Gericht

Verfassungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

11.12.2002

Geschäftszahl

B1609/01

Sammlungsnummer

16759

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch den Ausschluss von Rückstellungen für Anwartschaften auf Abfertigungen von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft; Bildung von Abfertigungsrückstellungen dieser Art für "ungewisse Verbindlichkeiten" im Sinne der einkommensteuerrechtlichen Normierung von Rückstellungen nicht ausgeschlossen

Spruch

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig die mit EUR 2.143,68 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Die im vorliegenden Zusammenhang relevanten Bestimmungen der §§9 und 14 Einkommensteuergesetz 1988 lauten in der hier maßgeblichen Fassung auszugsweise wie folgt:

"Rückstellungen

§9. (1) Rückstellungen können nur gebildet werden für

  1. Ziffer eins
    Anwartschaften auf Abfertigungen,
  2. Ziffer 2
    laufende Pensionen und Anwartschaften auf Pensionen,
  3. Ziffer 3
    sonstige ungewisse Verbindlichkeiten,
  4. Ziffer 4
    drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.

  1. Absatz 2Rückstellungen im Sinne des Abs1 Z1 und 2 sind nach §14 zu bilden.

  1. Absatz 3Rückstellungen im Sinne des Abs1 Z3 und 4 dürfen nicht pauschal gebildet werden. Die Bildung von Rückstellungen ist nur dann zulässig, wenn konkrete Umstände nachgewiesen werden können, nach denen im jeweiligen Einzelfall mit dem Vorliegen oder dem Entstehen einer Verbindlichkeit (eines Verlustes) ernsthaft zu rechnen ist.

  1. Absatz 4Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anläßlich eines Dienst- oder Firmenjubiläums dürfen nicht gebildet werden."

"Vorsorge für Abfertigungen, Pensionen und Jubiläumsgelder

§14. (1) Eine Abfertigungsrückstellung kann im Ausmaß bis zu 50% der am Bilanzstichtag bestehenden fiktiven Abfertigungsansprüche gebildet werden. Fiktive Abfertigungsansprüche sind jene, die bei Auflösung des Dienstverhältnisses bezahlt werden müßten

1. an Arbeitnehmer als Abfertigung auf Grund

wobei in beiden Fällen Beschäftigungszeiten (Vordienstzeiten) angerechnet werden können,

2. an andere Personen auf Grund gesetzlicher Anordnung. Die Abfertigungsrückstellung kann insoweit bis zu 60% der am Bilanzstichtag bestehenden fiktiven Abfertigungsansprüche gebildet werden, als die Arbeitnehmer oder anderen Personen, an die die Abfertigungen bei Auflösung des Dienstverhältnisses bezahlt werden müßten, am Bilanzstichtag das 50. Lebensjahr vollendet haben.

..."

2. Die beschwerdeführende Gesellschaft bildete in der Körperschaftsteuererklärung für 1998 - gestützt auf §9 Abs1 Z3 ESTG (Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten) - Rückstellungen für Anwartschaften von Vorstandsmitgliedern auf Abfertigung.

Mit Bescheid des zuständigen Finanzamtes wurde die beschwerdeführende Gesellschaft zunächst erklärungsgemäß veranlagt. Im Zuge einer im Jahr 2001 abgeschlossenen Betriebsprüfung stellte jedoch der Prüfer bezüglich dieser Rückstellungen Folgendes fest:

Gemäß §9 Abs3 EStG 1988 seien Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten nur zulässig, wenn konkrete Umstände nachgewiesen werden könnten, auf Grund deren mit dem Vorliegen oder mit dem Entstehen einer Verbindlichkeit ernsthaft zu rechnen sei. Diese Voraussetzung liege im Zusammenhang mit Abfertigungsverpflichtungen für Vorstandsmitglieder nicht bereits mit Abschluss der Vorstandsverträge vor. Daher könne eine entsprechende Rückstellung nicht mit steuerlicher Wirkung eingestellt werden.

Nach darauf hin erfolgter Wiederaufnahme des Verfahrens erließ das zuständige Finanzamt einen diesen Feststellungen des Betriebsprüfers entsprechenden neuen Bescheid, mit dem es den bislang den steuerlichen Gewinn mindernden Rückstellungen für die Abfertigung von Vorstandsmitgliedern die Anerkennung versagte.

3. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich abgewiesen.

Begründend wird dazu Folgendes ausgeführt:

"§9 Abs1 Ziffer eins, EStG spricht allgemein von Abfertigungen und erfasst damit alle Abfertigungen. Dafür spricht, dass hier im Gegensatz zu §67 EStG nicht zwischen gesetzlichen bzw kollektivvertraglichen und freiwilligen Abfertigungen (§67 Abs3 und 6) unterschieden wird. Durch §9 Abs2 leg. cit. wird statuiert, dass Rückstellungen für Anwartschaften aus Abfertigungen nach §14 leg. cit. zu bilden sind.

        Mit dem allgemeinen Abfertigungsbegriff und dem Verweis auf

§14 EStG stellt §9 EStG klar, dass steuerwirksame

Abfertigungsrückstellungen nur nach den Vorschriften des §14 EStG

gebildet werden können ... Eine Rückstellung für Abfertigungen nach

Z. 3 des §9 Abs1 leg. cit. scheidet daher ... aus. Dafür spricht auch

der Wortlaut der Ziffer 3, (arg 'sonstige ungewisse Verbindlichkeiten'), aus dem zu folgern ist, dass diese allgemeine Vorschrift für die die Abfertigung betreffende lex specialis der Ziffer eins, nicht gilt.

Das Finanzamt hat der strittigen Rückstellung hingegen deshalb die Anerkennung versagt, weil der gemäß §9 Abs3 EStG 1988 für ungewisse Verbindlichkeiten erforderliche Nachweis konkreter Umstände fehle, dass bereits bei Abschluss der Vorstandsverträge ernsthaft mit dem Entstehen einer Abfertigungsverpflichtung zu rechnen gewesen sei.

Dieser Begründung ist die [Berufungswerberin, d. i. die nunmehr beschwerdeführende Gesellschaft] nicht direkt entgegen getreten. Abgesehen vom maßgeblichen Zeitpunkt (Bilanzstichtag - Vertragsabschluss) erweist sich diese Begründung, da sie offensichtlich von der grundsätzlichen Zulässigkeit der Bildung der strittigen Rückstellung nach §9 Abs1 Z3 EStG 1988 ausgeht, wegen der Widerlegung dieser Rechtsansicht durch obige Ausführungen als verfehlt.

Es ist unbestritten, dass Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften arbeitsrechtlich keine Dienstnehmer sind.

...

Da die Abfertigungsansprüche von Vorstandsmitgliedern einer AG (unmittelbar) weder auf Grund eines Gesetzes noch eines Kollektivvertrages bezahlt werden müssen, ist eine Bildung von Rückstellungen für derartige Ansprüche nach §14 EStG 1988 nach dessen klaren Wortlaut ausgeschlossen...

Für die von der [Berufungswerberin] relevierte verfassungskonforme Interpretation bleibt daher ... kein Spielraum."

4. In der gegen diesen Bescheid erhobenen, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde wird die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und/oder in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt. Begründend wird dazu Folgendes ausgeführt:

"Der Ausschluss der steuerlichen Rückstellungsbildung im konkreten Fall entbehrt ... jeglicher sachlicher Rechtfertigung.

Gemäß §9 Abs1 EStG können Rückstellungen für die Anwartschaft auf Abfertigungen, laufende Pensionen, Anwartschaft auf Pensionen, sonstige ungewisse Verbindlichkeiten, sowie drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gebildet werden.

Nachdem §14 EStG aufgrund der taxativen Aufzählung von gesetzlich begründeten sowie kollektivvertraglich begründeten Abfertigungen für die gegenständlich vertraglich vereinbarten Abfertigungen für Vorstandsmitglieder allein schon aufgrund der Wortinterpretation nicht zur Anwendung kommt, liegt zumindest eine sonstige ungewisse Verbindlichkeit iSd §9 Abs1 Zi 3 EStG vor, wonach §9 Abs3 und Abs4 EStG für die Rückstellungsbildung maßgeblich sind.

Im Erkenntnis vom 9.12.1997 (G403/97) zu den Jubiläumsgeldrückstellungen hat sich der VfGH ... mit dem Ausschluss einer steuerlichen Rückstellungsbildung für einen ähnlichen Sachverhalt, nämlich den Rückstellungen für Jubiläumsgeldern befasst.

In diesem Erkenntnis hat der VfGH das Rückstellungsverbot für kollektivvertraglich vereinbarte Jubiläumsgelder (um die es im Anlassfall ging) aber auch das Rückstellungsverbot für einzelvertraglich zugesicherte Jubiläumsgelder aufgehoben.

Nachfolgende Ausführungen lehnen sich daher weitgehend an die Ausführungen des VfGH in oben zitiertem Erkenntnis an und weisen nach, dass die verfassungsrechtliche Beurteilung des Rückstellungsverbotes für freiwillige Abfertigungen zwangsläufig zum gleichen Ergebnis führen muss, wie die Beurteilung des Rückstellungsverbotes für Jubiläumsgelder.

Eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist zu bilden, wenn eine Verbindlichkeit dem Grunde nach nicht mit Sicherheit, aber doch mit konkreter Wahrscheinlichkeit besteht oder entstehen wird oder wenn über die Höhe dieser Verbindlichkeit Ungewissheit besteht.

Eine Rückstellung kann daher nur dann gebildet werden, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine künftige Belastung gegeben ist.

Die bloße Möglichkeit einer Inanspruchnahme, also nur das Vorliegen eines Verpflichtungsgrundes allein, genügt für eine Rückstellung nicht. Mit der Inanspruchnahme muss ernstlich zu rechnen sein; dies bedeutet, dass am Bilanzstichtag mehr Gründe dafür als dagegen sprechen müssen...

Es steht der Bildung einer Rückstellung nicht entgegen, wenn das Entstehen der Verpflichtung zur Leistung von ungewissen Ereignissen abhängt.

Die Bildung der Rückstellung setzt außerdem voraus, dass die ungewisse Verbindlichkeit in der vor dem Bilanzstichtag liegenden Zeit wirtschaftlich verursacht worden ist vergleiche VfGH, 9.12.1997, G403/97).

All diese Voraussetzungen treffen gemäß VfGH vom 9.12.1997 (G403/97) auf Jubiläumsgaben zu, die Dienstnehmern anlässlich einer gewissen Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit aufgrund rechtsverbindlicher Zusagen zu gewähren sind.

Für die Verpflichtungen aus den Abfertigungsvereinbarungen lässt sich diese Rechtsprechung uneingeschränkt übertragen ...:

Die Verpflichtung aus der Abfertigungsvereinbarung im Vorstandsvertrag stellt eine rechtsverbindliche und unwiderrufliche Leistungsverpflichtung der Gesellschaft dar.

Die wirtschaftliche Veranlassung ist ausschließlich während der Dauer des Anstellungsverhältnisses gegeben. Die Abfertigung wird quasi auf den Beendigungszeitpunkt angespart.

Durch welche rechtsverbindliche Grundlage dem Vorstand der Anspruch auf Abfertigung zusteht, muss für die Zulässigkeit der Bildung einer Rückstellung unmaßgeblich sein.

Aus der Sicht eines rückstellungsberechtigten bzw rückstellungsverpflichteten Unternehmers kann es keinen Unterschied machen, ob er sich zu einer freiwilligen Dienstjubiläumszahlung verpflichtet hat, ob er sich gegenüber einem Dienstnehmer zu einer freiwilligen Abfertigungszahlung verpflichtet hat oder ob er sich gegenüber einem Nicht-Dienstnehmer (zB Konsulenten oder Vorstand) zu einer freiwilligen Abfertigungszahlung verpflichtet hat.

Dem Gesetzgeber steht es frei, im Steuerrecht für noch ungewisse Verbindlichkeiten eine Passivierungspflicht und ein Passivierungswahlrecht vorzusehen oder (teilweise) zu beseitigen vergleiche VfSlg 8457/1978).

Gewährt der Gesetzgeber aber die Möglichkeit der Passivierung nach einem bestimmten - dem Sachlichkeitsgebot entsprechenden - System, bedarf ein Abweichen von einem solchen System abermals einer sachlichen Rechtfertigung (VfGH 9.12.1997, G403/97)

Eben diese sachliche Rechtfertigung war für das Verbot der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Jubiläumsgeldrückstellungen nicht erkennbar und wurde dieses Verbot vom VfGH (9.12.1997, G403/97) als überschießend und daher sachlich nicht gerechtfertigt, sohin gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßend, erkannt.

Auch in der Frage der freiwilligen Abfertigungsverpflichtungen gegenüber Vorständen ist eine sachliche Rechtfertigung nicht ersichtlich, da auch hier die Abfertigung als Belohnung für langjährige Tätigkeiten anzusehen ist und insoweit die in den Vorperioden erbrachten Arbeitsleistungen belohnt werden sollen; sohin ist der Abfertigungsaufwand in den vor dem Bilanzstichtag liegenden Zeiträumen wirtschaftlich verursacht und ist eine konkrete Wahrscheinlichkeit des Eintrittes des Ereignisses gegeben.

Andere als die von der Bundesregierung in der Entscheidung zur Jubiläumsgeldrückstellung vorgebrachten Argumente für den Ausschluss von der steuerlichen Rückstellungsbildung, welche vom VfGH (9.12.1997, G403/97) nicht als ausreichende Rechtfertigung angesehen wurden, lassen sich auch für den Ausschluss der steuerlichen Rückstellungsbildung für die Abfertigungen für Vorstände nicht finden.

Insbesondere die ins Treffen geführten Argumente der Erhöhung des Steueraufkommens, sowie der Gleichmäßigkeit der Besteuerung vermögen auch bei den Abfertigungsrückstellungen für Vorstandsmitglieder keine sachliche Rechtfertigung zu begründen.

Ebenso rechtfertigt das Ziel der Objektivierung des steuerlich maßgeblichen Rückstellungsbegriffes gerade dort nicht die Regelung einer Einschränkung der Steuerwirksamkeit von Rückstellungen, wo die Rückstellungsbildung auf einer rechtswirksamen Verpflichtung (und eine solche stellen die gegenständlichen Vorstandsverträge jedenfalls dar) beruht, weil hier ein Gestaltungsspielraum nicht besteht, und es trägt diese Maßnahme auch nicht zur Gleichmäßigkeit der Besteuerung bei. Grund und Höhe der Verpflichtung können von der Finanzverwaltung auf ihre Sachgerechtigkeit überprüft werden (VfGH 9.12.1997, G403/97).

Der VfGH sieht somit keine sachliche Rechtfertigung, warum steuerwirksame Rückstellungen von deren Rechtsgrundlage abhängen sollen.

Es wird gerade nicht differenziert zwischen einzelvertraglichen Verpflichtungen und Verpflichtungen auf kollektivvertraglicher oder ähnlicher Grundlage.

Entscheidend kann vielmehr nur sein, ob der Unternehmer grundsätzlich zu leisten verpflichtet ist...

Auch das Argument, dass die steuerlich anerkannten Rückstellungen auf 'verbindlichkeitsnahe' Passivposten eingeschränkt werden sollten, könnte die Unsachlichkeit und damit die Gleichheitswidrigkeit nicht verhindern, da die Verpflichtungen aus den Abfertigungen jedenfalls verbindlichkeitsnahe sind und sich durch nichts von Abfertigungen anderer Dienstnehmer unterscheidet, für die eine Rückstellungsbildung jedenfalls anerkannt ist.

Gerade die Abfertigungsberechtigung anderer Dienstnehmer, wie etwa in vergleichbarer Funktion tätige Geschäftsführer einer GmbH, führt auch bei den Vorstandsmitgliedern einer AG dazu, dass die Abfertigungsberechtigung regelmäßig und einem faktischen Zwang unterliegend, dem die Unternehmen sich im Wirtschaftsleben zumindest so lange nicht entziehen können, als für alle übrigen Arbeitnehmer gesetzliche oder kollektivvertragliche Abfertigungsansprüche bestehen, in die Vorstandsverträge aufzunehmen sind.

Gerade diese faktische Verpflichtung und die damit verbundene faktische Gleichstellung dieser Personengruppen ist auch bei der Zulässigkeit der steuerwirksamen Rückstellungen mit zu berücksichtigen.

Wirtschaftlich betrachtet liegen diese Fälle so nahe aneinander, dass eine unterschiedliche Behandlung der Bildung von Rückstellungen eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung bedeutet.

Resümierend muss daher in verfassungskonformer Auslegung des §9 EStG die Rückstellungsfähigkeit der vertraglichen Abfertigungsverpflichtung bejaht werden; mit der gegenteiligen Auffassung hat die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid eine denkunmögliche und gleichheitswidrige Auslegung zu Grunde gelegt und ist somit eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gegeben."

5. Die belangte Behörde erstattete unter Vorlage der Verwaltungsakten eine Gegenschrift, in der sie für die Abweisung der Beschwerde eintritt. Dazu legte die beschwerdeführende Gesellschaft eine Stellungnahme vor.

6. Der Verfassungsgerichtshof hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist mit ihrem Vorwurf, der angefochtene Bescheid verletze sie in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Grund der folgenden Erwägungen im Ergebnis im Recht:

Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB. VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei der Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

        Wenn die belangte Behörde in der Begründung des bekämpften

Bescheides - auch gestützt auf das einschlägige juristische

Schrifttum - auf das Wesentliche zusammengefasst die Auffassung

vertritt, dass die Bildung von Rückstellungen für Anwartschaften auf

Abfertigungen von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft gemäß

§9 Abs1 Z1 iVm §14 EStG 1988 - im Hinblick auf den klaren Wortlaut

der zuletzt genannten Bestimmung (arg.: "... Abfertigungsansprüche

... 1. an Arbeitnehmer ... auf Grund gesetzlicher Anordnung oder

eines Kollektivvertrages ... 2. an andere Personen auf Grund

gesetzlicher Anordnung") - ausgeschlossen sei, so ist dem nicht

entgegenzutreten, da es sich bei den Mitgliedern des Vorstandes einer

AG nicht um Arbeitnehmer handelt und die in Rede stehenden

Abfertigungsansprüche auch nicht auf Grund gesetzlicher Anordnung

gewährt werden, sondern regelmäßig auf Grund einer

einzelvertraglichen Vereinbarung.

Die belangte Behörde ist indes weiters der Auffassung, dass - in systematischer Auslegung der Bestimmungen des §9 Abs1 Z1 und 3, §14 und §67 Abs3 und 6 EStG 1988 - die hier in Rede stehenden Abfertigungsrückstellungen auch nicht dem Begriff der "sonstige[n] ungewisse[n] Verbindlichkeiten" gemäß §9 Abs1 Z3 EStG 1988 zu subsumieren wären. Damit unterstellt sie aber der zuletzt genannten Bestimmung, die gerade nicht in dieser Weise differenziert, fälschlicher Weise einen gleichheitswidrigen Inhalt. Es ist nämlich keineswegs von vornherein ausgeschlossen, dass solche Anwartschaften all jene Merkmale aufweisen, die den Begriff der "ungewissen Verbindlichkeiten" konstituieren vergleiche dazu näher VfSlg. 15.040/1997, S 737 ff.).

Der bekämpfte Bescheid war daher schon deshalb aufzuheben.

7. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VfGG. Im zugesprochenen Betrag ist eine Eingabegebühr gemäß §17a VfGG in Höhe von Euro 181,68 und Umsatzsteuer in Höhe von EUR 327 enthalten.

8. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.