Gericht

Verfassungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

24.06.2010

Geschäftszahl

B579/08

Sammlungsnummer

19116

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird im angefochtenen Umfang aufgehoben.

Das Land Kärnten ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.340,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

römisch eins. 1. Über den Beschwerdeführer wurde mit Strafverfügung der

Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 14. Mai 2007 wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet von Bleiburg (am 1. April 2007) eine Geldstrafe von EUR 65,-- verhängt.

2. Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 23. Mai 2007 die Durchführung des Verfahrens in slowenischer Sprache und erhob gleichzeitig Einspruch gegen diese Strafverfügung, wobei er die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung nicht bestritt, deren Strafbarkeit jedoch unter Hinweis darauf verneinte, dass die zu Grunde liegende Verordnung, mit der das Ortsgebiet von Bleiburg bestimmt sei, zwar hinsichtlich des Verordnungstextes nach dreimaliger Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof vergleiche VfSlg. 17.733/2005, 17.895/2006, 18.044/2006) verfassungskonform sei, nicht jedoch deren Kundmachung; die zuständigen Behörden hätten die mit Erkenntnis VfSlg. 18.044/2006 aufgehobenen Zusatztafeln mit der slowenischen Aufschrift "Pliberk" in den blau umrandeten Bereich der Ortstafel von Bleiburg hineinmontiert, sodass die Verordnung nicht ordnungsgemäß kundgemacht worden sei.

3. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 23. August 2007 wurde dem Einspruch des Beschwerdeführers lediglich insoweit Folge gegeben, als die in der Strafverfügung festgesetzte Geldstrafe auf EUR 45,-- herabgesetzt wurde; ergänzend dazu verhängte die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von EUR 30,-- wegen verspäteter Beantwortung der Lenkeranfrage.

4. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 28. August 2007 Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat für Kärnten (im Folgenden: UVS), in der er im Wesentlichen seine Ausführungen aus dem Einspruch wiederholte; zur Bestrafung wegen der verspäteten Beantwortung der Lenkeranfrage führte der Beschwerdeführer aus, dass er die Lenkerauskunft rechtzeitig erteilt habe. Mit Bescheid des UVS vom 7. Februar 2008 wurde die Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 23. August 2007 wegen Verwaltungsübertretungen nach der Straßenverkehrsordnung und dem Kraftfahrgesetz als unbegründet abgewiesen.

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides insoweit begehrt wird, "als die Berufung hinsichtlich des Spruchpunktes 1.) [Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit - Straßenverkehrsordnung] des angefochtenen Straferkenntnisses als unbegründet abgewiesen wurde".

römisch II. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der

Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der litc und litd der Rubrik "In Fahrtrichtung Lavamünd" sowie lita und litb der Rubrik "In Fahrtrichtung Sittersdorf" in §1 Abschnitt B) Punkt . der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 15. Juli 1982, Z4600/1/81, in der Fassung der Verordnung vom 18. August 2006, ZVK6-STV-1091/2005 (040/2006), und der Kundmachung der Landesregierung im Landesgesetzblatt für Kärnten vom 21. Februar 2007, LGBl. 14, ein. Mit Erkenntnis vom 24. Juni 2010, V9/10, hob er in §1 Abschnitt B) Punkt 3. der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 15. Juli 1982, Z4600/1/81, in der Fassung der Verordnung vom 18. August 2006, ZVK6-STV-1091/2005 (040/2006), und der Kundmachung der Landesregierung im Landesgesetzblatt für Kärnten vom 21. Februar 2007, Landesgesetzblatt 14, die litc und litd der Rubrik "In Fahrtrichtung Lavamünd" sowie lita und litb der Rubrik "In Fahrtrichtung Sittersdorf" als gesetzwidrig auf.

römisch III. Die Beschwerde ist begründet.

         Die belangte Behörde hat eine gesetzwidrige Verordnung

angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre

Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig

war. Anders als im Erkenntnis VfSlg. 16.403/2001, mit dem der

Verfassungsgerichtshof die Beschwerde mit der Begründung abgewiesen

hat, dass "der Verfassungsgerichtshof mit dem mehrfach erwähnten

Erkenntnis vom 13. Dezember 2001, G213/01, V62, 63/01, bloß die in

dieser Bestimmung angeordneten (allein deutschsprachigen)

Ortsbezeichnungen ... als gesetzwidrig aufgehoben [hat], nicht aber

auch den sonstigen Regelungsgehalt der in Prüfung gezogenen

Verordnungsbestimmung, der zu Folge ... das Ortsgebiet iSd. §2 Abs1

Z15 in Verbindung mit §20 StVO als solches festgelegt ist", hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24. Juni 2010, V9/10, die im Anlassfall präjudiziellen Vorschriften, mit denen das Ortsgebiet Bleiburg/Pliberk festgelegt wird, - wegen mangelhafter Kundmachung - als gesetzwidrig auf.

Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.303/1984, 10.515/1985).

Der Bescheid war daher im angefochtenen Umfang aufzuheben.

römisch IV. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne

mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,--sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 180,-- enthalten.