Gericht

Verfassungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

29.09.1997

Geschäftszahl

B867/96

Sammlungsnummer

14899

Leitsatz

Keine Verletzung der Meinungsäußerungsfreiheit durch Anordnung von Bedingungen für den Besuch eines Strafgefangenen; keine Bedenken gegen diesbezügliche Bestimmungen des StVG

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Der Beschwerdeführer verbüßt in der Justizanstalt Wien-Mittersteig eine wegen des Verbrechens des Mordes und eines anderen Deliktes verhängte lebenslange Freiheitsstrafe. Mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 31. Jänner 1996 wurde seiner Beschwerde vom 5. Dezember 1994 betreffend behaupteter Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit der Meinungsäußerung nicht stattgegeben. Die Behörde legte ihrer Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrunde:

"Am 29.11.1994 fanden sich Dr. K, die Gattin des Beschwerdeführers und Dr. Y in der Justizanstalt Wien-Mittersteig ein, um dem Beschwerdeführer einen Besuch abzustatten. Gruppeninspektor K(,) der daraufhin fernmündlich Rücksprache mit der obersten Vollzugsbehörde hielt, wurde(n) vom Generalanwalt Dr. M die entsprechenden Anordnungen fernmündlich erteilt, die der Beamte in einem 'Aktenvermerk vom 29.11.1994' schriftlich festhielt.

römisch eins. Dr. Y muß sich schriftlich verpflichten,

Informationen nicht journalistisch auszuwerten.

römisch II. Der Besuch darf nur im Beisein eines Justizwachebeamten durchgeführt werden.

römisch III. Es dürfen keine Unterlagen übernommen bzw. übergeben werden.

Gruppeninspektor K teilte dies vor Gesprächsbeginn in Gegenwart des Beschwerdeführers dessen Gattin und Dr. Y mit, welcher auch bereits zuvor eine dem Punkt römisch eins.) entsprechende schriftliche Erklärung abgegeben hatte. Eine Beschränkung, wonach der Besuch nur unter der Bedingung stattfinden dürfe, daß der Beschwerdeführer und Dr. Y über keine Themen sprechen dürfen, die journalistisch ausgewertet werden könnten, gab der Beamte weder gegenüber dem Beschwerdeführer und dessen Besuchern ab, noch erteilte er einen derartigen Überwachungsauftrag dem in der Folge die Besuchsabwicklung überwachenden Revierinspektor K. Dieser hatte vornehmlich darauf zu achten, daß zwischen dem Beschwerdeführer und den Besuchern keine Gegenstände übergeben werden. Der Besuch endete nach ca. 20 Minuten.

   Der festgestellte Sachverhalt gründet sich insbesondere zur

Frage der behaupteten Gesprächsthemenbeschränkung auf die

schlüssigen und in sich logisch ergänzenden Aussagen der Zeugen

Generalanwalt Dr. M ..., Bezirksinspektor K ... und

Revierinspektor K ... im Zusammenhang mit dem von

Bezirksinspektor K anläßlich der fernmündlichen Anordnungen Dr. M hergestellten Aktenvermerk vom 29.11.1994. Daß von Bezirksinspektor K keine Gesprächsthemeneinschränkung vorgegeben wurde erhellt auch daraus, daß 'er sich weder selbst noch dem zur Besuchsüberwachung eingeteilten Beamten zutraue, über die journalistische Verwertbarkeit einzelner Themen zu urteilen'. Auch Dr. K beschränkte die von Bezirksinspektor K zur Besuchsabwicklung erfolgten Erläuterungen ... dahin, daß 'keine Unterlagen übergeben werden dürfen und da(ß) der Besuch überwacht wird damit keine Tonbandaufzeichnungen gemacht werden können und nichts übergeben werden kann'. ...

Eine Gesprächsthemenbeschränkung hat nicht stattgefunden."

Weiters führte die Behörde aus:

"Gemäß §94 Abs3, zweiter Satz StVG dürfen Besucher und Strafgefangene einander keine Gegenstände übergeben. Soweit allenfalls die Besucher die dahingehende Erläuterung des Beamten auf sich bezogen haben, wäre wenn überhaupt deren Sphäre und nicht die des Beschwerdeführers beeinträchtigt.

Gemäß §95 StVG sind Besuche schonend zu überwachen, weshalb die Anwesenheit des Beamten während der Besuchsabwicklung dem Gesetz entsprach.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden."

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit der Meinungsäußerung gemäß Art10 EMRK sowie die Verletzung dieses Rechtes wegen Anwendung einer verfassungswidrigen generellen Norm - nämlich des zweiten Satzes des §94 Abs3 StVG - behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.

Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor:

"Der Beschwerdeführer geht bei seiner vorliegenden Beschwerde von jenem Sachverhalt aus, den die belangte Behörde ihrem Bescheid zugrunde gelegt hat ...

...

... Zunächst ist die Frage zu beantworten, ob die dem Besucher Dr. Y auferlegte Verpflichtung auch Rechtswirkungen für den Beschwerdeführer äußern konnte. Diese Frage ist grundsätzlich zu bejahen, weil an einem 'Besuch', wie ihn §93 Abs1 StVG. vorsieht, begrifflich immer mindestens zwei Personen, nämlich der Strafgefangene einerseits und der Besucher andererseits beteiligt sind. Eine Beschränkung, die dem Besucher auferlegt wird, trifft somit auch den Strafgefangenen; ...

... Was den Besuchsverkehr betrifft, so läßt sich aus §86 Abs2 StVG. ableiten, daß er untersagt werden kann, wenn

davon eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt oder ein ungünstiger Einfluß auf den Strafgefangenen zu befürchten ist. §96 bleibt unberührt.

Auf diese Bestimmung kann sich aber der angefochtene Bescheid nicht stützen, weil ein Gespräch mit einem Journalisten, welches in Ausübung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Meinungsfreiheit (Art10 MRK.) geführt wird, keiner der beiden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen kann. Wenn die belangte Behörde dennoch, und zwar wie sich aus dem im Akte

JMZl. 418.392/76-V6/1995, erliegenden Bericht der Strafvollzugsbehörde römisch eins.Instanz entnehmen läßt, auf Grund ihres Erlasses vom 21.April 1993, JMZl. 40.405/19-V4/1993, dazu berechtigt glaubte, so ist ihr zu erwidern, daß diese generelle Anordnung (die dem Vernehmen nach die Vorgangsweise bei Journalistenbesuchen regelt), einerseits mangels gehöriger Kundmachung und andererseits mangels gesetzlicher Deckung verfassungswidrig ist. Sie vermag daher ihre Vorgangsweise nicht zu rechtfertigen.

... Die Rechte nach Art10 MRK. stehen jedermann zu. Meinungs- und Informationsfreiheit bedeutet, daß jedermann das Recht hat, Informationen zu übermitteln, gleichgültig, welchen Inhalt diese haben (dazu grundlegend Urteil des EGMR vom 16.Dezember 1992, ÖJZ. 1993 S.396). Unterliegt der Betroffene einem Sonderstatusverhältnis, dann garantiert der Art10 MRK. auch positive Leistungen. Nach der Rechtsprechung von EKMR und EGMR vergleiche dazu die Nachweise bei Villiger, Handbuch S.347) ist z.B. die Vollzugsverwaltung verpflichtet, Papier und Schreibzeug bereit zu stellen, damit eigene Meinungen niedergeschrieben werden können; sie darf auch nicht verbieten, Manuskripte, die ein Gefangener einer Zeitung übermitteln wollte, zurückzuhalten. Entsprechendes gilt auch, wenn dem Besucher verboten wird, das Thema des Gespräches, welches er mit dem Strafgefangenen führen will, journalistisch auszuwerten.

... Daraus ergibt sich die weitere Frage, ob die Vorgangsweise der Strafvollzugsbehörden, vom Journalisten Dr. Y die mehrfach erwähnte Verpflichtungserklärung abzuverlangen, gesetzlich gedeckt ist. Daß sie gegen Art10 MRK. verstößt und mit keinem der Ausnahmstatbestände des Art10 Abs2 MRK. begründet werden kann, liegt auf der Hand. Auf §94 Abs3 erster Satz StVG. kann sich der angefochtene Bescheid auch nicht stützen, weil im Austausch von Informationen weder eine 'Gefährdung des Zweckes des Strafvollzuges' noch eine 'Anstandsverletzung' erblickt werden kann. Tatsächlich liegt somit ein Willkürakt der belangten Behörde (vor), der aus den dargelegten Gründen verfassungswidrig in die Rechte des Beschwerdeführers eingegriffen hat.

... Beschwert wird der Beschwerdeführer schließlich durch das Verbot, dem Journalisten Schriftstücke zu übergeben. Die belangte Behörde beruft sich diesbezüglich auf §94 Abs3 zweiter Satz StVG.

   ... Gegen diese Vorschrift bestehen allerdings

verfassungsrechtliche Bedenken, weil sie generell den Austausch von Gegenständen verbietet.

   ... Aus der systematischen Stellung des §94 Abs3 zweiter

Satz StVG. ergibt sich, daß er für alle Besuche gilt; somit auch für solche von Rechtsbeiständen vergleiche §§90b Abs4, 96 Abs1 StVG.). Nun wird zwar ein solcher Besuch nicht überwacht; jedoch ergibt sich aus §102 Abs2 dritter Satz StVG., daß sie darnach durchsucht werden dürfen. Wenn also ein Rechtsbeistand dem Strafgefangenen beim Besuch ein Schriftstück übergibt, welches auf das bestehende Vertretungsverhältnis Bezug nimmt, so wäre dies unstatthaft. Wollte der Strafgefangene seinem Rechtsbeistand wichtige Schriftstücke übergeben, so wäre dies ebenfalls unzulässig; obwohl gerade nur auf diesem Wege eine wirklich völlig unkontrollierte Information des Rechtsbeistandes möglich wäre (die Regelung des §90b Abs3 Ziff.2 litb und c StVG. erlaubt ein Öffnen der Anwaltskorrespondenz, wenn der Verdacht besteht, daß der Inhalt 'eine Gefahr für die Sicherheit der Anstalt' darstellen könnte). Daß sie aber gegen die Intention des unzensurierten Verkehrs zwischen Rechtsanwalt und Strafgefangenen verstößt, liegt auf der Hand.

... Nach Meinung des Beschwerdeführers verstößt das im §94 Abs3 zweiter Satz StVG. statuierte generelle Verbot, sofern es auf die Besuche von Journalisten anzuwenden ist, gegen die verfassungsgesetzlich gewährleistete Meinungsfreiheit, weil dadurch die Medien gehindert werden könnten, ihrer Aufgabe nachzugehen, Informationen zu sammeln vergleiche dazu grundlegend das Sunday-Times Urteil vom 26. April 1979, EuGRZ. 1979 S.386 ff.). ... Wollte ein Strafgefangener die Medien über die Mißstände im Strafvollzug informieren, so könnte ein Brief mit der (Schein-)Begründung, der Inhalt verstoße 'gegen die Zwecke des Strafvollzuges' zurückgehalten werden. Auch ein Schriftstück, welches geeignet ist, solche Mißstände zu bescheinigen, z.B. eidesstättige Erklärungen von Mitgefangenen, (schriftliche) anstaltsinterne Anordnungen, wodurch gesetzwidrig Rechte von Strafgefangenen verkürzt werden, könnte zurückgehalten werden, wenn nicht überhaupt der Briefverkehr mit einem Journalisten unter Berufung auf die Notwendigkeit, die 'Ordnung in der Anstalt' aufrecht zu erhalten, untersagt wird vergleiche §86 Abs2 StVG)."

3. Der Bundesminister für Justiz als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der er mit näherer Begründung den Antrag stellt, die vorliegende Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

4. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

4.1. Der Verkehr der Strafgefangenen mit der Außenwelt ist im achten Unterabschnitt des zweiten Abschnitts des dritten Teils des StVG geregelt. Die für den vorliegenden Fall relevanten Rechtsvorschriften lauten wie folgt:

"§86. (1) Die Strafgefangenen dürfen nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes mit anderen Personen und Stellen schriftlich verkehren und Telefongespräche führen sowie Besuche empfangen. Die §§103 Abs3, 112 Abs2 und 114 Abs2 bleiben unberührt.

  1. Absatz 2Briefverkehr, Telefongespräche und Besuche sind jedoch zu untersagen, soweit davon eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt oder ein ungünstiger Einfluß auf den Strafgefangenen zu befürchten ist. §96 bleibt unberührt."

"§90b. (1) Schreiben, die ein Strafgefangener unter zutreffender Angabe des Absenders an öffentliche Stellen (Abs4), Rechtsbeistände (Abs5) oder Betreuungsstellen (Abs6) richtet, dürfen in einem verschlossenen Umschlag zur Absendung gegeben werden.

  1. Absatz 2Sind solche Schreiben an öffentliche Stellen (Abs4) gerichtet, dürfen sie nur im Falle eines begründeten und nicht auf andere Weise überprüfbaren Verdachts einer unerlaubten Sendung von Geld oder Gegenständen und nur in Gegenwart des Strafgefangenen geöffnet werden.

  1. Absatz 3Sind solche Schreiben an Rechtsbeistände (Abs5) oder Betreuungsstellen (Abs6) gerichtet oder handelt es sich um Schreiben dieser Personen und Stellen oder um Schreiben öffentlicher Stellen (Abs4) an einen Strafgefangenen, so dürfen sie nur in dessen Gegenwart und nur

  1. Ziffer eins
    aus dem Grunde des Abs2 oder
  2. Ziffer 2
    im Falle eines begründeten Verdachts, daß

  1. Litera a
    auf dem Schreiben ein falscher Absender angegeben ist,
  2. Litera b
    der Inhalt des Schreibens eine Gefahr für die Sicherheit der Anstalt darstellt oder
  3. Litera c
    der Inhalt des Schreibens den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung verwirklicht oder der Vorbereitung einer solchen Handlung dient,

geöffnet werden. Gelesen werden dürfen solche Schreiben nur in den Fällen der Z2 litb und c; soweit sich dabei der Verdacht bestätigt, sind die Schreiben zurückzuhalten.

  1. Absatz 4...

  1. Absatz 5Als Rechtsbeistände gelten Rechtsanwälte, Notare, Verteidiger und Wirtschaftstreuhänder.

  1. Absatz 6..."

"§94. (1) ...

  1. Absatz 2Die Besucher haben sich, wenn sie nicht bekannt sind, über ihre Person auszuweisen. Sie sind in kurzen und einfachen Worten darüber zu belehren, wie sie sich bei einem Besuche zu verhalten haben.

  1. Absatz 3Die Besucher haben sich so zu verhalten, daß die Zwecke des Strafvollzuges nicht gefährdet werden und der Anstand nicht verletzt wird. Die Besucher und die Strafgefangenen dürfen einander keine Gegenstände übergeben.

  1. Absatz 4Soweit nicht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes eine Überwachung des Inhaltes des Gespräches zwischen dem Strafgefangenen und dem Besucher zu unterbleiben hat, ist das Gespräch verständlich, in deutscher Sprache und auch sonst so zu führen, daß es leicht überwacht werden kann. ..."

"§95. Die Besuche sind schonend zu überwachen. Soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird, kann sich die Überwachung auch auf den Inhalt des zwischen dem Strafgefangenen und dem Besucher geführten Gespräches erstrecken, soll sich jedoch auf Stichproben beschränken. ... Verstoßen die Strafgefangenen oder die Besucher gegen die Bestimmungen des §94 Abs3 und 4, so sind sie in leichten Fällen abzumahnen. Im Wiederholungsfalle oder bei ernsten Verstößen ist der Besuch unbeschadet der Zulässigkeit einer strafrechtlichen oder verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung abzubrechen."

"§96. (1) Besuche von Vertretern öffentlicher Stellen und von Betreuungsstellen sowie Besuche von Rechtsbeiständen (§19b Abs4 bis 6) sind auch außerhalb der in §93 Abs1 genannten Zeitabstände während der Amtsstunden zu gestatten.

  1. Absatz 2Der Inhalt der zwischen den Strafgefangenen und den im Abs1 genannten Besuchern geführten Gespräche ist nicht zu überwachen. Eine inhaltliche Überprüfung der von diesen Besuchern mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen ist nur in den Fällen des §90b Abs3 Z2 litb und c zulässig."

4.2. Der Beschwerdeführer erachtet §94 Abs3 zweiter Satz StVG im Lichte des Art10 EMRK für verfassungswidrig, weil und insoweit diese Bestimmung auch auf Besuche von Journalisten gilt.

4.2.1. Nach Art10 Abs1 EMRK hat jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Vom Schutzumfang dieser Bestimmung, die das Recht der Freiheit der Meinung und der Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten und Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden einschließt, werden sowohl reine Meinungskundgaben als auch Tatsachenäußerungen, aber auch Werbemaßnahmen erfaßt. Art10 Abs2 EMRK sieht allerdings im Hinblick darauf, daß die Ausübung dieser Freiheit Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, die Möglichkeit von Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen vor, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes und der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung von vertraulichen Nachrichten oder zur Gewährleistung des Ansehens und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung notwendig sind.

Ein verfassungsrechtlich zulässiger Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung muß sohin, wie auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ausgesprochen hat (Fall Sunday Times v 26.4.1979, EuGRZ 1979, 390; Fall Barthold v 25.3.1985, EuGRZ 1985, 173),

  1. Litera a
    gesetzlich vorgesehen sein,
  2. Litera b
    einen oder mehrere der in Art10 Abs2 EMRK genannten rechtfertigenden Zwecke verfolgen und
  3. Litera c
    zur Erreichung dieses Zweckes oder dieser Zwecke "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" sein vergleiche VfSlg. 12886/1991).

4.2.2. Gemäß §94 Abs3 zweiter Satz StVG dürfen Besucher und die Strafgefangenen einander keine Gegenstände übergeben. Es ist offenkundig, daß diese allgemein gehaltene Bestimmung den Zweck verfolgt, Gefährdungen der Sicherheit und Ordnung in der jeweiligen Justizanstalt hintanzuhalten. Der Gerichtshof hegt keinen Zweifel, daß diese Regelung zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zur Verbrechensverhütung in Justizanstalten notwendig ist und einem in Art10 Abs2 EMRK genannten rechtfertigenden Zweck dient. Da §94 Abs3 zweiter Satz StVG Strafgefangenen lediglich verwehrt, Besuchern ein Schreiben unmittelbar zu übergeben, ist diese Bestimmung nicht gegen Journalisten gerichtet. Beachtlich ist hiezu auch die Rechtsprechung der EKMR, wonach "das Verbot, Artikel aus dem Gefängnis zu schreiben, wegen möglicher Störung der Gefängnisordnung als zulässig angesehen wurde" (Frowein/Peukert, EMRK2 (1996) S 402), unter Berufung auf die E der EKMR vom 20.12.1974, E5442/72, DR 1/41.

Die vom Beschwerdeführer angegriffene Regelung erweist sich offensichtlich auch in einer demokratischen Gesellschaft als erforderlich. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlaßt, ein Verfahren zur Prüfung dieser Regelung einzuleiten.

Der Gerichtshof hegt aus dem Blickwinkel des vorliegenden Falles auch keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §95 StVG vergleiche auch VfSlg. 10525/1985).

4.2.3. Soweit der Beschwerdeführer auf den Erlaß des Bundesministers für Justiz vom 21. April 1993,

JMZl. 40.405/19-V4/1993, Bezug nimmt, so genügt es festzuhalten, daß dieser Erlaß weder von der belangten Behörde angewendet wurde noch vom Verfassungsgerichtshof im Zuge der Behandlung der vorliegenden Beschwerde anzuwenden ist. Auf die gegen diesen Erlaß gerichteten Bedenken war daher mangels Präjudizialität nicht einzugehen.

4.2.4. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es ausgeschlossen, daß der Beschwerdeführer wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen in seinen Rechten verletzt wurde.

4.3. Der Beschwerdeführer behauptet weiters, durch den Vollzug in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung verletzt zu sein. Eine derartige Verletzung ist indes nicht zu erkennen. Wie die belangte Behörde in dem bekämpften Bescheid - vom Beschwerdeführer insoweit unwidersprochen - ausführt, hat eine Gesprächsthemenbeschränkung nicht stattgefunden. Der Beschwerdeführer hatte die Möglichkeit, mit dem ihn besuchenden Journalisten ein Gespräch über jedes beliebige Thema zu führen. Soweit sich der Journalist zuvor verpflichtete, die ihm mitgeteilten Informationen journalistisch nicht auszuwerten, berührt dies die Rechtssphäre des Beschwerdeführers nicht. Ein Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf freie Meinungsäußerung hat sohin nicht stattgefunden. Die behauptete Grundrechtsverletzung liegt demnach nicht vor.

4.4. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

4.5. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.