Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

16.07.2020

Geschäftszahl

Ra 2020/21/0146

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

Ra 2020/21/0147

Ra 2020/21/0167

Rechtssatz

Nach der Bestimmung des § 52 Abs. 7 FrPolG 2005, mit dem Art. 6 Abs. 3 der RückführungsRL (Richtlinie 2008/115/EG) umgesetzt wurde IST von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FrPolG 2005 abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 FrPolG 2005 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll. Liegt die in § 45 Abs. 1 Z 1 FrPolG 2005 geregelte Konstellation im Zusammenhang mit Italien vor, so ist das Abkommen zwischen der Bundesregierung der Republik Österreich und der Regierung der Italienischen Republik über die Übernahme von Personen an der Grenze, BGBl. III Nr. 160/1998, in den Blick zu nehmen. Nach dessen Art. 2 Abs. 1 übernimmt nämlich jede Vertragspartei auf Ersuchen der anderen Vertragspartei auf ihr Gebiet Drittstaatsangehörige, welche nicht oder nicht mehr die auf dem Gebiet der ersuchenden Vertragspartei (hier: Österreich) gültigen Bedingungen zur Einreise oder zum Aufenthalt erfüllen, sofern nachgewiesen wird, dass diese Staatsangehörigen in das Gebiet dieser Vertragspartei eingereist sind, nachdem sie sich auf dem Gebiet der ersuchten Vertragspartei (hier: Italien) aufgehalten haben. Demzufolge hätte vorrangig eine Zurückschiebung des Fremden anstelle der Einleitung eines Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und anstelle der Schubhaftverhängung zu dessen Sicherung in Betracht gezogen werden müssen. Dem Schubhaftbescheid kann aber nicht entnommen werden, weshalb diese Vorgangsweise - deren Zulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 FrPolG 2005 entgegengestanden wäre - nicht in Frage gekommen ist. Es fehlt somit eine Begründung, weshalb trotz der offenbar gegebenen Möglichkeit einer Zurückschiebung des Fremden nach Italien die verhängte Schubhaft zur Sicherung (letztlich) einer Abschiebung nach Nigeria als notwendig iSd § 76 Abs. 2 Z 2 FrPolG 2005 angesehen wurde.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020210146.L03