Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

29.11.1963

Geschäftszahl

0408/62

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Borotha, und die Hofräte Dr. Hrdlitzka, Dr. Striebl, Dr. Dolp und Dr. Schmelz als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Magistratskommissärs Dr. Klein, über die Beschwerde der HB in W, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau vom 5. Jänner 1962, Zl. 144.348 - IV/20/61, betreffend Erlöschen einer Befugnis nach der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Helmut Pfeffer, und des Vertreters der belangten Behörde, Sektionsrates Dr. RM, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder stellte in ihrem Bescheid vom 13. September 1960 fest, es habe das Magistratische Bezirksamt für den römisch III. und den römisch XI. Wiener Gemeindebezirk mit dem Bescheid vom 31. März 1954 die Anzeige der Beschwerdeführerin, der Witwe nach dem am 15. Dezember 1953 Verstorbenen Buch- und Bilanzrevisor MB, daß sie das Buch- und Bilanzrevisionsgewerbe am Standort Wien römisch III, X-Gasse III/1 St/14, auf Grund des ihrer Ehegatten ausgefertigten Gewerbescheines vom 12. Jänner 1940 für die Dauer ihres Witwenstandes für ihre Rechnung fortführen werde, gemäß dem Paragraph 56, der Gewerbeordnung zur Kenntnis genommen. Mit dem Bescheid von 13. September 1960 sprach die Kammer aus, daß der Witwenfortbetrieb nach dem verstorbenen Buch- und Bilanzrevisor MB gemäß den Paragraph 46, im Zusammenhalt mit den Paragraph 59, Absatz 8, der Wirtschaftstreuhänderberufsordnung (WT-BO), Bundesgesetzblatt Nr. 125 aus 1955,, am 1. September 1960 erloschen sei. Der Bescheid ist vom Präsidenten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder und von deren Kammerdirektor gefertigt.

Der gegen den Bescheid der Kammer der Wirtschaftstreuhänder erhobenen Berufung gab das Amt der Wiener Landesregierung mit den namens des Landeshauptmannes erlassenen Bescheid vom 31. März 1961 aus sachlichen Gründen nicht statt.

Die Beschwerdeführerin berief abermals. Dieser Berufung gab das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau mit den nun angefochtenen Bescheid, sie meritorisch behandelnd, nicht Folge.

Mit der vorliegenden Beschwerde bekämpft die Beschwerdeführerin den Bescheid der Ministerialinstanz als seinen Inhalte nach rechtswidrig. Die Beschwerdeführerin erachtet sich ihren Ausführungen nach in ihren Rechten auf Grund des Paragraph 56, der Gewerbeordnung durch eine unrichtige Auslegung der Vorschriften der Paragraph 46, und 59 Absatz 8, WT-BO verletzt, denn die Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung sei erst nach dem Tode ihres Ehegatten und nach Genehmigung des Witwenfortbetriebes erlassen worden, dieses Gesetz auf ihren Betrieb also nicht anwendbar. Überdies macht die Beschwerdeführerin geltend, daß der erstinstanzliche Bescheid von einem unzuständigen Organ der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, nämlich deren Präsidenten, erlassen worden sei.

Die Rechtsrüge der Beschwerdeführerin ist berechtigt. Wie der Verfassungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom 25. März 1963, Zl. B 70/62, ausgesprochen hat, fällt die Erlassung eines Feststellungsbescheides wie des auch im vorliegenden Fall in Rede stehenden in die Zuständigkeit des Vorstandes der Kammer der Wirtschaftstreuhänder und nicht in die des Präsidenten derselben. Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Rechtsmeinung. Da die belangte Behörde bei der Erlassung ihres Bescheides diesen bei der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides unterlaufenen Mangel nicht wahrnahm, ist der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, was zu seiner Aufhebung gemäß dem Paragraph 42, Absatz 2, Litera a, VwGG 1952 führte. Im Hinblick auf das angeführte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes erübrigt sich ein Eingehen auf die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen. Was den in der Beschwerde und schon zuvor im erstinstanzlichen Bescheid genannten Erlaß der belangten Behörde vom 14. Juni 1956, Ziffer 179 Punkt 914, - III/27/55, anlangt, ist zu sagen, daß dieser keine Rechtsverordnung darstellt, sondern nur eine Weisung an eine untergeordnete Behörde, mithin der Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen durch den Verwaltungsgerichtshof nicht im Wege steht und daher keine Veranlassung zu einer Anfechtung bietet.

Zu sagen bleibt noch, daß die Beschwerdeführerin mit ihren sonstigen Ausführungen nicht im Recht ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits in seinem Erkenntnis vom 28. Mai 1963, Zl. 377/62, mit der Frage befaßt, ob seinerzeit auf Grund der Bestimmungen der Gewerbeordnung begründete Berechtigungen - im vorliegenden Fall die Berechtigung zur Fortführung des Gewerbebetriebes eines Bücher- und Bilanzrevisors (Paragraph eins, a Absatz eins, Litera b, Ziffer 34, der Gewerbeordnung) als Witwenfortbetrieb gemäß dem Paragraph 56, der Gewerbeordnung - nach dem Inkrafttreten der Bestimmungen der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung bestehen blieben oder ob die Wirtschftstreuhänder-Berufsordnung mit ihrer anders gearteten Regelung des Witwenfortbetriebes auch auf diese Fälle anzuwenden sei; der Gerichtshof hat diese Frage im letzteren Sinn beantwortet (gemäß dem Artikel 19 Absatz 4, der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, Bundesgesetzblatt Nr. 220 aus 1952,, wird auf die Begründung des angeführten Erkenntnisses verwiesen).

Wien, am 29. November 1963

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VWGH:1963:1962000408.X00