Verwaltungsgerichtshof
19.10.1972
2119/71
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. DDr. Dorazil und die Hofräte Dr. Kadecka, Dr. Frühwald, Dr. Riedel und Dr. Reichel als Richter, im Beisein der Schriftführer Dr. König und Finanzoberkommissär Dr. Leitner, über die Beschwerde des Präsidenten der FLD für Wien, NÖ und Bgld gegen den Bescheid der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom 25. 8. 1971 GA VI-2734/3/70, betreffend Umsatzsteuer 1968 und 1969 der mitbeteiligten Partei „Gemeinde Wien“, MA 12, Städtische Herbergen, in Wien römisch eins, Neues Rathaus, zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die mitbeteiligte Partei erklärte in ihrer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1968 Umsätze aus der Beherbergung von Obdachlosen in Höhe von S 596.394,87, unterzog diese aber unter Bedachtnahme auf Paragraph 2, Absatz 3, des Umsatzsteuergesetzes 1959 Bundesgesetzblatt 300 (UStG) nicht der Umsatzsteuer. Das FA für Körperschaften in Wien folgte dieser Ansicht nicht und setzte für diese Umsätze mit Bescheid vom 12. 3. 1970 Umsatzsteuer in Höhe von S 32.679,-- fest. In der Begründung dieses Bescheides führte das FA aus, daß eine Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben iS des Paragraph 2, Absatz 3, UStG nur insoweit vorliege, als die Körperschaft des öffentlichen Rechts Hoheitsakte setze, die anzunehmen bzw zu dulden der Leistungsempfänger bzw die Person, gegen die sich der Hoheitsakt richte, kraft gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet sei. Dies sei aber bei Führung der Beherbergungsbetriebe für Obdachlose nicht der Fall.
Die mitbeteiligte Partei erhob gegen diesen Bescheid Berufung und führte darin im wesentlichen aus, daß nach Meinung Stracks in dessen Kommentar zum UStG die Ausübung öffentlicher Gewalt dann vorliege, wenn von der Körperschaft des öffentlichen Rechts Aufgaben erfüllt würden, die dieser Körperschaft sowohl eigentümlich als auch vorbehalten seien. Ein Annahmezwang sei nicht erforderlich, es trete vielmehr das öffentliche Interesse an dem Tätigwerden der Körperschaft öffentlichen Rechts in den Vorgrund. Weiters werde im genannten Kommentar ausgeführt, daß öffentlich-rechtliche Körperschaften mit den Umsätzen aus den von ihnen betriebenen Obdachlosenheimen nicht steuerpflichtig seien, wenn diese Leistungen nach Fürsorgegrundsätzen erbracht würden und diese Körperschaften damit die ihnen obliegenden Fürsorgepflichten erfüllten. Dieses Erfordernis werde im vorliegenden Fall zweifellos erbracht, da die Einweisung in ein Obdachlosenheim nach den Richtlinien und Grundsätzen der Fürsorge vorgenommen werde.
Das FA wies das Rechtsmittel zunächst mit Berufungsvorentscheidung dem Grunde nach ab, erklärte zugleich jedoch 80 vH der Beherbergungsentgelte gem Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 10, UStG als steuerfrei, wodurch sich eine Herabsetzung der USt auf S 6.701,-- ergab. Die mitbeteiligte Partei stellte dennoch den Antrag, die Berufung der Abgabenbehörde 2. Instanz vorzulegen.
Mit Bescheid vorn 21. 8. 1970 setzte das FA auch für die Umsätze aus der Beherbergung von Obdachlosen im Jahre 1969 USt in Höhe von S 5.987;-- fest. Auch für dieses Kalenderjahr ließ das FA etwa 80 vH der einbekannten Beherbergungsentgelte gem Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 10, leg cit. steuerfrei. Auch diesen Bescheid bekämpft die mitbeteiligte Partei unter Hinweis auf ihre Ausführungen in ihrer Berufung gegen den USt-Bescheid für das Kalenderjahr 1968 mit Berufung. Das FA legte sodann beide Berufungen der FLD für Wien, NÖ und Bgld vor. Diese forderte mit Schreiben vom 1. 7. 1971 die mitbeteiligte Partei auf, bekanntzugeben
1) unter welchen Voraussetzungen Personen in den Herbergen (Obdachlosenheimen) aufgenommen würden,
2) in welcher Form die Prüfung der Hilfsbedürftigkeit der Aufnahmesuchenden iS der fürsorgerechtlichen Bestimmungen erfolge,
3) wie hoch die den Aufgenommenen in den Jahren 1968 und 1969 in Rechnung gestellten Gebühren für die Unterkunft im einzelnen gewesen seien und
4) ob und welche Abmachungen mit den Aufgenommenen anläßlich der Aufnahme getroffen würden. Lägen schriftliche Vereinbarungen vor, die allgemein mit den Aufgenommenen getroffen würden, so werde um die Vorlage derartiger Ausfertigungen ersucht.
Gleichzeitig sei nachzuweisen, daß die den Insassen der Herbergen verrechneten Gebühren nicht kostendeckend seien, sondern reine Anerkennungsbeträge bildeten.
Die mitbeteiligte Partei beantwortete diese Aufforderung wie folgt:
„Zu Punkt 1: Grundsätzlich werden in den Familienheimen der Herbergen nur solche Familien aufgenommen, die nachweisbar delogiert wurden und keine andere Unterkunft finden konnten. Die Einweisung dieser Familie erfolgt ausschließlich durch die Magistratsabteilung 12 - Erwachsenenfürsorge.
Zu Punkt 2: Die Aufnahmesuchenden werden durch die Erwachsenenfürsorge im Sinne der fürsorgerechtlichen Bestimmungen beurteilt, wobei insbesondere die pekuniären und sozialen Verhältnisse der betroffenen Familien berücksichtigt werden. Familien, die nicht als hilfsbedürftig im Sinne der fürsorgerechtlichen Bestimmungen anzusehen sind, erhalten keine Einweisung in die Familienheime der Obdachlosenherbergen.
Anders ist es bei der Aufnahme von Obdachlosen in die Asyle (Männer und Frauenheime). Die Aufnahme der obdachlosen Einzelpersonen erfolgt durch die Herbergenverwaltung. Aber auch hier werden nur jene Personen aufgenommen, die obdachlos sind und sich mangels eines ausreichenden Einkommens keine eigene Wohnung halten können. Es handelt sich hiebei der Hauptsache nach um Menschen, die entweder arbeitsunfähig oder arbeitsunwillig sind. Sie leben von Fürsorgerenten, Ausgleichspensionen, Arbeitslosenunterstützungen oder von den Einkünften aus Gelegenheitsarbeiten. Ein Großteil dieser Asylbewohner ist alt und bresthaft.
Zu Punkt 3: Die Übernachtungsgebühren in den einzelnen Obdachlosenheimen wurden mit Beschluß des Gemeinderates mit Wirkung vom 1. August 1951 festgesetzt. Die Nächtigungsgebühren betragen in den beiden Familienheimen Wien 12, Kastanienallee 2 und Wien 3, Gänsbachergasse 3 pro Tag und Familie S 2,10. Eingeschlossen in diesen Tarif ist der Gas- und Wasserverbrauch in den Gemeinschaftsküchen und Waschräumen, die Beheizung und alle sonstigen Raum- und Hauskosten. Nicht inbegriffen ist der Stromverbrauch. Jede Familie hat einen eigenen Stromzähler und die Stromkosten sind den Wiener Stadtwerken zu entrichten.
In den Asylen wenden die Nächtigungsgebühren wie folgt eingehoben:
Männerheim Wien römisch XX Meldemannstraße 25 27
Einzelkabinen mit besserer Ausstattung pro Kabine | S 12,-- wöchentlich |
Einzelkabinen mit einfacher Ausstattung pro Kabine | S 7,10 wöchentlich |
Betten in Sälen pro Bett | S 6,60 |
Frauenheim Wien römisch XII, Kastenienallee 2 linker Trakt
Zwei und Dreibettzimmer pro Bett | S 13,50 wöchentlich |
Mehrbettzimmer pro Bett | S 11,-- wöchentlich |
Die Bewohner haben außer den Nächtigungsgebühren in den Asylen keine anderen Gebühren zu entrichten.
Für die Beheizung und Beleuchtung der Unterkünfte und Aufenthaltsräume sowie für den Gasverbrauch in den Gemeinschaftsküchen wird kein Kostenersatz gefordert.
Zu Punkt 4: Bei der Aufnahme von Familien wird in der Herbergenverwaltung eine Niederschrift verfaßt.
In den Asylen geschieht das nicht. In beiden Fällen werden auf Grund der vorzulegenden Dokumente Karteiblätter angelegt Schriftliche Vereinbarungen werden nicht getroffen.
Anschließend wird bemerkt:
Die Gesamteinnahmen im Jahre 1968 betrugen laut Rechnungsabschluß S 610.584,69, in diesem Betrag sind auch die Übernachtungsgebühren in der Höhe von S 487.104,20 enthalten. Dem gegenüber betrugen die Gesamtausgaben für den Betrieb der Herbergen im Jahre 1968 S 9,398.344,57.
Im Jahre 1969 beliefen sich die Gesamteinnahmen laut Rechnungsabschluß auf S 553.283,23, in diesem Betrag sind die Übernachtungsgebühren mit S 471.449,-- enthalten. Die Gesamtausgaben betrugen in diesem Jahr S 12,290.897,62.
Daraus ist zu ersehen, daß die Einnahmen, die in den Obdachlosenheimen Wiens erzielt werden, keinesfalls kostendeckend sind und daß diese Institution eine in der Großstadt notwendige Fürsorgeeinrichtung darstellt.
Diese Sozialleistung, die wie ausgeführt, jährlich große Mittel erfordere, wird vielmehr ausschließlich im öffentlichen Interesse erbracht.“
Die Rechtsmittelbehörde gab daraufhin den Berufungen der mitbeteiligten Partei Folge. In den Entscheidungsgründen führte sie im wesentlichen aus, eine Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben iS des Paragraph 2, Absatz 3, UStG sei insbesondere dann anzunehmen, wenn diese Aufgaben auf Leistungen gerichtet seien, zu deren Annahme der Leistungsempfängen auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet sei. Wie schon das Wort „insbesondere“ erkennen lasse, sei der Annahmezwang nicht Voraussetzung der Ausübung öffentlicher Gewalt. Eine Hoheitstätigkeit einer Körperschaft öffentlichen Rechts liege dann vor, wenn ihr eine öffentlich-rechtliche Aufgäbe durch Gesetz oder Verordnung ausdrücklich zugewiesen sei. Im Kommentar von Plückebaum-Malitzky, zum UStG 9. Aufl Bd römisch eins TZ 471 werde als Beispiel hiefür die römisch fünf v 13. 2. 1924 RGBI 100 angeführt, mit der den Bezirksfürsorgeverbänden Fürsorgeaufgaben zugewiesen worden seien. Bestimmungen dieser römisch fünf und Bestimmungen der Reichsgrundsätze über Voraussetzung, Art und Maß der öffentlichen Fürsorge seien mit der römisch fünf über die Einführung fürsorgerechtlicher Vorschriften im Land Österreich vom 3. 9. 1938 RGBl römisch eins 1125 in Österreich in Kraft gesetzt und gem Paragraph 2, des Rechtsüberleitungsgesetzes StGBl 1945/6 in den österreichischen Rechtsbestand übernommen worden. Streitentscheidend sei nun, ob in den Herbergen (Obdachlosenheimen) der mitbeteiligten Partei Hilfsbedürftige iS des Fürsorgerechts Aufnahme fänden. Auf Grund des vorliegenden Sachverhalts kam die belangte Behörde sodann zur Ansicht, daß die Aufnahme von Personen in den Familienheimen und Asylen der mitbeteiligten Partei auf Grund fürsorgerechtlicher Bestimmungen erfolge und deshalb die von der mitbeteiligten Partei in diesem Zusammenhang erbrachten Leistungen gem Paragraph 2, Absatz 3, UStG nicht steuerbar seien. Dagegen spreche auch nicht die Tatsache, daß die mitbeteiligte Partei Gebühren einhebe, weil diese nach der Höhe und den der mitbeteiligten Partei tatsächlich erwachsenen Aufwendungen offensichtlich nicht kostendeckend und deshalb reine Anerkennungsbeiträge seien. Aus diesem Grunde gelange die mitbeteiligte Partei bei der Erhebung der Gebühren auch nicht in Widerspruch zu den Reichsgrundsätzen, zufolge denen die Fürsorge nicht von einer ausdrücklichen Verpflichtung, Kosten zu ersetzen, abhängig gemacht werden dürfe. Auch könne aus der vom FA bezogenen Rechtsprechung des VwGH für die gegenständliche Streitfrage nichts abgeleitet werden, weil diese zu den Fragen ergangen sei, unter welchen Gesichtspunkten eine Fürsorgeanstalt iS der zit römisch fünf über die Fürsorgepflicht vorliege. Nach den fürsorgerechtlichen Bestimmungen sei aber die Verschaffung des notwendigen Lebensbedarfs, insbesondere der Unterkunft, an die Aufnahme in eine Fürsorgeanstalt iS der römisch fünf nicht gebunden.
Gegen diese Entscheidung der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom 25. 8. 1971 richtet sich die vorliegende Beschwerde des Präsidenten der FLD, über die der VwGH erwogen hat:
Gem Paragraph 2, Absatz eins, UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfaßt die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird. Gem Absatz 3, des gleichen Paragraphen ist die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben keine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit, wenn sie vom Bund, von den Ländern, den Gemeinden, den Gemeindeverbänden und von anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts ausgeübt wird. Eine Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben ist insbesondere dann anzunehmen, wen die Aufgaben auf Leistungen gerichtet sind, zu deren Annahme der Leistungsempfänger auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet ist.
Die mitbeteiligte Partei bestreitet nicht, daß sie beim Betrieb ihrer Herbergen selbständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, also eine Tätigkeit ausübt, die gem Paragraph 2, Absatz eins, UStG grundsätzlich als gewerblich oder beruflich anzusehen ist. Nach Paragraph 2, Absatz 3, UStG ist nun die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben keine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit. Eine Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben - erläutert das G weiter - ist „insbesondere“ dann anzunehmen, wenn die Aufgaben auf Leistungen gerichtet sind, zu deren Annahme der Leistungsempfänger auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet ist. Eine weitere Definition des Begriffs „öffentlich-rechtliche Aufgaben“ findet sich im G nicht. Nun stellt sich die Ausübung staatlicher Fürsorge auf Grund anderer Normen als eine Betätigung im Rahmen der Aufgaben eines Gemeinwesens dar, und wenn man nun - wie es die belangte Behörde tut - diese Normen auf die USt überträgt, würde das bedeuten, daß eine gemeinnützige Tätigkeit in die öffentlich-rechtliche Tätigkeit zumindest teilweise einbezogen werden müßte. Dabei ist jedoch zu beachten, daß deshalb, weil der Bund oder ein Land eine an sich gewerbliche Tätigkeit unter den Schutz des öffentlichen Rechts stellt, diese Tätigkeit noch nicht zu einer öffentlich-rechtlichen wird, denn durch den besonderen öffentlich-rechtlichen Schutz wird die Tätigkeit dieses Verwaltungszweiges noch keine hoheitliche. Von einer Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben iS des Paragraph 2, Absatz 3, UStG kann vielmehr, wie der Gerichtshof in seinem Erk v 30. 5. 1952 Slg 595(F) ausgeführt hat, nur dann gesprochen werden, „wenn zur Erreichung eines Zieles in der Rechtsordnung des öffentlichen Rechts begründete Hoheitsakte gesetzt werden, nicht aber dann, wenn sich eine öffentlich-rechtliche Körperschaft oder Anstalt zur Erfüllung ihrer Aufgaben - mögen sie ihr auch durch die Bundesverfassung oder durch andere G zugewiesen sein - des gleichen Mittels des Abschlusses von Arbeits- oder Bestandverträgen bedient, wie sie die Ordnung des Privatrechts auch jedermann sonst zur Verfügung stellt“ vergleiche auch Bundy, Anmerkung 12 zu Paragraph 2,, 126/1).
Das G führt zwar nur ein Merkmal hier das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe an. Dieses Merkmal - der Annahmezwang - ist jedoch nicht das einzige für das Vorliegen eines Hoheitsaktes und auch nicht eines, das regelmäßig vorliegen muß, wie sich aus dem Wort „insbesondere“ im 2. Satz des Paragraph 2, Absatz 3, UStG ergibt. Annahmezwang liegt vor, wenn der Leistungsempfänger die Leistung annehmen muß bzw in den Fällen in denen auf die Vornahme einer Handlung verzichtet wird, die Handlung praktisch überhaupt nicht vorgenommen werden kann. Aus dem Wort „insbesondere“ muß weiters abgeleitet werden, daß dann, wenn ein Annahmezwang besteht, die Vermutung für eine hoheitliche Tätigkeit gegeben ist. Der Annahmezwang ist also unter der Voraussetzung, daß auch die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind, ein Anzeichen für eine solche Tätigkeit, denn sonst wäre jede Betätigung im Rahmen eines Monopols die Ausübung einer öffentlich-rechtlichen Tätigkeit. Weitere Merkmale für das Vorliegen eines Hoheitsakts sind die „Eigentümlichkeit“ und das „Vorbehaltensein“. „Eigentümlich“ und „vorbehalten“ ist eine Tätigkeit dann, wenn sie auf Grund der tatsächlichen Gegebenheiten lediglich durch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft erfüllt werden kann und erfüllt wird, der Körperschaft also die Tätigkeit zwecks Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben funktionell durch das öffentlich-rechtliche Recht zugewiesen wird. Verkehrsansicht und Staatsauffassung entscheiden darüber, ob eine bestimmte Aufgabe nur durch staatliche Einrichtungen behördlicher Natur erfüllt werden kann, ob sie also einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft „eigentümlich“ ist, Ein „Vorbehalten“ liegt allerdings nicht nur dann vor, wenn die Ausschließlichkeit gegeben ist, sondern auch dann, wenn sie im Regelfall zutrifft. vergleiche VwGH 6. 4. 1955, 3302/54 Slg 1139(F), 13. 10. 1958, 2716/55 Slg 1889(F) sowie Bundy, Anmerkung 12 zu Paragraph 2,, 127 ff).
Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Streitfall an, so ergibt sich, daß die Aufnahme und Beherbergung von Obdachlosen keine Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben iS des Paragraph 2, Absatz 3, UStG darstellt. Die von den Familienheimen und Asylen ausgeübte Tätigkeit kann, wie die Beschwerde zu Recht ausführt, nicht nur durch staatliche Einrichtungen behördlicher Art erfüllt werden, da auch private physische Personen, Personenvereinigungen, private Vereine oder andere private Juristische Personen derartige Heime errichten und führen können und auch tatsächlich errichtet haben und führen. Ist somit die Führung von Obdachlosenheimen (Herbergen) der mitbeteiligten Partei nicht „eigentümlich“ und „vorbehalten“, dann folgt daraus, daß für den Aufnahmesuchenden auch kein Zwang besteht, seine Unterkunft in Wien in einem Heim der mitbeteiligten Partei zu suchen.
Da die belangte Behörde die Führung von Obdachlosenheimen (Herbergen) als Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe anerkannt hat, hat sie das G verletzt, weshalb der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grunde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gem Paragraph 42, Absatz 2, Litera a, VwGG 1965 aufzuheben war, ohne daß es eines Eingehens auf die erst durch die Anfrage gem Paragraph 41, VwGG 1965 aufgeworfene Frage der Verletzung der Paragraphen 2, Absatz eins, zweiter Satz und 11 Absatz eins, UStG bedurfte.
Wien, am 19. Oktober 1972
ECLI:AT:VWGH:1972:1971002119.X00