Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

22.03.2023

Geschäftszahl

Ra 2021/09/0269

Rechtssatz

Nach dem Maßstab des Artikel 10, MRK muss die Einschränkung im Einzelfall in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein. Angesichts der besonderen Bedeutung und Funktion der Meinungsäußerungsfreiheit in einer demokratischen Gesellschaft, muss die Notwendigkeit der mit einer Bestrafung verbundenen Einschränkung der Freiheit der Meinungsäußerung im Einzelfall außer Zweifel stehen vergleiche VfGH 2.3.1994, B 2045/92; EGMR 26.11.1991, Observer and Guardian/Vereinigtes Königreich, 13585/88). Im Fall konfligierender Grundrechte bei der Interessenabwägung bedürfen Äußerungen über Angelegenheiten von öffentlichem Interesse einen hohen Grad an Schutz unter Artikel 10, MRK vergleiche RIS-Justiz RS0125220; RS0125057). Im Zusammenhang mit disziplinären Bestrafungen von Ärzten, gilt das Grundrecht auf Meinungsfreiheit nicht nur für "Nachrichten" oder "Ideen", die ein positives Echo haben oder die als unschädlich oder gleichgültig angesehen werden, sondern auch für solche, die provozieren, schockieren oder stören vergleiche VwGH 28.2.2022, Ra 2021/09/0202; VfGH 24.2.2021, E 607/2020). Andererseits ist zu beachten, dass eine disziplinäre Bestrafung unsachlicher, unwahrer oder das Standesansehen der Ärzteschaft beeinträchtigender Informationen im öffentlichen Interesse des Schutzes der Gesundheit gelegen sein kann vergleiche VwGH 28.2.2022, Ra 2021/09/0202).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021090269.L08