Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

28.05.2015

Geschäftszahl

Ro 2014/07/0096

Rechtssatz

Bei Vorliegen der im AnerkennungsG 1874 enthaltenen Voraussetzungen besteht ein Anspruch auf Anerkennung als Religionsgesellschaft. Die Anerkennung ist durch Verordnung auszusprechen, wobei außerdem (zusätzlich) bescheidmäßig das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen festgestellt werden kann vergleiche VfGH B VfSlg 11931/1988 und B VfSlg 13134/1992). Liegen die im AnerkennungsG 1874 enthaltenen Voraussetzungen nicht vor, so ist ein (negativer) Bescheid zu erlassen vergleiche VfGH E VfSlg 14295/1995 und betreffend die Anerkennung eines Vereins als geeigneter Sachwalterverein VfGH E VfSlg 18905/2009). Auch der VwGH kennt rechtliche Möglichkeiten Einzelner, die Erlassung einer Verordnung mittels Antrags zu erreichen. Die Erklärung eines Kollektivvertrages zur Satzung ist nach Rechtsprechung und Lehre als Verordnung anzusehen. Die Einräumung eines Antragsrechtes verleiht den Kollektivvertragsparteien ein subjektiv-öffentliches Recht darauf, dass die Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen den Kollektivvertrag zur Satzung erklärt, also die angesprochene Verordnung erlässt vergleiche E 22. Dezember 2009, 2009/08/0064). Eine den Antrag abweisende Erledigung hat daher vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsprinzips vergleiche E VfGH VfSlg 18905/2009) in Form eines bekämpfbaren Bescheides zu ergehen vergleiche E 23. Oktober 2012, 2009/10/0254; VfGH E 10. Dezember 2009, VfSlg 18905). Die Zurückweisung eines Antrags auf Erlassung eines Bescheides über das Vorliegen der Voraussetzung für eine Verordnungserlassung (dort: Kundmachung) erwies sich daher als rechtswidrig, weil damit zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert worden war. Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass trotz des Rechtstypenzwangs in der österreichischen Rechtsordnung Konstellationen auftreten können, in denen die Verwaltung unter bestimmten Voraussetzungen zur Erlassung einer Verordnung verpflichtet ist. In solchen Fällen wird ein Antragsrecht von Parteien bejaht; beantragt eine Partei die Erlassung (oder Ergänzung) einer solchen Verordnung, so besteht das Recht, bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen darüber in Form einer Sachentscheidung einen negativen Bescheid zu erhalten. Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Der Umstand, dass Maßnahmen auf der Grundlage von Luftqualitätsplänen nach der österreichischen Rechtsordnung in Form einer Verordnung ergehen und grundsätzlich weder ein Antragsrecht noch ein einheitliches Verfahrensrecht hinsichtlich einer Verordnungserlassung besteht, bildet keine Rechtfertigung für die Versagung des unionsrechtlich gebotenen Anspruchs. Vielmehr sind die österreichischen Behörden und Gerichte gefordert, für effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu sorgen. Die Zurückweisung eines solchen Antrags mangels Antragsrechts auf Erlassung einer Verordnung stellt hingegen die Verweigerung der Sachentscheidung und somit eine Rechtsverletzung dar.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VWGH:2015:RO2014070096.J10