Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

02.06.1964

Geschäftszahl

0408/64

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Borotha, und die Hofräte Penzinger, Dr. Kadecka, Dr. Dolp und Dr. Schmid als Richter, im Beisein des Schriftführers, Ministerialoberkommissärs Dr. Svoboda, über die Beschwerde der Republik Österreich (Bundesministerium für Unterricht - Bundestheaterverwaltung) gegen den Bescheid des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 22. Jänner 1964, Zl. III-924-12-2/1964, betreffend Beschäftigungsgenehmigung für einen ausländischen Arbeitnehmer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Die Direktion der Wiener Staatsoper beantragte am 17. Oktober 1963 beim Arbeitsamt für Angestellte, die Beschäftigungsgenehmigung und die Arbeitserlaubnis für den italienischen Staatsbürger AR als Kapellmeister in Verbindung mit Souffleurtätigkeit zu erteilen. Als Grund für dieses Ansuchen wurde angeführt, daß der Genannte für die Vorbereitung und Aufführung zweier italienischer Premieren, nämlich der Oper römisch eins l Trovatore und La Boheme, benötigt werde, um den italienischen Sängern, die an den in Italien üblichen Typus eines "dirigierenden Souffleurs" gewohnt seien, die für die Erreichung künstlerischer Höchstleistungen erforderliche Sicherheit zu geben.

Das Arbeitsamt versagte mit Bescheid vom 25. Oktober 1963 die Beschäftigungsgenehmigung und wies gleichzeitig das Ansuchen um Arbeitserlaubnis ab. Zur Begründung führte es aus, daß die Tätigkeit des AR nicht der eines Kapellmeisters, sondern der eines Souffleurs entspreche. Da der Staatsoper unbestrittenermaßen ausgezeichnete inländische Souffleure zur Verfügung stünden, sei das Ansuchen gemäß Paragraph 34, Absatz eins, der Verordnung über ausländische Arbeitnehmer vom 23. Jänner 1933, DRGBl. römisch eins Sitzung 26, abzulehnen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte das Bundesministerium für Unterricht (Bundestheaterverwaltung) vor, daß es sich bei der vorgesehenen Tätigkeit AR's keineswegs um die eines Souffleurs im engeren Sinne des österreichischen Bühnensprachgebrauches handle, sondern um eine vollwertige Kapellmeistertätigkeit. Bezeichnend sei der italienische Ausdruck "maestro suggeritore", der die Kapellmeistertätigkeit hervorhebe. Das bei der Aufführung der genannten Opern zum Einsatz gelangende italienische Spitzenensemble habe entsprechend der auf italienischen Opernbühnen herrschenden Gewohnheit, ihre Einsätze vom Souffleur und nicht unmittelbar vom Dirigenten zu erhalten, ausdrücklich die Mitwirkung des Genannten gewünscht. Sie sei zur Erzielung des höchstmöglichen künstlerischen Erfolges erforderlich. Durch die verhältnismäßig kurze Dauer der beabsichtigten Verwendung des italienischen maestro suggeritore, nämlich lediglich bei der Aufführung der zwei genannten Opern, würden die in einem festen Dienstverhältnis zur Oper stehenden inländischen Souffleure in keiner Weise geschädigt. Österreichische Kräfte, welche die Funktion AR's übernehmen könnten, seien nicht vorhanden.

Es kam hierauf am 4. November 1963 beim Landesarbeitsamt Wien zu einer Besprechung zwischen Vertretern des Arbeitsamtes, der Bundestheaterverwaltung, der Gewerkschaft für Kunst und freie Berufe und des Betriebsrates der Staatsoper. Dabei äußerten die Vertreter des Betriebsrates die Ansicht, daß die Heranziehung eines Ausländers überflüssig sei, weil seit Jahren auch österreichische Souffleure bei italienischen Opernaufführungen mitgewirkt hätten während die Bundestheaterverwaltung den Standpunkt vertrat, daß die Direktion der Staatsoper allein zuständig und verantwortlich für die künstlerische Qualität der Aufführungen sei und die Mitwirkung R's für notwendig erachte. Von beiden Seiten wurde der Antrag auf Einvernahme von Sachverständigen über die künstlerische Bedeutung bzw. die Notwendigkeit der Mitwirkung eines italienischen Souffleurs gestellt. Am 8. November 1963 führte das Landesarbeitsamt Wien eine Verhandlung in dieser Angelegenheit durch, die insbesondere zur Klärung der Frage dienen sollte, ob auf die Beschäftigung des AR die zwischen dem Bundesministerium für soziale Verwaltung und dem Bundesministerium für Unterricht getroffene Vereinbarung über ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren Anwendung zu finden habe, wonach bei Regisseuren, Schauspielern, Sängern, Solisten des Orchesters und Kapellmeistern eine Nachprüfung der künstlerischen Notwendigkeit durch die Behörde zu entfallen habe und die Genehmigung in einem bloß formellen Verfahren zu erteilen sei. Bei dieser Verhandlung wurden Zentralsekretär P von der Gewerkschaft und Kammersänger C als Zeugen und der italienische Dirigent AQ als Sachverständiger vernommen. Ferner wurde eine telegrafisch eingelangte Äußerung des Generalmusikdirektors JK verlesen.

Mit Bescheid vom 8. November 1963 gab das Landesarbeitsamt der Berufung keine Folge. Zur Begründung führte die Behörde zunächst aus, daß sie auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens zu der Auffassung gekommen sei, die Tätigkeit des AR sei nicht die eines Kapellmeisters, sondern die eines Souffleurs, sodaß das für bestimmte gestaltende Künstler vorgesehene vereinfachte Verfahren hinsichtlich der Beschäftigungsgenehmigung auf ihn keine Anwendung finden könne. Zur Frage der Notwendigkeit der Beschäftigung des Genannten und der Beurteilung der Arbeitsmarktlage wurde auf die Entscheidungsgründe der ersten Instanz verwiesen.

In der vom Bundesministerium für Unterricht erhobenen weiteren Berufung wurde zunächst ebenfalls auf das seinerzeitige Abkommen über die vereinfachte Behandlung der solistischen Leistungen erbringenden ausländischen Künstler bei der Erteilung der Beschäftigungsgenehmigung Bezug genommen und die Ansicht vertreten, daß italienische Souffleure, deren Technik von der österreichischen Souffleure nicht unerheblich abweiche und eine Art zusätzlichen Dirigierens darstelle, zu dieser Art von Künstlern zu rechnen seien. Aber auch wenn von der gegenteiligen Ansicht ausgegangen werde, so müsse darauf hingewiesen werden, daß die in Österreich zur Verfügung stehenden Souffleure, auch wenn sie die für ihre Arbeit allgemein erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten aufwiesen, nicht über die besondere Technik, die in einer besonderen Eigenart der Zeichen- und Einsatzgebung bestehe und nur durch eine langjährige Praxis an italienischen Bühnen erlernbar sei, verfügten. Wenn fallweise italienische Opern in italienischer Sprache mit italienischen Spitzenkräften an der Wiener Staatsoper gegeben werden, sei somit im Interesse der höchsten erreichbaren künstlerischen Gesamtleistung die Notwendigkeit gegeben, einen italienischen Souffleur mit der Fachbezeichnung "maestro suggeritore" einzusetzen. Es wurde auch der Antrag gestellt, weitere Sachverständige darüber zu hören, ob die Verwendung eines italienischen Souffleurs bei Opernaufführungen der geschilderten Art geeignet sei, eine höhere künstlerische Leistung zu erzielen, und ob die Entscheidung über die Notwendigkeit dem rein künstlerischen Ermessen der Opernleitung überlassen bleiben müsse.

Das Bundesministerium für soziale Verwaltung wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid ab. In rechtlicher Beziehung führte die belangte Behörde aus, daß jeder Ausländer gemäß den Bestimmungen der Verordnung über ausländische Arbeitnehmer zur Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit in Österreich einer Beschäftigungsgenehmigung bzw. einer Arbeitserlaubnis bedürfe. Der Umstand, daß sich ein Ausländer auf künstlerischem Gebiet betätige, sei für die rechtliche Beurteilung ohne Belang. Die vom Bundesministerium für soziale Verwaltung bereits im Jahre 1950 gegebene Zusage, Anträge der Bundestheaterverwaltung auf Erteilung der Beschäftigungsgenehmigung für bestimmte künstlerische Berufssparten ohne Prüfung der künstlerischen Notwendigkeit einer raschen Erledigung zuzuführen, bedeute keine Befreiung von dem Erfordernis der Beschäftigungsgenehmigung und schließe das Recht der Verwaltungsbehörde, im Einzelfall Überprüfungen vorzunehmen, nicht aus. Im übrigen sei die Ansicht der Beschwerdeführerin, ein maestro suggeritore gehöre zu den in der Zusage aufgezählten Künstlern, unzutreffend. Dies ergebe sich aus den Darlegungen des Sachverständigen AQ, wonach der maestro suggeritore nur ein Hilfsorgan des Dirigenten sei, der allerdings über eine besondere, von den österreichischen Souffleuren verschiedene Technik verfügen müsse, welche letztere in langjähriger Praxis zu erwerben sei. Der maestro suggeritore sei nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens nicht als gestaltender Künstler einer Bühnenaufführung anzusehen, weil diese Funktion dem künstlerisch gestaltenden Dirigenten vorbehalten sei.

Die Behauptung der Beschwerdeführerin, daß die in Österreich verfügbaren Souffleure nicht über die erforderliche Technik verfügten und daß daher die Mitwirkung des AR erforderlich sei, sei unrichtig. Hiezu werde "folgendes festgestellt":

"Bereits im Jahre 1956 wurde der österreichische Souffleur FH von dem italienischen Dirigenten GC, der vor seiner Dirigententätigkeit als "erster meastro suggeritore" in der Mailinder Scala viele Jahre tätig war und in dieser Funktion Berühmtheit erlangte, persönlich an der Wiener Staatsoper mit der Soufflierart eines "meastro suggeritore" vertraut gemacht. Wie C schon damals feststellte, wurde der heimische Souffleur mit dem gleichen Erfolg wie die italienischen Souffleure den Anforderungen, die in Mailand an einen "maestro suggeritore" gestellt werden, gerecht. Gerade diesem Urteil ist besondere Bedeutung beizumessen, weil Herr C die Tätigkeit eines "meastro suggeritore" aus eigener Erfahrung am besten beurteilen kann. Die Zeichengebung und der musikalische Anschlag des österreichischen Souffleures wurde von C als vollkommen richtig bezeichnet. Auch die von C geforderte besondere Soufflierart für italienische Sänger konnte sich der heimische Souffleur aneignen. Es ist daher verständlich, daß schon seinerzeit Herr C es als überflüssig erachtete, einen italienischen Souffleur für die Gastspiele der Mailänder Scala nach Wien zu holen, da der heimische Souffleur nicht nur den italienischen Ansprüchen vollauf gerecht wurde, sondern darüber hinaus sogar mit mehr Intensität als die italienischen Souffleure seinen Aufgaben nachgekommen ist."

Im übrigen hätten unbestrittenermaßen in den letzten Jahren ausgezeichnete Opernaufführungen mit italienischen Sängern unter Mitwirkung heimischer Souffleure stattgefunden, sodaß nicht einzusehen sei, warum dies nicht auch bei den in Frage stehenden Opernaufführungen möglich sein sollte. Die Tatsache, daß die Oper La Boheme dreimal überhaupt ohne Mitwirkung eines Souffleurs gegeben worden und vom Publikum mit Enthusiasmus aufgenommen worden sei, beweise, daß das hohe künstlerische Niveau dieser Aufführungen nicht durch einen maestro suggeritore, sondern durch die hervorragende künstlerische Leitung erreicht worden sei. Auch wenn die Wiener Staatsoper ständig bemüht sei, die italienischen Opernaufführungen zu den besten im deutschen Sprachraum zu gestalten, so dürfe doch das Schutzbedürfnis der heimischen Kräfte nicht außer acht gelassen werden. Es würde eine Gefährdung für die Existenz der österreichischen Souffleure bedeuten, wenn nunmehr nach langjähriger klagloser Tätigkeit Ausländer an ihre Stelle träten.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Soweit die Beschwerde versucht, die Anwendbarkeit der Verordnung über ausländische Arbeitskräfte mit dem Hinweis darauf zu bestreiten, daß AR Mitglied eines Mailänder Solistenensembles sei, das im Rahmen eines zwischen der Wiener Staatsoper und der Mailänder Scala geschlossenen Vertrages ein Gastspiel an der Wiener Oper zu absolvieren hatte, und daß AR demnach zu der Staatsoper in keine dienstrechtlichen Beziehungen getreten sei, so muß ihr entgegengehalten werden, daß diese Behauptung im Verwaltungsverfahren nicht aufgestellt wurde. Sie hätte auch nicht aufgestellt werden können, ohne dem Antrag auf Erteilung der Beschäftigungsgenehmigung die Grundlage zu entziehen. Der Verwaltungsgerichtshof, der die Rechtmäßigkeit des Bescheides gemäß Paragraph 41, Absatz eins, VwGG 1952 auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu überprüfen hat, ist somit nicht in der Lage, auf dieses als unzulässige Neuerung zu qualifizierende Vorbringen einzugehen.

Ferner ist es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt, auf das mehrfach erwähnte Übereinkommen zwischen dem Bundesministerium für soziale Verwaltung und dem Bundesministerium für Unterricht über die vereinfachte Behandlung von Anträgen auf Beschäftigungsgenehmigung, sofern sie sich auf bestimmte Gruppen von künstlerisch tätigen Personen beziehen, Bedacht zu nehmen. Denn die Vorschriften der Verordnung über ausländische Arbeitnehmer, betreffend die Beschäftigungsgenehmigung und die Arbeitserlaubnis sind öffentlich-rechtlicher Natur und demgemäß einer Abänderung durch Vereinbarung nicht zugänglich. Wohl steht es dem Bundesministerium für soziale Verwaltung als der in dieser Materie obersten Vollzugsbehörde frei, den mit der Durchführung der Agenden betrauten nachgeordneten Dienststellen Weisungen allgemeiner oder konkreter Art über die Behandlung der bei ihnen gestellten Ansuchen zu erteilen. Diese Leistungen vermögen aber kein vom Verwaltungsgerichtshof zu beachtendes Recht zu schaffen, gleichgültig ob sie sich im Einzelfall zum Vorteil oder zum Nachteil der ansuchenden Partei auswirken mögen. Es erübrigt sich daher eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Tätigkeit eines maestro suggeritore eher der eines Kapellmeisters oder der eines Souffleurs nahekommt. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher lediglich an Hand der Vorschriften der Verordnung über ausländische Arbeitnehmer und des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes zu prüfen, ob die getroffene Entscheidung dem Gesetz entspricht.

Nach Paragraph 3, Absatz eins, der genannten Verordnung wird die Beschäftigungsgenehmigung nach den Bedürfnissen der inländischen Wirtschaft und der Lage des Arbeitsmarktes erteilt. Diese noch aus dem Deutschen Reich stammende und für die Handhabung der dem strengen Legalitätsprinzip des Artikel 18, Absatz eins, B-VG verpflichteten österreichischen Verwaltung an sich äußerst dürftige gesetzliche Anordnung ist offensichtlich auf die Verhältnisse der Wirtschaft zugeschnitten und läßt eine sinnvolle Anwendung auf Personen, deren Beruf mit der Hervorbringung wirtschaftlicher Güter nichts zu tun hat, sondern in der Schaffung ideeller Werte, vornehmlich also auf kulturellem Gebiet liegt, schwer zu. Dies ist insbesondere bei Angehörigen von künstlerischen und wissenschaftlichen Berufen der Fall. Außerdem tritt dabei noch die weitere Schwierigkeit auf, daß für die vergleichbare Bewertung derartiger Leistungen unanfechtbare und objektive Maßstäbe kaum zur Verfügung stehen.

Da aber keinesfalls angenommen werden kann, daß durch die angeführte gesetzliche Regelung die Zulassung ausländischer Kulturschaffender in Österreich von vornherein ausgeschlossen werden sollte, wird ein "Bedürfnis der inländischen Wirtschaft" nach Zulassung solcher Personen auch dann als gegeben angenommen werden müssen, wenn ihre Tätigkeit nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar der Wirtschaft des Landes zugute kommt, wie etwa durch allgemeine Hebung des kulturellen Ansehens, durch Ermöglichung von Veranstaltungen, die vom internationalen Publikum geschätzt und besucht werden und somit Ansatzpunkte für die Belebung wirtschaftlicher Vorgänge bilden. Daß die Aufführung italienischer Opern in der Wiener Staatsopfer mit führenden italienischen Sängern unter der musikalischen Leitung eines weltberühmten Dirigenten international anerkannte musikalische Ereignisse bilden und dazu beitragen, Wien und im besonderen die Wiener Oper zu einem Anziehungspunkt ersten Ranges für Musikliebhaber nicht nur aus Österreich, sondern auch aus dem Ausland zu machen, darf als unbestritten gelten. Wenn es daher notwendig wäre, zu solchen Aufführungen einen maestro suggeritore heranzuziehen, so könnte gegen die Erteilung der Beschäftigungsgenehmigung und der Arbeitserlaubnis unter dem Gesichtspunkt des Bedürfnisses der inländischen Wirtschaft kein Einwand erhoben werden.

Die Beschwerdeführerin hat die Notwendigkeit zur Heranziehung dieses Ausländers damit begründet, daß die italienischen Sänger an die Mitwirkung eines maestro suggeritore gewohnt seien, dessen Beiziehung zu den genannten Opernaufführungen ausdrücklich gewünscht hätten und ohne denselben zur vollen Entfaltung ihrer künstlerischen Fähigkeiten zumindest auf Dauer nicht imstande seien. Die Beschwerdeführerin hat ferner geltend gemacht, daß kein österreichischer Souffleur über die erforderliche Technik eines maestro suggeritore verfüge. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid auf Grund der Ausführungen des Sachverständigen AQ anerkannt, daß sich die Technik eines maestro suggeritore von der eines Souffleurs im österreichischen Sinn unterscheide und daß sie in langjähriger Praxis erlernt werden müsse. Ihre oben wiedergegebenen als "Feststellungen" bezeichneten Äußerungen darüber, daß der Souffleur der Wiener Staatsoper FH in der Technik eines maestro suggeritore voll ausgebildet sei und diese ebenso beherrsche wie der Ausländer AR, finden jedoch im durchgeführten Ermittlungsverfahren - zumindest soweit dieses aktenkundig ist - keinerlei Grundlage und Deckung. Der Beschwerdeführerin ist zuzustimmen, daß hierin ein Verfahrensmangel gelegen ist und daß überdies das Parteiengehör verletzt wurde, weil der Beschwerdeführerin keine Gelegenheit geboten wurde, sich zu diesen von ihr in der Beschwerde bestrittenen "Feststellungen" zu äußern.

Wenn die belangte Behörde ferner aus der Tatsache, daß schon bisher an der Wiener Staatsoper ausgezeichnete Aufführungen mit italienischen Sängern unter Verwendung heimischer Souffleure stattgefunden hätten, den Schluß zieht, daß die Funktion eines maestro suggeritore ebenso auch von einem Österreicher - ausgeübt werden könne, und wenn sie schließlich "die Behauptung, italienische Spitzensänger könnten ohne Mitwirkung eines maestro suggeritore nicht singen", durch die Tatsache als widerlegt ansieht, daß die Oper La Boheme sogar ohne jedwede Souffleurhilfe dreimal mit großem Erfolg aufgeführt worden sei, so muß ihr folgendes entgegengehalten werden: Daß italienische Sänger ohne Mitwirkung eines maestro suggeritore nicht singen könnten, hat die Beschwerdeführerin niemals behauptet. Wohl aber hat der Sachverständige AQ ausdrücklich zu Protokoll gegeben, daß die italienischen Sänger gewohnt seien, mit der speziellen Technik eines maestro suggeritore zu arbeiten und daß die Tätigkeit desselben für sie sehr wichtig sei. Unter Zugrundelegung dieser Sachverständigenäußerung kann füglich nicht ausgeschlossen werden, daß durch die Mitwirkung eines maestro suggeritore bei Aufführungen, die in allen tragenden Rollen von italienischen Sängern bestritten werden, eine Steigerung der künstlerischen Gesamtleistung erzielbar ist. Dies gilt im erhöhtem Maße für Opernaufführungen, die bereits in Mailand unter Mitwirkung eines maestro suggeritore einstudiert und gespielt worden sind und in derselben Besetzung an der Wiener Staatsoper herausgebracht werden, wie dies bei der Bohemaufführung der Fall war.

Der zweite, nach der gesetzlichen Regelung für die Entscheidung über die Beschäftigungsgenehmigung maßgebliche Umstand ist die Lage des inländischen Arbeitsmarktes. Diese Bestimmung soll offensichtlich verhindern, daß arbeitswillige und arbeitsfähige österreichische Staatsbürger durch die Erteilung einer Beschäftigungsgenehmigung an Ausländer keinen entsprechenden Arbeitsplatz finden oder ihren Arbeitsplatz verlieren. Nun kommt auch nach Ansicht der belangten Behörde als einzige dem AR gleichwertige österreichische Kraft nur der Souffleur FH in Betracht. Dieser wird, wie die belangte Behörde selbst ausführt, seit Jahren an der Wiener Staatsoper beschäftigt. Dafür, daß seine oder die Existenz anderer heimischer Souffleure durch die Heranziehung des AR, dessen Tätigkeit schon nach dem Ansuchen um Beschäftigungsgenehmigung zeitlich beschränkt und von vornherein nur für die Mitwirkung bei einigen wenigen Aufführungen in Aussicht genommen war, gefährdet wäre, fehlt im angefochtenen Bescheid jede stichhältige Begründung. Der allgemeine Hinweis auf das Schutzbedürfnis heimischer Kräfte kann jedenfalls mangels aller den konkreten Fall betreffenden Tatsachenfeststellungen umsoweniger als ausreichende Begründung angesehen werden, als - den Beschwerdeausführungen zufolge - im Hinblick auf das mit H bestehende feste Dienstverhältnis nicht einmal eine Schmälerung seiner Bezüge eintreten würde, wenn er bei bestimmten Proben oder Vorstellungen nicht beschäftigt würde. Sollte die Behörde aber eine Gefährdung des Rechtes auf angemessene Beschäftigung im Rahmen seines Dienstvertrages im Auge gehabt haben, so handelte es sich dabei um einen Tatbestand, dem allenfalls nach den Bestimmungen des Schauspielergesetzes mit zivilrechtlichen Mitteln begegnet werden könnte, der aber im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der Beschäftigungsgenehmigung rechtlich unerheblich ist.

Die vorstehenden Darlegungen zeigen, daß die belangte Behörde Verfahrensvorschriften verletzt hat, indem sie einerseits der Beschwerdeführerin das Parteiengehör vorenthielt und andererseits zur Begründung des angefochtenen Bescheides Umstände heranzog, die im Ermittlungsverfahren keine oder keine hinreichende Deckung finden. Daher mußte der angefochtene Bescheid gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Litera c, Ziffer 2 und 3 VwGG 1952 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden. Wien, am 2. Juni 1964