Gericht

Verfassungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

12.03.2019

Geschäftszahl

G124/2018 ua

Sammlungsnummer

20313

Leitsatz

Keine Gleichheitswidrigkeit von Bestimmungen des FremdenpolizeiG 2005 und der FremdenpolizeiG-DurchführungsV betreffend die Pflicht von Fremden zum Ersatz der Kosten der Schubhaft auf Grund der unterschiedlichen Regelungssysteme und Zielsetzungen der Schub- und Verwaltungshaft bzw der Anhaltung zu anderen Sicherungszwecken; Möglichkeit der Beendigung der Schubhaft durch freiwillige Ausreise des Schubhäftlings

Rechtssatz

Abweisung von Gerichtsanträgen auf Aufhebung des §113 Abs1 Z2 FPG in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 38 aus 2011, sowie des Pauschalbetrags zum Kostenersatz nach §19 FremdenpolizeiG-DurchführungsV in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil 2, 201 aus 2015, (FPG-DV).

Das antragstellende Verwaltungsgericht hat sich lediglich bei der Bezeichnung der Fassung der angefochtenen Gesetzesbestimmung geirrt, wobei offenkundig ist, dass sich der Antrag auf §113 Abs1 Z2 FPG in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 38 aus 2011, bezieht. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der wörtlichen Wiedergabe der angefochtenen Bestimmung im Antrag und aus der Antragsbegründung, sowie daraus, dass nach dem Wortlaut des Antrages ausdrücklich die Aufhebung einer Wortfolge der Ziffer 2 des §113 Abs1 FPG beantragt wurde, in §113 Abs1 FPG jedoch erst durch die Novelle Bundesgesetzblatt Teil eins, 38 aus 2011, eine Ziffer 2 aufgenommen wurde. Die Fehlbezeichnung im Antrag führt auch sonst weder zu Zweifeln am Inhalt des Antrages noch zu einer Mehrdeutigkeit.

Keine Verletzung des Gleichheitssatzes:

Die Bestimmungen betreffend die Schubhaft sind nicht mit anderen Bestimmungen betreffend die Anhaltung zu anderen Sicherungszwecken (zB Unterbringungsgesetz, Epidemiegesetz etc) vergleichbar, denn der Schubhäftling kann auf die Höhe des Kostenersatzes insofern Einfluss nehmen, als er freiwillig ausreisen und damit die Haft beenden kann. Schon dies unterscheidet die Schubhaft von den anderen im Antrag vorgebrachten Fällen der Anhaltung.

§54d Abs2 VStG sieht vor, dass außer dem Fall des §53d Abs2 VStG Häftlinge für jeden Hafttag einen Beitrag zu den Kosten des Vollzuges in der im §32 Abs2 zweiter Fall StVG vorgesehenen Höhe zu leisten haben; eine solche Verpflichtung entfällt für jeden Tag, an dem der Häftling im Interesse einer Gebietskörperschaft nützliche Arbeit leistet, oder soweit ihn daran, dass er keine solche Arbeit leistet, weder ein vorsätzliches noch ein grob fahrlässiges Verschulden trifft.

Während Ziel der Verwaltungsstrafhaft die General- und Spezialprävention ist, liegt der Zweck der Schubhaft nicht in der Bestrafung des Häftlings, sondern in der Herbeiführung einer dem Gesetz entsprechenden aufenthaltsbeendenden Maßnahme. Im Unterschied zum Verwaltungsstrafhäftling kann der Schubhäftling grundsätzlich auf die Dauer der Haft - und damit auf die Höhe der von ihm zu tragenden Kosten - insofern Einfluss nehmen, als er freiwillig ausreisen und damit die Haft beenden kann. Dabei bedarf es keiner weitergehenden Begründung, dass eine Kostentragung dann den Zweck der Regelung unterstützt, wenn sie ausgerichtet an den effektiven Kosten erfolgt. Dass der in §19 FPG-DV festgelegte Pauschalbetrag höher ist, als zur Deckung der tatsächlichen Kosten erforderlich wäre, macht das Verwaltungsgericht nicht geltend.

§19 Abs2 FPG-DV verstößt auch nicht dadurch gegen den Gleichheitssatz, dass die Geltung des §54d Abs2 zweiter Satz VStG ausgeschlossen wird, zielt die Schubhaft doch wie vorstehend bereits ausgeführt - anders als die Verwaltungsstrafhaft - auf die Herbeiführung eines rechtskonformen Zustandes, der in der möglichst raschen Beendigung eines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Inland besteht, und damit auch auf eine möglichst rasche Beendigung der Schubhaft selbst.

Weder dem Gesetz- noch dem Verordnungsgeber ist daher entgegen zu treten, wenn der Umfang und damit auch die Höhe der von Schubhäftlingen zu ersetzenden Vollzugskosten nach anderen Kriterien festgelegt werden, als für andere Formen der Anhaltung zu Sicherungszwecken oder für Verwaltungsstrafhäftlinge normiert ist. Es besteht daher für den Gesetz- bzw Verordnungsgeber auch kein verfassungsrechtliches Gebot, in Fällen der Schubhaft jene Vollzugskostenregelungen vorzusehen, die für Verwaltungsstrafhäftlinge zum Tragen kommen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2019:G124.2018