Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

20.06.1988

Geschäftszahl

87/15/0146

Beachte

Besprechung in:

ÖStZ 1989, 78;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Närr, Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Piffl, über die Beschwerde des EB in S, vertreten durch Dr. Wilfried Haslauer, Rechtsanwalt in Salzburg, Pfeifergasse 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 12. Oktober 1987, Zl. 440- GA6-DA/87, betreffend Säumniszuschläge, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.380,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt seit 1979 eine Frühstückspension. In den von ihm in Ansehung dieser Frühstückspension für die Jahre 1979 und 1980 abgegebenen Umsatzsteuererklärungen machte er jeweils Vorsteuerabzüge geltend, was dazu führte, daß bei erklärungsgemäßer Veranlagung des Beschwerdeführers zur Umsatzsteuer die Umsatzsteuer 1979 mit einer Gutschrift von S 568.954,-- und die Umsatzsteuer 1980 mit einer Gutschrift von S 55.001,-- festgesetzt wurde. Auf Grund der Ergebnisse einer diese Frühstückspension betreffenden abgabenbehördlichen Prüfung wurde dem Beschwerdeführer im Prüfungszeitraum 1979 bis einschließlich 1984 die Unternehmereigenschaft wegen andauernder hoher Geschäftsverluste aberkannt und die Frühstückspension als Voluptuarbetrieb behandelt. Das Finanzamt setzte daher mit Bescheiden vom 22. Juli 1987 nach Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer für 1979 und 1980 gemäß Paragraph 303, Absatz 4, BAO die Umsatzsteuer für die Veranlagungsjahre 1979 bis einschließlich 1984 jeweils mit Null fest. Gleichzeitig wurden die für die Veranlagungsjahre 1979 und 1980 vom Beschwerdeführer unrechtmäßig in Anspruch genommenen Vorsteuergutschriften amtswegig zurückgefordert, wobei die maßgeblichen Fälligkeitstermine auf den 10. Februar 1981 und 10. Februar 1982 rückbezogen angesetzt wurden. Daher schrieb das Finanzamt dem Beschwerdeführer mit dem Nebengebührenfestsetzungsbescheid vom 22. Juli 1987 Säumniszuschläge in Höhe von zusammen S 12.479,-- (und zwar S 11.379,-- aus dem Widerruf der vom Beschwerdeführer für das Jahr 1979 aus Vorsteuerabzügen vereinnahmten Umsatzsteuergutschriften aus der Bemessungsgrundlage von S 568.954,-- und S 1.100,-- aus dem Widerruf der vom Beschwerdeführer für das Jahr 1980 aus Vorsteuerabzügen für 1980 vereinnahmten Gutschriften an Umsatzsteuer aus der Bemessungsgrundlage von S 55.001,--) vor.

In der vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid über die Festsetzung von Säumniszuschlägen gerichteten Berufung wurde darauf hingewiesen, daß die Umsatzsteuer für die Jahre 1979 und 1980 in richtiger Höhe abgeführt bzw. verrechnet worden sei. Es sei für den Beschwerdeführer nicht vorhersehbar gewesen, daß ihm später als Folge einer Betriebsprüfung die Unternehmereigenschaft abgesprochen werde.

Nachdem eine abweisliche Berufungsvorentscheidung ergangen war, beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem nunmehr mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies auch die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus, es stehe fest, daß der Beschwerdeführer für die beiden Jahre 1979 und 1980 zu Unrecht Vorsteuergutschriften im Gesamtausmaß von S 623.955,-- in Anspruch genommen habe. In Ansehung des Vorsteuerabzuges sei zu beachten, daß solche Abzüge nach den Intentionen des Umsatzsteuergesetzes 1972 davon abhängig seien, daß sie dem Anspruchswerber auch tatsächlich zustünden. Komme nach der Inanspruchnahme eines solchen Vorsteuerabzuges zutage, daß der Anspruchswerber diesen zu Unrecht beansprucht bzw. empfangen habe, so sei eine solche nicht zustehende Umsatzsteuergutschrift im Ergebnis wie ein "Übergenuß zu Lasten des Bundessteueraufkommens" zu beurteilen, mit der Folgewirkung, daß die Berichtigung amtswegig durch die Belastung mit dem zu Unrecht beanspruchten Nennbetrag, und zwar mit dem jeweils rückbezogenen Fälligkeitstermin, stattzufinden habe. Der Einwand des Beschwerdeführers, er habe mit einer solchen Nachforderung an Umsatzsteuer nicht rechnen können, sei nicht stichhältig, weil jeder Unternehmer, der den Steuervorteil des Vorsteuerabzuges in Anspruch nehme, damit auch automatisch das Risiko in Kauf zu nehmen habe, daß im nachhinein solch ein Vorsteuerabzug amtswegig zu berichtigen sei oder daß später überhaupt die Berechtigung zur Geltendmachung des Vorsteuerabzuges abzuerkennen sei. Er habe damit auch gleichzeitig den Anfall der Säumniszuschläge - hinsichtlich der nachgeforderten Umsatzsteuerbeträge 1979 und 1980, welche ihrem Wesen nach Rückforderungen aus einem ungesetzlichen Übergenuß seien - als Risiko auf sich zu nehmen gehabt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht, daß ihm keine ungerechtfertigten Säumniszuschläge vorgeschrieben werden, daß die Fälligkeit einer Abgabenschuldigkeit korrekt ermittelt wird und daß Abgabenbescheide den korrekten Zeitpunkt der Fälligkeit zu enthalten haben, verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist allein die Frage strittig, wann die Verpflichtung zur Entrichtung der vorgeschriebenen Säumniszuschläge eingetreten ist.

Paragraph 217, Absatz eins, erster Satz BAO bestimmt, daß dann, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird, mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages eintritt, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß Absatz 2 bis 6 oder Paragraph 218, hinausgeschoben wird.

Für den Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ist demnach Grundvoraussetzung, daß überhaupt eine Verpflichtung zur Entrichtung einer Abgabe besteht.

Im vorliegenden Fall wurde von der belangten Behörde verkannt, daß es bezogen auf den 10. Februar 1981 bzw. den 10. Februar 1982 keine solche Verpflichtung des Beschwerdeführers aus dem Titel der Umsatzsteuer gab.

Denn aus keiner Abgabenvorschrift kann entnommen werden, daß bei dem gegebenen Sachverhalt der Forderungsanspruch gegen den Beschwerdeführer zu einem Fälligkeitszeitpunkt geführt hätte, der vor dem im Paragraph 210, BAO bezeichneten gelegen wäre. Da die belangte Behörde dies verkannt hatte, hat sie den Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Er war daher gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Ziffer eins, VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die Paragraphen 47, ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, Bundesgesetzblatt Nr. 243. Das auf Ersatz der Umsatzsteuer gerichtete Mehrbegehren war abzuweisen, weil dem obsiegenden Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren neben dem Pauschbetrag für Schriftsatzaufwand kein Ersatz der Umsatzsteuer gebührt.

Wien, am 20. Juni 1988

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VWGH:1988:1987150146.X00