Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

26.11.2003

Geschäftszahl

99/13/0160

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde des E P in W, vertreten durch Writzmann & Partner GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungskanzlei in 1120 Wien, Schönbrunnerstraße 188, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22. Juni 1999, Zl. RV/361- 16/13/99, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

In seiner für das Jahr 1997 eingereichten Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung machte der Beschwerdeführer, welcher darin als Beruf "Manager" angab, unter dem Titel "Fort- und Weiterbildung" Werbungskosten in Höhe von rund S 44.000,-- geltend.

Anlässlich der Arbeitnehmerveranlagung für 1997 anerkannte das Finanzamt als Werbungskosten (nur) rund S 10.000,--. Begründend wurde ausgeführt, als Werbungskosten seien Kosten der Berufsfortbildung absetzbar. Ausbildungskosten seien als Kosten der Lebensführung nicht begünstigt.

In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, der Persönlichkeits- und Wirtschaftstrainerlehrgang stelle eindeutig eine berufsbezogene Weiterbildung dar, da sämtliche Inhalte sofort und unmittelbar umgesetzt werden könnten und dem Beschwerdeführer daraus berufliche Vorteile erwüchsen. Als Prokurist und Außendienstleiter bei N obliege dem Beschwerdeführer die Führung, Motivation und Schulung von Mitarbeitern. Gerade im Bereich des Außendienstes führe eine verbesserte Rhetorik und Kommunikation mit den Kunden zu merkbar besseren Erfolgen. Da mit Großkunden auch Verhandlungen zu führen seien, könne der Beschwerdeführer seine verbesserten Fähigkeiten in den Bereichen Argumentation und Verhandlung unmittelbar umsetzen. Bei der Führung eines Teams bringe die Kenntnis von Motivation, Teambildung und Gruppendynamik entscheidend bessere berufliche Ergebnisse. Im Rahmen von Sitzungen und Besprechungen sei richtige Moderation ein wesentlicher Grundstein zum Erfolg. In den persönlichen Gesprächen mit seinen Mitarbeitern sei die Kenntnis des NLP (neurolinguistischen Programmierens), also die Fähigkeit, gezielt auf das Lern- und Reaktionsverhalten des Anderen einzugehen, für seinen weiteren beruflichen Erfolg entscheidend. Coaching - also das zielorientierte Gespräch mit Mitarbeitern - bedeute, gemeinsam mit jedem einzelnen Mitarbeiter Ziele festzulegen und ihn auf dem Weg dorthin zu unterstützen. Je erfolgreicher seine Mitarbeiter ihre Ziele erreichten, umso größer sei der Erfolg im Unternehmen. Im Rahmen von Schulungen müsse der Beschwerdeführer auch interne Seminare abhalten, das optimale Gestalten von Seminardesigns sei daher von grundlegender beruflicher Bedeutung für ihn. Auch das berufsbezogene Einzeltraining sei als berufsbezogene Weiterbildung zu verstehen, weil dabei immer wieder berufsrelevante Situationen besprochen und entsprechende Strategien erarbeitet worden seien. Die erarbeiteten Lösungen habe der Beschwerdeführer praxisrelevant immer wieder umsetzen und sich daraus erhebliche berufliche Vorteile verschaffen können. Mit Hilfe dieses Coachings sei es dem Beschwerdeführer gelungen, innerhalb kürzester Zeit ein schlagkräftiges Team aufzubauen und das Jahr 1997 als einer der erfolgreichsten Mitarbeiter abzuschließen. Das berufliche Umfeld des Beschwerdeführers habe sich seit der Fusion von S. und C. zu N. entscheidend verändert. Im Zuge dieser Fusion seien in Österreich etwa 25 % der Belegschaft gekündigt oder in den Ruhestand geschickt worden. Gerade in führender Managementfunktion sei es für ihn daher nicht einfach gewesen, seine Stellung zu behaupten und auszubauen. Der Besuch des Wirtschaftstrainerlehrganges und des berufsbezogenen Einzeltrainings hätten ihm nicht nur ganz wesentlich dabei geholfen, seine Position in der N. zu festigen und auszubauen, sondern habe letztlich auch dazu geführt, dass ihm auf Grund seines Erfolges heuer eine Position als Marketingleiter und Mitglied der Geschäftsleitung bei G. angeboten worden sei. Diese neue, finanziell besser dotierte Position werde der Beschwerdeführer ab Juni (1998) antreten. Somit komme seine persönliche Weiterbildungsinitiative über deutlich höhere Einkommensteuereinnahmen auch dem Staat Österreich zu Gute.

Mit Berufungsvorentscheidung wurde der Berufung insofern teilweise Folge gegeben, als nunmehr Werbungskosten in Höhe von rund S 29.000,-- anerkannt wurden. Soweit geltend gemachte Fortbildungskosten weiterhin nicht anerkannt wurden, führte die Behörde begründend aus, Kurse für die Verbesserung kommunikativer Fähigkeiten könnten nicht als Berufsfortbildung betrachtet und Aufwendungen in diesem Zusammenhang somit nicht als Werbungskosten abgesetzt werden. Auch wenn Kurse betreffend "Neuro Linguistik Programming", deren Sinn in der Förderung der Kommunikationsmöglichkeiten bestehe, geeignet seien, die beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu verbessern, stellten sie keine berufspezifische Fortbildung dar. Für diese Beurteilung spreche zunächst der Umstand, dass die Kurse von Angehörigen der verschiedensten Berufsgruppen besucht würden, woraus abgeleitet werden könne, dass das in den Kursen vermittelte Wissen von sehr allgemeiner Art sei. Kommunikative Fähigkeiten seien in einer Vielzahl von Berufen auch außerhalb von beruflichen Tätigkeiten, nämlich im Zusammenleben der Menschen ganz allgemein, von Bedeutung. Dieser weite Bereich der Bedeutung kommunikativer Fähigkeiten lasse jedoch eine einwandfreie Erkennbarkeit der berufsspezifischen Bedingtheit der Aufwendungen nicht zu. Auch von einer so untergeordneten, einen gemischten Aufwand ausschließenden Bedeutung der privaten Veranlassung könne daher nicht gesprochen werden. Die Kosten betreffend den Persönlichkeits- und Wirtschaftstrainerlehrgang könnten daher steuerlich nicht berücksichtigt werden.

In seinem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte der Beschwerdeführer aus, dass nach Rücksprache mit dem Seminarveranstalter abgeklärt worden sei, dass die Kurse in erster Linie für Mitarbeiter, die mit der Führung von Menschen tätig seien, organisiert würden. Der Kursinhalt sei daher nicht allgemeiner Natur, sondern diene dazu, Konfliktpotenziale, die in Entscheidungsebenen bzw. -strukturen anfielen, bestmöglich bewältigen und erfassen zu können. Daher seien Schwerpunkte und Zielgruppen Personen mit Berufen im Management, deren Hauptaufgabe eben die Koordination und Leitung anderer Mitarbeiter sei. Genau so eine Funktion habe der Beschwerdeführer innegehabt. Von einer beruflichen Veranlassung von Fortbildungskosten könne in aller Regel nur dann ausgegangen werden, wenn diese zu einer Verbesserung der Kenntnisse und Fähigkeiten innerhalb des ausgeübten Berufes führten und damit die Möglichkeit bestehe, eine qualifizierte Stellung einzunehmen. Genau das sei beim Beschwerdeführer geschehen. Im Hinblick auf das Leistungsprofil des Berufes des Beschwerdeführers könne daher davon ausgegangen werden, dass er die vorliegenden Seminareinheiten zum Wirtschafts- und Kommunikationstrainer benötige. Ein Indiz dafür sei, dass viele Arbeitgeber derartige Seminare für ihre Dienstnehmer bezahlten. Daher sollte bei jemandem, der die Aufwendungen für den Kurs selbst trage, keine Schlechterstellung durch Versagung der Abzugsfähigkeit der Kosten eintreten. Nach einem näher zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes sei nicht das Wesen der einzelnen Bildungsmaßnahme zu untersuchen, sondern der komplette Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit. Daher gehe die standardisierte Begründung des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung, die losgelöst vom beruflichen Zusammenhang eine Fortbildungsmaßnahme streiche, an den Intentionen des obgenannten Erkenntnisses vorbei.

Mit dem angefochtenen Bescheid in der Fassung einer nachfolgenden Bescheidberichtigung gemäß Paragraph 293, BAO wurde der Berufung entsprechend der erlassenen Berufungsvorentscheidung teilweise stattgegeben. Soweit die Berufung hinsichtlich der Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Wirtschafts- und Persönlichkeitstrainerlehrgang abgewiesen wurde, räumte die belangte Behörde zwar ein, dass der Lehrgang sicherlich geeignet gewesen sei, Kommunikation, Rhetorik, Argumentation und dergleichen zu verbessern, das dadurch angeeignete Wissen aber auch für eine Vielzahl von anderen Berufen wie auch für allgemein interessierte Personen von Bedeutung sei. Hinzu komme, dass kommunikative Fähigkeiten auch außerhalb von beruflichen Tätigkeiten, nämlich im Zusammenleben der Menschen ganz allgemein von Bedeutung seien. Auszugsweise werde ein in der Wiener Zeitung veröffentlichter Artikel betreffend "3. Österreichischer NLP Kongress - NLP im Management" wiedergegeben, dem zu entnehmen sei, NLP beleuchte und bearbeite das Beschreiben von Zielen, den Kontakt zu sich selbst und anderen, den "ressourcenvollen Umgang" mit Stress und Belastung, die Nutzung der unbewussten Fähigkeiten und das Schärfen der Wahrnehmung und der individuellen Lernstrategie. Die Organisations- und Strukturaufstellung mit NLP sei eine Technik, mit der "Probleme und Anliegen von Organisationen und Unternehmen erkennbar werden und für die Betroffenen neue Perspektiven für sich und die Organisation freilegen. Sie helfen Führung und Zielvorstellung zu klären und die Notwendigkeit von organisatorischen und personellen Veränderungen zu erkennen und Wege aus Problemsituationen zu finden". Daraus lasse sich nach Meinung der belangten Behörde ebenfalls ableiten, dass die Kurse - was Lernziel und Seminarinhalt betreffe - sehr allgemein gehalten seien. Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 17. September 1996, 92/14/0173) seien "diese Kurse" nicht geeignet, eine berufsspezifische Wissensvermittlung aufzuzeigen. Unabhängig davon, dass die Kurse von Angehörigen der verschiedensten Berufsgruppen besucht würden bzw. für Angehörige verschiedenster Berufsgruppen geeignet gewesen seien, entbehrten sie auch keineswegs der Anziehungskraft für Personen, die aus privatem Interesse Informationen über die dort angebotenen Themen erhalten wollten. Dass die Weiterbildung in Fertigkeiten, die ganz allgemein für den außerberuflichen Bereich wie auch für verschiedene berufliche Bereiche Bedeutung hätten und zudem der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen im Randbereich dienlich seien, bei diesem nicht zu einer berufsspezifischen Bedingtheit der Aufwendungen führe, habe im Übrigen der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. April 1998, 98/14/0004, ausgesprochen. Der Verwaltungsgerichtshof habe in nunmehr ständiger Rechtsprechung in zahlreichen Erkenntnissen betreffend Fortbildungskosten entschieden, dass die "dort beschriebenen Kurse" geeignet gewesen seien, die beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten der Kursteilnehmer zu verbessern, dass "diese" jedoch keine berufsspezifische Fortbildung darstellten, weil sie zu allgemein gehalten seien. Der berufsspezifische Zusammenhang sei jedoch Vorraussetzung für die Anerkennung von Fortbildungskosten als Werbungskosten. Genau diese Vorraussetzung fehle auch im gegenständlichen Berufungsfall.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

In seiner Beschwerde rügt der Beschwerdeführer unter anderem, die belangte Behörde habe lediglich behauptet, dass der Wirtschaftstrainerlehrgang zwar das Wissen des Beschwerdeführers für seinen Beruf verbessere, "dies" aber auch für viele andere Berufe oder auch für allgemein interessierte Personen von Bedeutung sein könne. Begründet werde dies mit dem Hinweis auf "NLP im Management" im Zusammenhang mit dem bereits erwähnten Zeitungsartikel. Die NLP-Grundlagen seien jedoch "lediglich ein Zehntel des ganzen Wirtschaftstrainerlehrganges" gewesen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer im Ergebnis einen Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides auf: Die belangte Behörde begründet ihre Ansicht, im Beschwerdefall sei das in dem besuchten Lehrgang angeeignete Wissen für Angehörige einer Vielzahl anderer Berufe als demjenigen, welchem der Beschwerdeführer angehöre, wie auch für allgemein Interessierte von Bedeutung, unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 17. September 1996, 92/14/0173, ausschließlich damit, dass NLP-Kurse eine berufspezifische Wissensvermittlung nicht aufzeigten. Die belangte Behörde übersieht jedoch, dass es sich bei dem besuchten Persönlichkeits- und Wirtschaftstrainerlehrgang, dessen Kosten hinsichtlich ihrer Anerkennung als Werbungskosten im Beschwerdefall strittig sind, nicht um einen NLP-Kurs als solchen gehandelt hat. Zwar trifft es zu, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Beschreibung des Lehrganges in der Berufung auch den Begriff NLP verwendet, bzw. eine diesbezügliche Kenntnisvermittlung dargetan hat, dies allerdings nur neben zahlreichen anderen Lehrinhalten (wie Führung, Motivation und Schulung von Mitarbeitern, Rhetorik und Kommunikation, Argumentation und Verhandlung, Motivation, Teambildung und Gruppendynamik etc.). Mit der Frage, inwieweit die diesbezüglichen Lehrinhalte geeignet waren, eine auf die Berufsgruppe von Personen, welcher auch der Beschwerdeführer angehört, zugeschnittene Fortbildung darzustellen, hat sich die belangte Behörde nicht auseinander gesetzt und den angefochtenen Bescheid damit mit einem Begründungsmangel belastet, bei dessen Vermeidung sie zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Hinzu kommt, dass im angefochtenen Bescheid nicht dargetan wird, woraus die belangte Behörde ableitet, dass die entsprechenden Kurse von Angehörigen der verschiedensten Berufsgruppen besucht worden seien bzw. für Angehörige verschiedener Berufsgruppen geeignet gewesen seien und auch keineswegs der Anziehungskraft für Personen entbehrt hätten, die aus privatem Interesse Informationen über die dort dargebotenen Themen hätten erhalten wollen. Aktenkundig sind entsprechende Erhebungen, aus welchen die belangte Behörde zu diesem Ergebnis hätte gelangen können, nicht.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Ziffer 3, VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 47, ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung Bundesgesetzblatt Teil 2, Nr. 333 aus 2003,. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer im pauschalierten Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist.

Wien, am 26. November 2003