Entscheidende Behörde

Vergabekontrollsenat Wien

Entscheidungsdatum

05.09.2013

Geschäftszahl

VKS-572800/13

Text

BESCHEID

Der Vergabekontrollsenat des Landes Wien hat durch den Vorsitzenden *** und die Mitglieder *** über den Antrag der *** GmbH, ***, vertreten durch MMag. Dr. Claus Casati, Rechtsanwalt in Wien, auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens und Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend die Vergabe der "Erneuerung und Erweiterung des Tunnelfunks der Wiener U-Bahn 2012", Ausschreibungsnummer: F 57/274/12, Kennwort: Tunnelfunk 2012, durch die Wiener Linien GmbH & Co KG, Erdbergstraße 202, 1031 Wien, vertreten durch Heid Schiefer Rechtsanwälte OG in Wien, nach mündlicher Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung wie folgt entschieden:

  1. Ziffer eins
    Dem Antrag, die Zuschlagsentscheidung der Antragsgegnerin vom 19.7.2013 für nichtig zu erklären, wird stattgegeben; die Zuschlagsentscheidung wird für nichtig erklärt.

  1. Ziffer 2
    Die einstweilige Verfügung vom 30.7.2013 wird mit sofortiger Wirkung aufgehoben.

  1. Ziffer 3
    Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die von dieser entrichteten Pauschalgebühren von Euro 9.000,-- binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen: Paragraphen eins, Absatz eins,, 2 Absatz eins,, 11 Absatz 2,, 18, 19, 20 Absatz eins,, 24 Absatz eins,, 25 Absatz eins,, 28, 29 Absatz 2,, 31 WVRG 2007, in Verbindung mit Paragraphen 2, Ziffer 16, Litera a, Sub-Litera, a, a,, 5, 12 Absatz eins, Ziffer 3,, 163, 165, 169, 187 Absatz 4, 190, 247 Absatz 9,, 255 Absatz 7,, 272, 276 Absatz eins,, 278 BVergG 2006.

Begründung

Die Wiener Linien GmbH & Co KG (im Folgenden Antragsgegnerin genannt) führt ein offenes Verfahren zur Vergabe eines Bauauftrages, nämlich zur Erneuerung und Erweiterung des Tunnelfunks in dem von ihr betriebenen Wiener U-Bahn-Netz. Es handelt sich um die Vergabe eines Bauauftrages im Oberschwellenbereich durch einen öffentlichen Auftraggeber nach den vergaberechtlichen Bestimmungen für Sektorenauftraggeber. Die Kundmachung des Vergabeverfahrens ist ordnungsgemäß erfolgt. Der Zuschlag soll auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis erfolgen. Teilangebote waren ebenso wenig zugelassen wie Alternativangebote oder Abänderungsangebote. Die Angebotsfrist endete am 11.2.2013. Insgesamt haben sich drei Bieter am Vergabeverfahren, darunter die Antragstellerin, beteiligt. Im Zuge der Angebotsöffnung wurde deren Angebot als an dritter Stelle liegend verlesen. Das Angebot der an zweiter Stelle liegenden Bieterin wurde in der Folge ausgeschieden, womit die Antragstellerin nunmehr an zweiter Stelle zu liegen kommt.

Mit Schreiben vom 19.7.2013, der Antragstellerin am gleichen Tage im Faxwege zugegangen, hat die Antragstellerin mitgeteilt zu beabsichtigen, den Zuschlag der an erster Stelle gereihten Bieterin erteilen zu wollen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der am 25.7.2013 und damit rechtzeitig (Paragraph 24, Absatz eins, WVRG 2007) eingelangte Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens, Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung, Erlassung einer einstweiligen Verfügung, Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie auf Kostenersatz. Als Begründung ihres Antrages bringt die Antragstellerin vor, das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wäre nicht ausschreibungskonform. Weiters macht sie geltend, die Antragsgegnerin habe das Angebot unzureichend geprüft, ein Begleitschreiben zum Angebot, wonach bei fehlendem Nachweis der Gleichwertigkeit der angebotenen Produkte das ausgeschriebene Leitprodukt als angeboten gilt, fehle. Auch der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotene Gesamtpreis sei unplausibel. Letztlich macht sie geltend, in der bekannt gegebenen Zuschlagsentscheidung sei der relevante Preis nicht enthalten, zumal angeführt werde, dass die Vergabesumme berichtigt wurde. Dies sei im Hinblick darauf relevant, dass sich der Leistungsgegenstand im Zuge des Vergabeverfahrens geändert habe, in dem der Leistungsteil "U 2 - Verlängerung Seestadt Aspern" herausgelöst worden sei und einem gesonderten Vergabeverfahren zugeführt wurde. Daraus folge logischerweise, dass sich sowohl die Vergabesumme als auch die für die Zuschlagsentscheidung relevante Summe ändern müsse, wobei nicht ausgeschlossen werden könne, dass durch die Herauslösung dieses Leistungsteiles ein Reihungssturz stattfinden könnte. Ein Vergleich mit dem verlesenen Angebotspreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit dem nunmehr in der Zuschlagsentscheidung enthaltenen Preis zeige, dass es sich dabei weder um den bewertungsrelevanten Preis noch um die Vergabesumme handeln könne, zumal der Leistungsgegenstand wesentlich reduziert wurde. Es sei nicht erklärbar, dass bei einer Leistungsreduktion die Vergabesumme erhöht werde. Darin sei ein wesentlicher Verstoß gegen Paragraph 271, BVergG 2006 zu erblicken. Auch dies müsste zu einer Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung führen.

Durch die angefochtene Entscheidung fühlt sich die Antragstellerin in ihren Rechten auf gesetzeskonforme Angebotsprüfung einschließlich vertiefter Angebots- und Preisprüfung des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, Ausscheiden des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, Ausscheiden des Angebotes der zweitgereihten Bieterin, Durchführung eines gesetzeskonformen Vergabeverfahrens nach den Grundsätzen der Gleichbehandlung, Zuschlagsentscheidung zu ihren Gunsten und richtige und gesetzeskonforme Bekanntmachung der Zuschlagsentscheidung gemäß Paragraph 272, Absatz eins, BVergG 2006 verletzt.

Die Antragstellerin habe ein evidentes und rechtliches Interesse, die ausgeschriebenen Leistungen übertragen zu erhalten, zu deren Ausführung sie nicht nur berechtigt sondern auch in der Lage sei. Sollte die angefochtene Entscheidung jedoch nicht für nichtig erklärt werden, drohe der Antragstellerin ein im einleitenden Schriftsatz näher dargestellter, erheblicher Schaden durch entgangenen Gewinn, Kosten der bisherigen Beteiligung am Vergabeverfahren sowie der Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung. Dazu komme der Verlust von für die Antragstellerin notwendigen Spezialreferenzen für künftige Aufträge.

Die zur Sicherung ihrer Rechtsposition beantragte einstweilige Verfügung wurde mit Bescheid vom 30.7.2013 antragsgemäß erlassen. Diesbezüglich kann - um Wiederholungen zu vermeiden - auf den Inhalt dieses beiden Teilen zugegangenen Bescheides verwiesen werden.

Mit Schriftsätzen je vom 1.8.2013 haben die Antragsgegnerin und die präsumtive Zuschlagsempfängerin (im Folgenden Teilnahmeberechtigte) in der Sache Stellung genommen, die Abweisung der gestellten Anträge begehrt und zunächst ausgeführt, sowohl das Angebot der Teilnahmeberechtigten als auch jenes der Antragstellerin sei rechnerisch richtiggestellt worden. Dennoch sei die Teilnahmeberechtigte weiterhin Billigstbieterin geblieben. Die richtiggestellten Beträge seien in der angefochtenen Entscheidung angeführt worden. Die Zuschlagsfrist sei mit vier Monaten festgelegt worden und habe am 11.6.2013 geendet. Die Bieter seien ersucht worden, die Bindung ihrer Angebote zu verlängern. Die Teilnahmeberechtigte habe die Bindefrist ihres Angebotes bis 30.7.2013, die Antragstellerin bis 11.10.2013 verlängert.

Die Teilnahmeberechtigte habe in einigen Positionen nicht das ausgeschriebene Leitprodukt von Andrew sondern eigene Center-Produkte angeboten. Sie habe das Angebotsformular mit dem Vermerk, wonach das Leitprodukt angeboten werde, wenn das in der Bieterlücke eingetragene Erzeugnis nicht als gleichwertig anerkannt werde, unterschrieben und damit zum Angebotsinhalt erklärt. Nach Ansicht der Antragsgegnerin sei daher die Frage der Gleichwertigkeit der angebotenen Produkte für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zuschlagsentscheidung nicht von Belang, da bei festgestellter Gleichwertigkeit die Center-Produkte, bei fehlender Gleichwertigkeit die Leitprodukte verwendet würden und jeweils derselbe Preis angeboten sei. Das Risiko der fehlenden Gleichwertigkeit trage der Bieter. Bei Verwendung der Leitprodukte werde lediglich die Gewinnspanne des Bieters geringer. Tatsächlich seien die von der Teilnahmeberechtigten angebotenen Produkte jedoch nach sachverständiger Prüfung als gleichwertig festgestellt worden. Für diese Produkte hatte der Bieter die Gleichwertigkeit durch eine Muster-Referenzstrecke (Zentrale-Station) nachzuweisen. Diese Feststellung könne logischerweise erst nach Angebotsabgabe vorgenommen werden, da zuvor die Bieter nicht bekannt seien. Die Ausschreibung sehe daher die Errichtung der Referenzstrecke "innerhalb der Zuschlagsfrist" vor. Die Kompatibilität und Funktionsfähigkeit müsse zwar bereits vor Ablauf der Angebotsfrist gegeben sein, der Nachweis der zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorhandenen Gleichwertigkeit könne jedoch danach nachgereicht werden. Die von der Teilnahmeberechtigten angebotenen Komponenten seien in der Nacht von 8.4. auf 9.4.2013 von der Antragsgegnerin in Anwesenheit eines externen Sachverständigen getestet worden. Sie hätten diesen Funktionstest bestanden. Der Sachverständige habe in seinem Gutachten auf den Haftungsausschluss des Herstellers der bestehenden Anlage bei Einbau von Fremdkomponenten hingewiesen und zusätzliche Konformitätsnachweise verlangt. Die Teilnahmeberechtigte sei daher aufgefordert worden, die Normkonformität durch Prüfberichte nachzuweisen und eine Garantie für die Gesamtfunktionalität des bestehenden Systems mit dem zu errichtenden System abzugeben. Die Unterlagen seien vollständig vorgelegt worden. Der externe Gutachter habe daraufhin bestätigt, dass die Konformitätsnachweise grundsätzlich erbracht worden seien. Aufgrund des Gutachtens sei daher von gleichwertigen Produkten auszugehen. Die Teilnahmeberechtigte, die mit ihrem Schriftsatz vom 1.8.2013 dem Verfahren als Partei beigetreten ist, führt weiters aus, dass eine Zertifizierung des Gesamtsystems in der Ausschreibung nicht gefordert sei und zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe auch nicht möglich gewesen wäre. Die in der Ausschreibung geforderten Zertifizierungen hinsichtlich angebotener Produkte seien von ihr erbracht worden. Letztlich macht die Teilnahmeberechtigte geltend, das Angebot der Antragstellerin wäre auszuscheiden, weil es ihr an der für die Ausführung der Leistungen erforderlichen Gewerbeberechtigung für das Gewerbe des Mechatronikers (Paragraph 94, Ziffer 49, GewO 1994) mangle. Damit sei ihre Antragslegitimation nicht gegeben. Im Zuge des Nachprüfungsverfahrens hat die Teilnahmeberechtigte dieses Vorbringen nicht aufrechterhalten und die Befugnis der Antragstellerin nicht mehr bestritten (Protokoll Seite 6).

In weiteren Schriftsätzen haben die Antragstellerin am 30.8.2013 und die Teilnahmeberechtigte am 3.9.2013 wechselseitig Stellung genommen und ihre bereits bekannten Standpunkte näher ausgebaut.

Bei seiner Entscheidung ist der Senat teilweise vom übereinstimmenden Vorbringen der Parteien, wie es eingangs des Bescheides wiedergegeben wurde, sowie vom unbedenklichen Inhalt des sorgfältig geführten Vergabeaktes und der im Zuge des Nachprüfungsverfahrens erstatteten Schriftsätze, die auch jeweils der Gegenseite mit der Möglichkeit zur Stellungnahme übermittelt wurden, sowie den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung vom 5.9.2013 ausgegangen. Danach wird folgender, entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:

Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine öffentliche Auftraggeberin im Sinne des Paragraph 3, Absatz eins, Ziffer 2, BVergG 2006, die nach den Bestimmungen für Sektorenauftraggeber ein offenes Verfahren zur Vergabe eines Bauauftrages, nämlich zur Erneuerung und Erweiterung des Tunnelfunks in dem von ihr betriebenen Wiener U-Bahn-Netz, führt. Es handelt sich um die Vergabe eines Bauauftrages im Oberschwellenbereich. Die Kundmachung des Vergabeverfahrens ist ordnungsgemäß erfolgt. Der Zuschlag soll auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis erfolgen. Teilangebote waren ebenso wenig zugelassen wie Alternativangebote und Abänderungsangebote. Die Angebotsfrist endete am 11.2.2013. Insgesamt haben sich drei Bieter am Vergabeverfahren, darunter die Antragstellerin, beteiligt, deren Angebot im Zuge der Angebotsöffnung als zunächst an dritter Stelle liegend verlesen wurde. Das Angebot der zweitgereihten Bieterin wurde in der Folge ausgeschieden.

Der Zuschlag sollte nach den Ausschreibungsunterlagen innerhalb von vier Monaten ab Angebotsöffnung erfolgen. Das Ende der Zuschlagsfrist war demnach der 11.6.2013. Sowohl von der Antragstellerin als auch von der Teilnahmeberechtigten wurde die Bindefrist ihrer Angebote rechtzeitig verlängert (Vergabeakt Beilagenkonvolut G).

Gegenstand der Ausschreibung ist die Fortsetzung der Erneuerung und Erweiterung der Betriebsfunkanlage der Antragsgegnerin sowie die Versorgung für den BOS-Tetrafunk, den 2 m-Feuerwehrfunk und dem Mobilfunk im Bereich der Wiener U-Bahnen. Danach soll die U 2-Verlängerung zum Flugfeld Aspern (U 2/14-16), die U 1 - Verlängerung nach Oberlaa (U 1/6-10), die Bauabschnitte U 1/11 und 12, Teile der Bestandsstrecken U 3, U 4 und U 6 sowie die Übersiedlung/Erweiterung der Tunnelfunkanlage Karlsplatz erfolgen. Der Ausschreibung war ein Rahmenterminplan angeschlossen, der sich an den Errichtungsphasen der U-Bahn orientiert hat.

Derzeit wird der Tunnelfunk der Wiener U-Bahn mit dem System Andrew (COMM-SCOPE) betrieben, dessen Produkte auch als Leitprodukte ("... oder gleichwertig" mit jeweiliger technischer Spezifikation) ausgeschrieben sind. Die entsprechenden Elemente müssen beschafft und in das bereits bestehende System eingebaut werden. Wenn gleichwertige Produkte angeboten werden sollen, müssen diese mit dem bestehenden System kompatibel sein; dies ist vom Bieter durch eine Teststellung während der Zuschlagsfrist nachzuweisen. Wenn der Bieter in die Bieterlücken keine gleichwertigen Produkte einträgt, gelten die Leitprodukte als angeboten. Wenn der Bieter die Gleichwertigkeit laut sachverständiger Prüfung nicht nachweisen kann, gelten ebenfalls die Leitprodukte als angeboten, wenn er dies in einem Begleitschreiben zum Angebot oder im Formblatt "Angebot" erklärt. Erklärt er dies nicht, ist sein Angebot auszuscheiden (Punkt 1.5.1 der Besonderen Angebotsbestimmungen).

Während des laufenden Vergabeverfahrens erfolgte eine Direktvergabe nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb für die Montage des Tunnelfunks U 2 - Verlängerung Seestadt Aspern. Dabei wurden die Systemkomponenten (System Andrew) sowie sonstiges Material von der Antragsgegnerin beigestellt. Den Auftrag hat die Antragstellerin am 4.6.2013 erhalten und zwischenzeitig ausgeführt (die Zuschlagsentscheidung trägt das Datum 19.7.2013). Bei den Leistungen, die die Antragstellerin im Zuge der vorgezogenen Verlängerung der U 2 erbracht hat, hat es sich um Dienstleistungen gehandelt, deren Wert rund Euro 400.000,-- betragen hat. Der Wert des Gesamtpaketes, inklusive Materialkomponenten im ausgeschriebenen Umfang für die Verlängerung der U 2 ist mit rund 1,2 bis 1,3 Mio. Euro zu schätzen (übereinstimmendes Vorbringen der Parteien in der mündlichen Verhandlung, Protokoll Seite 3). Die Leistungen, die durch die Verlängerung der U 2 vorgezogen wurden, sind inklusive Material, Komponenten und Arbeiten auch in der gegenständlichen Ausschreibung enthalten.

Die Antragsgegnerin hat in der Folge das Angebot der Teilnahmeberechtigten eingehend geprüft und insbesondere eine Prüfung der Gleichwertigkeit der in den Bieterlücken eingegebenen Produkte mit Hilfe eines externen Sachverständigen vorgenommen. Alle in den Ausschreibungsunterlagen verlangten und im Zuge des Vergabeverfahrens nachgeforderten Prüfberichte und Zertifizierungen erliegen im Akt. Das Ergebnis, das von der Antragsgegnerin in der Niederschrift zur Angebotsbewertung vom 19.7.2013 festgehalten wurde, ist nachvollziehbar und schlüssig, es deckt sich vollständig mit dem Inhalt der Vergabeakten.

Die angefochtene Zuschlagsentscheidung vom 19.7.2013 ist der Antragstellerin am gleichen Tage im Faxwege zugegangen. Zu der darin angeführten Vergabesumme ist auf Punkt 1.9.1 der Ausschreibungsunterlagen WSTW 9310 Teil 2, zu verweisen, wonach Berichtigungen eines Rechenfehlers durch die Auftraggeberin vorgenommen werden können.

Zu diesen Feststellungen gelangte der Senat im Wesentlichen aufgrund des transparent und vollständig geführten Vergabeaktes, dessen Inhalt von den Parteien auch nicht in Zweifel gezogen wurde. Danach war als erwiesen anzunehmen, dass es der Teilnahmeberechtigten gelungen ist, die Gleichwertigkeit der von ihr angebotenen Produkte zu den Leitprodukten nachzuweisen. Aus den Akten ist auch ersichtlich, dass diese Gleichwertigkeitsprüfung von der Antragsgegnerin genau und gründlich erfolgt ist, wobei sie sich eines externen Sachverständigen bedient hat. Da das Ergebnis der Gleichwertigkeitsprüfung schlüssig und nachvollziehbar ist, hat der Senat dieses Ergebnis für seine Feststellungen übernommen und seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Der zunächst von der Teilnahmeberechtigten erhobene Einwand, der Antragstellerin würde es an der für die Durchführung der Arbeiten erforderlichen Befugnis fehlen, wurde nicht aufrechterhalten.

In seiner rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes hat der Senat erwogen:

Bei der Antragsgegnerin handelt es sich unstrittig um eine öffentliche Auftraggeberin im Sinne des Paragraph 3, Absatz eins, Ziffer 2, BVergG 2006, die ein offenes Verfahren zur Vergabe eines Bauauftrages, nämlich zur Erneuerung und Erweiterung des Tunnelfunks in dem von ihr betriebenen Wiener U-Bahn-Netz nach den Bestimmungen für Sektorenauftraggeber führt. Es handelt sich um die Vergabe eines Bauauftrages im Oberschwellenbereich. Der Zuschlag soll nach dem Billigstbieterprinzip erfolgen. Die Kundmachung ist ordnungsgemäß erfolgt. Am Vergabeverfahren haben sich insgesamt drei Bieter beteiligt, darunter die Antragstellerin, deren Angebot nach Ausscheidung des zunächst an zweiter Stelle gereihten Bieters nunmehr an zweiter Stelle zu liegen kommt. Da der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist der Vergabekontrollsenat gemäß Paragraph 11, Absatz 2, Ziffer 2, WVRG 2007 zur Durchführung des Nichtigerklärungsverfahrens berufen.

Gemäß Paragraph 20, Absatz eins, WVRG 2007 kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des BVergG 2006 unterliegenden Vertrages behauptet, die Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers oder der Auftraggeberin im Verfahren zur Vergabe von Aufträgen wegen Rechtswidrigkeiten begehren, sofern ihm oder ihr durch eine behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Die Antragstellerin hat sowohl die behauptete Rechtswidrigkeit der von ihr angefochtenen Entscheidung als auch den ihr drohenden Schaden ausreichend dargelegt. Sie ist ihrer Mitteilungspflicht im Sinne des Paragraph 25, Absatz eins, WVRG 2007 nachgekommen. Ihr Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung richtet sich auch gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung im Sinne des Paragraph 2, Ziffer 16, Litera a, Sub-Litera, a, a, BVergG 2006. Die Entrichtung der nach Paragraph 18, WVRG 2007 geforderten Gebühren für ein Verfahren im Oberschwellenbereich ist nachgewiesen. Der Antrag entspricht auch im Übrigen den Bestimmungen des Paragraph 23, Absatz eins, WVRG 2007, wie bereits vor Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung festgestellt wurde. Die Antragsvoraussetzungen sind weiterhin gegeben. Die Zuschlagsentscheidung vom 19.7.2013 ist der Antragstellerin am gleichen Tage als Fax zugegangen. Ihr am 25.7.2013 eingelangter Nachprüfungsantrag ist daher rechtzeitig im Sinne des Paragraph 24, Absatz eins, WVRG 2007.

Der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung erweist sich im Ergebnis als berechtigt.

Die Antragsgegnerin hat in ihrer Ausschreibung die Produkte des derzeit in Verwendung stehenden Systems Andrew (COMMSCOPE) als Leitprodukte ausgeschrieben. Dazu findet sich der Hinweis nach Paragraph 247, Absatz 9, BVergG 2006, wonach auch gleichwertige Produkte angeboten werden können. Von dieser Möglichkeit hat die Teilnahmeberechtigte teilweise Gebrauch gemacht und dazu entsprechende Nachweise für die Gleichwertigkeit erbracht. Unabhängig davon hat die Teilnahmeberechtigte eine Erklärung nach Paragraph 255, Absatz 7, BVergG 2006 abgegeben, wonach dann, wenn das angebotene Produkt nicht dem Leitprodukt entspricht, das ausgeschriebene Erzeugnis als angeboten gilt. Im vorliegenden Fall hat die Teilnahmeberechtigte diese Erklärung, wie in den Besonderen Angebotsbestimmungen der Wiener Stadtwerke WSTW 9310, Teil 2, die Teile der Ausschreibungsunterlagen sind, im Angebotsformular mitunterschrieben und damit in ihr Angebot aufgenommen. Eine zusätzliche ausdrückliche Erklärung - wie von der Antragstellerin geltend gemacht - ist damit nicht erforderlich. Damit bietet die Teilnahmeberechtigte in einigen Positionen ihre Eigenprodukte an und sagt für den Fall, dass sie deren Gleichwertigkeit nicht nachweisen kann, die Lieferung und Montage der Leitprodukte zum selben Preis zu. Zur Frage, ob das Anbieten der teureren Leitprodukte für den Fall der fehlenden Gleichwertigkeit der Eigenprodukte zum selben Preis zu einem unplausiblen Gesamtpreis führen würde, da der angebotene Preis ja unverändert bleibt, bringt die Teilnahmeberechtigte nachvollziehbar vor, dass sich in diesem Fall nur ihre Gewinnspanne verringern würde. Es scheint zwar denkbar, dass die Teilnahmeberechtigte davon ausgegangen ist, dass ihre Eigenprodukte den Gleichwertigkeitstest bestehen würden und daher den Fall, dass sie die teureren Leitprodukte anbieten müsste, nicht mitkalkuliert hat. Diese Vorgangsweise ist jedoch in der Ausschreibung festgelegt und hätte daher allenfalls bereits mit der Ausschreibung angefochten werden müssen.

Im Übrigen hat das Nachprüfungsverfahren ergeben, dass die angebotenen Eigenprodukte die Gleichwertigkeitsprüfung bestanden haben (Feststellung mit Begutachtung durch einen externen, gerichtlich beeideten Sachverständigen, Nachreichung eines Gutachtens zur Vibration, Vorlage von Konformitätserklärungen, Prüfprotokollen, TÜV-Gutachten etc.). Eine Zertifizierung des Gesamtsystems, wie von der Antragstellerin angesprochen, hinsichtlich der Kompatibilität der Eigenprodukte, ist in den Ausschreibungsunterlagen nicht verlangt und kann vor Lieferung und Einbau auch nicht durchgeführt werden. Auch die Teststellung war erst nach Angebotsöffnung möglich, da davor die konkreten Angebote bzw. Produkte nicht bekannt waren. Selbst wenn Nachweise über die Gleichwertigkeit der Produkte und deren Kompatibilität im Rahmen der Teststellung erst nach Angebotsöffnung nachgereicht wurden, war deren Gleichwertigkeit doch schon vor Angebotsöffnung gegeben, da die angebotenen Produkte nach Angebotsöffnung nicht verändert wurden.

Entscheidend war für die Entscheidung des Senates der Umstand, dass die Antragsgegnerin offenbar aufgrund der langen Gleichwertigkeitsprüfung und der späten Zuschlagentscheidung einen Teil der ausgeschriebenen Leistungen (Montage von durch die Antragsgegnerin zur Verfügung gestellten Komponenten des Tunnelfunks für die U 2 - Verlängerung Seestadt Aspern) nach Angebotsöffnung (11.2.2013) im Wege einer Direktvergabe, nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb, an die Antragstellerin vergeben hat. Dazu hat das Nachprüfungsverfahren ergeben, dass dieser Teil der ausgeschriebenen Leistungen (Materialkomponenten und Arbeit) mit einem Anteil von 1,2 bis 1,3 Mio. an der Gesamtauftragssumme von rund 18 Mio. Euro anzunehmen ist. Nach den Ergebnissen des Nachprüfungsverfahrens steht auch fest, dass der Leistungsanteil, der den Ausbau der U 2 - Strecke betrifft, zur Gänze von der Antragstellerin aufgrund des vorgezogenen Auftrages ausgeführt worden ist und es sich dabei um ein "Definitivum" darstellt, da der angestrebte Betrieb der U 2, dessen Aufnahme unmittelbar bevorsteht, anders nicht durchgeführt werden könnte (Protokoll Seite 7).

Dass die Antragsgegnerin einen Teil der ausgeschriebenen Leistungen in einem gesondert geführten Vergabeverfahren bereits vergeben hat und diese Leistungen von der Antragstellerin auch bereits durchgeführt wurden, wurde von ihr im vorliegenden Vergabeverfahren in keiner Weise berücksichtigt. Die abgegebenen Angebote erstrecken sich ausschreibungskonform auch auf diesen Leistungsteil. Würde das Vergabeverfahren durch die Zuschlagserteilung auf eines der beiden vorliegenden Angebote abgeschlossen werden, käme somit ein Vertrag zustande, der auch diesen bereits vergebenen und ausgeführten Leistungsteil umfasst.

Gemäß Paragraph 187, Absatz 4, BVergG 2006 dürfen Vergabeverfahren nur dann durchgeführt werden, wenn die Absicht besteht, die Leistung auch tatsächlich zur Vergabe zu bringen. Zwei parallele Verfahren über den gleichen Auftragsgegenstand sind daher grundsätzlich rechtswidrig. Das zweite Vergabeverfahren betreffend die Verlängerung der U 2 nach Seestadt Aspern war somit jedenfalls vergaberechtswidrig. Da es nicht angefochten wurde, ist es jedoch bestandfest und die Leistung zwischenzeitig auch ausgeführt worden.

Es stellt sich somit die Frage, ob der Umstand, dass ein erheblicher Teil der im gegenständlichen Verfahren ausgeschriebenen Leistungen nicht mehr vergeben werden kann, da diesbezüglich bereits ein Vertragsabschluss und die Ausführung erfolgt ist, im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren zu einer Nichtigerklärung der angefochtenen Zuschlagsentscheidung zu führen hat. Eine Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung läge jedenfalls dann vor, wenn die Antragsgegnerin eine Zuschlagsentscheidung getroffen hätte, obwohl sie verpflichtet gewesen wäre, die Ausschreibung zu widerrufen. Die gegenständliche Ausschreibung sieht keine Teilleistungen (Paragraph 190, BVergG 2007) vor, weshalb nur die gesamte Ausschreibung widerrufen oder ein Zuschlag hinsichtlich des gesamten Leistungsgegenstandes erteilt werden kann. Dazu ist festzuhalten, dass ein Vergabeverfahren nach Paragraph 276, Absatz eins, BVergG 2006 nur durch Vertragsabschluss oder durch Widerruf enden kann. Da es sich um eine Vergabe im Sektorenbereich handelt, ist gemäß Paragraph 278, BVergG 2006 kein verpflichtender Widerruf, sondern lediglich das Recht, beim Vorliegen eines sachlichen Grundes zu widerrufen, gesetzlich vorgesehen. Eine Verpflichtung zum Widerruf könnte allerdings dennoch bestehen, wenn eine Fortsetzung und Beendigung des Vergabeverfahrens durch Zuschlag nicht im Einklang mit den vergaberechtlichen Grundsätzen möglich ist.

Da ein offenes Verfahren durchgeführt wurde und daher nur auf die abgegebenen Angebote zugeschlagen werden kann, würde ein Zuschlag, wie oben dargestellt, bedeuten, dass auch ein Leistungsteil Vertragsbestandteil würde, der nicht mehr vergeben werden kann, was jedenfalls im Widerspruch zu Paragraph 187, Absatz 4, BVergG 2006 steht. Danach sind Verfahren zur Vergabe von Aufträgen nur dann durchzuführen, wenn die Absicht besteht, die Leistung auch tatsächlich zur Vergabe zu bringen. Die Antragsgegnerin wäre genötigt gewesen, statt das Vergabeverfahren fortzusetzen, nach Direktvergabe eines Teiles der ausgeschriebenen Leistungen ihr Vergabeverfahren zu widerrufen, weil jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass nach Ausgliederung der bereits vergebenen und ausgeführten Leistungen eine andere Kalkulation der ausgeschriebenen Leistungen erfolgt wäre. Zumindest wäre davon auszugehen, dass im Hinblick auf die Reduktion der ausgeschriebenen Leistungen um rund 1,2 bis 1,3 Mio. die Gesamtangebotssumme bei beiden Angeboten geringer ausgefallen wäre. Da die Antragsgegnerin die Änderung des Leistungsumfanges bei ihrer Zuschlagsentscheidung nicht berücksichtigt hat, erweist sich diese als vergaberechtswidrig, weshalb die Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären war.

Mit dieser Entscheidung ist das Nachprüfungsverfahren beendet, weshalb die mit Bescheid vom 30.7.2013 erlassene einstweilige Verfügung gemäß Paragraph 31, Absatz 7, WVRG 2007 mit sofortiger Wirkung aufzuheben war.

Die Entscheidung über die Kostenersatzpflicht der Antraggegnerin gründet sich auf Paragraph 19, Absatz eins und 3 WVRG 2007; die in Absatz eins, angeführten Voraussetzungen liegen vor.

Gemäß Paragraph 13, Absatz 3, WVRG 2007 war dieser Bescheid im Anschluss an die mündliche Verhandlung zu verkünden. Die Frist zur Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts beginnt jedoch erst mit der Zustellung dieses Bescheides zu laufen.