Verfassungsgerichtshof
29.09.2003
G385/02
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Verstoß des generellen Ausschlusses des Auskunftsrechts betreffend erkennungsdienstliche Daten (zB einer DNA-Untersuchung) im Sicherheitspolizeigesetz gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Auskunft nach dem Datenschutzgesetz
Die Wortfolge "§11 und" in §80 Sicherheitspolizeigesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 566 aus 1991,, war verfassungswidrig.
Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs im Bundesgesetzblatt römisch eins verpflichtet.
Entscheidungsgründe:
römisch eins. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B813/02 das Verfahren über eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zu Grunde liegt:
1.1. Aus Anlass einer am 16. Dezember 1999 von der Bundespolizeidirektion Wels beim Beschwerdeführer vorgenommenen DNA-Untersuchung (Mundhöhlenabstrich) begehrte dieser, ihm eine Auswertung der DNA-Analyse zu überlassen.
Da dieser Antrag nicht fristgerecht erledigt wurde, stellte der Beschwerdeführer am 19. Juni 2000 gemäß §73 Abs1 AVG den Antrag auf Übergang der Entscheidungszuständigkeit auf die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich sowie - in weiterer Folge - am 7. Februar 2001 den Antrag auf Übergang der Entscheidungszuständigkeit auf den Bundesminister für Inneres.
Mit Bescheid vom 15. Mai 2001 gab der Bundesminister für Inneres dem Devolutionsantrag statt und wies unter einem den Antrag auf Erhalt einer schriftlichen Ausfertigung des Ergebnisses der DNA-Untersuchung gemäß §79 Abs2 Sicherheitspolizeigesetz (im Folgenden: SPG) ab.
1.2. Am 20. Mai 2001 erhob der Einschreiter Beschwerde an die Datenschutzkommission und stellte insbesondere den Antrag, "die Verletzung des Antragstellers im Recht auf Auskunftserteilung festzustellen, und zwar insbesondere dadurch, dass weder von der Bundespolizeidirektion Wels, noch vom Bundesminister für Inneres das Auskunftsbegehren innerhalb der in §26 Abs4 DSG [Datenschutzgesetz 2000 (im Folgenden: DSG 2000)] bestimmten Frist einer Erledigung zugeführt wurde, sowie dadurch, dass die beantragte Überlassung einer Auswertung der DNA-Untersuchung bzw. eines Gleichstücks des dabei aufgenommenen Filmstreifens nicht erfolgte". In einem ergänzenden Schriftsatz vom 17. Juli 2001 beantragte der Beschwerdeführer "die Hinwirkung" seitens der Datenschutzkommission auf die beantragte Auskunftserteilung.
1.3. Diesen Antrag wies die Datenschutzkommission mit Bescheid vom 15. März 2002 ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass DNA-Profile gemäß §64 Abs4 SPG erkennungsdienstliche Daten seien, die (nur) in der Erkennungsdienstlichen Evidenz nach §75 SPG verarbeitet werden. Gemäß §80 leg. cit. sei aber das Auskunftsrecht des §11 Datenschutzgesetz 1978 (im Folgenden: DSG 1978) - bzw. nunmehr des §26 DSG 2000 - auf erkennungsdienstliche Daten, die gemäß den §§70 oder 75 SPG verarbeitet werden, nicht anzuwenden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die oben unter Pkt. 1. erwähnte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.
3. Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlass dieser Beschwerde am 12. Dezember 2002 beschlossen, gemäß Art140 Abs1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "§11 und" in §80 Sicherheitspolizeigesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 566 aus 1991,, einzuleiten.
4. Die Bundesregierung hat von der Erstattung einer Äußerung Abstand genommen.
römisch II. Zur Rechtslage:
1. §1 des Bundesgesetzes über den Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz 2000 - DSG 2000), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 165 aus 1999,, lautet:
"Artikel 1
(Verfassungsbestimmung)
Grundrecht auf Datenschutz
§1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
1. das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn verarbeitet, woher die Daten stammen, und wozu sie verwendet werden, insbesondere auch, an wen sie übermittelt werden;
2. das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten.
2. §80 Sicherheitspolizeigesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 566 aus 1991,, in der Fassung vor der Novelle Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 104 aus 2002,), lautete (der in Prüfung gezogene Teil ist hervorgehoben):
"Ausnahmen vom Datenschutzgesetz
§80. Die Bestimmungen der §§11 und 12 des Datenschutzgesetzes sind auf erkennungsdienstliche Daten, die gemäß den §§70 oder 75 verarbeitet werden, nicht anzuwenden."
3. Diese Bestimmung steht in folgendem rechtlichen Zusammenhang:
3.1. §11 Datenschutzgesetz [1978], Bundesgesetzblatt Nr. 565 aus 1978, in der Fassung Bundesgesetzblatt Nr. 370 aus 1986,, lautet:
"AUSKUNFTSRECHT
§11. (1) Dem Betroffenen sind bei Nachweis seiner Identität auf schriftlichen Antrag beim Auftraggeber seine Daten in allgemein verständlicher Form sowie deren Herkunft und die Rechtsgrundlage für deren Ermittlung, Verarbeitung, Benützung und Übermittlung binnen vier Wochen schriftlich mitzuteilen, soweit es sich dabei nicht um solche Daten handelt, die auf Grund eines Gesetzes oder einer Verordnung bei überwiegendem öffentlichem Interesse auch ihm gegenüber geheimzuhalten sind. Werden oder wurden Daten übermittelt, kann der Betroffene auch Auskunft über den Empfänger verlangen.
§26 Datenschutzgesetz 2000, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 165 aus 1999, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 136 aus 2001,, lautet:
"5. Abschnitt
Die Rechte des Betroffenen
Auskunftsrecht
§26. (1) Der Auftraggeber hat dem Betroffenen Auskunft über die zu seiner Person verarbeiteten Daten zu geben, wenn der Betroffene dies schriftlich verlangt und seine Identität in geeigneter Form nachweist. Mit Zustimmung des Auftraggebers kann das Auskunftsbegehren auch mündlich gestellt werden. Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, die verfügbaren Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen. Auf Verlangen des Betroffenen sind auch Namen und Adresse von Dienstleistern bekannt zu geben, falls sie mit der Verarbeitung seiner Daten beauftragt sind. Mit Zustimmung des Betroffenen kann anstelle der schriftlichen Auskunft auch eine mündliche Auskunft mit der Möglichkeit der Einsichtnahme und der Abschrift oder Ablichtung gegeben werden.
1. des Schutzes der verfassungsmäßigen Einrichtungen der Republik Österreich oder
2. der Sicherung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres oder
3. der Sicherung der Interessen der umfassenden Landesverteidigung oder
4. des Schutzes wichtiger außenpolitischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Interessen der Republik Österreich oder der Europäischen Union oder
5. der Vorbeugung, Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten
ergeben. Die Zulässigkeit der Auskunftsverweigerung aus den Gründen der Z1 bis 5 unterliegt der Kontrolle durch die Datenschutzkommission nach §30 Abs3 und dem besonderen Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzkommission gemäß §31 Abs4.
Es kann im vorliegenden Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob sich die Verweisung in §80 SPG - im Lichte der Verfassungsbestimmung des §61 Abs7 DSG 2000 - weiterhin auf §11 DSG 1978 oder auf §26 DSG 2000 bezieht, weil der Ausschluss des Auskunftsrechts sowohl die eine als auch die andere Regelung betrifft.
3.2. Der Erkennungsdienst ist im 3. Hauptstück des 4. Teils des SPG geregelt (§§64 bis 80). Die für den vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen in der Fassung vor der Novelle Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 104 aus 2002,) lauten:
"3. Hauptstück
Erkennungsdienst
Begriffsbestimmungen
§64. (1) Erkennungsdienst ist das Ermitteln personenbezogener Daten durch erkennungsdienstliche Maßnahmen sowie das Verarbeiten, Benützen, Übermitteln, Überlassen und Löschen dieser Daten.
§65 regelt die erkennungsdienstliche Behandlung. In Abs4 ist eine Mitwirkungspflicht des Betroffenen normiert; Abs5 sieht vor, dass die Sicherheitsbehörden jeden, den sie erkennungsdienstlich behandeln, schriftlich darüber in Kenntnis zu setzen haben, "wie lange erkennungsdienstliche Daten aufbewahrt werden und welche Möglichkeiten vorzeitiger Löschung (§§73 und 74) bestehen."
§67 bestimmt - die DNA-Untersuchungen betreffend - Folgendes:
"DNA-Untersuchungen
§67. (1) Die DNA eines Menschen darf im Rahmen seiner
erkennungsdienstlichen Behandlung nur ermittelt werden, wenn der Betroffene in Verdacht steht, einen gefährlichen Angriff begangen zu haben, und wenn in Hinblick auf diese Tat oder die Persönlichkeit des Betroffenen erwartet werden kann, dieser werde bei Begehung weiterer gefährlicher Angriffe Spuren hinterlassen, die seine Wiedererkennung auf Grund der ermittelten genetischen Information ermöglichen würden.
§68 beschäftigt sich mit erkennungsdienstlichen Maßnahmen auf Antrag oder mit Zustimmung des Betroffenen; §69 sieht spezielle Verfahren zur Vermeidung von Verwechslungen vor.
In §70 sind die erkennungsdienstlichen Evidenzen geregelt; diese Bestimmung lautet wie folgt:
"Erkennungsdienstliche Evidenzen
§70. (1) Jede Sicherheitsbehörde hat erkennungsdienstliche Daten, die sie im Rahmen einer erkennungsdienstlichen Behandlung oder anders als gemäß §68 Abs1 durch eine erkennungsdienstliche Maßnahme ermittelt hat, so lange zu verarbeiten, bis sie zu löschen sind.
Die §§71, 73 bis 75 und 79 lauten:
"Übermittlung erkennungsdienstlicher Daten
§71. (1) Erkennungsdienstliche Daten, die gemäß den §§65 Abs1 oder 66 Abs1 ermittelt wurden, sind jenen Sicherheitsbehörden zu übermitteln, die durch Verordnung des Bundesministers für Inneres damit betraut wurden, solche Daten zu verarbeiten. Außerdem sind erkennungsdienstliche Daten, die gemäß §65 Abs1 ermittelt wurden, der Zentralen Erkennungsdienstlichen Evidenz in dem Umfang zu |bermitteln, der durch Verordnung des Bundesministers für Inneres festgelegt worden ist.
1. an Medienunternehmen zum Zwecke der Veröffentlichung
a) bei Vorliegen der Voraussetzungen des §65 Abs3 oder des §66 Abs1, wenn die Identität des Betroffenen anders nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand geklärt werden kann;
b) bei Vorliegen der Voraussetzungen des §65 Abs1, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, die Veröffentlichung werde der Begehung weiterer gefährlicher Angriffe durch den Betroffenen entgegenwirken;
c) wenn gegen den flüchtigen Betroffenen ein Haftbefehl wegen Verbrechens oder wegen eines vorsätzlich begangenen, mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten Vergehens erlassen wurde;
2. an Personen, die als Identitätszeugen in Betracht kommen;
3. bei Vorliegen der Voraussetzungen des §65 Abs1 an Tatzeugen, sofern anzunehmen ist, sie würden anhand der Daten zur Identifikation des Täters beitragen.
"Löschen erkennungsdienstlicher Daten von Amts wegen
§73. (1) Erkennungsdienstliche Daten, die gemäß §65 ermittelt wurden, sind von Amts wegen zu löschen,
1. wenn der Betroffene das 80. Lebensjahr vollendet hat und seit der letzten erkennungsdienstlichen Behandlung fünf Jahre verstrichen sind;
2. wenn die Daten von einer gemäß §65 Abs1 vorgenommenen erkennungsdienstlichen Behandlung eines Strafunmündigen stammen und seither drei Jahre verstrichen sind, ohne daß es neuerlich zu einer erkennungsdienstlichen Behandlung gekommen wäre;
3. wenn seit dem Tod des Betroffenen fünf Jahre verstrichen sind;
4. wenn gegen den Betroffenen kein Verdacht mehr besteht, einen gefährlichen Angriff begangen zu haben, es sei denn, weiteres Verarbeiten wäre deshalb erforderlich, weil auf Grund konkreter Umstände zu befürchten ist, der Betroffene werde gefährliche Angriffe begehen;
5. in den Fällen des §65 Abs2 und 3, sobald sie ihre Funktion für den Anlaßfall erfüllt haben.
Löschen erkennungsdienstlicher Daten
auf Antrag des Betroffenen
§74. (1) Erkennungsdienstliche Daten, die gemäß §65 Abs1 ermittelt wurden, sind, sofern nicht die Voraussetzungen des §73 vorliegen, auf Antrag des Betroffenen zu löschen, wenn der Verdacht, der für ihre Verarbeitung maßgeblich ist, schließlich nicht bestätigt werden konnte oder wenn die Tat nicht rechtswidrig war.
Zentrale erkennungsdienstliche Evidenz
§75. (1) Der Bundesminister für Inneres hat eine Zentrale Erkennungsdienstliche Evidenz zur Auskunftserteilung für Zwecke der Strafrechtspflege zu führen und kann darin alle im Bundesgebiet gemäß §65 Abs1 ermittelten erkennungsdienstlichen Daten verarbeiten. Die Art der Daten, die der Zentralen Erkennungsdienstlichen Evidenz zu übermitteln sind, hat der Bundesminister für Inneres mit Verordnung festzulegen.
"Besondere Verfahrensvorschriften
§79. (1) In Verfahren gemäß §73 Abs4 und gemäß §74 sind die Vorschriften über die Akteneinsicht (§17 AVG) mit der Maßgabe anzuwenden, daß von den verarbeiteten erkennungsdienstlichen Daten weder Abschriften noch Kopien angefertigt werden dürfen.
3.3. Die Erläuternden Bemerkungen zu §80 SPG Regierungsvorlage 148 BlgNR 18. GP, 51 f.) führen in diesem Kontext Folgendes aus:
"Da im Erkennungsdienst davon auszugehen ist, daß der Betroffene von der Ermittlung der Daten in Kenntnis ist, und da in diesem Rahmen ein eigenes Auskunftsverfahren sowie eigene Löschungsbestimmungen vorgesehen sind, wurde diese Bestimmung analog zu §55 Abs2 des Datenschutzgesetzes konzipiert. Selbstverständlich bleiben die Kontrollbefugnisse der Datenschutzkommission, insbesondere die §§14 ff. des Datenschutzgesetzes, unberührt."
3.4. Mit Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 104 aus 2002, (Sicherheitspolizeigesetz-Novelle 2002) wurde §80 SPG zur Gänze neu gefasst. Diese Bestimmung lautet nunmehr:
"Auskunftsrecht
§80. (1) Für das Recht auf Auskunft über erkennungsdienstliche Daten gilt §26 Datenschutzgesetz 2000 mit der Maßgabe, dass die Sicherheitsbehörde für die Auskunft einen pauschalierten Kostenersatz verlangen darf. Der Bundesminister für Inneres hat die Höhe des Kostenersatzes mit Verordnung gemäß dem durchschnittlichen Aufwand der Sicherheitsbehörde für Erteilung der Auskunft festzusetzen. Haben die Sicherheitsbehörden über einen Betroffenen zusammen mit den erkennungsdienstlichen Daten mehrere Personendatensätze verarbeitet, ist jeder Auskunft unabhängig vom Auskunftsbegehren der Hinweis anzufügen, dass die Identität des Betroffenen nicht feststeht.
römisch III. 1. Im Verfahren ist nichts hervorgekommen, was den vorläufigen Annahmen über die Zulässigkeit des Anlassbeschwerdeverfahrens bzw. über die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Wortfolge entgegenstehen könnte. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen gegeben sind, erweist sich das Verfahren als zulässig.
2. Die im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken haben sich als zutreffend erwiesen.
2.1. Die im Verfassungsrang stehende Vorschrift des §1 Abs3 Z1 DSG 2000 gewährleistet jedermann, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, d.h. ohne Automationsunterstützung geführten Daten bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn verarbeitet, woher die Daten stammen und wozu sie verwendet werden, insbesondere auch, an wen sie übermittelt werden.
Beschränkungen dieses Rechts (sowie des Rechts auf Richtigstellung und Löschung gemäß Abs3 Z2) sind gemäß §1 Abs4 DSG 2000 nur unter den im Abs2 genannten Voraussetzungen zulässig: Die Beschränkung muss zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen erfolgen und ist bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur aufgrund von Gesetzen, die aus den in Art8 Abs2 EMRK genannten Gründen notwendig sind, zulässig. Weiters bestimmt §1 Abs2, dass derartige Gesetze die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen dürfen und gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festzulegen haben.
2.2. Das Recht auf Auskunft ist gemäß §1 Abs3 DSG 2000 "nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen" garantiert. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinen Entscheidungen VfSlg. 11.548/1987 und 12.768/1991 zu den insoweit gleich lautenden Regelungen des §1 DSG 1978 festgestellt hat, schafft die Pflicht zur Auskunft einen Anspruch auf Leistung, der seiner Natur nach einer näheren Konkretisierung bedarf. Die Verfassung umschreibt den Inhalt des Auskunftsrechts selbst nicht abschließend, sondern überlässt die nähere Ausformung dem einfachen Gesetzgeber und räumt ihm so einen gewissen Spielraum ein; dieser Spielraum ist aber durch die in §1 Abs2 DSG gezogenen Grenzen beschränkt. Wörtlich wurde dazu in VfSlg. 11.548/1987 betreffend das Recht auf Auskunft gemäß §1 Abs3 DSG 1978 ausgeführt:
"[...] Dieser Spielraum ist allerdings ein eng begrenzter: Er betrifft nur die Art und Weise der Geltendmachung und Durchsetzung des Anspruchs. Inhaltliche Beschränkungen des Auskunftsrechtes sind nicht Gegenstand des in Abs3 enthaltenen Auftrages an den Gesetzgeber. An solche Beschränkungen ist (wie für die Geheimhaltungspflicht des Abs1) erst in Abs5 [diese Bestimmung des DSG 1978 ist nahezu gleich lautend wie §1 Abs4 DSG 2000 und enthält einen Verweis auf §1 Abs2 DSG 1978] gedacht: sie sind an die dort bestimmten Voraussetzungen geknüpft. Aus dem Aufbau des §1 DSG und der unterschiedlichen Zielsetzung seiner einzelnen Teile folgt somit, daß der Inhalt des Gesetzgebungsauftrages sich aus Abs3 ergibt und nur die Grenze für Beschränkungen dieses Anspruchs Abs5 zu entnehmen ist.
Ob eine einfachgesetzliche Regelung der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Auskunftsrechtes entspricht, hängt also davon ab, ob es sich bloß um eine Regelung der Art und Weise handelt, in welcher dieses Recht geltend zu machen ist (§1 Abs3), oder ob damit eine Beschränkung im Sinne des §1 Abs5 verbunden ist. [...]"
In der Entscheidung VfSlg. 12.768/1991 wiederholte der Gerichtshof diese Auffassung und ergänzte im Hinblick auf das Recht auf Richtigstellung und Löschung gemäß §1 Abs4 DSG 1978 (Hervorhebung nicht im Original):
"[...] Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß die verfassungsrechtliche Garantie über diesen Auftrag an den Gesetzgeber hinausgehen sollte. Ist schon das Recht auf Geheimhaltung (§1 Abs1 DSG) nur unter dem Vorbehalt der Möglichkeit gesetzlicher Einschränkungen nach Maßgabe des Art8 Abs2 MRK gewährleistet (und die unrichtige Anwendung dieser Gesetze als solche noch keine Verfassungsverletzung), so wäre es ungereimt, wenn die den gleichen Schranken unterworfenen, in erster Linie der Verwirklichung des Geheimhaltungsrechts dienenden Rechte des Betroffenen auf Richtigstellung und auf Löschung schon durch jeden Fehler bei der Anwendung des einfachen Gesetzes verletzt würden. §1 Abs4 DSG gewährleistet nur gesetzliche Bestimmungen, die ein konkretes Recht auf Richtigstellung und auf Löschung einräumen, und steht jeder Auslegung solcher Bestimmungen entgegen, die §1 Abs4 DSG nicht Rechnung trägt oder das Recht auf Richtigstellung und auf Löschung in einer den Anforderungen des Art8 Abs2 MRK nicht genügenden Weise beschränkt.
[...]"
In diesem Sinne ist daher zusammenfassend festzuhalten, dass das durch §1 Abs3 Z1 DSG 2000 eingeräumte Recht einer näheren Ausformung durch den einfachen Gesetzgeber bedarf, der seinerseits Beschränkungen nur aus den in Art8 Abs2 EMRK genannten Gründen vorsehen darf.
2.3. Das SPG enthielt in der hier maßgeblichen Fassung vor der SPG-Novelle 2002, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 104 aus 2002,, lediglich im Rahmen des Verfahrens zur Löschung erkennungsdienstlicher Daten von Amts wegen (§73) ein Auskunftsrecht: Gemäß §73 Abs4 war dem Betroffenen "über Verlangen Auskunft zu erteilen, ob erkennungsdienstliche Daten [...] von Amts wegen gelöscht wurden". In §79 Abs1 SPG war ausdrücklich festgelegt, dass in diesem Verfahren von den verarbeiteten erkennungsdienstlichen Daten weder Abschriften noch Kopien angefertigt werden dürfen.
Gemäß §65 Abs5 SPG sind die Sicherheitsbehörden verpflichtet, jeden, den sie erkennungsdienstlich behandeln, schriftlich darüber in Kenntnis zu setzen, wie lange erkennungsdienstliche Daten aufbewahrt werden und welche Möglichkeiten vorzeitiger Löschung (§§73 und 74) bestehen. Darin erschöpft sich die Information des Betroffenen. Welche Daten konkret ermittelt wurden, sowie weitere Informationen iSd §1 Abs3 Z1 DSG 2000 sind nicht vorgesehen.
Eine andere Regelung als die des §80 SPG bestand nicht. Der durch diese Bestimmung normierte - generelle - Ausschluss des (selbst einfachgesetzlichen) Auskunftsrechts widerspricht der Verfassungsbestimmung des §1 Abs3 Z1 DSG 2000.
2.4. Für den Verfassungsgerichtshof ist nicht ersichtlich, dass diese Beschränkung des Auskunftsrechts gemäß §1 Abs4 in Verbindung mit Abs2 DSG 2000 aus einem der in Art8 Abs2 EMRK angeführten Gründe notwendig wäre, zumal auch im Verfahren nichts vorgebracht wurde. Es mag zwar sein, dass fallweise die Verweigerung der Auskunft gegenüber dem Betroffenen - nach Abwägung des öffentlichen Interesses an der Verweigerung der Auskunft gegenüber dem Interesse des Betroffenen am Erhalt derselben - aus einem der in Art8 Abs2 EMRK angeführten Gründe notwendig wäre vergleiche auch §11 Abs1 DSG 1978 und §26 Abs2 DSG 2000); eine solche Notwendigkeit würde jedoch nicht einen generellen Ausschluss des Auskunftsrechts, wie er durch die Regelung des §80 SPG vorgesehen ist, rechtfertigen. Der Ausschluss des das Auskunftsrecht betreffenden §11 DSG 1978 in dieser generellen und undifferenzierten Form verletzt daher das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Auskunft gemäß §1 Abs3 Z1 DSG 2000.
römisch IV. Der Verfassungsgerichtshof hat nicht mit Aufhebung der als verfassungswidrig erkannten Wortfolge des SPG vorzugehen, sondern auszusprechen, dass diese Gesetzesstelle verfassungswidrig war. Sie gehört nämlich nicht mehr dem geltenden Rechtsbestand an: Mit Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 104 aus 2002, (Sicherheitspolizeigesetz-Novelle 2002) wurde §80 SPG zur Gänze neu gefasst. Die Novelle trat mit 1. Oktober 2002 in Kraft.
römisch fünf. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung erfließt aus Art140 Abs5 B-VG.
römisch VI. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.