Verwaltungsgerichtshof
17.03.1983
82/08/0070
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Jurasek und die Hofräte Dr. Liska, Mag. Öhler, Dr. Knell und Dr. Puck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Serajnik, über die Beschwerde der A, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich, betreffend Antrag auf Befreiung von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (mitbeteiligte Partei: B), zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Nach der Eingangsstampiglie der Beschwerdeführerin langte bei ihr am 4.Jänner 1982 der schriftliche, mit der Post beförderte und mit 31. Dezember 1981 datierte Antrag des Mitbeteiligten gemäß Art. römisch III Absatz 2, der 3. Novelle zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG), Bundesgesetzblatt Nr. 586 aus 1980,, auf Befreiung von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz ein. Das Aufgabedatum kann aus dem im Akt der Beschwerdeführerin befindlichen Briefumschlag nicht eindeutig ersehen werden.
Dieser Antrag des Mitbeteiligten wurde mit Bescheid der Beschwerdeführer vom 27. Jänner 1982 als verspätet zurückgewiesen. Dies mit der Begründung, daß der Antrag des Mitbeteiligten erst am 4. Jänner 1982 bei der Beschwerdeführerin eingelangt sei.
In seinem dagegen erhobenen Einspruch legte der Mitbeteiligte eine Fotokopie des Aufgabenscheines bei, aus dem hervorgeht, daß der gegenständliche Antrag am 31. Dezember 1981 bei der Post eingeschrieben aufgegeben wurde. Nach der im Einspruch vertretenen Meinung des Mitbeteiligten handle es sich bei der im Art. römisch III Absatz 2, der 3. Novelle zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz festgesetzten Frist um eine verfahrensrechtliche, sodaß die Zeit des Postenlaufes in diese Frist einzurechnen sei.
Die Beschwerdeführerin erklärte in ihrer Stellungnahme zu diesem Einspruch des Mitbeteiligten, es ergebe sich aus dem Wortlaut des Art. römisch III Absatz 2, der 3. Novelle zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, daß es sich um eine materiell-rechtliche Frist handle und daher der gegenständliche Antrag spätestens am 31. Dezember 1981 bei der Beschwerdeführerin hätte einlangen müssen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch des Mitbeteiligten Folge gegeben und der Bescheid der Beschwerdeführerin vom 27. Jänner 1982 gemäß Paragraph 66, Absatz 4, AVG 1950 in Verbindung mit Art. römisch III Absatz 2, der 3. Novelle zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz und Paragraph 33, AVG 1950 aufgehoben. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides sei die Frage, wie Fristen zu berechnen seien, immer wieder Gegenstand der Judikatur gewesen. Der Verwaltungsgerichtshof sei im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 1. Februar 1979, Zl. 1711/75 (Slg. N. F. Nr. 9758/A), zur Ansicht gekommen, daß es Fristen gebe, die sowohl materiell-rechtlichen als auch prozessualen Charakter hätten und daß Paragraph 33, Absatz 2, AVG 1950 auch auf Verjährungsfristen anzuwenden sei. Verfahrensrechtliche Fristen seien nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes solche Fristen, die für die Vornahme von Verfahrenshandlungen gesetzt seien. Als Verfahrenshandlungen könnten solche Handlungen qualifiziert werden, die auf die Erzeugung eines Bescheides gerichtet seien, wie z. B. Antragsfristen. Die für solche Handlungen normierten Fristen stellten also verfahrensrechtliche Fristen dar. Der Versuch, die verfahrensrechtlichen Fristen in der Weise zu bestimmen, daß sich diese auf Handlungen bezögen, die im Zuge eines anhängigen Verfahrens zu setzen seien, sei verfehlt. Zweifellos sei ein Antrag auf Befreiung von der Pflichtversicherung auf die Erlassung eines Bescheides gerichtet. Die Antragstellung sei im Paragraph 13, AVG 1950 geregelt und deshalb eine Verfahrenshandlung. Das Antragsrecht sei Verfahrensrecht. Nach der Rechtsprechung und den einschlägigen Abhandlungen in der Literatur könne die im Art. römisch III Absatz 2, der 3. Novelle zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz angeführte Frist als eine verfahrensrechtliche qualifiziert werden. Es ergebe sich also, daß die Beschwerdeführerin den Befreiungsantrag des Mitbeteiligten zu Unrecht zurückgewiesen habe, sodaß die belangte Behörde als Einspruchsbehörde lediglich die Aufhebung des mit Einspruch bekämpften Bescheides der Beschwerdeführerin aussprechen könne. Es werde Aufgabe der Beschwerdeführerin sein, eine Sachentscheidung zu treffen.
Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Nach dem Beschwerde-vorbringen werde als Verfahrensmangel geltend gemacht, daß die bloße Beschränkung des angefochtenen Bescheides auf eine Aufhebung des Bescheides der Beschwerdeführerin verfehlt erscheine, weil die Rechtsmittelbehörde gemäß Paragraph 66, Absatz 4, AVG 1950 grundsätzlich im Sinne ihrer Rechtsauffassung in der Sache selbst zu entscheiden hätte. Schließlich habe es sich beim Zurückweisungsbescheid der Beschwerdeführerin insofern jedenfalls um eine Entscheidung in der Sache selbst gehandelt, als ein Befreiungsantrag wegen Nichterfüllung eines für die Befreiung gesetzlich vorgesehenen Tatbestandsmerkmales (Einhaltung einer bestimmten Frist für die Geltendmachung dieses Anspruches) im Ergebnis negativ erledigt worden sei. Es handle sich daher bei diesem Zurückweisungsbescheid der Beschwerdeführerin um nichts anderes als um die abschlägige Erledigung eines materiellen Antraglegehrens. Im übrigen berufe sich die belangte Behörde auf Paragraph 66, Absatz 4, AVG 1950. Diese Bestimmung sei jedoch eine verfahrensrechtliche Basis für eine Sachentscheidung der Rechtsmittelbehörde in dem Sinn, daß diese Behörde ihre Rechtsansicht an die Stelle derjenigen der Unterinstanz setze. Richtigerweise hätte sich die belangte Behörde, wenn sie den Fall an die Beschwerdeführerin zum Zweck der Fällung einer Sachentscheidung zurückverweisen gewollt habe, auf Paragraph 66, Absatz 2, AVG 1950 berufen müssen. In der Sache selbst übersehe die belangte Behörde bei ihrer Argumentation, daß innerhalb der Frist des Art. römisch III Absatz 2, der 3. Novelle zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz eindeutig ein dem materiellen Recht zuzuordnender Rechtsanspruch geltend zu machen sei. Diese Frist könne daher nicht bloß deshalb, weil das Recht, eine eigene freie Entscheidung für das Ausscheiden aus der Pflichtversicherung zu treffen, naturgemäß nur mittels eines entsprechenden Antrages realisiert werden können, als formell-rechtliche Frist qualifiziert werden. Folge man der Rechtsauffassung der belangten Behörde, so würde dies in letzter Konsequenz bedeuten, daß jede für die Geltendmachung bestimmter materieller Rechtsansprüche gesetzte Ausschlußfrist einzig und allein wegen der Notwendigkeit der Geltendmachung mittels Antrages bereits zu einer verfahrensrechtlichen Frist mit allen denkbaren rechtlichen Konsequenzen würde, insbesondere mit der Rechtsfolge des Paragraph 33, Absatz 3, AVG 1950. Hiebei übersehe die Beschwerdeführerin nicht, daß es - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits festgestellt habe - Fristen gebe, die sowohl materiell-rechtlichen als auch prozessualen Charakter hätten. Gerade diese Möglichkeit eines Doppelcharakters einer Frist zeige aber, daß die diesbezügliche Rechtsanschauung nicht verallgemeinert werden könne. Vielmehr erscheine es im Interesse der Rechtssicherheit und einer möglichst klaren Abgrenzung zwischen materiell-rechtlichen und formell-rechtlichen Fristen erforderlich, in bezug auf Rechtsansprüche, die mittels eines entsprechenden Begehrens bei einer bestimmten Behörde geltend zu machen seien, je nachdem zu differenzieren, welche Rechtsnatur der jeweils geltend gemachte Rechtsanspruch aufweise. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin vermöge somit der bloße Umstand, daß das zur Realisierung eines bestimmten Rechtsanspruches erforderliche Begehren als solches eine Verfahrenshandlung darstelle, noch nicht der für dieses Begehren vorgesehenen Frist den Charakter einer prozessualen Frist zu verleihen. Es erscheine verfehlt, bloß deshalb, weil ein Parteibegehren auf Herbeiführung eines Bescheides über das betreffende materielle Begehren gerichtet sei bzw. zu einer Bescheiderteilung führe, bereits schlechthin den Charakter einer in diesem Zusammenhang von der Partei zu beachtenden Frist als Verfahrensfrist determinieren zu wollen. Die Tatsache der bescheidmäßigen Erledigung befristet geltend zu machender Ansprüche sage nämlich noch nichts darüber aus, welchem Rechtsbereich (materiell, prozessual oder allenfalls materiell und prozessual) die im Einzelfall zu beachtende Frist zuzurechnen sei. Im Gegenstand sei auf den Rechtscharakter der maßgeblichen Regelung des Art. römisch III Absatz 2, der 3. Novelle zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz hinzuweisen. Es handle sich dabei ihrem Wesen nach um eine Übergangsregelung zur 2. Novelle zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz zwecks Hintanhaltung der durch diese Novelle mit Wirkung vom 1. Jänner 1980 eingeführten Mehrfachversicherung in der Pensionsversicherung, soweit es sich um ein Zusammentreffen zwischen der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz und jener nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz handle. Diese Übergangsbestimmung sehe eine Befreiung von der Pflichtversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz bei Vorliegen eines genau umschriebenen Tatbestandes vor. Zu diesen Tatbestandsmerkmalen gehöre auch eine fristgerechte Antragsstellung. Hiebei habe sich der Gesetzgeber des Ausdruckes bedient: „... wenn der Antrag bis 31. 12. 1981 bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft gestellt wird“. Diese Gesetzesformulierung in Verbindung mit der Tatsache, daß es sich vorliegend um eine Befreiungs-(Ausnahme-) bzw. Übergangsregelung handle, verbiete eine extensive Auslegung in dem Sinne, daß der offensichtliche Charakter der in diesem Zusammenhang vorgesehenen Fristsetzung als Statuierung einer materiellen Ausschlußfrist verändert werde, und zwar in Richtung auf eine prozessuale Frist mit der Rechtsfolge einer allenfalls noch nach dem 31. Dezember 1981 möglichen Stellung des Befreiungsantrages bei der Beschwerdeführerin. Es gebe auch Fristen, bei denen eine Zuordnung zu den materiell-rechtlichen bzw. prozessualen. Fristen vorgenommen werden müsse. Bei dieser Zuordnung könne es aber nicht darauf ankommen, ob der geltend gemachte Anspruch bescheidmäßig zu erledigen sei, sondern nur darauf, welcher Art der erhobene Rechtsanspruch sei. Daß der im Einzelfall geltend gemachte Rechtsanspruch naturgemäß mittels eines Antrages zu realisieren sei, könne ebenfalls allein für sich genommen noch nichts darüber aussagen, ob es sich bei einer für die erfolgreiche Anspruchsrealisierung zu beachtenden Frist um eine materiell-rechtliche Ausschlußfrist handle oder nicht. Dies könne allein unter Bedachtnahme auf die jeweils maßgebende Rechtsvorschrift und die hiemit normierten Tatbestandskriterien beurteilt werden. Bei anderer Auslegung würde jeder im materiellen Recht begründete Rechtsanspruch, für dessen Geltendmachung eine Frist vorgesehen sei, von vornherein dem Paragraph 33, Absatz , AVG 1950 unterliegen, was in dieser Allgemeinheit nicht behauptet werden könne.
Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstatteten Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß Art. römisch III Absatz 2, erster Satz des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 1980, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (3. Novelle zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz), Bundesgesetzblatt Nr. 586, sind Personen, die am 31. Dezember 1979, gemäß Paragraph 4, Absatz 3, Ziffer 2, des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes in der an diesem Tag in Geltung gestandenen Fassung von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung ausgenommen waren, auf Antrag der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz zu befreien, wenn der Antrag bis 31. Dezember 1981 bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft gestellt wird.
Nach Paragraph 33, Absatz 3, AVG 1950 werden die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet.
Da der gegenständliche an die Beschwerdeführerin gerichtete Antrag des Mitbeteiligten zwar (unbestritten) am 31. Dezember 1981 zur Post gegeben wurde, aber erst am 4. Jänner 1982 bei der Beschwerdeführerin einlangte, hängt seine Rechtzeitigkeit von der Anwendung des Paragraph 33, Absatz 3, AVG 1950 auf die Frist des Art. römisch III Absatz 2, erster Satz der 3. Novelle zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz ab.
Unter die Bestimmung des Paragraph 33, Absatz 3, AVG 1950 fallen nach herrschender Auffassung nur verfahrensrechtliche Fristen (Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsrechtes, Sitzung 78; Ringhofer-Verwaltungsverfahrensgesetzt Sitzung 41, Anmerkung 46a; Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Oktober 1959, Zl. 1305 - 1312/79, Slg. N. F. Nr. 5079/A, und vom 29. Mai 1963, Zl. 1789/62, Slg. N. F. Nr. 6045/A).
Entscheidend ist daher, ob nach der Textierung des Art. römisch III Absatz 2, erster Satz der 3. Novelle zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz die dort festgesetzte Frist verfahrensrechtlicher oder materiell-rechtlicher Natur ist, d.h. ob nach ihrem Ablauf nur das Antragsrecht oder auch der materiell-rechtliche Anspruch auf Befreiung von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz erlöschen soll vergleiche zu einer ähnlichen Problematik: Walter, Die Dreimonatsfrist des Paragraph 383, Absatz 2, ASVG - Eine kritische Betrachtung der Judikatur, SoSi 1962, S 318 ff).
Auch im Art. römisch IV Absatz eins, letzter Satz der 21. Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 6 aus 1968,, und im Art. römisch II Absatz 19, vorletzter Satz der 23. Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 17/69, werden, Antragsfristen festgelegt. Diese Gesetzesstellen lauten: „Ein solcher Antrag kann nur bis längstens 31. Dezember 1968 bei sonstigem Ausschluß gestellt werden“ (Art. römisch IV Absatz eins, letzter Satz der 21. Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz) und „Die Anträge können nur bis 31. Dezember 1969 bei sonstigem Ausschluß gestellt werden“ (Art. römisch II Absatz 19, vorletzter Satz der 23. Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz). Beide Bestimmungen legte der Verwaltungsgerichtshof dahin gehend aus, daß die dort jeweils festgesetzte Frist materiell-rechtlicher Natur ist vergleiche das hg. Erkenntnis vom 1. März 1972, Zl. 2106/71, Slg. N. F. Nr. 8181/A).
Hingegen gebrauchte der Gesetzgeber im Art. römisch III Absatz 2, erster Satz der 3. Novelle zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz die Wendung „bei sonstigem Ausschluß“ nicht. Das spricht eindeutig dafür, daß die Unterlassung einer rechtzeitigen Antragstellung nicht zur Folge hat, daß der Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz als solcher mit Ablauf des 31. Dezember 1981 erloschen ist. Somit bewirkt die - zu Art. römisch IV Absatz eins, letzter Satz der 21. Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz und zu Art. römisch II Absatz , vorletzter Satz der 23. Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz unterschiedliche - Formulierung des Art. römisch III Absatz 2, der 3. Novelle zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, daß die in der letztgenannten Bestimmung -festgesetzte Frist eine verfahrensrechtliche ist. Die Wertung einer Frist als materiell-rechtliche muß nämlich vom Gesetzgeber unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht werden, weil sonst von einer verfahrensrechtlichen Frist auszugehen ist.
Aus diesen Erwägungen gab die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid dem Einspruch des Mitbeteiligten zu Recht Folge.
Was die in der Beschwerde aufgeworfene verfahrensrechtliche Frage nach der Art des Abspruches der belangten Behörde betrifft, so ist zunächst auf die maßgebenden Bestimmungen hinzuweisen.
Gemäß Paragraph 66, Absatz 2, AVG 1950 kann die Berufungsbehörde, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen.
Nach Paragraph 66, Absatz 4, hat die Berufungsbehörde außer dem im Absatz 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (Paragraph 60,) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
In der vorliegenden Angelegenheit handelt es sich um die Beurteilung einer Rechtsfrage, nämlich der Rechtzeitigkeit des gegenständlichen Antrages des Mitbeteiligten. Der dafür maßgebende Sachverhalt wurde von der Beschwerdeführerin einwandfrei festgestellt. Somit lagen die Voraussetzungen des Paragraph 66, Absatz 2, AVG 1950 nicht vor, weshalb die belangte Behörde nicht diese Bestimmung anzuwenden, sondern nach Paragraph 66, Absatz , AVG 1950 vorzugehen hatte, was richtigerweise auch erfolgte.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Sache im Sinne des Paragraph 66, Absatz 4, AVG 1950 immer nur die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches im Bescheid der Unterbehörde gebildet hat vergleiche u. a. das Erkenntnis vom 16. April 1969, Zl. 1683/68, Slg. N. F. Nr. 7548/A). Im Falle eines Rechtsmittels gegen einen. Bescheid, der einen Parteiantrag zurückgewiesen hat, darf die Rechtsmittelbehörde nur über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, nicht aber über den zurückgewiesenen Antrag entscheiden vergleiche u. a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1951, Zl. 1843/50, Slg. N. F. Nr. 2066/A).
In der gegenständlichen Angelegenheit lag der belangten Behörde der Einspruch gegen einen Zurückweisungsbescheid der Beschwerdeführerin vor und daraus ergab sich als einziger Gegenstand der Prüfung durch die Einspruchsbehörde die Untersuchung und Entscheidung, ob die von der Beschwerdeführerin ausgesprochene Zurückweisung des Antrages des Mitbeteiligten dem Gesetz entsprochen hat oder ob es die Aufgabe der Beschwerdeführerin gewesen wäre, über diesen Antrag sachlich abzusprechen. Die belangte Behörde beachtete richtigerweise diese Schranke ihrer Tätigkeit und ging nicht so vor, als ob ihr eine Sachentscheidung der Beschwerdeführerin zur Überprüfung vorgelegen wäre. Damit wurde beachtet, daß im Gesetz für die meritorische Behandlung dieses Antrages, sofern er zulässig ist, ein zweistufiges Verfahren vorgesehen wird.
Aus allen diesen Erwägungen ist der angefochtene Bescheid nicht mit den der belangten Behörde von der Beschwerdeführerin vorgeworfenen Rechtswidrigkeiten belastet, weshalb die Beschwerde gemäß Paragraph 42, Absatz eins, VwGG 1965 als unbegründet abgewiesen werden muß.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die Paragraphen 47, ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, Bundesgesetzblatt Nr. 221 aus 1981,.
Wien, am 17. März 1983
ECLI:AT:VWGH:1983:1982080070.X00