Entscheidende Behörde

Vergabekontrollsenat Wien

Entscheidungsdatum

16.10.2013

Geschäftszahl

VKS-779081/13

Text

BESCHEID

Der Vergabekontrollsenat des Landes Wien hat durch den Vorsitzenden *** (Paragraph 6, Absatz 3, WVRG 2007) über den Antrag der *** GmbH, ***, vertreten durch Mag. Stefan Faulhaber, Rechtsanwalt in Wien, auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens und Erlassung einer einstweiligen Verfügung, betreffend die Vergabe der "Personalbereitstellung Angestellte", GZ: 5101.02061, durch die Republik Österreich (Bund) sowie alle weiteren öffentlichen Auftraggeber im Sinne der Paragraphen 3,, 164 und 165 BVergG 2006, im Gebiet der Republik Österreich, vertreten durch die vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH, Lasallestraße 9b, 1020 Wien, diese vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wie folgt entschieden:

  1. Ziffer eins
    Zur Prüfung der von der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten wird ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet.

  1. Ziffer 2
    Der Antragsgegnerin sowie allen weiteren öffentlichen Auftraggebern im Sinne der Paragraphen 3,, 164 und 165 BVergG 2006 im Gebiet der Republik Österreich, vertreten durch die vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH, Lasallestraße 9b, 1020 Wien, diese vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wird im Verfahren zur Vergabe der "Personalbereitstellung Angestellte", GZ: 5101.02061 für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens, längstens für die Dauer von sechs Wochen, die Entscheidung, mit welchen Unternehmen eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, untersagt. Das darüber hinaus gehende Mehrbegehren wird abgewiesen.

Gemäß Paragraph 31, Absatz 8, WVRG 2007 ist diese Verfügung sofort vollstreckbar.

Rechtsgrundlagen: Paragraphen eins, Absatz eins,, 2 Absatz eins,, 6 Absatz 3,, 11 Absatz 2,, 20 Absatz eins,, 23 Absatz eins,, 24 Absatz 4,, 25 Absatz eins,, 27, 28, 29 Absatz 2,, 31, 39 WVRG 2007, in Verbindung mit Paragraphen 2, Ziffer 16, Litera a, Sub-Litera, a, a,, 3 Absatz eins, Ziffer eins,, 6, 141, 345 BVergG 2006.

Begründung

Die Republik Österreich, sowie weitere öffentliche Auftraggeber iSd. Paragraphen 3,, 164 und 165 BVergG 2006 vertreten durch die vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH (im Folgenden Antragsgegnerin genannt) führt ein nicht-offenes Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung im Oberschwellenbereich zum Abschluss einer Vereinbarung nach Paragraph 141, BVergG 2006 zur Bereitstellung von Leihpersonal gemäß dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz. Es handelt sich um die Vergabe eines Dienstleistungsauftrages, der in zwei Lose geteilt ist. Der Zuschlag soll nach dem Bestbieterprinzip erfolgen, wobei der Preis mit 80 %, die Qualität mit 20 % gewichtet sind.

Vorauszuschicken ist, dass die Antragsgegnerin bereits Anfang des Jahres ein Vergabeverfahren zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung auf der Grundlage ihrer Ausschreibungsbedingungen zur GZ: 5101.01905 geführt hat. In diesem Verfahren, das ebenfalls die Bereitstellung von Leihpersonal betroffen hat, war der Auftragsgegenstand in vier Lose geteilt. Bezüglich dieses Beschaffungsvorganges waren in der Folge mehrere Nachprüfungsverfahren beim Vergabekontrollsenat des Landes Wien anhängig, darunter ein von der Antragstellerin angestrengtes Verfahren, das zu VKS - 524491/13 geführt wurde. In diesem Verfahren wurde dem Anfechtungsbegehren der Antragstellerin hinsichtlich des Loses 3 mit Bescheid vom 8.8.2013 stattgegeben. Auch einem Anfechtungsantrag eines anderen Bieters, hinsichtlich des Loses 4, wurde mit Bescheid vom gleichen Tage entsprochen.

Nunmehr hat die Antragsgegnerin mit dem der Antragstellerin im E-Mail zugegangenen Schreiben mitgeteilt, sie zur Ausschreibung "Personalbereitstellung Angestellte" einzuladen, die zwei Lose beinhalte, Los 1 Angestellte entsprechend Los 3, und Los 2 höher qualifizierte Angestellte, entsprechend Los 4 im vorangegangenen Vergabeverfahren zu GZ: 5101.01905. Darin führt die Antragsgegnerin aus, bevor die Antragstellerin eingeladen werden könne müsse ihre Eignung geprüft werden. Diesbezüglich verweist sie grundsätzlich auf die gleichen Anforderungen wie im Vor-

verfahren und erklärt, soweit sich "an ihren Angaben im Vorverfahren ... nichts geän-

dert hat, ist ihre Eignung daher in allen Punkten bereits ausreichend nachgewiesen". Im Anschluss an die Aufzählung, in welchem Umfang die Eignung als nachgewiesen gilt, ersucht die Antragsgegnerin die Antragstellerin bis Montag, 14. Oktober, näher angeführte Bestätigungen bzw. allfällige Änderungen der bisher getätigten Angaben der Antragstellerin im Vorverfahren zu erbringen.

Gegen diese im Sinne der hier gegenständlich anzuwendenden Bestimmung des Paragraph 141, Absatz 5, BVergG 2006 als gesondert anfechtbare Entscheidung zu wertende Festlegung richtet sich der am 14.10.2013 und damit rechtzeitig (Paragraph 24, Absatz eins, WVRG 2007) eingelangte Antrag auf Nichtigerklärung dieser nach außen in Erscheinung getretenen Festlegung der Antragsgegnerin, Erlassung einer einstweiligen Verfügung, Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie Kostenersatz. Im Wesentlichen führt die Antragstellerin aus, der Antragsgegnerin fehle es an der erforderlichen Vergabeabsicht, da sie hinsichtlich der Lose 3 und 4 (Los 1 und 2 des gegenständlichen Beschaffungsvorganges) bereits ein Vergabeverfahren mit identem Vergabegegenstand durchführe. In diesem Verfahren habe die Antragstellerin ohnedies ein Angebot abgegeben. Die nachgefragten Leistungen würden von der Antragsgegnerin daher bereits in einem anderen Vergabeverfahren beschafft, weshalb die neuerliche Durchführung eines Vergabeverfahrens zur Vergabe derselben Leistung völlig sinnlos und damit unzulässig sei. Die Antragsgegnerin habe auch die Verfahrensart rechtswidrig gewählt, da sie bei einem nunmehr geschätzten Auftragswert von ca. Euro 23.000.000,-- ein Vergabeverfahren durchführt, das an ein nicht-offenes Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung angelehnt sei. Als Bekanntmachung für die vorliegend angefochtene Entscheidung könne nicht die im Vergabeverfahren zu GZ: 5101.01905 erfolgte Bekanntmachung im Amtsblatt der EU herangezogen werden. Auch das neue, von der Antragsgegnerin angestrengte Verfahren wäre als offenes Verfahren nach vorheriger Bekanntmachung durchzuführen. Aus diesen Gründen wäre die als gesondert anfechtbare Entscheidung zu wertende Aufforderung vom 4.10.2013 für nichtig zu erklären.

Die Antragstellerin habe im Vorverfahren zu GZ: 5101.01905 ein Angebot unter anderem auch für die Lose 3 und 4 (ident mit den gegenständlichen Losen 1 und 2) abgegeben. Die Antragstellerin habe nach wie vor ein Interesse an der nachgefragten Leistung und sei auch zu deren Erbringung geeignet. Aufgrund der beabsichtigten Durchführung eines nicht den Anforderungen des BVergG 2006 entsprechenden Vergabeverfahrens drohe der Antragstellerin, die sich in einem ordnungsgemäßen Vergabeverfahren zum identen Vergabegegenstand bereits mit einem zugeschlagenen Bestangebot beworben habe, ein Schaden durch den Entgang von Referenzprojekten, Entgang des Deckungsbeitrages, eines Gewinnes sowie der Kosten der Beteiligung am Vergabeverfahren, wozu die Kosten der Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren zu rechnen wären. Der von ihr angegebene Schaden wird im einleitenden Schriftsatz ziffernmäßig näher dargestellt.

Durch das Verhalten der Antragsgegnerin werde die Antragstellerin in ihrem subjektiven Recht auf Durchführung eines fairen, transparenten, den lauteren Wettbewerb gewährleistenden und somit vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens, insbesondere im Recht auf Durchführung eines Vergabeverfahrens nach vorheriger Bekanntmachung und im Recht auf gesetzeskonforme Ausschreibung verletzt.

Zur Sicherung ihrer Rechtsposition begehrt die Antragstellerin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Zur Begründung dazu stützt sie sich zunächst auf ihr Vorbringen zum Antrag auf Nichtigerklärung. Der der Antragstellerin drohende Schaden wäre anders nicht abwendbar. Einer einstweiligen Aussetzung der Fortführung des Vergabeverfahrens stünden keine, die Interessen der Antragstellerin übersteigenden Interessen der Antragsgegnerin oder der Öffentlichkeit entgegen.

In ihrer Stellungnahme vom 16.10.2013 zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat die Antragsgegnerin ein besonderes Interesses an der raschen Fortführung des Verfahrens nicht geltend gemacht.

Ausgehend vom Vorbringen der Antragstellerin sowie nach Einsicht in die von ihr vorgelegten Urkunden hat der Vergabekontrollsenat zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung erwogen:

Die Antragsgegnerin ist öffentliche Auftraggeberin im Sinne des Paragraph 3, Absatz eins, Ziffer eins, BVergG 2006. Sie führt ein nicht-offenes Verfahren zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrages im Oberschwellenbereich. Das Verfahren wird nach Paragraph 141, BVergG 2006 von ihr geführt, da es sich um die Beschaffung nicht-prioritärer Dienstleistungen handelt.

Die angefochtene Festlegung vom 4.10.2013 ist der Antragstellerin am gleichen Tag im Fax-Wege zugegangen. Der Antrag auf Nichtigerklärung derselben ist rechtzeitig am 14.10.2013 (Paragraph 24, Absatz eins, WVRG 2007) in der Geschäftsstelle des Vergabekontrollsenates eingelangt.

Der Nichtigerklärungsantrag richtet sich auch gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung im Sinne des Paragraph 141, Absatz 5, BVergG 2006. Die Verständigung der Antragsgegnerin durch die Antragstellerin im Sinne des Paragraph 25, Absatz eins, WVRG 2007 ist erfolgt. Die Beibringung der Pauschalgebühren für ein Nachprüfungsverfahren eines Verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung ist nachgewiesen. Die Antragstellerin hat den ihr allenfalls drohenden Schaden bei Nichterlangung des gegenständlichen Auftrages plausibel vergleiche VwGH vom 23.5.2007, Zl. 2007/04/0010) dargelegt. Der Antrag auf Einleitung eines Nichtigerklärungsverfahrens entspricht im Wesentlichen den Bestimmungen der Paragraphen 20, Absatz eins,, 23 Absatz eins, WVRG 2007. Es war daher das von der Antragstellerin begehrte Nachprüfungsverfahren einzuleiten.

Für die Behandlung des gegenständlichen Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist die Zuständigkeit des Vergabekontrollsenates gemäß den Paragraphen eins, Absatz 3 und 11 Absatz 2, WVRG 2007 gegeben, wobei der Vorsitzende gemäß Paragraph 6, Absatz 3, WVRG 2007 allein zu entscheiden hatte. Der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung entspricht grundsätzlich den Bestimmungen des Paragraph 29, Absatz 2, WVRG 2007.

Gemäß Paragraph 28, WVRG 2007 hat der Vergabekontrollsenat, sobald ein Nichtigerklärungsverfahren eingeleitet ist, auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers oder der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern. Die von der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind bei ihrem Vorliegen durchaus geeignet, im Ergebnis die Nichtigerklärung der angefochtenen Festlegung herbeizuführen. Dazu bedarf es aber einer eingehenden Prüfung der von der Antragsgegnerin vorzulegenden Vergabeakten sowie der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung.

Gemäß Paragraph 31, Absatz 4, WVRG 2007 hat der Vergabekontrollsenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahmen für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers oder der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bewerberinnen oder Bieter oder Bieterinnen und des Auftraggebers oder der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Interessensabwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf deren Erlassung abzuweisen.

Vorliegend hat die Antragstellerin ihr Interesse an der Erlassung einer einstweiligen Verfügung ausführlich dargelegt und ausgeführt, dass dem Schutz ihrer Interessen entsprechend der Judikatur der Nachprüfungsbehörden der Vorrang gegenüber den Interessen der Antragsgegnerin an einer Fortsetzung des Vergabeverfahrens einzuräumen wäre.

Die Antragsgegnerin hat am 16.10.2013 zur Interessenslage keine konkreten Erklärungen abgegeben.

Eine weitergehende Prüfung der Interessenslage konnte im Hinblick darauf entfallen.

Gemäß Paragraph 31, Absatz 6, WVRG 2007 ist im Rahmen einer einstweiligen Verfügung die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme anzuordnen. Nach Ansicht des Vergabekontrollsenates reicht in diesem Zusammenhang die verfügte Maßnahme für den im Spruch genannten Zeitraum vollkommen aus, weshalb das darüber hinausgehende Mehrbegehren (auf Aussetzung des gesamten Vergabeverfahrens) abzuweisen war.

Nach Paragraph 31, Absatz 7, WVRG 2007 ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf dieser Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Vergabekontrollsenates über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft. Anders als in der Vorgängerbestimmung des WVRG (2003) sieht das WVRG 2007 keine starren, zeitlichen Grenzen mehr vor, sondern überlässt es dem Senat, die jeweilige Dauer, abgestellt auf den Einzelfall, zu bestimmen.

Der Hinweis auf die sofortige Vollstreckbarkeit der einstweiligen Verfügung gründet sich auf Paragraph 31, Absatz 8, WVRG 2007.

Gemäß Paragraph 19, Absatz 2, Ziffer eins, WVRG 2007 ist über das Kostenersatzbegehren gemeinsam mit der Entscheidung über das Hauptbegehren abzusprechen.

Aus diesen Gründen war daher die beantragte einstweilige Verfügung wie aus dem Spruch ersichtlich zu erlassen.