Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

08.11.1967

Geschäftszahl

0073/67

Beachte

Siehe:

0320/67 E 20. Dezember 1967

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Werner, und die Hofräte Dr. Hrdlitzka, Dr. Striebl, Dr. Skorjanec und Dr. Rath als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Regierungsoberkommissärs Dr. Schatzmann, über die Beschwerde des JB in W, vertreten durch Dr. Friedrich Pechtold, Rechtsanwalt in 1120 Wien, Theresienbadgasse 1/17, gegen den Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung - mittelbare Bundesverwaltung vom 28. November 1966, Zl. M. Abt. 63-B 19/66/Str., betreffend Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Übertretung der Gewerbeordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Magistratische Bezirksamt für den 12. Wiener Gemeindebezirk sprach mit seinem Straferkenntnis vom 16. Mai 1966 den Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach dem Paragraph 132, Litera a, GewO schuldig, begangen dadurch, dass der Beschwerdeführer am 4. Mai 1966 und vorher in Wien, L-gasse 36, das Gast- und Schankgewerbe in der Betriebsform einer Herberge ohne Konzession hiefür ausgeübt habe; über den Bfr. wurde gemäß dem Paragraph 131, Litera a, GewO eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzarreststrafe 25 Tage) verhängt.

Der Beschwerdeführer berief gegen das Straferkenntnis. Das Amt der Wiener Landesregierung bestätigte jedoch mit dem namens des Landeshauptmannes erlassenen Bescheid vom 28. November 1966 das Straferkenntnis, wenngleich mit der Abänderung, dass der Beschwerdeführer die diesem zur Last gelegte Tat in der Zeit vom Februar 1966 bis zum 4. Mai 1966 begangen habe. Die Berufungsbehörde stellte fest, dass der Beschwerdeführer Miteigentümer jenes Hauses in der Leibnizgasse sei, dass er dort in einem ca. 80 m2 großen Raum Schlafstellen aufgestellt habe, dass er diese einer größeren, wechselnden Anzahl von Personen, und zwar sowohl Männern als auch Frauen (der Feststellung im Straferkenntnis nach Fremdarbeiter) zur Verfügung stelle, dass er als Entgelt je Bett S 200,-- bis S 300,-- monatlich verrechne, dass er die Bettwäsche beistelle und deren Reinigung besorge, dass er aber den verbrauchten Lichtstrom nicht gesondert in Rechnung stelle und dass auch die in völlig unzureichendem Maß beigestellten sanitären Einrichtungen nicht gesondert zu begleichen seien.

Die Auffassung des Beschwerdeführers, die Fremdarbeiter nicht beherbergt, sondern mit diesen nur Mietverträge abgeschlossen zu haben, hielt die Berufungsbehörde nicht für berechtigt, und zwar einerseits wegen der mit der Beherbergung verbundenen Nebenleistungen, wie Beistellung und Reinigung der Bettwäsche, andererseits wegen des häufigen Wechsels der beherbergten Personen und deren großer Anzahl, nämlich ca. 29 in einem Raum, was sich mit der bloß privatrechtlich zu beurteilenden Bettstellvermietung als deren ortsüblichen Rahmen weit übersteigend nicht vereinbaren ließe. Eine häusliche Nebenbeschäftigung aber glaubte die Behörde deshalb ausschließen zu müssen, weil der Beschwerdeführer bei der Bereitstellung von 15 Betten zumindest einen Reingewinn von S 3.000,-- erziele, aus seinem Gewerbebetrieb aber laut eigener Angabe gegenüber der Bezirksvorstehung nur S 2.200,-- Einnahmen habe. Daraus, dass der Beschwerdeführer zur Pflege der Räumlichkeiten nichts beitrage, sondern diese Arbeit, wenn überhaupt, von den weiblichen Fremdarbeitern geleistet werde, meint die Berufungsbehörde, dass bei den sonstigen Kriterien des Falles eine bloße Vermietung nicht abgeleitet werden könne.

Die vorliegende Beschwerde ist gegen den Berufungsbescheid vom 28. November 1966 gerichtet. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten insoweit verletzt, als durch eine unrichtige Anwendung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften, insbesondere der Paragraphen 131, Absatz eins und 16 Absatz eins, Litera a, GewO im Zusammenhang mit dem Paragraph eins, des Mietengesetzes und dem Art. römisch fünf Litera e, des Kundmachungspatentes zur Gewerbeordnung, das Straferkenntnis bestätigt worden sei. Neben der vom Beschwerdeführer geltend gemachten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des Berufungsbescheides sei seiner Meinung nach auch das Berufungsverfahren mangelhaft geblieben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer vertritt den Standpunkt, dass die von ihm mit den Fremdarbeitern geschlossenen Verträge Untermietverträge seien. Er führte diesbezüglich aus, dass er Mieter von Geschäftsräumlichkeiten in jenem Hause sei, und dass er, da er einen Magazinraum jener Räumlichkeit vorübergehend nicht benötigt habe, in diesem Raum Bettstellen eingerichtet und vermietet habe; schon im vorangegangenen Verwaltungsstrafverfahren und zwar in der Berufung, hatte er vorgebracht, Hauptmieter der Räumlichkeiten zu sein und als solcher die Untermietverträge abgeschlossen zu haben. Er halte die Qualifikation seines Verhaltens als einer Fremdbeherbergung im Sinne des Paragraph 16, Absatz eins, Litera a, GewO für unrichtig. Dem Beschwerdeführer ist jedoch darin nicht beizustimmen.

Der Bestandnehmer (Mieter) kann den ihm auf Grund des Mietvertrages über die Bestandsache zustehenden Gebrauch derselben einem anderen überlassen vergleiche Klang, Kommentar zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, 2. Aufl., Sitzung 56 ff.), und zwar auch in der Form des Afterbestandes, wozu die Untermiete gehört (Paragraph 1098, ABGB). Voraussetzung hiefür ist die Überlassung jenes Gebrauches an den Untermieter, der durch den Hauptmietvertrag dem Hauptmieter eingeräumt ist. Gegenstand des Hauptmietvertrages ist im vorliegenden Fall aber auch nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers ein Magazinraum, dessen mietvertragsgemäßer Gebrauch im Gebrauch als Magazin gelegen ist. Ein solcher Gebrauch wurde den Fremdarbeitern aber nicht überlassen, vielmehr ein dem Wesen nach andersartiger Gebrauch, nämlich ein solcher zu Wohnzwecken. Dieser Überlassung fehlte vom Gesichtspunkt des Bestandrechtes die bezeichnete tatsächliche Grundlage, sodass ein Unterbestandvertrag durch die Überlassung nicht zustandekommen konnte; dem Zustandekommen eines solchen Vertrages stünden im übrigen auch Rücksichten des öffentlichen Rechtes entgegen, wovon im Zusammenhang mit der Dispositionsfreiheit des Eigentümers noch zu sprechen sein wird.

Damit fällt auch das in der Beschwerde aushilfsweise angeführte Argument, die vom Beschwerdeführer entfaltete Tätigkeit falle als häusliche Nebenbeschäftigung gemäß dem Art. römisch fünf Litera e, des Kundmachungspatentes zur Gewerbeordnung nicht in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung; dass dies nicht zutrifft, ergibt sich zudem daraus, dass es sich hier selbst nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers nicht um eine häusliche, d. i. eine im Rahmen des eigenen Hausstandes, im besonderen der eigenen Wohnung des Beschwerdeführers gelegene Beschäftigung handelt vergleiche das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. November 1963, Zl. 1758/62).

Die vom Beschwerdeführer selbst nicht aufgeworfene Frage, inwieweit die inkriminierte Tätigkeit in die Dispositionsbefugnis des Hauseigentümers in Ansehung der Vermietung von Wohnraum falle, wäre gleichfalls negativ zu beantworten. Dies deshalb, weil das Eigentumsrecht vielfältigen Beschränkungen öffentlich-rechtlicher Art unterliegt. Im gegebenen Zusammenhang ist aus Gründen des Baurechtes vergleiche den Paragraph 129, Absatz eins, der Bauordnung für Wien) eine bewilligungswidrige Verwendung von Räumen unzulässig (und wie erwähnt werden kann, strafbar). Schon diese öffentlich-rechtliche Schranke des Eigentümers stünde der Dispositionsfreiheit des Beschwerdeführers als Hausmiteigentümer entgegen.

An den Merkmalen der Gewerbsmäßigkeit, nämlich Selbstständigkeit, Abstellung auf Dauer und Gewinnabsicht, fehlte es dem inkriminierten Verhalten des Beschwerdeführers nicht. Gegenstand des Verhaltens war unbestrittenermaßen die Überlassung von Raum an einen unbestimmten Personenkreis zumindest zum Zwecke der Nächtigung, und zwar in einem Umfang, wie dies auf wenngleich kleine Betriebe der Fremdenbeherbergung zutrifft. Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar bereits wiederholt vergleiche das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Mai 1967, Zl. 1519/66, und die dort angeführte Judikatur) dargetan, dass eine dem Begriff der Fremdenbeherbergung zuzuordnende Tätigkeit - erst -

dann gegeben sei, wenn gleichzeitig mit der Zurverfügungstellung von Wohnraum damit üblicherweise verbundene Dienstleistungen erbracht werden; der Gerichtshof hat aber in eben diesem Zusammenhang auch dargetan, dass dann, wenn es an derlei Dienstleistungen fehle, die Frage, ob es sich dennoch um eine konzessionspflichtige Fremdenbeherbergung handle, an Hand der sonstigen Merkmale der zu prüfenden Tätigkeit zu beantworten ist, d. h. unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles, darunter die Art und Weise; wie sich der Betrieb nach außen darstelle. Im Falle des eben angeführten Erkenntnisses war es um die Vermietung von Appartements gegangen, wobei die Beistellung frischer Bettwäsche als Dienstleistung im zuvor umschriebenen Sinne nicht betrachtet wurde. Im nun vorliegenden Fall dagegen ging es um ein Massenquartier (was in der Beschwerde zwar geleugnet wird, welche Beurteilung aber bei 15 Bettstellen in einem Raum treffend ist) mit in völlig unzureichendem Maß beigestellten sanitären Einrichtungen. Es liegt auf der Hand, dass in einem Beherbergungsbetrieb dieser Art Dienstleistungen irgendwelcher Art, jedenfalls aber solche, die über die gelegentliche Beistellung gesäuberter Bettwäsche hinausgehen, nicht üblich sind und vom Kunden auch nicht erwartet werden. Derlei Betriebe stellen sich nach außen genau in der Art und Weise dar, wie dies im Beschwerdefall von der belangten Behörde festgestellt wurde. Es handelt sich somit dabei um eine, wie dargetan mangels Vorliegens eines die ausschließlich der Anwendbarkeit der Gewerbeordnung rechtfertigenden Tatbestandes gewerbliche, gemäß dem Paragraph 16, Absatz eins, Litera a, GewO konzessionspflichtige Tätigkeit, welche infolge des vom Beschwerdeführer nicht in Frage gestellten Mangels einer Konzession gemäß dem Paragraph 132, Litera a, GewO strafbar ist. Für die Frage der Konzessionspflicht ist es belanglos, dass unter Umständen, wie den festgestellten, eine Konzession schon wegen der fehlenden Lokaleignung bereits aus Gründen des öffentlichen Rechtes nicht verliehen werden könnte.

Bei der gegebenen Rechtslage bedurfte die Frage, welche Verträge der Beschwerdeführer mit seinen Kunden abgeschlossen habe, keiner Untersuchung, was die diesbezügliche Verfahrensrüge widerlegt.

Die Beschwerde erweist sich sonach als unberechtigt; sie war gemäß dem Paragraph 42, Absatz eins, VwGG 1965 abzuweisen.

Der Kostenspruch gründet sich auf die Bestimmungen der Paragraphen 47,, 48 Absatz 2, Litera a und b und 49 VwGG 1965 in Verbindung mit den Bestimmungen im Art. römisch eins Abschnitt B Ziffer 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom 5. Jänner 1965, Bundesgesetzblatt Nr. 4. Wien, am 8. November 1967