaltspflege befunden hat. Die belangte Behörde hat die Rechtslage verkannt, indem sie bei dieser Sachlage das Bestehen eines Anspruches auf Familienbeihilfe deshalb verneint hat, weil sie von Anstaltspflege im Sinn des Paragraph 6, Absatz 2, Litera d, FLAG ausgegangen ist.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Ziffer eins, VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 47, ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung Bundesgesetzblatt Teil 2, 333 aus 2003,.

Wien, am 27. November 2003