Gericht

Verfassungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

14.03.2017

Geschäftszahl

G405/2015

Sammlungsnummer

20150

Leitsatz

Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den gesetzlichen Eingriff in betriebliche Pensionszusagen von Dienstnehmern der Oesterreichischen Nationalbank durch Einführung eines Pensions- bzw Pensionssicherungsbeitrags; geringfügiger Eingriff im Hinblick auf mehrfach durchgeführte und zum Teil einschneidende Pensionsreformen bei der Masse der Ruhegenussbezieher nicht gleichheitswidrig

Rechtssatz

Abweisung des Antrags des OGH auszusprechen, dass Art81 des 2. StabilitätsG 2012 in der bis 31.12.2014 geltenden Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 35 aus 2012, verfassungswidrig war.

Es ist für eine bundesgesetzlich geregelte Abgabe nicht untypisch, dass der Abgabengegenstand, an den die Abgabenpflicht geknüpft wird, auf privatautonomer Rechtsgestaltung beruht.

Auch wenn sich - wie der OGH ausführt - der "gesetzliche Eingriff [...] im Ergebnis so dar[stellt], dass [der Bund] den Klägern von der Erstbeklagten vertraglich zugesicherte Pensionsleistungen deshalb entzieht, um sie den Pensionsansprüchen der Bundesbeamtinnen und -beamten und Beschäftigten im staatsnahen Bereich sowie den Pensionsansprüchen der ASVG-Versicherten anzunähern ('Harmonisierung der Pensionssysteme')", widerspricht die Regelung allein deshalb nicht dem Gleichheitssatz: Es wurden mehrfache und zum Teil einschneidende Pensionsreformen, sowohl auf dem Gebiet der Beamtenpensionen als auch auf dem Gebiet der Sozialversicherungspensionen - also bei der Masse der Ruhegenussbezieher - durchgeführt, die für jüngere Beschäftigte sogar zu einer weitgehenden Harmonisierung der Pensionssysteme geführt haben. Angesichts dessen hält es der VfGH für ein zulässiges politisches Ziel, in diese Reformen bis zu einem gewissen Grad auch betriebliche Pensionszusagen, etwa im Zusammenhang mit den Pensions- und Pensionssicherungsbeiträgen, der Bildung der Bemessungsgrundlagen oder beim Regelpensionsalter einzubeziehen, die von den Reformen der gesetzlichen Pensionsvorschriften nicht unmittelbar betroffen gewesen sind, aber von Unternehmen zugesichert wurden, die auf Grund von Beteiligungen gleichwohl im Einflussbereich von Gebietskörperschaften stehen und daher bei diesen auch budgetwirksam sind vergleiche VfGH 12.10.2016, G478/2015 ua).

Der Umstand, dass es sich bei der Einhebung der strittigen Abgabe um eine (erste) gesetzliche Maßnahme gehandelt hat, die nur bestimmte Gruppen von Bediensteten und Pensionisten der Oesterreichischen Nationalbank, nicht aber auch anderer Unternehmen betroffen hat, deren vertragliche Pensionszusagen über eine Beteiligung des Bundes in ähnlicher Weise budgetwirksam sein können, begegnet im Hinblick auf die gesetzliche Sonderstellung der OeNB keinen Bedenken: Schon seit dem NationalbankG 1955 sind deren Dienstnehmer vom Geltungsbereich des ASVG zugunsten der vom Generalrat festzulegenden Ansprüche auf Besoldung und auf Pensionsbezüge ausgenommen. Die Beschlussfassung des Generalrates über die für die Bediensteten der Bank maßgebende Besoldung sowie über die Pensionsbezüge unterlag keiner gesetzlichen Begrenzung. Dieser Umstand hat im Falle der von der DB römisch eins oder der DB römisch II (Dienstbestimmungen römisch eins oder römisch II) erfassten Bediensteten und Ruhegenussempfänger selbst im Verhältnis zu (Zusatz-)Pensionszusagen anderer staatsnaher Unternehmungen zu einem außergewöhnlich hohen Niveau der Bezüge- und der (ursprünglich ohne vorangegangene Beitragsleistungen der Bediensteten gebührenden) Ruhegenüsse geführt. Dieser Umstand rechtfertigt es, unter Wahrung der Grundsätze des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes (die nicht verletzt wurden) die Bezüge und Ruhegenüsse allein dieser Bediensteten der OeNB mit einer Abgabe zu belegen. Der geringfügige Eingriff in die Bezüge und Ruhegenüsse der Bediensteten der OeNB durch eine Abgabe in der Höhe von 3% bzw 3,3% begegnet daher keinem der im Antrag geltend gemachten Bedenken.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2017:G405.2015