Gericht

Verfassungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

28.11.1997

Geschäftszahl

B4855/96

Sammlungsnummer

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Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung der die Familienbesteuerung betreffenden Bestimmungen des EStG 1988 mit E v 17.10.97, G168/96 ua.

Kostenzuspruch.

Für die im Beschwerdeverfahren und im Gesetzesprüfungsverfahren abgegebenen, nicht abverlangten Schriftsätze (Replik und drei Äußerungen) waren Kosten nicht zuzusprechen, zumal sie zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung auch nicht erforderlich waren.

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

römisch eins.Die Beschwerde wendet sich gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, mit dem das Begehren des Beschwerdeführers, die im Jahre 1995 geleisteten Alimente (Naturalunterhalt) für seine Ehefrau und seine fünf Kinder in Höhe von S 437.400,-- als außergewöhnliche Belastung nach §34 EStG 1988 anzuerkennen, abgewiesen wurde. Sie rügt die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit vor dem Gesetz wegen Anwendung eines für verfassungswidrig erachteten Gesetzes, nämlich des §34 Abs4 und 7 EStG 1988, und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

römisch II.Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet.

1. Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlaß anderer Beschwerdeverfahren mit Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, G168/96 ua., die Worte "und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen" in §20 Abs1 Z1 EStG 1988, BGBl. 400, §33 Abs4 Z3, §34 Abs7 Z1 und §57 Abs2 Z3 lita EStG 1988 in der Fassung Bundesgesetzblatt 312 aus 1992, sowie §33 Abs4 Z3 lita und §34 Abs7 Z1 und 2 EStG 1988 in der Fassung Bundesgesetzblatt 818 aus 1993, als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Gemäß Art140 Abs7 B-VG ist ein vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenes Gesetz im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind einem Anlaßfall (im engeren Sinn) jene Fälle gleichzuhalten, die im Zeitpunkt des Beginns der mündlichen Verhandlung über eine in der Beschwerdesache präjudizielle Gesetzesstelle anhängig sind vergleiche VfSlg. 10616/1985, 11711/1988).

3. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 22. November 1996 eingelangt. Der Zeitpunkt des Beginns der mündlichen Verhandlung im Normenprüfungsverfahren G168/96 ua. war der 6. Oktober 1997. Die Gesetzesaufhebung vergleiche Pkt. römisch II.1.) wirkt daher auch für sie.

Der angefochtene Bescheid ist (soweit er den vom Beschwerdeführer an seine Kinder erbrachten Unterhaltsleistungen die steuerliche Anerkennung versagte) in Anwendung von als verfassungswidrig aufgehobenen Bestimmungen ergangen (zur steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen an Ehegatten vergleiche VfSlg. 13067/1992, S 567, und VfSlg. 13297/1992). Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, daß sich ihre Anwendung für den Beschwerdeführer als nachteilig erweist. Der Beschwerdeführer ist demnach durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid war daher aufzuheben.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

5. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG. Im zugesprochenen Kostenbetrag ist Umsatzsteuer in Höhe von

S 3.000,-- enthalten.