Gericht

Verfassungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

26.02.1987

Geschäftszahl

A11/86

Sammlungsnummer

11205

Leitsatz

Klage eines Rechtspraktikanten in der Gerichtspraxis wegen vermögensrechtlicher Ansprüche aus seinem Ausbildungsverhältnis zum Bund; Rechtsverhältnis der Rechtspraktikanten zum Bund ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis; über die vermögensrechtlichen Ansprüche des Klägers wäre mit Bescheid zu entscheiden - keine Zuständigkeit des VfGH

Rechtssatz

Klage eines ehemaligen Rechtspraktikanten gegen den Bund auf Auszahlung während der Gerichtspraxis entstandener Geldforderungen (nicht ausbezahlte Dienstbezüge, Zuteilungsgebühr, Abgeltung nicht konsumierter Dienstfreistellung).

Vor dem Inkrafttreten des BG vom 2.7.1986, BGBl. 374, über den Ausbildungsbeitrag für Rechtspraktikanten und über die Änderung des Gesetzes über die Gerichtspraxis der nicht im richterlichen Vorbereitungsdienst stehenden Rechtspraktikanten, am 1.10.1986 - also in der hier in Betracht kommenden Zeit -, waren die Rechte und Pflichten der Rechtspraktikanten sowie die Befugnisse der Justizbehörden gegenüber den Rechtspraktikanten in dem Gesetz vom 24.12.1910, RGBl. 1/1911, der Verordnung des Justizministers vom 8.1.1911, RGBl. 5, und in dem Gesetz vom 27.11.1896, RGBl. 217 (GerichtsorganisationsG - GOG), festgelegt. Gemäß §16 Abs1 GOG stand dem Präsidenten des OLG die Zulassung zur Gerichtspraxis zu. Gegen die Verweigerung war die binnen vierzehn Tagen einzubringende Beschwerde an den BMJ zulässig. Gegen den Ausschluß von der Gerichtspraxis (nach Antreten derselben) konnte gemäß §17 Abs3 letzter Satz GOG binnen vierzehn Tagen die Beschwerde an den BMJ erhoben werden.

Ob ein Rechtsverhältnis ein öffentlich-rechtliches oder privatrechtliches ist, richtete und richtet sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes vergleiche VfGH 5.10.1985, V13/85, und die dort angeführte Rechtsprechung) ausschließlich danach, ob es durch einen Hoheitsakt oder einen Privatrechtsakt begründet wurde bzw. wird. Wie den obigen Ausführungen zu entnehmen ist, wurde und wird das Rechtsverhältnis der Rechtspraktikanten in der Gerichtspraxis (Ausbildung) beim Bund durch Hoheitsakt begründet. Dieses Rechtsverhältnis der Rechtspraktikanten zum Bund war kein Dienstverhältnis, wohl aber ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis. Über sämtliche aus diesem Ausbildungsverhältnis resultierenden tatsächlichen oder vermeintlichen Rechte und Pflichten des Auszubildenden wäre daher - entgegen der vom beklagten Bund (BMJ) in der Gegenschrift geäußerten Auffassung - mit Bescheid zu entscheiden gewesen.

Über die vermögensrechtlichen Ansprüche des Klägers gegen den Bund wäre mit Bescheid zu entscheiden gewesen.