Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

10.12.1997

Geschäftszahl

97/13/0185

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

97/13/0217

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde 1.) des W T in T, vertreten durch Dr. Karl Baldauf, Rechtsanwalt in Güssing, Badstraße 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 7. August 1997, Zl. GA 8 - 2179/1/96, betreffend die Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe und zu Unrecht bezogener Kinderabsetzbeträge für die Zeit vom 1. Juli 1994 bis 30. April 1995 im Gesamtbetrag von S 47.000,--, und 2.) der M T in T, ebenfalls vertreten durch Dr. Karl Baldauf, Rechtsanwalt in Güssing, Badstraße 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 7. August 1997, Zl. GA 8 - 2179/96, betreffend die Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe und zu Unrecht bezogener Kinderabsetzbeträge für die Zeit vom 1. Mai 1995 bis 31. Mai 1996 im Gesamtbetrag von S 58.500,--, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus den Ausführungen in den beiden angefochtenen Bescheiden ergibt sich, daß das Finanzamt mit Bescheid jeweils vom 9. Mai 1996 festgestellt hat, daß der Erstbeschwerdeführer die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag vom 1. Juli 1994 bis 30. April 1995 für zwei im Jahr 1982 bzw. 1984 geborene Kinder im Gesamtbetrag von S 47.000,--, die Zweitbeschwerdeführerin die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für diese Kinder im Zeitraum vom 1. Mai 1995 bis 31. Mai 1996 zu Unrecht bezogen und sich daher die Rückzahlungspflicht nach Paragraph 26, Absatz eins, Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) i.V.m. Paragraph 33, Absatz 4, EStG 1988 ergeben habe.

Das Finanzamt habe die Rückforderungsbescheide damit begründet, daß beide Kinder seit Juni 1994 im Rahmen der vollen Erziehung gemäß Paragraph 29, des Burgenländischen Jugendwohlfahrtsgesetzes im Kinderheim Sp. untergebracht seien und somit kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe. In der Berufung hätten die Beschwerdeführer im wesentlichen ausgeführt, daß die Meldung über die Heimunterbringung aufgrund einer Auskunft des Jugendamtes unterlassen worden sei, daß weiters eine genaue Aufstellung über die für die Kinder getätigten Aufwendungen nicht möglich sei und außerdem das Jugendamt auch die Kosten übernehmen solle, weil die beiden Kinder auf dessen Veranlassung in einem Heim untergebracht worden seien. Das Finanzamt habe über die Berufungen jeweils mit Berufungsvorentscheidung abweisend entschieden. In den Anträgen auf Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz hätten die Beschwerdeführer nochmals darauf verwiesen, daß die Unterlassung der Meldung über den Heimaufenthalt der Kinder aufgrund einer Auskunft durch eine Sozialarbeiterin des Jugendamtes erfolgt sei, sodaß sich die Beschwerdeführer dadurch in einem Rechtsirrtum befunden hätten, der das Unerlaubte ihres Verhaltens infolge der Unkenntnis der Gesetzeslage entschuldige.

Nach einer Zitierung der Gesetzesbestimmungen über die Anspruchsberechtigung für die Familienbeihilfe (hier auch der Haushaltszugehörigkeit nach Paragraph 2, Absatz 5, Litera a bis c FLAG) und die Kinderabsetzbeträge nach Paragraph 33, Absatz 4, EStG sowie die entsprechenden Rückforderungsvorschriften wird in den angefochtenen Bescheiden im Erwägungsteil weiters festgestellt, die beiden Kinder seien bereits am 28. März 1994 wegen Gefahr im Verzug bis zur Klärung ihrer weiteren Unterbringung vorübergehend in der Heilpädagogischen Station des SOS Kinderdorfes H. untergebracht worden. Gleichzeitig sei durch das Jugendamt die Übertragung der Obsorge für die beiden Kinder an die Bezirkshauptmannschaft beantragt worden. Seit 30. Juni 1994 seien die Kinder im Rahmen der vollen Erziehung gemäß Paragraph 29, des Burgenländischen Jugendwohlfahrtsgesetzes im Kinderheim Sp. untergebracht. Die Kosten der Unterbringung hätten im Jahr 1996 S 680,-- je Kind pro Tag betragen und die Eltern seien zu keinem Kostenbeitrag verpflichtet worden. Die Obsorge für die Kinder sei im strittigen Zeitraum der Bezirkshauptmannschaft G. übertragen worden. Gemäß Paragraph 2, Absatz 5, FLAG gehöre ein Kind nur dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teile. Für die ersten Monate der vorübergehenden Unterbringung der Kinder im SOS Kinderdorf (April bis Juni 1994) sei vom Finanzamt nur ein vorübergehender Aufenthalt der Kinder außerhalb der gemeinsamen Wohnung im Sinne des Paragraph 2, Absatz 5, Litera a, leg. cit. angenommmen worden. Um ein Kind, das sich außerhalb der gemeinsamen Wohnung der Familie aufhalte, noch als haushaltszugehörig ansehen zu können, dürfe der Aufenthalt nicht solcherart sein, daß er zu einer Auflösung der Wohngemeinschaft führe. Durch die Übernahme der Kinder in die Pflege und Erziehung in das sozialpädagogische Kinderheim für die Dauer von zwei Jahren allein im strittigen Zeitraum sei für diese Kinder zur Gänze die erzieherische und weitgehend die wirtschaftliche Obsorge nicht mehr von den Eltern getragen worden. Es könne weder von einheitlicher Wirtschaftsführung in einer Wohnung noch von einem nur vorübergehenden Aufenthalt der Kinder außerhalb der Wohnung gesprochen werden. Eine Haushaltszugehörigkeit der Kinder sei daher ab Juni 1994 keinesfalls mehr festzustellen. Da die Beschwerdeführer zu keinem Kostenbeitrag verpflichtet gewesen seien, die "von den Kindeseltern freiwillig geleisteten Ausgaben für die Kinder (z.B. zwei Füllfedern um je S 39,--, Zirkel, Fahrradschlauch, ...)" in keiner Relation zu den tatsächlichen Kosten der Unterbringung gestanden seien und (so die Ausführungen im erstangefochtenen Bescheid) "auch nicht in Höhe der Familienbeihilfe nachgewiesen werden konnten, kann auch ein Anspruch auf Familienbeihilfe wegen überwiegender Kostentragung bzw. ein eventueller Anspruch gemäß Paragraph 2, Absatz 5, Litera c, FLAG nicht festgestellt werden". Die Regelung der Rückzahlungspflicht im Sinne des Paragraph 26, FLAG stelle nur auf den objektiv vorliegenden Sachverhalt der zu Unrecht bezogenen Familienbeihilfe ab. Persönliche oder sonstige Umstände, die zum unrechtmäßigen Bezug geführt hätten, seien nicht zu berücksichtigen. Die Rückzahlungspflicht bestehe somit auch dann, wenn die im Paragraph 25, FLAG vorgesehene Meldung durch unverschuldete Unkenntnis unterlassen und dadurch ein unrechtmäßiger Bezug der Familienbeihilfe bewirkt worden sei.

In der von beiden Beschwerdeführern eingebrachten Beschwerde wird beantragt, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

Die Beschwerdeführer seien durch die angefochtenen Bescheide in "unserem Recht verletzt und zwar unter Zugrundelegung des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes, nämlich auf Gewährung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge im Zeitraum 1.5.1995 - 31.5.1996 mit dem Gesamtbetrag von S 58.500,-- bzw. vom 1.7.1994 - 30.4.1995 im Gesamtbetrag von S 47.000,--".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Paragraph 2, Absatz 2, FLAG hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein in Absatz eins, genanntes Kind eine Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Nach Paragraph 33, Absatz 4, Ziffer 3, Litera a, EStG 1988 i.d.F. Bundesgesetzblatt Nr. 312 aus 1992,, steht ab 1993 einem Steuerpflichtigen, dem aufgrund des FLAG Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag zu.

Gemäß Paragraph 2, Absatz 5, FLAG gehört ein Kind dann zu einem Haushalt, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört (Paragraph 2, Absatz 5, letzter Satz leg. cit.).

Nach dem zweiten Satz des Paragraph 2, Absatz 5, FLAG gilt die Haushaltszugehörigkeit u.a. dann nicht als aufgehoben, wenn sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält (Paragraph 2, Absatz 5, Litera a, leg. cit.) oder sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe beiträgt (Paragraph 2, Absatz 5, Litera c, leg. cit.).

In der Beschwerde wird vorgebracht, die belangte Behörde zitiere die gesetzlichen Bestimmungen, "nicht jedoch den Paragraph 2, Absatz 5, Litera c, FLAG". Nach einer Wiedergabe dieser Gesetzesstelle wird weiters geltend gemacht, es werde "daher festgestellt werden müssen, daß mit der ausgezahlten Familienbeihilfe für die Kinder beigetragen worden ist".

Dieses Vorbringen steht mit den angefochtenen Bescheiden bereits insofern in Widerspruch, als in beiden Bescheiden ausdrücklich auch die Bestimmung des Paragraph 2, Absatz 5, Litera c, FLAG genannt wird. In beiden Bescheiden wird auch festgestellt, daß die Beschwerdeführer zu keinem Kostenbeitrag für die Heimunterbringung der Kinder verpflichtet gewesen und die von den Beschwerdeführern freiwillig geleisteten Ausgaben in keiner Relation zu den tatsächlichen Kosten der Unterbringung gestanden seien. Im erstangefochtenen Bescheid wird dazu auch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Kostentragung auch nicht in Höhe der Familienbeihilfe habe nachgewiesen werden können. Diese Feststellungen bleiben in der Beschwerde unbestritten. Durch die in der Beschwerde in den Raum gestellte Rüge allein, es hätte festgestellt werden müssen, daß mit der aufgezeigten Familienbeihilfe für die Kinder "beigetragen" worden sei, wird eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide nicht aufgezeigt.

In der Beschwerde wird weiters im - Anschluß an die Ausführungen zu Paragraph 2, Absatz 5, Litera c, FLAG - geltend gemacht, es hätte "des weiteren" (festgestellt werden müssen), daß die "Kinder nur vorübergehend im Pflegenest waren und sind bereits im Frühsommer 1996 wieder zu uns nach Hause gekommen".

Mit diesem offenbar entgegen der in der Beschwerde sich aus dem Zusammenhang ergebenden Darstellung nicht die Bestimmung des Paragraph 2, Absatz 5, Litera c, FLAG, sondern die Ausnahmeregelung des Paragraph 2, Absatz 5, Litera a, FLAG ansprechenden Vorbringen (wonach die Haushaltszugehörigkeit eines Kindes nicht als aufgehoben gilt, wenn es sich nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält) wird ebenfalls keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide dargetan. Das Bestehen einer einheitlichen Wirtschaftsführung im Sinne des Paragraph 2, Absatz 5, erster Satz FLAG wird von den Beschwerdeführern nicht behauptet und eine durchgehend rund zwei Jahre dauernde Unterbringung in einem Kinderheim im Zuge einer Maßnahme der Jugendwohlfahrt (volle Erziehung gemäß Paragraph 29, des Burgenländischen Jugendwohlfahrtsgesetzes bei Übertragung der Obsorge an die Bezirkshauptmannschaft) kann nicht mehr als nur vorübergehender Aufenthalt außerhalb der gemeinsamen Wohnung im Sinne des Paragraph 2, Absatz 5, Litera a, FLAG angesehen werden vergleiche dazu sinngemäß auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 1985, 84/13/0121, sowie das Erkenntnis vom 19. Mai 1969, Slg. Nr. 3.912/F).

Soweit in der Beschwerde wiederum darauf verwiesen wird, die Beschwerdeführer hätten sich aufgrund einer Auskunft einer Dipl. Sozialarbeiterin in einer unverschuldeten Unkenntnis der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen befunden und daher "entschuldigt" die Anzeige der Unterbringung der Kinder an das Finanzamt unterlassen, ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden festzuhalten, daß es für die Rückforderung nach Paragraph 26, Absatz eins, FLAG (der nach Paragraph 33, Absatz 4, Ziffer 3, Litera a, letzter Satz auch betreffend Kinderabsetzbeträge anzuwenden ist) nur auf die objektive Unrechtmäßigkeit des Bezuges der Familienbeihilfe ankommt (soweit nicht Paragraph 26, Absatz eins, zweiter Halbsatz leg. cit. zur Anwendung kommt). Allenfalls im Bereich der Strafbarkeit nach Paragraph 29, FLAG relevante subjektive Elemente der Vorwerfbarkeit des Verhaltens können daher für die in Rede stehende Rückforderung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge dahingestellt bleiben.

Da damit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war diese ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß Paragraph 35, Absatz eins, VwGG als unbegründet abzuweisen.