Gericht

Verfassungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

03.10.2013

Geschäftszahl

A11/2012

Sammlungsnummer

19806

Leitsatz

Abweisung einer Klage des Landes Salzburg gegen den Bund auf Ersatz von Besoldungskosten für Landeslehrer an öffentlichen allgemein bildenden Pflichtschulen für das Schuljahr 2010/2011; Beilage zum Finanzausgleichspaktum 2008 keine Anspruchsgrundlage für den Ersatz der aus der Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen resultierenden Kosten; kein rechtsverbindlicher Charakter von Rundschreiben über die Planstellenberechnung nach einer Bund-Länder-Vereinbarung; Genehmigungskriterien in den Stellenplanrichtlinien nicht unsachlich

Rechtssatz

Die in den Finanzausgleichsgesetzen regelmäßig enthaltenen Vorschriften über den Ersatz von Besoldungskosten für Landeslehrer bilden "anderweitige Regelungen durch Bundesgesetz" iSd ArtIV Schulverfassungsnovelle 1962 vergleiche VfSlg 19497/2011).

Zur Funktion eines der Erlassung von finanzausgleichsrechtlichen Regelungen regelmäßig vorausgehenden "Paktums" vergleiche zB VfSlg 12505/1990. Ein Anspruch nach Art137 B-VG kann auf solche Pakte nicht gegründet werden vergleiche VfSlg 12667/1991).

Die vom klagenden Land zur Begründung des Anspruchs herangezogene Beilage zum Paktum für den Finanzausgleich 2008 über den Ersatz der zusätzlichen Kosten für die Besoldung von Landeslehrern aus der Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen auf den Richtwert 25 kann daher keine Grundlage für einen solchen Anspruch bieten. Der Beilage kommt keine - über die Indizierung der Sachlichkeit der finanzausgleichsrechtlichen Regelung in ihrer Gesamtheit hinausgehende - rechtliche Verbindlichkeit zu.

Die Richtlinien für die Erstellung von Stellenplänen sind als "Rundschreiben" iSd Art1 Z1 der Vereinbarung gem Art15a B VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder beim Personalaufwand für Lehrer an allgemeinbildenden Pflichtschulen [...], Bundesgesetzblatt 390 aus 1989,, zu qualifizieren.

Vereinbarungen gem Art15a B-VG sind nicht unmittelbar anwendbar, sie können daher auch keine unmittelbare Grundlage für einen vermögensrechtlichen Anspruch zwischen Bund und Ländern im Bereich der Hoheitsverwaltung bilden.

Damit können Vereinbarungen gemäß Art15a B-VG auch keine unmittelbare Grundlage für normative Akte sui generis sein, sodass es sich bei den "Rundschreiben" ausschließlich um Akte handeln kann, deren Erlassung dem Bund auf Grund der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung und der bestehenden, unmittelbar anwendbaren Rechtsvorschriften zukommt. Da die Vollziehung in den Angelegenheiten unter anderem des Dienstrechtes der Lehrer für öffentliche Pflichtschulen Landessache ist, die Erstellung von Stellenplänen Teil der Vollziehung ist, die Stellenpläne keinesfalls Durchführungsverordnungen iSd Art14 Abs2 letzter Satz B-VG bilden und auch keine sonstige Verfassungsvorschrift den Bund zur Erlassung von derartigen generellen Rechtsnormen in diesen Angelegenheiten ermächtigt, sind solche "Rundschreiben" jedenfalls nicht als generelle Rechtsnormen, insbesondere auch nicht als "Weisung" des Bundes an die Länder zu qualifizieren. Eine Qualifikation als individueller Rechtsakt scheidet angesichts ihres generell-abstrakten Charakters aus.

Diese Rundschreiben haben daher keinen verbindlichen Charakter gegenüber den Ländern. Sie bilden vielmehr lediglich eine Grundlage für die Genehmigung der Stellenpläne der Länder durch den Bund gemäß ArtIV Schulverfassungsnovelle 1962 und §4 FAG 2008 dergestalt, dass der Bund den Ländern mitteilt, unter welchen Voraussetzungen er die von den Ländern vorgelegten Stellenpläne genehmigen wird.

Es liegt auch im Spielraum von Bund und Ländern, für die Vollziehung des ArtIV Schulverfassungsnovelle 1962 und §4 FAG 2008 ein zweistufiges (auf den ersten Blick sachadäquat erscheinendes) Genehmigungsregime vorzusehen, wie es Ziffer 2 des Art1 der Vereinbarung tut. Das auf Grund dieses Prozederes herbeigeführte Ergebnis ist der genehmigte Stellenplan iSd genannten Rechtsvorschriften, der die Grundlage des Ersatzanspruches der Länder gegenüber dem Bund für die Besoldungskosten der Landeslehrer bildet.

Für das Tatbestandselement des Vorliegens eines durch den Bund genehmigten Stellenplans gemäß ArtIV Schulverfassungsnovelle 1962 und §4 Abs1 FAG 2008 und damit für die Höhe des Anspruchs der Länder auf Kostenersatz sind ungeachtet dieses Prozederes ausschließlich diese beiden - unmittelbar anwendbaren - inhaltlichen Rechtsvorschriften maßgeblich. Die Kriterien der Genehmigungsentscheidung sind diesen Rechtsvorschriften zu entnehmen vergleiche VfSlg 19497/2011).

Aus dem Zusammenhang mit sonstigen Genehmigungserfordernissen (im vorliegenden Fall in ArtIV Abs3 litb Schulverfassungsnovelle 1962) und den Grundsätzen des §2 F-VG ergibt sich, dass der Bund bei der Genehmigung der Dienstpostenpläne einen - nach objektiv-sachlichen Kriterien auszufüllenden - Spielraum besitzt, wie er den Ausgleich zwischen dem sich aus den vorgelegten Dienstpostenplänen ergebenden Bedarf und den budgetären Bedeckungsmöglichkeiten herbeiführt.

Keine Notwendigkeit eines Einvernehmens über die inhaltlichen Kriterien der Höhe einer Kostenersatzpflicht, weil sonst die Kosten übernehmende Gebietskörperschaft daran gehindert werden könnte, ihre Kostenverantwortung wahrzunehmen.

Wie der Bund in der Gegenschrift ausführt und dies am Wortlaut der für das Schuljahr 2010/11 geltenden Stellenplanrichtlinie nachvollziehbar ist, orientierte sich der Bund bei der Genehmigung der Planstellen an einer Schätzung des Mehrbedarfs, die ausweislich der Erläuterungen (RV 548 BlgNR 23. GP) anlässlich der mit der SchOG-Novelle 2008 erfolgten gesetzlichen Verankerung der Verpflichtung der Länder, die Klassenschülerhöchstzahlen auf einen Richtwert von 25 zu senken, angestellt wurde und der politischen Vereinbarung über dieses Vorhaben zugrunde gelegen ist. Dass diese Schätzung als solche nicht sachlich oder nicht nachvollziehbar wäre, hat das Verfahren nicht ergeben. Die Richtlinien setzten den für den zusätzlichen Schülerjahrgang, für den die Senkung der Klassenschülerzahlen umgesetzt wurde, nach objektiven Kriterien prognostizierten Mehrbedarf von 900 zusätzlichen Planstellen um. Eine Unsachlichkeit ist an dieser Vorgangsweise nicht zu erkennen.

Kein Kostenzuspruch an die beklagte Partei, weil es nach Lage des vorliegenden Falles zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig war, die Finanzprokuratur mit der Vertretung des Bundes zu betrauen; sonstige ersatzfähige Kosten sind nicht angefallen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2013:A11.2012