Gericht

Verfassungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

03.10.2018

Geschäftszahl

G189/2018

Sammlungsnummer

20278

Leitsatz

Keine Verletzung im Gleichheits- und Eigentumsrecht durch eine Bestimmung des HeimopferrentenG betreffend das Ruhen der Rentenleistung für die Dauer der Verbüßung einer Freiheitsstrafe in einer Haftanstalt; keine Unsachlichkeit der Sistierung der Rentenleistung auf Grund der Versorgung des Anspruchsberechtigten aus öffentlichen Mitteln; keine Gewährung von Verfahrenshilfe nach bereits erfolgter Vornahme sämtlicher notwendiger Verfahrensschritte sowie Entrichtung der Eingabengebühr

Rechtssatz

Abweisung eines - zulässigen - Parteiantrags auf Aufhebung des Paragraph 5, Absatz 6, HeimopferrentenG (HOG). Im Übrigen: Abweisung des Antrags auf Verfahrenshilfe.

Keine Verletzung im Gleichheitsrecht durch §5 Abs6 HeimopferrentenG:

Bei der Heimopferrente handelt es sich um eine dem Lebensunterhalt dienende Transferleistung ab Ende der Erwerbstätigkeit bzw für die Dauer eingeschränkter Erwerbsfähigkeit von Gewaltopfern in Heimen, Pflegefamilien oder Krankenanstalten. Die Heimopferrente zielt nicht auf den Ersatz von erlittenen (im-)materiellen Schäden ab, sondern ist eine pauschale, zusätzliche Rente für eine vom Gesetzgeber als besonders schutzwürdig erachtete Personengruppe im Regelpensionsalter oder in der Eigenpension.

Gemäß §5 Abs6 HOG ruht die Rentenleistung für die Dauer der Verbüßung einer Freiheitstrafe. Dies gilt allerdings nur, wenn die Freiheitsstrafe in einer Justizanstalt oder in einer Anstalt gemäß §21, §22 oder §23 StGB - sohin auf Kosten der öffentlichen Hand - verbüßt wird. Sofern die Haftstrafe im Wege des überwachten Hausarrests vollzogen wird, erfolgt die Auszahlung der Heimopferrente ungeachtet der strafrechtlichen Verurteilung auch während der Verbüßung der Freiheitsstrafe.

Das Ziel der angefochtenen Bestimmung ist - wie auch bei ähnlichen Regelungen im Sozialversicherungsrecht - die Heimopferrente dann nicht zu gewähren, wenn das ihr zugrunde liegende Sicherungsbedürfnis (vorübergehend) wegfällt. Der Anspruch auf die ruhende Leistung selbst bleibt gewahrt, lediglich die Leistungspflicht wird sistiert, solange die Unterbringung in einer Haftanstalt andauert. Diese Rechtsfolge ist damit begründet, dass für die Dauer der Strafhaft in einer Justizanstalt oder in einer Anstalt iSd §21, §22 oder §23 StGB die Versorgung des Anspruchsberechtigten aus öffentlichen Mitteln in anderer Weise sichergestellt ist.

Die - vom Antragsteller - vorgebrachte Gegenüberstellung des Verbrechensopfergesetzes einerseits und des Heimopferrentengesetzes andererseits lässt außer Acht, dass diese jeweils Ansprüche regeln, für die unterschiedliche Voraussetzungen bestehen und die Unterschiedliches bezwecken. Während die Zuerkennung der in §2 VerbrechensopferG genannten Leistungen nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen erfolgt und die Wiedergutmachung tatsächlich entstandener Schäden von Verbrechensopfern bezweckt, ist die Heimopferrente auf die Sicherung des Lebensunterhalts ab Erreichen des Regelpensionsalters gerichtet. Anders als Leistungen nach dem Verbrechensopfergesetz wird die Heimopferrente den gemäß §1 Abs1 HOG anspruchsberechtigten Personen unabhängig von der Beurteilung der tatsächlichen Höhe des entstandenen Schadens ab Pensionsalter bzw -bezug gewährt. In der Systematik des Heimopferrentengesetzes ist das Ruhen der Heimopferrente in Anbetracht des Vorliegens einer Fürsorgeleistung ohne Entschädigungscharakter während der Dauer der Verbüßung einer Freiheitsstrafe sachlich begründet.

Aus diesen Gründen liegt auch keine Verletzung des Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums vor. Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob der in Rede stehende Anspruch auf Heimopferrente ein vermögenswertes Recht im Schutzbereich des Art5 StGG sowie Art1 1. ZPEMRK darstellt.

Abweisung des Antrags auf Bewilligung der Verfahrenshilfe:

Die Befreiungen nach Bewilligung der Verfahrenshilfe treten mit jenem Tag ein, an dem sie beantragt worden sind. Ein weiteres Zurückwirken der Befreiungswirkung ist nicht vorgesehen. Eine Befreiung von der Entrichtung der Eingabengebühr (respektive eine Erstattung derselben) kann nach Rsp des VfGH nicht mehr nachträglich, also nach Entstehen der Gebührenschuld, beantragt werden.

Der vorliegende Antrag wurde am 20.08.2018 und sohin zu einem Zeitpunkt eingebracht, in dem sämtliche für die Einleitung des vorliegenden Verfahrens notwendigen Verfahrensschritte, die von einem Rechtsanwalt vorgenommen werden müssen, bereits gesetzt waren und auch die Eingabengebühr entrichtet war. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Gewährung von Verfahrenshilfe als weder erforderlich noch zweckmäßig.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2018:G189.2018