Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

16.01.1991

Geschäftszahl

89/13/0169

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der Ing. K GesmbH gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 27. Juni 1989, GZ. GA 7 - 783/9/87, betreffend Haftung gemäß Paragraph 14, BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Haftungsbescheid vom 23. Juni 1983 zog das Finanzamt die Beschwerdeführerin als Haftungspflichtige gemäß Paragraph 14, BAO zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der B Betriebstechnische Beratungs- und KonstruktionsgesmbH (kurz B-GesmbH) in Höhe von S 2,311.440,-- heran. Die innerhalb offener Frist gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung ab. Die Beschwerdeführerin beantragte hierauf, dieses Rechtsmittel der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und führte begründend im wesentlichen aus:

Die Gründung der Beschwerdeführerin sei mit Gesellschaftsvertrag vom 28. November 1978, die Eröffnung ihres Betriebes am 1. Jänner 1979 erfolgt. Zum Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sei ihr Gesellschafter Ing. K, welcher auch Geschäftsführer und Alleingesellschafter der B-GesmbH gewesen sei, bestimmt worden.

Mit Mietverträgen vom 3. Jänner 1979 habe die B-GesmbH ihre Geschäftsräumlichkeiten in Wien, W und M samt komplettem Inventar an die Beschwerdeführerin vermietet. "Das wirtschaftliche Eigentum" an der Betriebs- und Geschäftsausstattung sei mit dem Kaufvertrag vom 31. März 1980 "auch zivilrechtlich übertragen" worden.

Mit Lizenzvertrag vom 10. Jänner 1979 habe die B-GesmbH der Beschwerdeführerin die ausschließliche Verwendung der Wortbildmarke "B" gestattet. Durch einen Zusatzvertrag vom 8. August 1979 habe sich die Lizenzgeberin verpflichtet, die Bezeichnung "B" aus ihrem Firmenwortlaut zu streichen.

Ab 1. Jänner 1979 habe die Beschwerdeführerin auf Grund einer Betriebsvereinbarung die "rund 370 bis 400 Mitarbeiter der B-GesmbH alle unter Anrechnung der Vordienstzeiten, Abfertigungs- und Pensionsansprüche" übernommen. Gleichzeitig sei eine Versicherungspolizze im Wert von S 451.647,40 für Pensionsansprüche übertragen worden.

Da die Beschwerdeführerin auch die für die Fortführung des Betriebes erforderlichen Betriebsmittel und die vorhandenen Geschäftsbeziehungen übernommen habe, sei "die B-GesmbH gänzlich ihres Goodwills entkleidet" gewesen.

Den dargestellten Vorgang habe offenbar auch der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, Ing. K, als Unternehmensübergang gewertet.

In diesem Zusammenhang verweist die belangte Behörde auf einen von Ing. K zweimal, nämlich offenbar einmal als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin und zum Zweiten als Geschäftsführer der B-GesmbH unterschriebene Mitteilung an seine Mitarbeiter, welche laut der im Verwaltungsakt erliegenden Fotokopie wie folgt lautet:

"In den letzten Jahren hat sich in unserem Unternehmen eine Menge von Veränderungen ergeben. Es sind Firmenanteile zugekauft und verkauft, Stammanteile übertragen, Geschäftsführer und Prokuristen ausgewechselt, Kapitalerhöhungen vorgenommen worden.

Um nun als Abschluß eine klare rechtliche und organisatorische Abgrenzung zu schaffen, hat sich die Firmenleitung zur Ausgliederung der Bereiche "Technische Büros" und "EDV-Service" in einem eigenen Rechtskörper entschlossen.

Die mit 28. November 1978 gegründete Ing. K GesmbH übernimmt ab 1.1.1979 nach und nach alle Mitarbeiter der B Betriebstechnische Beratung und KonstruktionsgesmbH und tritt nach Abschluß eines Lizenzvertrages mit dieser in die bestehenden Aufträge ein.

Selbstverständlich bleibt es unseren Kunden frei, laufende Aufträge durch die B Betriebstechnische Beratung und KonstruktionsgesmbH, die dann als Generalunternehmer auftritt, durchführen zu lassen.

Die Markenbezeichnung "B" wird auch künftig von der Ing. K GesmbH verwendet. Die Firma B Betriebstechnische Beratung und KonstruktionsgesmbH beschränkt sich auf die weitere Markenpflege, sowie die Verwaltung der Kapitalbeteiligungen und stellt alle Aktivitäten in den Bereichen "Technisches Büro" und "EDV-Service" ein.

Damit es beim Übertritt der Angestellten zur Ing. K GesmbH zu keiner Schmälerung der wohlerworbenen Rechte der Mitarbeiter kommt, wird vom Betriebsrat zusammen mit der Geschäftsführung beider Gesellschafter, die wie bisher durch Herrn Ing. K repräsentiert wird, ein Sozialplan im Sinne des Paragraph 109, Arbeitsverfassungsgesetz erstellt, der alle Details in arbeitsrechtlicher Sicht regelt.

Da weiterhin das gleiche Team unter der gleichen Leitung zur Verfügung steht, ist eine gleichbleibende Dienstleistung für unsere Kunden gesichert.

Die oben beschriebene Maßnahme ermöglicht es, eine Phase der ruhigen und von äußeren Einflüssen ungestörten Entwicklung der Bereiche "Technisches Büro" und "EDV-Service" einzuleiten, die sicher zum Vorteil für Kunden und Mitarbeiter gereicht."

Mit Generalversammlungsbeschluß vom 15. Jänner 1980 - so wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides sodann weiter fortgefahren - sei die Liquidation der B-GesmbH beschlossen worden. Eine entsprechende Eintragung in das Handelsregister sei am 12. Februar 1980 erfolgt. Der Antrag auf Konkurseröffnung vom 26. August 1981 sei am 21. September 1981 mangels Vermögens abgewiesen worden.

Im Hinblick auf die Übernahme der Wortbildmarke "B", der Betriebsräumlichkeiten samt Ausstattung und Betriebsmittel, der bestehenden Aufträge, der Mitarbeiter und des Firmenwertes sei davon auszugehen, daß die wesentlichen Grundlagen der B-GesmbH der Beschwerdeführerin "übertragen" und diese in die Lage versetzt worden sei, das Unternehmen fortzuführen. Die der B-GesmbH verbleibende Verwaltung von Kapitalbeteiligungen sei ebenso wie die Markenpflege, die infolge des Lizenzvertrages nur "in einem Schutz der Marke" habe bestehen können, "keine wesentliche Grundlage des Unternehmens".

Da die B-GesmbH ihren Flugbetrieb bereits 1977 eingestellt habe, "machten die von" der Beschwerdeführerin "fortgeführten technischen Büros und das EDV-Service die wesentlichen Teile des gesamten Unternehmens aus". Die Inanspruchnahme für die Betriebssteuern des gesamten Unternehmens sei daher zu Recht erfolgt.

Daß entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin ein lebensfähiges Unternehmen übergegangen sei, gehe aus der Tatsache hervor, daß der Betrieb mit durchaus beachtlichem Erfolg hätte weitergeführt werden können. Daran vermöge auch der Ankauf weiterer Anlagengüter im Werte von S 2,532.000,-- von Dritten nichts zu ändern, weil laufende Investitionen zum normalen Geschäftsbetrieb eines Unternehmens gehörten. Im übrigen sei anzumerken, daß von dem genannten Betrag S 1,681.000,-- auf Aufwendungen für den Erwerb von Beteiligungen und Wertpapieren entfallen seien.

Auch der Umstand, daß die B-GesmbH mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt habe, stelle keinen Grund dar, die objektive Lebensunfähigkeit dieses Unternehmens anzunehmen.

Abschließend sei noch darauf verwiesen, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der zivilrechtliche Titel, der den Erwerber zur Nutzung bestimmter Teile des Betriebsvermögens des "Vorunternehmens" berechtigte, nicht entscheidend sei; maßgebend sei vielmehr die tatsächliche Einräumung des Verfügungsrechtes in einer Weise, die es ermögliche, den Betrieb im wesentlichen unverändert fortzuführen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach Paragraph 14, Absatz eins, Litera a, BAO haftet dann, wenn ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im ganzen übereignet wird, der Erwerber für Abgaben, bei denen die Abgabepflicht sich auf den Betrieb des Unternehmens gründet, soweit die Abgaben auf die Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt die - durchaus auch im Zuge mehrerer aufeinanderfolgender Rechtsgeschäfte mögliche - Übereignung eines Unternehmens bzw. eines im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführten Betriebes im ganzen vor, wenn der Erwerber ein lebendes bzw. lebensfähiges Unternehmen übernimmt vergleiche z.B. hg. Erkenntnis vom 22. April 1986, Zl. 85/14/0165). Dabei müssen nicht alle zum Unternehmen gehörigen Wirtschaftsgüter übereignet werden, sondern nur jene, welche die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens bilden und den Übernehmer mit der Übernahme in die Lage versetzen, das Unternehmen fortzuführen.

Im Beschwerdefall bestreitet die Beschwerdeführerin nicht die Ausführungen der belangten Behörde, daß die B-GesmbH schon in den Jahren 1977 und 1978 (die Beschwerdeführerin wurde erst mit Gesellschaftsvertrag vom 28. November 1978 gegründet) ihren Bereich "Flugbetrieb" einstellte und die Computeranlage verkaufte. Außer Streit steht aber auch, daß sie in der Folge nur mehr die Bereiche "EDV-Service" und "Technische Büros" ausübte.

Aus der diesbezüglich unbestrittenen Sachverhaltsdarstellung der belangten Behörde ergibt sich ferner, daß die Ende 1978 gegründete, und mit 1. Jänner 1979 ihren Betrieb eröffnet habende Beschwerdeführerin mit diesem Stichtag auf Grund einer Betriebsvereinbarung die Mitarbeiter der B-GesmbH - daß auch eine andere GesmbH Mitarbeiter übernommen haben soll, wird erstmals konkret in der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde behauptet - unter Anrechnung von Vordienstzeiten, Abfertigungs- und Pensionsansprüchen übernommen und wenige Tage später die Geschäftsräumlichkeiten der B-GesmbH samt Inventar von dieser mietete. Das Inventar wurde etwas später von der Beschwerdeführerin käuflich erworben. Auch die ausschließliche Verwendung der Wortbildmarke "B" ging schon Anfang Jänner 1979 auf Grund eines Lizenzvertrages von der B-GesmbH auf die Beschwerdeführerin über.

Es wurde von der Beschwerdeführerin konkret aber auch nie in Abrede gestellt, daß sie die von der B-GesmbH zum 1. Jänner 1979 noch ausgeübten Bereiche, nämlich "EDV-Service" und "Technische Büros" übernahm und gleichsam nahtlos weiterführte.

In völlig eindeutiger Weise ergibt sich die Tatsache der Übernahme des Betriebes der B-GesmbH durch die Beschwerdeführerin aus der schon oben zitierten Mitteilung des Ing. K an die Mitarbeiter, die in der Ausführung gipfelt, daß "weiterhin das gleiche Team unter der gleichen Leitung zur Verfügung steht", weshalb eine gleichbleibende Dienstleistung für die Kunden gesichert sei.

Aus den Ausführungen in dieser Mitteilung geht in eindeutiger Weise hervor, daß die von der B-GesmbH noch betriebenen Bereiche nunmehr von der Beschwerdeführerin übernommen und weitergeführt wurden.

Wenn die Beschwerdeführerin einwendet, die Ausführungen in der in Rede stehenden Mitteilung stellten nur eine subjektive Einschätzung der Situation durch Ing. K dar, so wird dieser Einwand in der Gegenschrift zu Recht mit dem Hinweis auf die Funktionen der genannten Person, die nicht nur Gesellschafter-Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, sondern auch der B-GesmbH war, abgetan. Geht man nämlich davon aus, daß Ing. K in seiner Stellungnahme als Geschäftsführer beider Gesellschaften allein alle zwischen diesen geschlossenen Verträge und Vereinbarungen abschloß, dann kann schon aus diesem Grund kein Zweifel daran bestehen, daß niemand so gut wie er den wahren Inhalt und Vertragswillen der betreffenden Vereinbarungen kannte. Dafür aber, daß er in der schon mehrfach genannten, von der Beschwerdeführerin nie in Zweifel gezogenen Mitteilung eine unrichtige, nicht den Tatsachen entsprechende Darstellung gab, gibt es keinen wie immer gearteten Anhaltspunkt.

Bei dieser Sachlage kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, wenn sie zu dem Schluß gelangte, daß die Beschwerdeführerin als Betriebsnachfolgerin der B-GesmbH im Sinne des Paragraph 14, Absatz eins, BAO zu behandeln ist. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß die B-GesmbH nach den Ausführungen des Ing. K auch nach Übernahme ihrer Betriebe "EDV-Service" und "Technische Büros" durch die Beschwerdeführerin noch "Markenpflege" und "Verwaltung von Kapitalbeteiligungen" ausübte. Mit Recht wird diesbezüglich schon im angefochtenen Bescheid die Auffassung vertreten, daß es sich bei diesen Tätigkeiten nicht um "wesentliche Grundlagen des Unternehmens" der B-GesmbH gehandelt habe. Dies gilt umso mehr, als diese GesmbH in dem fraglichen Zeitraum offenbar weder Personal noch Betriebsräumlichkeiten mehr besaß.

Da einerseits eine Begrenzung der Haftung gemäß Paragraph 14, BAO nicht vorgesehen ist vergleiche Stoll, BAO, Wien 1980, Seite 36), und andererseits ohnehin davon auszugehen ist, daß die Beschwerdeführerin alle betrieblichen Bereiche der B-GesmbH übernahm, gehen auch die Einwendungen der Beschwerdeführerin gegen die Tatsache ins Leere, daß sie hinsichtlich der gesamten Abgabenschuldigkeiten der B-GesmbH in Anspruch genommen wurde.

Wenn die Beschwerdeführerin in ihren Ausführungen anklingen läßt, die B-GesmbH sei eigentlich infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten im Zeitpunkt der Übernahme durch die Beschwerdeführerin gar kein lebensfähiges Unternehmen mehr gewesen, so fehlt hiefür jeder konkrete Beweis. Im übrigen behauptet nicht einmal die Beschwerdeführerin dezidiert, daß sie nicht in der Lage gewesen wäre, die von der B-GesmbH übernommenen "Bereiche" ohne weiteres weiterzuführen und sie bestreitet auch nicht die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach es ihr gelang, entsprechende Erfolge zu erzielen. Daß in der Folge dann der Ankauf von Anlagegütern erfolgte, wobei unbestrittenermaßen von der aufgewendeten Summe von rund S 2,500.000,-- rund S 1,700.000,-- auf die Anschaffung von Beteiligungen und Wertpapieren entfielen, ist in diesem Zusammenhang, wie die belangte Behörde sinngemäß richtig erkannte, irrelevant.

Da es der Beschwerdeführerin nach dem Ausgeführten nicht gelang, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war die Beschwerde gemäß Paragraph 42, Absatz eins, VwGG abzuweisen. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung wurde gemäß Paragraph 39, Absatz 2, Ziffer 6, VwGG abgesehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 47, ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung Bundesgesetzblatt Nr. 206 aus 1989,.