Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

24.05.1963

Geschäftszahl

0245/62

Rechtssatz

Dem Verwaltungsgerichtshof ist durch die Artikel 129 bis 132 B-VG der Schutz des Einzelnen vor dem rechtswidrigen Verhalten der Verwaltung verfassungsrechtlich übertragen. Auf der Erfüllung dieser Aufgabe beruht zu einem wesentlichen Teil die Effektivität des Rechtsstaates. Es kann daher niemals eine verfassungsrechtliche Funktion des Verwaltungsgerichtshofes sein, durch eine ausdehnende Auslegung von Ausnahmegesetzen die Grundrechtssphäre des Einzelnen aus Erwägungen außerrechtlicher Art zu beeinträchtigen. Vielmehr ist der Verwaltungsgerichtshof - wie Artikel 129, B-VG besagt - zur Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung berufen, woraus folgt, daß er sich bei seinen Entscheidungen ohne Ansehen der Person vom Gesetz und nur vom Gesetz zumal vom obersten Gesetz, der Bundesverfassung leiten zu lassen hat. Indem der Verwaltungsgerichtshof das Gesetz und nur das Gesetz vollzieht, vollstreckt er - wie auch die übrigen Gerichte und Verwaltungsbehörden - den im Gesetz geäußerten Willen des Staatsvolkes. Der Verwaltungsgerichtshof hat es nicht in der Hand, die Vollstreckung dieses im Gesetz rechtsverbindlich geäußerten Volkswillens zu unterlassen. Solange das Staatsvolk seinen im geltenden Gesetz geäußerten Willen nicht rechtsverbindlich geändert hat, vermag sich niemand auf eine solche Willensänderung rechtsmäßigerweise zu berufen. Es steht im Rechtsstaat kein Mensch über dem Recht

und keiner außerhalb des Rechts.