Gericht

Verfassungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

19.06.2015

Geschäftszahl

V66/2014 ua

Sammlungsnummer

19985

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit einer Fahrverbotsverordnung betreffend ein Fahrverbot auf dem Güterweg Dalaas-Kaiser während der Wintersaison; vertretbare Annahme der Erforderlichkeit des Fahrverbotes auch außerhalb der Betriebszeiten des Schleppliftes und der Pistenöffnungszeiten im Hinblick auf das durchgeführte umfangreiche Ermittlungsverfahren; Vorliegen einer hinreichenden Grundlage für die gebotene Interessenabwägung; ordnungsgemäße Kundmachung der Verordnung

Rechtssatz

Abweisung der - zulässigen - Anträge des OLG Innsbruck und des OGH auf Aufhebung von Bestimmungen der Verordnung des Bürgermeisters der Gemeinde Dalaas vom 02.09.2010 betr ein Fahrverbot auf dem Güterweg "Dalaas - Kaiser", das für jegliche Kraftfahrzeuge während der Wintersaison gilt (§3).

Die Tatsache, dass der Aufhebungsumfang des Antrages des OGH mehr umfasst (insbesondere die in §2 enthaltene Wortfolge "außerhalb der in §3 angeführten Zeit") als die Anträge des OLG Innsbruck, führt nicht zur Zurückweisung dieser. Im Falle einer Aufhebung der angefochtenen Wortfolge des §3 der Verordnung des Bürgermeisters der Gemeinde Dalaas würde der Verweis in §2 zwar ins Leere gehen, aber keinen sprachlich unverständlichen Torso darstellen. Der Umstand, dass eine Bestimmung im Fall der Aufhebung einer anderen Regelung unanwendbar wird, vermag für sich allein einen untrennbaren Zusammenhang dieser Bestimmung nicht zu begründen.

§3 normiert ausdrücklich, dass das Fahrverbot der Sicherheit der Schiliftbenützer dienen soll. Daraus ergibt sich, dass der Begriff "Wintersaison" auf die Öffnungszeiten des Schiliftes abstellt und die "Wintersaison" somit zu jenem Zeitpunkt beginnt, an dem der jährliche Liftbetrieb aufgenommen wird, und zu dem Zeitpunkt, an dem der jährliche Liftbetrieb eingestellt wird, endet. Aus dem Gegenstand dieser Bestimmung (Fahrverbot auf dem Güterweg Dalaas-Kaiser) ist abzuleiten, dass mit dem Begriff "Schilift" nur jener Schilift gemeint sein kann, der den Güterweg kreuzt. Der Begriff "Wintersaison" ist daher hinreichend bestimmt.

Den vom Bürgermeister der Gemeinde Dalaas und von der Vorarlberger Landesregierung vorgelegten Unterlagen ist zu entnehmen, dass der Erlassung der angefochtenen Verordnung ein umfangreiches Ermittlungsverfahren vorausgegangen ist (Auseinandersetzung des seilbahntechnischen Sachverständigen mit anderen nicht realisierbaren Lösungsmöglichkeiten; Gutachten des schitechnischen Amtssachverständigen betr die Gefahren für die Schifahrer).

Aus den vorgelegten Akten ergibt sich, dass die Verhandlungen und Besprechungen der Jahre 2004 und 2006 einen integrierenden Bestandteil des Verordnungserlassungsverfahrens darstellen, weshalb der VfGH davon ausgeht, dass eine hinreichende Grundlage für die gebotene Interessenabwägung vorliegt, die verordnungserlassende Behörde vor Erlassung der Verkehrsbeschränkung die notwendige sachverhaltsmäßige Klärung der Voraussetzungen des §43 Abs1 litb Z1 in Verbindung mit Abs2 lita StVO 1960 vorgenommen hat und sohin in der Lage war, die einzelnen in dieser Bestimmung umschriebenen Interessen an der Verkehrsbeschränkung mit dem Interesse an der ungehinderten Benützung der Straße während der Wintersaison abzuwägen.

Der VfGH kann der verordnungserlassenden Behörde aus dem Blickwinkel der Voraussetzungen des §43 Abs1 litb Z1 in Verbindung mit Abs2 lita StVO 1960 nicht entgegentreten, wenn sie - ausgehend von der konkreten Gestaltung des Güterweges und insbesondere auf Grund der Feststellungen der Amtssachverständigen - das Fahrverbot auf dem Güterweg während der gesamten Wintersaison und nicht nur während der Betriebszeiten des Schleppliftes bzw der Pistenöffnungszeiten verfügt hat.

Aus dem von der Vorarlberger Landesregierung vorgelegten Luftbild ergibt sich, dass es sich nicht um verbautes Gebiet handelt. Zudem ist der Güterweg keine öffentliche Straße, weil er im Eigentum der Güterweggenossenschaft Dalaas-Kaiser steht und sich die Rechte hinsichtlich der Benützung dieses Güterweges aus dem Gründungsbescheid der Agrarbezirksbehörde Bregenz vom 24.07.1985 ergeben. Die Ausübung von Wintersport bedarf daher keiner §87 Abs1 StVO 1960 entsprechenden Ausnahme.

Ordnungsgemäße Kundmachung der Verordnung gem §§44 Abs3 StVO 1960 durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde und im Gemeindeblatt.

Die Aufstellung des Verkehrszeichens Fahrverbot mit einer oberhalb angebrachten Tafel mit der Aufschrift "Güterweg Dalaas-Kaiser" und darunter mit der Aufschrift "ausgenommen Berechtigte laut VO vom 2. September 2010" versehenen Zusatztafel, betreffen - wie die Vorarlberger Landesregierung zutreffend ausführt - keinen Akt im Zusammenhang mit dem Kundmachungsvorgang.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2015:V66.2014