Verfassungsgerichtshof
22.06.2009
U1137/08 ua
18799
Verstoß von Entscheidungen des Asylgerichtshofes gegen das Willkürverbot des Gebots der Gleichbehandlung von Fremden untereinander und das rechtsstaatliche Gebot der Begründung gerichtlicher Entscheidungen unter Hinweis auf die Vorjudikatur
I. Den Anträgen auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang
der Gebührenbefreiung wird stattgegeben.
II. Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen
Entscheidungen im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.
Die Entscheidungen werden aufgehoben.
Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.400,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu erstatten.
Entscheidungsgründe:
römisch eins. 1. Die Beschwerdeführer, Staatsangehörige von Armenien,
stellten am 6. Dezember 2007 Anträge auf internationalen Schutz. Der Erstbeschwerdeführer brachte vor, dass er Armenien habe verlassen müssen, da die Polizei ihn als vermeintlichen Augenzeugen eines (Selbst)Mordes verfolge und bedrohe. Die Zweitbeschwerdeführerin brachte keine eigenen Fluchtgründe vor.
2. Das Bundesasylamt (im Folgenden: BAA) wies die Asylanträge mit Bescheiden vom 25. April 2008 gemäß §3 Asylgesetz 2005 (im Folgenden: AsylG 2005) ab, wies die Anträge auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß §8 Abs1 Z1 leg.cit. ab und wies die nunmehrigen Beschwerdeführer gemäß §10 Abs1 Z2 leg.cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien aus.
3. Die dagegen erhobenen Beschwerden vom 6. Mai 2008 hat der Asylgerichtshof (im Folgenden: AsylGH) mit den angefochtenen Erkenntnissen gemäß §§3, 8 Abs1 Z1 und 10 Abs1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. In den - im vorliegenden Zusammenhang relevanten Teil - gleichlautenden Begründungen der Erkenntnisse wird zunächst in kürzester Form der Verfahrenshergang und das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers geschildert und festgestellt, dass das BAA das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers mit umfangreicher Begründung als unglaubwürdig qualifiziert habe. Diesbezüglich sowie hinsichtlich des weiteren Verfahrensganges bzw. des Vorbringens im Detail verweist der AsylGH auf den Akteninhalt.
Die folgenden rechtlichen Ausführungen lauten wie folgt (Hervorhebungen im Original):
"II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Der AsylGH hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage (VwGH 16.12.1999, 99/20/0524) fest.
Gem. §23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, Bundesgesetzblatt römisch eins, Nr. 4 aus 2008, (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG Bundesgesetzblatt Nr. 1 aus 1930,, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, Bundesgesetzblatt römisch eins Nr. 100 und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, Bundesgesetzblatt Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, Bundesgesetzblatt Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes 'Berufung' der Begriff 'Beschwerde' tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, Bundesgesetzblatt Nr. 51 zur Anwendung gelangt.
Gemäß §66 Abs4 AVG idgF hat der Asylgerichtshof [Berufungsbehörde], sofern die Beschwerde [Berufung] nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Er [sie] ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§60) seine [ihre] Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder. Richtung abzuändern.
Gem. §73 (1) Asylgesetz 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, (Asy1G 2005) tritt dieses Gesetz mit der.Maßgabe des §75 (1) leg. cit in Kraft, wonach alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen sind.
Gegenständliches Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig, weshalb es nach den Bestimmungen des Asy1G 2005 idgF zu Ende zu führen war.
Im gegenständlichen Fall liegt ein Familienverfahren
gemeinsam mit dem Verfahren seiner Gattin ... gemäß §34 Asy1G vor.
...
Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen vergleiche z.B. das Erk. d. VwGH vom 4.10.1995, 95/01/0045; VwGH 24.11.1999, 99/01/0280; auch VwGH 8.3.1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.
Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16.12.1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.
Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesasylamt hat in sehr anschaulicher Weise die zahlreichen Widersprüche in den Aussagen des BF zu den fluchtkausalen Ereignissen aufgezeigt, um die mangelnde Glaubwürdigkeit des BF darzulegen. Die Erstbehörde hat sich sowohl mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt, als auch ausführliche Sachverhaltsfeststellungen zur allgemeinen Situation in Armenien auf Grundlage ausreichend aktuellen und unbedenklichen Berichtsmaterials getroffen und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des BF gebracht. Auch die rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken.
Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
5. Auflage, §45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: 'Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen,
(...)'.
Der AsylGH schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenem Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses vergleiche für viele exemplarisch VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/046; 01.3.2007, 2006/20/0005; 21.3.2007, 2007/19/0085-3
[Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]; 31.5.2007 2007/20/0488-6
[Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]).
Sofern in der Beschwerde seitens des Beschwerdeführers das erstinstanzliche Verfahren moniert wird, wird festgestellt, dass nach Ansicht des AsylGH, wie bereits oben ausgeführt, das BAA ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. demzufolge außer Acht gelassen werden, da die Erstbehörde dies ausreichend dargelegt hat. Dem BF ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des BAA dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des BAA aufgekommen wären. Vom BF konnten keine nachvollziehbaren Ausführungen dargelegt werden, welche geeignet waren, vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch das BAA auszugehen. Da somit weder aus dem amtswegigen Ermittlungsergebnis im Beschwerdeverfahren noch aus dem Ausführungen des BF ein substantiierter Hinweis auf einen derartigen Mangel vorliegt, kann ein solcher nicht festgestellt werden.
Zum Vorwurf der amtswegigen Ermittlungspflicht ist festzustellen, wenn die Partei der Meinung sei, dass die Ermittlungen unvollständig oder nicht richtig sind, muss sie - im Rahmen des ihr zu gewährenden Parteiengehörs - konkrete Vorbringen erstatten, was gegen die Ermittlungsergebnisse der Behörde spricht und allenfalls Gegenbeweise vorlegen (VwGH 14.12.1995, 95/19/1046). Unterlässt sie die erforderliche Mitwirkung, kann der Behörde aus der Unterlassung weiterer Ermittlungen kein Vorwurf gemacht werden (VwGH 20.9.1999, 98/21/0138).
Wenn nunmehr moniert wird, dass durch den Dolmetsch elementare Textpassagen bei den Einvernahmen nicht übersetzt wurden bzw. durch diesen von Vornherein als unwichtig abgetan wurden, wird festgestellt, dass der BF bei jeder der Einvernahmen am 6.12.2007, 12.12.2007 und 23.4.2008 gefragt wurde, ob er den Ausführungen des Dolmetsch einwandfrei folgen kann bzw. wurden ihm seine Aussagen auch jedes Mal wortwörtlich rückübersetzt. Vom BF wurde immer ausdrücklich erklärt, dass die einwandfreie Verständigung gegeben war ('Haben Sie außer den geschilderten Problemen noch andere in der Heimat?', 'Wollen Sie noch etwas vorbringen, was nicht zur Sprache gekommen ist und Ihnen wichtig erscheint?', 'Hat es während der Einvernahme Verständigungsprobleme mit dem Dolmetsch gegeben?'). Es wurde immer ausdrücklich erklärt, dass die einwandfreie Verständigung gegeben war. Die Angaben (Übersetzungen) der Dolmetscherin waren daher nicht anzuzweifeln. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Behörde die Übersetzungen der Dolmetscherin in Form eines SV-Gutachten gewürdigt hätte. Weiters erscheint es nicht plausibel, wie in der Berufungsschrift angemerkt, dass es bloß zu einer 'mündlichen Übersetzung des erstinstanzlichen Bescheides im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme, die dem AW lediglich einen Überblick über den Inhalt der Entscheidung samt Begründung verschafft habe', gekommen sei. Dieser angeblichen Vorgangsweise der Behörde wird dadurch entgegengetreten, dass der Bescheid erst nach der Einvernahme verfasst und erlassen wurde. Auch wäre dem Verhandlungsleiter der Erstbehörde aufgefallen, hätte die Dolmetscherin, wie in der Beschwerdeschrift angeführt, ganze Textpassagen nicht übersetzt. Wenn noch angeführt wird, dass die Dolmetscherin über die Sicherheitsbehörden in Armenien berichtete, so ist festzustellen, dass es sich dabei um Länderfeststellungen zu Armenien handelte, die den AW zur Kenntnis gebracht wurden.
Zum weiteren Vorbringen, dass die Aussagen des BF anlässlich seiner Einvernahmen zu den Vorfällen am 9.5.2007 mangelhaft protokolliert wurden, ist auf oa. Ausführungen zu verweisen.
Hinsichtlich der vom BF angeführten Beurteilung, dass er im Falle der Abschiebung nach Armenien bei der Rückkehr mit Misshandlungen zu rechnen hätte, da er von der Polizei gesucht werde, ist entgegen zu halten, dass er am 14.11.2007 mit seiner Frau legal aus Armenien nach der Ukraine ausgereist ist. Bei einer Ausreise aus Armenien wird jede Person mit der aufliegenden Fahndungsliste der Polizei verglichen. Da der BF (und Gattin) ungehindert legal ausreisen konnte, besteht offensichtlich keine Ausschreibung. Auch konnte vom BF keinerlei Beweismittel vorgelegt werden, aus denen hervorgeht, dass er in Armenien von der Polizei oder einer anderen Behörde ausgeschrieben wäre.
Der BF bringt in der Beschwerde nicht näher konkretisiert weiters vor, dass ihm bei der Abschiebung in seine Heimat asylrelevante Verfolgung drohe und er sofort Gefahr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre. Der Asylgerichtshof geht im Ergebnis davon aus, dass der diesbezügliche Sachverhalt ausreichend geklärt war und auch die Beschwerde nicht ausreichend konkretisiert und substantiiert war um die erstinstanzliche Beweiswürdigung bzw. den beweiswürdigend festgestellten Sachverhalt erfolgreich zu bekämpfen. Der Asylgerichtshof hat durch die im Bescheid zitierten Quellen Beweis erhoben und daraus Feststellungen getroffen. Soweit aus Quellen älteren Datums zitiert wurde, geben jüngere, ebenfalls genannte Quellen im Wesentlichen das gleiche Bild bzw. dienen diese dazu einen chronologischen Ablauf von relevanten Situationen darzustellen. Die Quellen wurden in der Einvernahme am 23.4.2008 genannt und deren Inhalt erörtert sowie dem BF die Möglichkeit eingeräumt dazu Stellung zu beziehen.
Zum Vorbringen des BF, dass auf Grund der Schwangerschaft seiner Gattin die medizinische Versorgung in Armenien nicht gewährleistet ist, wird auf die Ausführungen im angeführten Bescheid des BAA (16f) verwiesen. Weiters ist festzuhalten, dass es in Armenien zahlreiche internationale Hilfsorganisationen bzw. lokale Nicht-Regierungsorganisationen mit internationaler Unterstützung gibt, die sich um sozial Bedürftige kümmern, z.B. Mental Health Foundation Armenia (Deutsche Vertretung in Armenien, 25.7.2005). Weiters ist auf Grund der Erkenntnisse der Botschaft festzustellen, dass die Behandlung bei notwendiger Klinikeinweisung (medizinischer Behandlung) gemäß dem Gesetz kostenlos zu erfolgen hat.
Nach Ansicht des AsylGH hat das Bundesasylamt wie bereits oben ausgeführt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Dem BF ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes aufgekommen wären, weshalb sich der Asylgerichtshof dadurch nicht zu weiteren Erhebungsschritten und insbesondere auch nicht zur Abhaltung einer mündlichen Verhandlung veranlasst sieht; dies insbesondere auch unter dem Aspekt des insgesamt mängelfreien und umfassenden Verfahrens des BAA.
Im gegenständlichen Fall ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen seine vorgebrachte Bedrohung bzw. Verfolgungsgefahr im Sinne des §50 Abs2 FPG in Verbindung mit §8 Abs1 AsylG 2005 im dargestellten Ausmaß glaubhaft zu machen, weshalb sich daraus auch kein zu berücksichtigender Sachverhalt ergibt, der gemäß §50 Abs1 in Verbindung mit §8 Abs1 AsylG 2005 zur Unzulässigkeit der Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung in den Herkunftsstaat führen könnte.
Wenn auch in Armenien eine wirtschaftlich schwierigere Situation als in Österreich besteht, so ist in einer Gesamtbetrachtung, unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Beschwerdeführers, festzuhalten, dass von einer lebensbedrohenden Notlage in seinem Herkunftsstaat, welche bei einer Rückkehr die reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung iSd Art3 EMRK indizieren würde, aus Sicht des Asylgerichtshofes nicht gesprochen werden kann.
Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen gesunden, erwachsenen, arbeitsfähigen Mann, der sich seinen Lebensunterhalt auch bisher als Bauarbeiter und Taxifahrer verdient hat und es ist dem BF auch zumutbar, wieder in einem dieser Berufe tätig zu werden. Es wäre dem Beschwerdeführer auch zumutbar, durch eigene und notfalls auch wenig attraktive und seiner bisherigen Tätigkeit nicht entsprechende Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite, zB. Verwandtschaft, Hilfsorganisationen, religiös-karitativ tätige Organisationen - erforderlichenfalls unter Anbietung seiner gegebenen Arbeitskraft als Gegenleistung - jedenfalls auch nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten, beizutragen, um das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen zu können. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, auch soweit diese Arbeiten im Bereich einer 'Schatten- oder Nischenwirtschaft' stattfinden. Auf kriminelle Aktivitäten wird hiermit nicht verwiesen.
Ergänzend ist anzuführen, dass gemäß §67 Asy1G 2005 zB. auch eine finanzielle Rückkehrhilfe (über diese wird im erstinstanzlichen Verfahren schon informiert) als Startkapital für die Fortsetzung des bisherigen Lebens in Armenien gewährt werden kann. Im Rahmen der Rückkehrhilfe wird dabei der Neubeginn zu Hause unterstützt, Kontakt zu Hilfsorganisationen im Heimatland vermittelt, finanzielle Unterstützung geleistet und beim Zugang zu Wohn-, Ausbildungs- und
Arbeitsmöglichkeiten geholfen ... Im Rahmen des Projekts ERSO
(European Reintegration Support Organisations), einer Kooperation von zwölf europäischen NGOs, findet auch nach der Rückkehr ein entsprechendes Monitoring statt (www.project-erso.eu).
Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ergibt sich somit kein 'reales Risiko', dass es derzeit durch die Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art2 EMRK, Art3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.
Es kam im Verfahren nicht hervor, dass konkret für den Beschwerdeführer im Falle einer Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat die reale Gefahr bestünde, als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt zu sein.
Aus dem Vorbringen des BF kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatschen kein Hinweis abgeleitet werden, dass dieser vernünftigerweise (VwGH 9.5.1996, Z1.95/20/0380) in dessen Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr ausgesetzt wäre.
Auch hinsichtlich der Ausweisung nach Armenien ist festzuhalten, dass das BAA eine korrekte Überprüfung im Sinne der Rechtsprechung vorgenommen hat, familiäre Bezüge zu dauernd aufenthaltsberechtigten Angehörigen der Kernfamilie in Österreich oder zu sonstigen Angehörigen in Österreich, zu denen ein außergewöhnlich enger Bezug oder ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestünde, sind vor der Erstbehörde bis zur Ausfertigung gegenständlichen Erkenntnisses nicht behauptet worden, bzw. hervorgekommen. Ebenso wenig ein zu schützendes Privatleben in Form einer besonderen Integration zum Entscheidungszeitpunkt. Der BF befindet sich mit seiner Gattin in einem Familienverfahren nach dem AsylG 2005. Die gesamte Familie ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bedroht, weshalb durch die Ausweisung auf Grund dieses Umstandes keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben darstellt.
Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt (entspricht der bisherigen Judikatur zu §67d AVG) und sind somit schon aus diesem Grund die Voraussetzungen des §41 Abs7 AsylG verwirklicht, und somit von einer mündlichen Verhandlung abzusehen. Weder war der Sachverhalt ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden nicht vorgetragen."
3. In den gegen diese Entscheidungen gem. Art144a B-VG erhobenen Beschwerden wird die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte (nämlich auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander sowie des Art8 EMRK) geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen beantragt.
4. Der Asylgerichtshof hat von der Erstattung von Gegenschriften abgesehen und die Verwaltungsakten des Bundesasylamtes sowie die Gerichtsakten vorgelegt.
römisch II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässigen - Beschwerden erwogen:
1. Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, Bundesgesetzblatt 390 aus 1973,, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.
Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht vergleiche zB VfSlg. 16.214/2001), wenn der Asylgerichtshof dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der - hätte ihn das Gesetz - dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, Bundesgesetzblatt 390 aus 1973,, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg. 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn er bei Fällung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg. 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie VfGH 7.11.2008, U67/08).
2. Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).
Ein willkürliches Verhalten liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (s. etwa VfSlg. 13.302/1992 mwN, 14.421/1996, 15.743/2000). Für Entscheidungen des Asylgerichtshofes gelten sinngemäß dieselben verfassungsrechtlichen Schranken.
3. Ein derartiger, in die Verfassungssphäre reichender Fehler ist dem AsylGH in der Tat unterlaufen vergleiche VfGH 7.11.2008, U67/08; 3.12.2008, U131/08; 11.3.2009, U132/08):
In den angefochtenen Erkenntnissen hat der belangte Gerichtshof nicht selbst den Anforderungen des §60 AVG entsprochen, sondern der Sache nach lediglich die Begründung des BAA mit den Worten des §60 AVG qualifiziert und erklärt, dass er sich den "Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Erkenntnis
an[schließt] und ... sie zum Inhalt des gegenständlichen
Erkenntnisses [erhebt]". Im Übrigen wird unter Bezugnahme auf die - wie dargelegt, auf Entscheidungen des AsylGH nicht übertragbare - Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit von Verweisungen auf die "außer Zweifel stehende Aktenlage" sowie auf den Inhalt des - bloß rudimentär wiedergegebenen - bekämpften Bescheides hingewiesen, wonach "das Vorbringen des BF mit umfangreicher Begründung als unglaubwürdig" erachtet wird. Zu den Beschwerden an den AsylGH wird lediglich festgehalten, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, der "Beweiswürdigung des Bundesasylamtes [...] konkret und substantiiert entgegenzutreten".
Die Erkenntnisse des AsylGH sind insgesamt mangels einer ausreichenden Schilderung des zugrunde liegenden Sachverhaltes, des Fehlens von Länderfeststellungen, insbesondere aber wegen des Fehlens einer hinlänglichen Auseinandersetzung mit den für die Beweiswürdigung maßgeblichen Argumenten, nicht in einer Weise nachvollziehbar, dass sie den dargestellten verfassungsrechtlichen Erfordernissen genügen.
Die bekämpften Entscheidungen verstoßen deshalb gegen das Willkürverbot des Gebotes der Gleichbehandlung von Fremden untereinander und gegen das rechtsstaatliche Gebot der Begründung gerichtlicher Entscheidungen.
4. Die angefochtenen Entscheidungen sind daher aufzuheben.
römisch III. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§88a in Verbindung mit 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,-- enthalten.