Verwaltungsgerichtshof
20.12.1967
0320/67
Siehe:
0073/67 E 8. November 1967 VwSlg 7216 A/1967
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Werner, und die Hofräte Dr. Hrdlitzka, Dr. Striebl, Dr. Skorjanec und Dr. Rath als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Regierungsoberkommissärs Dr. Schatzmann, über die Beschwerde des JB in W, vertreten durch Dr. Friedrich Pechtold, Rechtsanwalt in Wien römisch XII, Theresienbadgasse 1, gegen den Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, mittelbare Bundesverwaltung, vom 27. Dezember 1966, Zl. MA 63-B 46/66/Str., betreffend Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Übertretung der Gewerbeordnung, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Magistratische Bezirksamt für den 10. Wiener Gemeindebezirk sprach mit seinem Straferkenntnis vom 15. November 1966 den Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach dem Paragraph 132, Litera a, Gewerbeordnung schuldig, begangen dadurch, dass dieser weiterhin in der Zeit vom 5. Mai bis 21. Juni 1966 in Wien, L-gasse 36, das Gast- und Schankgewerbe in der Betriebsform einer Herberge ausgeübt habe, ohne im Besitz einer rechtskräftigen Konzession hiefür zu sein; gemäß dem Paragraph 131, Absatz eins, Litera b, Gewerbeordnung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzarreststrafe 30 Tage) verhängt.
Dagegen berief der Beschwerdeführer. Dieser Berufung wurde mit dem namens des Landeshauptmannes vom Amt der Wiener Landesregierung am 27. Dezember 1966 erlassenen Bescheid insoweit stattgegeben, als das Straferkenntnis gemäß dem Paragraph 66, Absatz 4, AVG 1950 hinsichtlich der Tatzeit vom 5. Mai bis zum 16. Mai 1966 behoben und das Verfahren gemäß dem Paragraph 45, Absatz eins, Litera c, VStG 1950 eingestellt wurde; hinsichtlich der Tatzeit vom 17. Mai bis zum 21. Juni 1966 wurde das Straferkenntnis jedoch bestätigt. Die Strafe wurde mit S 9.000,-- (Ersatzarreststrafe 25 Tage) neu bemessen.
Die Berufungsbehörde war der Auffassung, dass der Beschwerdeführer im eingangs bezeichneten Standort insofern das (Gast-)Schankgewerbe in der Betriebsform einer Herberge unbefugt ausübe, als er - so wurde festgestellt - ohne im Besitz einer Konzession zu sein, verschiedene Räumlichkeiten jenes Wohnhauses, dessen Miteigentümer er sei, und zwar im Parterre (die Wohnung) Türnummer 4, im ersten Stock (die Wohnung) Türnummer 9 und im dritten Stock (die Wohnung) Türnummer 24, mit Betten versehen und diese an Fremdarbeiter in ständig wechselnder Zahl gegen ein monatliches Entgelt von ca. S 300,-- vergeben habe; in dem Entgelt seien auch die Bereitstellung der Bettwäsche, deren Reinigung und der von den Bewohnern zu Beleuchtungszwecken verbrauchte elektrische Strom inbegriffen. Die Reinigung der Räumlichkeiten dagegen werde, wenn überhaupt, von den Fremdarbeitern selbst durchgeführt; diese hätten für die Benützung der sanitären Anlagen kein gesondertes Entgelt zu leisten.
Nach dem Berufungsbescheid sei unter der Beherbergung von Fremden die gewerbsmäßige Vermietung von Wohnraum zur vorübergehenden oder dauernden Benützung zu verstehen, verbunden mit verschiedenen kleineren Nebenleistungen wie die zuvor festgestellten. Die vom Beschwerdeführer mit den Gastarbeitern geschlossenen Verträge glaubte die Behörde, anders als der Beschwerdeführer, nicht als bloße Untermietverträge beurteilen zu können, und zwar wegen des häufigen Wechsels und wegen der großen Anzahl der in den Räumen untergebrachten Personen. So seien am 14. Juni 1966 in einem Raum bis zu 10 verschiedenen Familien angehörende Personen beiderlei Geschlechts untergebracht gewesen. In einem Raum von ca. 16 m2 seien 10 Personen in 5 Betten schlafend vorgefunden worden, und zwar seien in drei Betten je eine Frau und ein Mann gelegen, in einem Bett ein 13-jähriger Bub und im fünften eine schwangere Frau, ein Mann und ein 4-jähriges Kind. Mit der üblichen, nur privatrechtlich zu beurteilenden Bettstellenvermietung lasse sich dies nicht vereinbaren, weil die Errichtung derartiger Massenquartiere den ortsüblichen Rahmen einer solchen Vermietung bei weitem übersteige. Eine Privatzimmervermietung als häusliche Nebenbeschäftigung vermeinte die Berufungsbehörde nicht nur wegen der großen Anzahl der untergebrachten Personen nicht annehmen zu können, sondern auch deshalb nicht, weil der Beschwerdeführer bei einer Bereitstellung von 15 Betten einen monatlichen Reingewinn von mindestens S 3.000,-
- erziele.
Gegen den Berufungsbescheid vom 27. Dezember 1966 ist die vorliegende Beschwerde gerichtet. Der Beschwerdeführer, der inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht, erachtet sich in seinen Rechten insofern verletzt, als durch eine unrichtige Anwendung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften, insbesondere der Paragraphen 131, Absatz eins und 16 Absatz eins, Litera a, Gewerbeordnung im Zusammenhang mit dem Paragraph eins, des Mietengesetzes das Straferkenntnis mit dem Schuldspruch wegen einer Verwaltungsübertretung durch unbefugte Gewerbeausübung bestätigt worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß dem Art. römisch IV des Kundmachungspatentes zur Gewerbeordnung gelten die in der Gewerbeordnung enthaltenen Bestimmungen für alle gewerbsmäßig betriebenen Beschäftigungen. Ausnahmen von dieser grundsätzlichen Anordnung sieht das Kundmachungspatent vor, darunter, unter der Litera e, im Art. römisch fünf, die in die Kategorie der häuslichen Nebenbeschäftigungen fallenden und durch die gewöhnlichen Mitglieder, des eigenen Hausstandes betriebenen Erwerbszweige. An den Merkmalen dieses Ausnahmetatbestandes fehlte es im Beschwerdefall schon deshalb, weil es sich bei der entgeltlichen Überlassung von Bettstellen an unbestrittenermaßen ständig wechselnde Personen in größerer Anzahl auch nach dem Beschwerdevorbringen ausdrücklich nicht um eine häusliche, d. h. im Rahmen des eigenen Hausstandes, im besonderen der auch vom Beschwerdeführer selbst bewohnten Wohnung gelegene Beschäftigung handelte vergleiche das denselben Beschwerdeführer betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. November 1967, Zl. 73/67, wo bereits in einem gleichen Zusammenhang gleiches gesagt worden ist). Der Beschwerdeführer behauptet in seiner Beschwerde nicht (und hat derlei auch im Verwaltungsverfahren nicht behauptet), dass es der von ihm ausgeübten Beschäftigung an den Merkmalen der Gewerbsmäßigkeit, nämlich Selbstständigkeit, Abstellung auf Dauer und Gewinnabsicht, fehle. Mangels Erfüllung des zuvor erörterten Ausnahmetatbestandes unterlag die Beschäftigung den Bestimmungen der Gewerbeordnung. Es handelte sich hier um eine für ein Untermietverhältnis unübliche Bettstellenvermietung, nämlich vieler Bettstellen auf gedrängtem Raum in Form gänzlicher Untervermietung, nicht aber um eine bloße Teilvermietung eines sonst mietrechtlich vom Hauptmieter selbst zu eigenen Wohnzwecken genützten Raums. Darin lässt sich schon, wenn auch in sehr rudimentärer Form, eine entgeltliche Gastaufnahme erkennen, keineswegs aber ein den Bestimmungen der Gewerbeordnung nicht unterliegendes Mietverhältnis. Nach den besonderen Umständen dieses Falles und dem äußeren Erscheinungsbild lagen behelfsmäßige Unterkünfte in einem Massenquartier vor. Mochten auch Mietverträge, selbst auf unbestimmte Dauer, abgeschlossen worden sein, so konnte es sich angesichts aller festgestellten Umstände, im besonderen auch des ständigen Wechsels der untergebrachten Personen, doch nur um provisorische Abmachungen gehandelt haben, praktisch auf jederzeitigen Widerruf. Die Frage aber, ob die inkriminierte Tätigkeit nicht etwa in die Dispositionsbefugnis des Hauseigentümers in Ansehung der Vermietung von Wohnraum falle (welche Tätigkeit den Bestimmungen der Gewerbeordnung gleichfalls nicht unterliegt), bedarf hier schon deshalb nicht der Beantwortung, weil der Beschwerdeführer in der Beschwerde ausdrücklich erklärt, nicht Hausmiteigentümer, sondern nur Hauptmieter der im angefochtenen Bescheid im einzelnen bezeichneten Wohnungen in dem in Rede stehenden Haus zu sein.
Übte mithin der Beschwerdeführer eine gewerbsmäßige Tätigkeit aus, die von den Bestimmungen der Gewerbeordnung nicht ausgenommen ist, dann erlag die belangte Behörde insofern keinem Rechtsirrtum, als sie die Tätigkeit als Fremdenbeherbergung und der Konzessionspflicht gemäß dem Paragraph 16, Absatz eins, Litera a, Gewerbeordnung unterliegend beurteilte. Ohne Konzession nach dieser Gesetzesstelle aber war die Tätigkeit unbefugt und der Täter gemäß dem Paragraph 132, Litera a, Gewerbeordnung zu strafen, was die belangte Behörde gleichfalls zutreffend erkannte; auch insoweit ist der angefochtene Bescheid entgegen der Meinung des Beschwerdeführers mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit nicht behaftet.
Bei der gegebenen Rechtslage bedürfen die auf die zivilrechtliche Judikatur zum Mietengesetz gegründeten Beschwerdeausführungen keiner Erörterung. Dasselbe gilt für die Verfahrensrüge nach den Beschwerdeausführungen, nämlich die Rüge unterlassener Erhebungen darüber, ob der Beschwerdeführer Miteigentümer jenes Hauses sei oder nicht. Die Rüge, dass in erster Instanz unterbliebene tatsächliche Feststellungen von der belangten Behörde getroffen worden seien, ohne dass dabei dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre, ist deshalb nicht zielführend, weil alle diese Feststellungen auf zur Zeit der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses bereits vorgelegenen Ermittlungsergebnissen beruhen, zu welchen sich der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren, und zwar zuletzt mit einem Schriftsatz vom 24. August 1966, geäußert hatte; im Berufungsverfahren wurden Sachverhaltserhebungen nicht mehr durchgeführt.
Die sonach unbegründete Beschwerde war gemäß dem Paragraph 42, Absatz eins, VwGG 1965 abzuweisen.
Der Kostenausspruch gründet sich auf die Paragraphen 47, Absatz eins und Absatz 2, Litera b,, 48 Absatz 2, Litera a und b sowie Paragraph 49, VwGG 1965 in Verbindung mit dem Art. römisch eins Abschnitt B Ziffer 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom 4. Jänner 1965, Bundesgesetzblatt Nr. 4.
Wien, am 20. Dezember 1967