Verwaltungsgerichtshof
05.12.1972
2391/71
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Hofstätter, Mag. DDr. Heller, Dr. Simon und Dr. Seiler als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzoberkommissär Dr. Leitner, über die Beschwerde der W OHG in Wien, vertreten durch Dr. Nikolaus Siebenaller, Rechtsanwalt in Wien römisch eins, Schottengasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat römisch eins) vom 3. November 1971, Zl. VI- 2771/3/70, betreffend Feststellung von Einkünften für die Jahre 1965 bis 1967, zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 2.165,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Die Beschwerdeführerin schloß mit der Firma A am 28. Juli 1964 eine als Mietvertrag bezeichnete Vereinbarung betreffend eine Morat-Jacquard Rundstrickmaschine. Die wesentlichen Vertragspunkte sind, soweit das für die Beurteilung des Beschwerdefalles von Bedeutung ist, folgende:
Der Vertrag wird von beiden Seiten für 48 Monate beginnend ab Juli 1964 unkündbar abgeschlossen und das monatliche Mietentgelt mit S 11.110,-- wertgesichert vereinbart. Die Anschaffungskosten werden mit S 393.989,-- beziffert. Für die Rechtzeitigkeit der Lieferung haftet die A nicht, sie verpflichtete sich lediglich, der Beschwerdeführerin diesbezügliche Gewährleistungsansprüche abzutreten. Als Standort wird Wien bestimmt und die Beschwerdeführerin ist nur mit schriftlicher Einwilligung der A berechtigt, die Maschine an einem anderen Ort zum Einsatz zu bringen. Der Maximaleinsatz der Maschine wird mit 200 Arbeitsstunden monatlich begrenzt. Ein darüber hinausgehender Einsatz durch die Beschwerdeführerin ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung der A unter Festsetzung eines entsprechenden Zuschlages zulässig. Zur Überprüfung dieses Punktes wird der A die Berechtigung eingeräumt, einen plombierten Betriebsstundenzähler anzubringen. Die Beschwerdeführerin hat auf ihre Kosten eine zugunsten der A vinkulierte Feuerversicherung abzuschließen. Ausdrücklich wird vereinbart, daß die Maschine im Eigentum der A bleibt, daß die Beschwerdeführerin sie sorgfältig zu gebrauchen und vor Überbeanspruchung zu schützen hat. Die A erhält das Recht, von der Beschwerdeführerin jederzeit den Abschluß eines Servicevertrages zu verlangen. Die Vornahme von Einbauten, Verbesserungen usw. dürfen nur mit schriftlicher Genehmigung der A vorgenommen werden und gehen ohne Ersatzanspruch der Beschwerdeführerin nach Ablauf der Vertragsdauer in das Eigentum der A über. Die Gefahr der Beschädigung oder der Vernichtung der Maschine trifft die Beschwerdeführerin. Für den Fall der Zerstörung übernimmt die Beschwerdeführerin die Verpflichtung zur sofortigen Zahlung des noch ausstehenden Mietzinses abzüglich allfällig noch eingehender Versicherungen und eines Diskonts. Die Beschwerdeführerin verpflichtet sich, die Maschine nach Ablauf der Vertragsdauer auf ihre Kosten transportversichert der A an einen von dieser zu bestimmenden Ort zurückzustellen. Für Änderungen des Vertrages oder Nebenabreden wird die Schriftform vereinbart. Schließlich heißt es in Punkt römisch 28 des Vertrages: "Der Vermieter ist über Verlangen des Mieters, welches spätestens zwei Monate vor Beendigung dieses Vertrages schriftlich bekanntzugeben ist, bereit, in Verhandlungen betreffend die weitere Vermietung oder einen allfälligen Ankauf des Mietobjektes einzutreten ..."
Die Beschwerdeführerin setzte die Zahlungen an die A als Betriebsausgaben ab, jedoch vertrat anläßlich einer die Streitjahre betreffenden Betriebsprüfung der Prüfer die Ansicht, daß dies nicht zulässig sei. Es liege vielmehr ein Kauf vor, sodaß die Anschaffungskosten zu aktivieren und auf die unbestrittene Nutzungsdauer von acht Jahren zu verteilen seien. Das Finanzamt folgte dem Prüfer und erließ entsprechende Bescheide.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und brachte vor, es handle sich um einen echten Mietvertrag. Bei Vertragsabschluß habe die A keinerlei feste Kaufoption eingeräumt, sondern sich lediglich bereit erklärt, in Verhandlungen über die weitere Vermietung oder einen allfälligen Ankauf des Mietobjektes einzutreten. Der Ankauf der Maschine sei daher nicht im voraus vereinbart morden, sondern erst nach Ablauf der Mietdauer. Für den Abschluß des Mietvertrages seien im Gegensatz zur Ansicht des Finanzamtes nicht steuerliche, sondern rein wirtschaftliche Erwägungen maßgeblich gewesen. Überdies sei der Beschwerdeführerin durch die Verrechnung des Mietzinses als laufender Aufwand auch gar kein Steuervorteil erwachsen; weil im Fall einer Eigenanschaffung der Maschine eine vorzeitige Abschreibung hätte vorgenommen werden können. Die Summe der normalen und vorzeitigen Abschreibung hätte in diesem Falle zu einer vollen Amortisierung der Maschinen innerhalb von vier Jahren geführt, was sich zufällig mit der Mietdauer decke. Der Mietvertrag mit der A sei im Jahre 1964 abgeschlossen und bei der Veranlagung für 1964 als solcher anerkannt worden. Damit sei über die abgabenrechtliche Zurechnung des Mietgegenstandes an den Vermieter entschieden worden. Diese Zurechnung könne nicht mit Wirkung ab 1965 geändert werden, weil die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse während der ganzen Laufzeit des Mietvertrages gleichgeblieben seien.
Nachdem eine abweisende Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes durch fristgerechten Antrag gemäß Paragraph 276, Absatz eins, BAO außer Wirksamkeit gesetzt worden war, wurde die Berufung der belangten Behörde als Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt. Über Anfrage der belangten Behörde gab die A bekannt, daß zu Beginn des Vertragsverhältnisses keine schriftlichen oder mündlichen Vereinbarungen über einen späteren Maschinenankauf getroffen worden seien. Erst am Ende der Vertragsdauer sei der Beschwerdeführerin der Kauf der Maschine um S 11.100,-- angeboten und dieses Anbot von der Beschwerdeführerin angenommen worden. Es sei branchenüblich, den "Kaufpreis in derartigen Fällen mit einem Betrag festzusetzen, der in der Größenordnung zwischen einer und drei Monatsmieten liegt".
Bei der vor der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung gab der Gesellschafter der Beschwerdeführerin, Dr. E., an, daß ihm bei Vertragsabschluß von der A auf seine Frage wegen eines späteren Ankaufes der Maschine erklärt worden sei, man könne wegen der langen Vertragsdauer im Hinblick auf die noch unbekannte wirtschaftliche und technische Entwicklung dazu noch nichts sagen. Dr. E. sei sich auch bei Vertragsabschluß wegen der möglichen wirtschaftlichen oder technischen Entwicklung nicht klar gewesen, ob er nach Ablauf von vier Jahren noch Interesse an der Maschine haben werde. Ein Vertreter der A gab bei der Berufungsverhandlung zu Protokoll, daß bei Leasing-Verträgen die Kunden nur selten auf einer Art Mietkaufvertrag bestünden, bei welchem dann die "Frage der tatsächlichen Rücknahme oder des Verkaufes mit einem bestimmten Betrag vereinbart" werde.
Die belangte Behörde hat mit dem nun wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochtenen Bescheid der Berufung insofern Folge gegeben, als sie nicht die gesamten von der Beschwerdeführerin als Miete abgesetzten und um den Kaufpreis von S 11.100,-- vermehrten Beträge als Anschaffungskosten behandelte, sondern einen Teil davon als Finanzierungskosten in den einzelnen Jahren als Betriebsausgaben anerkannte. In der Frage jedoch, ob im Beschwerdefall ertragsteuerlich ein Miet- oder ein Kaufvertrag vorliegt, gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge.
Nachdem die belangte Behörde unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes und auf Literatur eine ausführliche Darstellung über das Wesen der Leasing-Verträge und die steuerrechtliche Problematik, ob das Leasing-Gut dem Leasing-Geber oder dem Leasing-Nehmer zuzurechnen ist, in ihre Bescheidbegründung aufnahm und dabei zu dem Ergebnis gelangte, daß eine Beurteilung nur nach der tatsächlichen und vertraglichen Ausgestaltung des Einzelfalles möglich sei, begründete sie ihre Entscheidung im wesentlichen folgendermaßen:
Habe der Leasing-Nehmer bei von beiden Seiten unkündbarer Grundmietzeit das Recht, das Leasing-Verhältnis auf unbestimmte oder jedenfalls auf die Zeit, die der Nutzungsdauer des Leasing-Gegenstandes entspreche, zu verlängern, oder habe er ein Kaufoptionsrecht, so könne er, wenn er den Vertrag einhalte, auf Dauer, d.h. jedenfalls bis zur völligen Abnutzung des Wirtschaftsgutes, den Leasing-Geber von der Einwirkung ausschließen. Dabei sei entsprechend Paragraph 24, Litera a, bis c BAO vom typischen Fall auszugehen, also davon, daß der Leasing-Nehmer den Vertrag erfülle. Es könne deshalb gegen das wirtschaftliche Eigentum des Leasing-Nehmers nicht eingewendet werden, daß der Leasing-Geber bei Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit oder im Falle des Konkurses des Leasing-Nehmers den Leasing-Gegenstand herausverlangen könne und sich hierin sehr deutlich eine Einwirkungsmöglichkeit auf das Leasing-Objekt zeige. Denn wie beim Sicherungseigentum vom typischen Verlauf ausgegangen werde, daß nämlich der Sicherungsgeber den zugrunde liegenden obligatorischen Vertrag einhalte und daher nach wie vor wirtschaftlicher Eigentümer bleibe, so sei auch beim Leasing-Vertrag davon auszugehen, daß der Vertrag im Normalfall wie vorgesehen abgewickelt werde. Sei das der Fall, könne der Leasing-Nehmer durch Ausübung seines Optionsrechtes den Leasing-Geber auf Dauer von jeglicher Einwirkung ausschalten.
Dies allein genüge allerdings für die wirtschaftliche Zurechnung beim Leasing-Nehmer nicht. Hinzu müsse kommen, daß mit der Ausnutzung dieser Möglichkeit zu rechnen sei. Für die Rechtfertigung einer solchen Annahme könnten mehrere Gesichtspunkte von Bedeutung sein. Auszugehen sei von der vertraglichen Regelung. Danach habe der Leasing-Nehmer schon während der Grundmietzeit das Leasing-Objekt voll zu finanzieren und einen angemessenen Gewinn des Leasing-Gebers sicherzustellen; er habe in der Regel zwar nicht gegenüber dem Leasing-Geber, aber gegenüber dessen Vertragspartner die ihm abgetretenen Gewährleistungsansprüche; er habe den Leasing-Gegenstand zu versichern und ordnungsgemäß zu behandeln; er trage die Gefahr des zufälligen Untergangs, die Preisgefahr und auch das Investitionsrisiko, da er während der Grundmietzeit. an die hohen Zahlungsverpflichtungen gebunden sei. Er habe also bei Ausübung des Optionsrechtes wirtschaftlich die Stellung eines Vorbehalts- oder Abzahlungskäufers. Die Grenze zwischen Abzahlungskauf und Leasing sei kaum mehr erkennbar. Ob der optionsberechtigte Leasing-Nehmer das Leasing- Objekt auf Dauer besitzen und nutzen werde, beurteile sich nach dem Wahrscheinlichkeitsgrad der Optionsausübung. Ein solcher, den typischen Geschehensablauf anzeigender Wahrscheinlichkeitsgrad könne abhängig sein von dem Verhältnis zwischen Grundmietzeit und betriebsgewöhnlicher Nutzungsdauer. Je kürzer die Grundmietzeit im Vergleich zur Nutzungsdauer sei, desto mehr sei die Annahme gerechtfertigt, daß der Leasing-Nehmer von seinem Optionsrecht Gebrauch machen werde, um für seine hohen Anfangszahlungen auch den entsprechenden Gegenwert zu erhalten. Hieraus folge, daß die Optionsausübung zwar nicht ohne weiteres unterstellt werden könne, wenn der Anschlußkaufpreis dem am Ende der Grundmietzeit noch vorhandenen Marktpreis des Leasing-Objektes entspreche, wohl aber in den (typischen) Leasing-Fällen, bei denen der Anschlußkaufpreis sich lediglich als eine Art Anerkennungsgebühr und nicht als echte Gegenleistung darstelle vergleiche auch Bundesfinanzhof vom 26. Jänner 1970, römisch IV R 144/66, BStBl. 1970/11/264). Im Streitfall sei ein typischer Finanzierungs-Leasing-Vertrag mit unkündbarer vierjähriger Grundmietzeit, in Aussicht gestellter Kaufoption (es sei in der Folge auch tatsächlich zum "Kauf" der Maschine gegen einen Anerkennungspreis in der Höhe einer Monatsmiete gekommen), hohen Leasing-Raten während der Grundmietzeit (135 % des Anschaffungspreises) und niedrigem (2,8 % dar Anschaffungskosten) Übergabspreis zu beurteilen. Die Grundmietzeit habe etwa der Hälfte der Gesamtnutzungsdauer entsprochen.
Schon das spreche eindeutig dafür, daß die gegenständliche Maschine von Anfang an der Beschwerdeführerin zuzurechnen gewesen sei. Für ihre Stellung als wirtschaftliche Eigentümerin, aber auch dafür, daß das zu beurteilende Geschäft auf Grund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise als Kauf gegen Raten zu beurteilen sei, spreche aber auch, daß die Beschwerdeführerin allein alle Gefahren und Risken trage und sogar im Falle des unverschuldeten Unterganges des "Mietobjektes" die noch offenen "Mieten" sofort zu bezahlen habe. Daß das Kaufoptionsrecht im Vertrag nur "angedeutet" werde, sei nicht entscheidend, weil bei der Beurteilung von Verträgen immer zu beachten sei, daß nicht allein die Bestimmungen des Vertrages maßgeblich seien, sondern ebenso auch die wirkliche Ausgestaltung und der tatsächliche wirtschaftliche Ablauf des Vertragsinhaltes zu berücksichtigen sei. Diese sprächen aber eindeutig für die Einräumung und Ausübung einer Kaufoption. Es könne aber nach den Erfahrungen des täglichen Lebens auch unbedenklich unterstellt werden, daß die Beschwerdeführerin die im Vertrag vereinbarten hohen Verpflichtungen (Bezahlung von 135 % der Anschaffungskosten für eine Nutzung durch vier Jahre) nur deshalb eingegangen sei, weil sie - wie die Tatsachen bewiesen hätten, zu Recht - damit gerechnet habe, daß sich ihre Partnerin bei Ausübung der Kaufoption mit dem branchenüblichem Anerkennungspreis" in der Höhe einer Monatsmiete begnügen werde. Die Auskunft des Dr. E., daß es branchenüblich bedingt als Anschlußkaufpreis einen Betrag in der Höhe zwischen der einfachen und der dreifachen Monatsmiete festzusetzen, könne nur dahin verstanden werden, daß sich die A innerhalb dieses Rahmens nicht festlegen habe wollen. Hierfür spreche auch der Umstand, daß, obwohl die gegenständliche Maschine beim Ablauf des Vertrages technisch und wirtschaftlich noch voll einsatzfähig gewesen sei und von der Beschwerdeführerin auch tatsächlich noch einige Jahre genutzt worden sei, die A von sich aus einen "Anschlußkaufpreis" von nur einer Monatsmiete anbot, ein Anbot, das zweifellos fairerweise berücksichtigt habe, daß die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt bereits über 135 % des Kaufpreises bezahlt gehabt habe, was der Bezahlung des Kaufpreises zuzüglich kontokorrentmäßig verrechneter Zinsen in der Höhe von etwa 15 % p. a. entsprochen habe. Die Ausführungen des Dr. E, wonach er sich aus wirtschaftlichen Gründen zur Miete statt zum Kauf entschlossen habe, hätten den Senat angesichts der Vertragsgestaltung und der Bindungen und Verpflichtungen, die die Beschwerdeführerin eingegangen sei, nicht überzeugen können; denn durch die Unkündbarkeit des Vertrages hätte die Beschwerdeführerin innerhalb der Vertragsdauer auch dann, wenn sich herausgestellt hätte, daß ein wirtschaftlich sinnvoller Einsatz der Maschine nicht möglich gewesen wäre oder eine Änderung der Produktionsrichtung vorgenommen worden wäre, keine Möglichkeit gehabt, sich aus dem Vertragsverhältnis zu lösen. Hingegen hätte sie als Eigentümerin der Maschine diese etwa im Fall einer Produktionsänderung als gebraucht verkaufen und dadurch den entstandenen Aufwand zumindest zum Teil wieder hereinbringen können. Die Überlegung, daß die wirtschaftliche Einsatzfähigkeit einer derartigen Maschine nicht genau voraussehbar sei, hätte demnach viel eher gegen als für einen Abschluß des Vertrages zur unkündbaren "Miete" der gegenständlichen Maschine auf vier Jahre um einen "Gesamtpreis" in der Höhe von etwa 135 % des Kaufpreises führen müssen. Aber nicht nur durch die unkündbare Verpflichtung für eine bloße Nutzung während eines Zeitraumes von maximal vier Jahren unterscheide sich der gegenständliche "Mietvertrag" von jenen Mietverträgen, für deren Abschluß die Überlegung des Mieters maßgebend sei, daß er sich bei gleichem Nutzeffekt bei der Anmietung einen größeren Dispositionsspielraum freihalte als bei einem Ankauf, bzw. von jenen typischen Mietverträgen, bei denen die Absicht des nur vorübergehenden Gebrauchs im Vordergrund stehe. Auch daß die Beschwerdeführerin - wie ein Eigentümer - von Anfang an das volle Risiko habe tragen müssen, spreche dafür, daß es sich nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht um ein Mietverhältnis gehandelt habe. Alle diese Umstände ließen aber auch den Schluß zu, daß die Beschwerdeführerin den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn sie nicht damit gerechnet hätte, daß sie die gegenständliche Maschine nach Ablauf des Vertrages um einen branchenüblichen Anerkennungspreis auch in ihr rechtliches Eigentum überführen werde können.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Im Beschwerdefall geht es um die ertragsteuerliche Beurteilung sogenannter Leasing-Verträge. Leasing-Vertrag ist ein aus den USA in Europaübernommener und in den letzten Jahren auch in Österreich immer häufiger gewählter Vertragstyp, der seine Wurzel in den Realitäten der modernen Wirtschaft und in dem Bestreben hat, durch vertragliche Gestaltungen ein Optimum an vertragsrechtlichen, finanziellen, betriebsorganisatorischen, allgemeinwirtschaftlichen und gegebenenfalls auch abgabenrechtlichen Vorteilen zu erreichen. Entsprechend den vielfältigen Zwecken, die mit dem Leasing angestrebt werden und der unterschiedlichen Vertragsgestaltung, derer sich die Partner im Einzelfall bedienen, unterscheidet man eine große Zahl von Leasing-Typen und Formen (siehe diesbezüglich die Zusammenstellung von Frint in "Österreichische Steuerzeitung" 1970, Sitzung 270 ff, und das im folgenden wiederholt zitierte Urteil des Bundesfinanzhofes vom 26. Jänner 1970, römisch IV R 144/66, Slg. Bd. 97, Sitzung 466 ff, samt dem dort umfassend wiedergegebenen Schrifttum).
Das sogenannte, ebenfalls in zahlreichen Spielarten vorkommende, Finanzierungsleasing - und um eine solche Leasing-Art handelt es sich im Streitfall - besteht im wesentlichen darin, daß dem Leasing-Nehmer im Wege der mit dem Leasing-Geber geschlossenen Vereinbarung der Gebrauch eines Investitionsgutes überlassen wird, wobei das Entgelt für diese Gebrauchsüberlassung unter Umständen vom Leasing-Nehmer, je nach den Verhältnissen des Einzelfalles, wirtschaftlich als Anschaffungspreis und vom Leasing-Geber als Verkaufserlös betrachtet wird. Das wird regelmäßig dann zutreffen, wenn der Leasing-Nehmer sich auf eine bestimmte Vertragsdauer bindet, während derer der Leasing-Geber ebenfalls keine Kündigungsmöglichkeit besitzt, die Gefahr des Unterganges des Leasing-Gutes den Leasing-Nehmer allein trifft und die Summe der Entgelte für die Gebrauchsüberlassung etwa dem Anschaffungspreis des Wirtschaftsgutes zuzüglich einer angemessenen Verzinsung und einer Rentabilitätsspanne des Leasing-Gebers entspricht. Diese Fälle sind es nun auch, die in der Praxis das Problem aufwerfen, ob das Leasing-Gut dem Leasing-Geber oder dem Leasing-Nehmer ertragsteuerlich zuzurechnen ist.
Das vorliegende Problem ist mit der bürgerlich-rechtlichen Beurteilung solcher Verträge nicht zu lösen. Einerseits besteht nämlich kein Zweifel, daß das zivilrechtliche Eigentum bei der im Beschwerdefall getroffenen Vereinbarung dem Leasing-Geber verblieb, anderseits ist aus der zivilrechtlichen Qualifikation auf schuldrechtlichem Gebiet (hier sind die Meinungen, wie den vorstehenden Belegstellen entnommen wenden kann, durchaus nicht einhellig) deswegen nichts für die Beurteilung des Streitfalles gewonnen, weil es sich vorliegendenfalls um eine in wirtschaftlicher Betrachtungsweise (siehe Paragraph 21, Absatz eins, BAO) zu lösende Rechtsfrage des - mit dem privatrechtlichen Eigentum durchaus nicht immer übereinstimmenden - Begriffes des wirtschaftlichen Eigentums handelt vergleiche diesbezüglich Paragraph 24, BAO). Der Verwaltungsgerichtshof vertritt dabei die Rechtsmeinung, daß Paragraph 21, Absatz eins, BAO, wonach für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend ist, eine allgemeine für das Abgabenrecht bestimmende Richtschnur ist, die. durch eine Reihe einzelner gesetzlicher Vorschriften - wie etwa die des Paragraph 24, BAO über die abgabenrechtliche Zurechnung von Wirtschaftsgütern - ergänzt wird.
Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung somit zutreffenderweise auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise gestützt und übrigens auch eine für den Fall eines Finanzierungsleasing an sich nicht von der Hand zu weisende Beziehung zum Fall eines Ratenkaufes mit Eigentumsvorbehalt hergestellt. Für die Beurteilung der belangten Behörde spricht ferner der Umstand, daß die Beschwerdeführerin nach Ablauf der Vertragsdauer an Miete insgesamt einen Betrag aufgewendet hat, der dem Kaufpreis der Maschine zuzüglich einer Verzinsung und auch einer Gewinntangente der A entspricht, insgesamt sogar die nominelle Belastung der Beschwerdeführerin überschritten hat, die sie zu leisten gehabt hätte, wenn sie die gegenständliche Maschine mit einem Bankkredit zu den üblichen Zinssätzen gekauft hätte. Das in Verbindung mit der Gefahrentragung durch die Beschwerdeführerin allein sind in der Tat gewichtige Indizien für die Annahme, es läge bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein Kauf vor. Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich aber bei Abwägung aller Umstände dennoch nicht der rechtlichen Beurteilung durch die belangte Behörde anzuschließen:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid wesentlich auf den durch die vertragliche Vereinbarung erfolgten Ausschluß der Leasing-Geberin von einer "Eingriffsmöglichkeit" gestützt. Das von der belangten Behörde verwendete, an sich sinnvolle Merkmal der Einwirkungsmöglichkeit ist offenbar dem Urteil des Bundesfinanzhofes vom 26. Jänner 1970 entnommen. Es kann aber nicht übersehen werden, daß das Fehlen einer "Einwirkungsmöglichkeit" für sich allein unter dem Gesichtswinkel des Streitfalles keine rechtliche Relevanz haben kann, denn das Fehlen einer "Einwirkungsmöglichkeit" in dem Sinne, daß der Eigentümer während der Gebrauchsdauer wegen Unkündbarkeit keinerlei Verfügungsmöglichkeit über den in Gebrauch gegebenen Gegenstand hat, ist eine Folge, die sich typisch auch an jeden Bestandvertrag knüpft, der von seiten des Bestandgebers während eines bestimmten Zeitraumes nicht kündbar ist. Die weitere Argumentation, die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegt, ist die Höhe des Mietentgeltes, das hinreichte, die vollen Finanzierungskosten abzugelten. Auch dieses Argument der belangten Behörde schlägt nicht durch, weil die Übernahme dieser Kosten durch den Leasing-Nehmer selbst dann durchaus sinnvoll sein kann, wenn ein Produktionsgut mit dem unkündbaren Recht auf Benützung in Bestand genommen wird und der Bestandzins dem Kaufpreis annähernd entspricht oder ihn unter Berücksichtigung des Verzinsungseffektes angemessen übersteigt (man denke z.B. an die mit dem Leasing verbundene Investitionsflexibilität und den Liquiditätseffekt). Unter diesem Gesichtspunkt ist es auch verständlich, daß sich im Beschwerdefall die Beschwerdeführerin und die Leasing-Geberin bezüglich einer Verwendung der "angemieteten" Maschine völlig freie Hand gelassen haben. Das Fehlen diesbezüglich verbindlicher Absprachen ist es aber letztlich, das auch in wirtschaftlicher Betrachtungsweise ausschließt, einen Kauf der Maschine durch die Beschwerdeführerin mit der Folge anzunehmen, sie wäre von Beginn des Vertragsverhältnisses an als wirtschaftliche Eigentümerin der in Leasing genommenen Maschine zu betrachten. Daran ändert der weitere durch das Verfahrensergebnis untermauerte Umstand nichts, daß es allgemein üblich ist, das in Leasing genommene Wirtschaftsgut dem Leasing-Nehmer nach Ablauf der "Grundmietzeit" zu einem Preis in der Höhe der ein- bis dreifachen Monatsmiete käuflich zu überlassen. Diese "Branchenüblichkeit" ist einem von vornherein eingeräumten Recht des Leasing-Nehmers, das Wirtschaftsgut nach Ablauf der Vertragsdauer weiter als Mieter zu nutzen oder es um einen bestimmten, einer bloßen Anerkennung gleichkommenden Kaufpreis zu erwerben, nicht - auch nicht in wirtschaftlicher Sicht - gleichzusetzen.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß es sich im Beschwerdefall um einen sogenannten Leasing-Vertrag ohne Option oder ein sonstiges Recht des Leasing-Nehmers auf künftige Nutzung des Wirtschaftsgutes handelt. Der Vertrag verpflichtete den Leasing-Nehmer vielmehr, den Leasing-Gegenstand nach Ablauf der Vertragsdauer zurückzustellen. Mit mehr als einer keinen Rechtsanspruch begründenden Übung, den Vertragsgegenstand nach Ablauf der Vertragsdauer kaufen zu dürfen, konnte die Beschwerdeführerin bei Anwendung der Grundsätze kaufmännischer Vorsicht nicht rechnen. Das reicht aber nach Ansicht des Gerichtshofes auch bei Berücksichtigung der sonstigen, für einen Kaufvertrag mit Stundung des Kaufpreises sprechenden Vereinbarungen nicht aus, um die Annahme eines Maschinenkaufes durch die Beschwerdeführerin zu rechtfertigen.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich daher erheblich von jenen, für wirtschaftliches Eigentum des Leasing-Nehmers sprechenden Leitsätzen, die der Bundesfinanzhof in dem mehrfach zitierten Urteil vom 26. Jänner 1970 aufgestellt hat: Es liegt weder ein Leasing-Vertrag mit Optionsrecht des Leasing-Nehmers (auf späteren Kauf oder spätere Miete zu einem wirtschaftlich nicht ausschlaggebenden Mietpreis), noch auch nur annähernde Identität der Mietdauer und der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer, noch der Fall vor, daß das Leasing-Gut so auf die individuellen Bedürfnisse des Leasing-Nehmers zugeschnitten wäre, daß seine anderweitige Verwendung nach Ablauf der Vertragsdauer für die Vertragspartner als wirtschaftlich nicht sinnvoll erschienen wäre.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig, sodaß er gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Litera a, VwGG 1965 aufzuheben war.
Der Kostenausspruch gründet sich auf die Paragraphen 47, ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 14. November 1972, Bundesgesetzblatt Nr. 427, insbesondere auf Art. römisch IV Absatz 2, dieser Verordnung.
Wien, am 5. Dezember 1972