Gericht

Verfassungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

21.09.2015

Geschäftszahl

E332/2015

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Erlassung einer Rückkehrentscheidung, Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung nach Armenien und Festsetzung einer Frist für die freiwillige Ausreise mangels Auseinandersetzung mit der Schwangerschaft der Beschwerdeführerin

Rechtssatz

Art8 Abs1 EMRK gewährleistet die Achtung des Privatlebens, wobei Schutzgut ua die psychische und physische Integrität des Einzelnen und damit auch die körperliche Unversehrtheit ist. Beeinträchtigungen der körperlichen Integrität, welche nicht die von Art3 EMRK geforderte Schwere und Intensität erreichen, sind folglich an Art8 EMRK zu messen.

Bei der nach Art8 EMRK vorzunehmenden Interessenabwägung kommt sohin etwa auch dem Umstand Bedeutung zu, dass die körperliche Integrität einer Frau im Stadium der fortgeschrittenen Schwangerschaft durch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt damit verbundener Abschiebung gefährdet bzw verletzt sein könnte.

Vor diesem Hintergrund hätte das Bundesverwaltungsgericht sich im vorliegenden Fall mit der - im Entscheidungszeitpunkt fortgeschrittenen - Schwangerschaft der Beschwerdeführerin auseinandersetzen müssen.

Mit dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes in einem wesentlichen Punkt hat das Bundesverwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis mit Willkür belastet.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2015:E332.2015