Entscheidende Behörde

Vergabekontrollsenat Wien

Entscheidungsdatum

01.08.2013

Geschäftszahl

VKS-502941/13

Text

BESCHEID

Der Vergabekontrollsenat des Landes Wien hat durch den Vorsitzenden *** und die Mitglieder *** über den Antrag der Bietergemeinschaft ***, vertreten durch Maga Isabelle Pellech, LL.M., Rechtsanwältin in Wien, auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens und Erlassung einer einstweiligen Verfügung, betreffend die Vergabe des Auftrages zur "Prüfung und notwendigen Dichtstellung von Niederdruck-Gasanlagen in Objekten der Stadt Wien - Wiener Wohnen, in den Bezirken 1 bis 23", Ausschreibungsnummer LV/WWDT/HT-1-23-PRGASANL-2012-BR2, Los 3, durch die Stadt Wien, Wiener Wohnen, Direktion Technik, Doblhoffgasse 6, 1082 Wien, vertreten durch schwartz huber-medek & partner rechtsanwälte og in Wien, nach mündlicher Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung wie folgt entschieden:

  1. Ziffer eins
    Der Antrag, die Widerrufsentscheidung der Antragsgegnerin vom 18.6.2013 betreffend das Los 3 für nichtig zu erklären, wird abgewiesen.

  1. Ziffer 2
    Die einstweilige Verfügung vom 2.7.2013 wird mit sofortiger Wirkung aufgehoben.

  1. Ziffer 3
    Die Antragstellerin hat die von ihr entrichteten Pauschalgebühren selbst zu tragen.

Rechtsgrundlagen: Paragraphen eins, Absatz eins,, 2 Absatz eins,, 11 Absatz eins und 2, 13, 18, 19, 20, 24 Absatz eins,, 25 Absatz eins,, 31 WVRG 2007 in Verbindung mit Paragraphen 2, Ziffer 16, Litera a, Sub-Litera, a, a,, 3 Absatz eins, Ziffer eins,, 6, 12 Absatz eins, Ziffer eins,, 16, 19 Absatz 4,, 22 Absatz 2,, 125, 135, 139 Absatz 2, BVergG 2006.

Begründung

Die Stadt Wien - Wiener Wohnen (im Folgenden Antragsgegnerin genannt) führt ein offenes Verfahren im Oberschwellenbereich zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrages, nämlich zur Prüfung und Dichtstellung von Niederdruck-Gasanlagen in den von ihr verwalteten Wohnobjekten in allen Wiener Bezirken. Die Bekanntmachung des Vergabeverfahrens ist sowohl im Supplement zum Amtsblatt der EU vom 22.12.2012, Zl. 2012/S 247-407746 als auch auf der Webseite der Antragsgegnerin ordnungsgemäß erfolgt. Der Zuschlag soll auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis erfolgen. Die Ausschreibungsunterlagen wurden zweimal berichtigt. Die ausgeschriebenen Leistungen sind in drei Gebietslose aufgeteilt, denen jeweils Wohnobjekte in bestimmten Bezirken eindeutig zugeordnet sind. Zusätzlich beinhaltet das Los 1 den Not- und Gebrechensdienst für ganz Wien. Den Bietern stand es frei, entweder ein Gesamtangebot oder Teilangebote auf Losebene (insgesamt drei Lose) zu legen. Vorgesehen war die Teilvergabe je Los. Das Ende der Angebotsfrist war der 7.2.2013, 8.30 Uhr, die Angebotsöffnung fand anschließend statt.

Am Vergabeverfahren haben sich drei Bieter beteiligt, darunter die Antragstellerin, die ein Angebot für das Los 3 gelegt hat. Neben der Antragstellerin haben zwei weitere Bietergemeinschaften Angebote für das Los 1 und für das Los 2 abgegeben, im Los 3 hat nur die Antragstellerin ein Angebot gelegt.

Mit Schreiben vom 18.6.2013, der Antragstellerin im Faxwege zugegangen, hat die Antragsgegnerin mitgeteilt zu beabsichtigen, das Vergabeverfahren betreffend das Los 3 zu widerrufen. Dabei hat sie sich auf Paragraph 139, Absatz 2, Ziffer eins, BVergG 2006 berufen.

Vorauszuschicken ist, dass sowohl für das Los 1 als auch für das Los 3 jeweils nur ein Angebot abgegeben worden ist. Mit der Widerrufsentscheidung ebenfalls vom 18.6.2013 hat die Antragsgegnerin das Vergabeverfahren betreffend das Los 1 gleichfalls unter Berufung auf Paragraph 139, Absatz 2, BVergG 2006 widerrufen. Diese Widerrufsentscheidung wurde gleichfalls bekämpft. Das Nachprüfungsverfahren betreffend das Los 1 wurde zu VKS - 500178/13 protokolliert.

Gegen die Widerrufsentscheidung vom 18.6.2013 betreffend das Los 3 richtet sich der am 28.6.2013 und damit rechtzeitig (Paragraph 24, Absatz eins, WVRG 2007) eingelangte Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens, Nichtigerklärung der Widerrufsentscheidung, Erlassung einer einstweiligen Verfügung, Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie auf Kostenersatz.

Im Wesentlichen macht die Antragstellerin geltend, dass der von der Antragsgegnerin angezogene Widerrufsgrund tatsächlich nicht vorliege, weil im gegenständlichen Vergabeverfahren drei Angebote eingelangt wären. Der Auftraggeber soll die Möglichkeit haben, Angebote zu vergleichen. Vorliegend würden sich die Angebote nur insoweit voneinander unterscheiden, dass sie die Leistungserbringung in unterschiedlichen Bezirken zusammenfassen. In geringem Umfang sei für das Los 1 noch eine ergänzende Position für Not- und Gebrechensdienste vorgesehen. Die Leistungsinhalte je Los seien ident. Dadurch sei die Antragsgegnerin in die Lage versetzt, Angebote miteinander zu vergleichen und einen Preisvergleich vorzunehmen. Bei Paragraph 139, Absatz 2, Ziffer eins, BVergG 2006 handle es sich um eine Kann-Bestimmung, die von der Antragsgegnerin gesetzmäßig und in ihrem Ermessen auszuüben gewesen wäre. Da eine Vergleichbarkeit der Angebote gegeben sei, könne sich die Antragsgegnerin nicht auf die genannte Bestimmung berufen, der Widerruf der Ausschreibung betreffend Los 3 sei daher nicht sachgerecht. Die Angebotssituation sei der Antragsgegnerin nach Angebotsöffnung bekannt gewesen, dennoch habe sie eine vertiefte Angebotsprüfung durchgeführt und eine Reihe von Aufklärungsersuchen an die Bieter gerichtet. Es sei anzunehmen, dass die Antragsgegnerin letztlich die Angebote miteinander verglichen habe. Ihr Widerruf sei willkürlich erfolgt und aufgrund der speziellen Loskonstellation sachlich nicht gerechtfertigt. Der Widerrufsentscheidung fehle es auch an einer entsprechenden Begründung, die gegenständlich vorzunehmen gewesen wäre. Damit habe die Antragstellerin nicht über die notwendigen Informationen verfügt, weshalb auch aus diesem Grund die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären wäre.

Durch die rechtswidrige Widerrufsentscheidung drohe der Antragstellerin ein unwiederbringlicher Schaden durch den Entgang des ihr gebührenden Auftrages und eines damit verbundenen branchenüblichen Deckungsbeitrages sowie anteiligen Gewinns. Dazu käme der mit der Teilnahme am Vergabeverfahren verbundene erhebliche Kostenaufwand, nicht nur durch die Angebotslegung sondern auch durch die von der Antragsgegnerin nach Angebotsöffnung vorgenommene, vertiefte Angebotsprüfung und die Beantwortung der zahlreichen Auskunftsersuchen. Letztlich drohe der Antragstellerin ein für sie bedeutendes Referenzprojekt verloren zu gehen. Da die Antragstellerin beim Los 3 Billigstbieterin gewesen sei, wäre ihr der Auftrag zu erteilen gewesen.

Durch die angefochtene Widerrufsentscheidung werde die Antragstellerin in ihren subjektiven Rechten auf Einhaltung der gemeinschaftsrechtlichen und innerstaatlichen Vergabevorschriften, im Recht auf Gleichbehandlung aller Bieter sowie in ihrem Recht auf Nichtdiskriminierung, Recht auf rechtskonforme Prüfung und Beurteilung ihres Angebotes, Recht auf Absehen von einem unbegründeten Verfahrenswiderruf und sohin Nichtvorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen, Recht auf Unterbleiben einer Widerrufsentscheidung, allenfalls in ihrem Recht auf Unterlassung eines Widerrufes des Verfahrens bei Nichtvorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen, Recht auf Begründung einer (End-)Entscheidung, die bereits zum Beginn der Stillhaltefrist eine umfassende Beurteilung der Ausgangslage ermöglichte, und letztlich in ihrem Recht auf Zuschlagsentscheidung und Zuschlagserteilung zu ihren Gunsten verletzt. Die zur Sicherung ihrer Rechtsposition beantragte einstweilige Verfügung wurde mit Bescheid vom 2.7.2013 antragsgemäß erlassen. Diesbezüglich kann - um Wiederholungen zu vermeiden - auf den Inhalt dieses beiden Teilen zugegangenen Bescheides verwiesen werden.

Mit Schriftsatz vom 8.7.2013 hat die Antragsgegnerin in der Sache Stellung genommen, die Abweisung der gestellten Anträge begehrt und ausgeführt, sie wolle das Vergabeverfahren im Los 3 deshalb widerrufen, weil es in diesem Los keinen Wettbewerb gegeben habe. Dies sei offensichtlich, da im Los 3 nur ein einziges Angebot eingelangt sei. Der Widerruf sei daher nach Paragraph 139, Absatz 2, Ziffer eins, BVergG 2006 "zweifellos zulässig". Die Antragsgegnerin habe den von ihr geltend gemachten Widerrufsgrund nicht willkürlich gebraucht. Der Widerruf einzelner Lose sei immer dann zulässig, wenn gemäß Paragraph 22, Absatz 2, BVergG 2006 der Auftraggeber die Möglichkeit einer Teilvergabe vorgesehen hat.

Darauf hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 30.7.2013 repliziert und ausgeführt, soweit die Antragsgegnerin argumentiere, dass gegenständlich der Widerruf einzelner Lose zulässig wäre, weil die Möglichkeit einer Teilvergabe besteht, übersehe sie, dass sie nicht nur das Los 3 widerrufen will, sondern auch die beiden anderen Lose. Soweit aber die Antragsgegnerin damit argumentiere, im Los 3 habe ein Wettbewerb nicht stattgefunden, handle es sich um eine bloße Scheinbegründung. Tatsächlich habe die Antragsgegnerin nach Angebotsöffnung das Vergabeverfahren über mehrere Monate geführt und sogar eine vertiefte Prüfung der Angebote vorgenommen. Dadurch sei nicht nur der Antragstellerin, sondern auch den anderen Bietern ein erheblicher Aufwand entstanden.

Nachdem die Antragsgegnerin einen losübergreifenden Vergleich der Angebote vorgenommen habe, hätte sie das Ergebnis der Angebotsprüfung bei der Begründung der Widerrufsentscheidung anzuführen und mitzuteilen gehabt. Durch das bloße Abschreiben des Gesetzestextes ohne Begründung des Ermessens sei die Antragstellerin daran gehindert worden, einen begründeten Nachprüfungsantrag einzubringen. Durch die von der Antragsgegnerin gewählte Vorgangsweise des Widerrufes der einzelnen Lose habe sie sich offenbar eine tiefergehende Begründung bei einer Widerrufsentscheidung, die alle drei Lose gleichzeitig erfasst, ersparen wollen.

Bei seiner Entscheidung ist der Senat vom teilweise übereinstimmenden Vorbringen der Parteien, wie es eingangs des Bescheides wiedergegeben wurde, sowie vom unbedenklichen Inhalt des Vergabeaktes und der im Zuge des Nachprüfungsverfahrens erstatteten Schriftsätze der Parteien, die auch jeweils der anderen Seite mit der Möglichkeit zur Stellungnahme übermittelt wurden, sowie den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung vom 1.8.2013 ausgegangen, wobei die Verfahren VKS - 500178/13 (betreffend Los 1) und VKS - 502941/13 zur gemeinsamen Verhandlung verbunden wurden.

Bei der Antragsgegnerin handelt es sich unstrittig um eine öffentliche Auftraggeberin im Sinne des Paragraph 3, Absatz eins, Ziffer eins, BVergG 2006. Sie führt ein offenes Verfahren im Oberschwellenbereich zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrages, nämlich zur Prüfung und Dichtstellung von Niederdruck-Gasanlagen in den von ihr verwalteten Wohnungen in allen Wiener Bezirken. Die Bekanntmachung des Vergabeverfahrens ist ordnungsgemäß erfolgt. Die Ausschreibungsunterlagen wurden zweimal berichtigt. Die ausgeschriebenen Leistungen sind in drei Gebietslose aufgeteilt, die jeweils bestimmte Bezirke eindeutig umfassen. Zusätzlich beinhaltet das Los 1 den Not- und Gebrechensdienst für ganz Wien. Den Bietern stand es frei, entweder ein Gesamtangebot oder Teilangebote auf Losebene (insgesamt drei Lose) abzugeben. Der Zuschlag soll je Gebietslos auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis erfolgen. Das Ende der Angebotsfrist war der 7.2.2013, 8.30 Uhr, die Angebotsöffnung fand anschließend statt.

Am Vergabeverfahren betreffend das Los 3 hat sich nur die Antragstellerin beteiligt. Nach Angebotsöffnung ist das Angebot der antragstellenden Bietergemeinschaft bei diesem Los naturgemäß jenes mit dem niedrigsten Preis. Nach Angebotsöffnung hat die Antragsgegnerin die Angebote einer eingehenden Prüfung unterzogen und im Zuge dieser Prüfungen durch einen externen Sachverständigen insgesamt sieben Aufklärungsersuchen an die Antragstellerin gerichtet, davon drei Ersuchen zur Angebotskalkulation, zuletzt am 9.4.2013. Die Aufklärungsersuchen wurden von der Antragstellerin jeweils innerhalb der gesetzlichen Frist umfassend beantwortet.

Aus den Vergabeakten ist feststellbar, dass die Antragsgegnerin vor Bekanntmachung des Beschaffungsvorganges den Auftragsschätzwert pro Los geprüft hat. Da es sich bei den ausgeschriebenen Leistungen um unbefristete Rahmenverträge handelt (Punkt 10 der Vertragsbestimmungen) hat die Antragsgegnerin als geschätzten Auftragswert das 48-fache des zu leistenden Monatsentgeltes angesetzt, wobei sie von einer jährlichen Auftragssumme im LV ausgegangen ist.

Nach den Festlegungen im Formblatt SR 75 waren Teilangebote zugelassen. Eine Gesamtvergabe hat sich die Antragsgegnerin nicht vorbehalten.

Mit Schreiben je vom 18.6.2013 hat die Antragsgegnerin das Vergabeverfahren hinsichtlich der Lose 1 und 3 widerrufen. Die Widerrufsentscheidung vom 18.6.2013 ist der Antragstellerin am gleichen Tage im Faxwege zugegangen. Ihr Antrag auf Nichtigerklärung derselben ist am 28.6.2013 in der Geschäftsstelle des Vergabekontrollsenates eingelangt. Die Entrichtung der nach Paragraph 18, WVRG 2007 zu entrichtenden Gebühren für ein Nachprüfungsverfahren im Oberschwellenbereich ist ebenso nachgewiesen, wie die Verständigung der Antragsgegnerin nach Paragraph 25, Absatz eins, WVRG 2007.

Diese Feststellungen gründen sich vornehmlich auf den Inhalt der Vergabeakten und das Vorbringen der Parteien. Danach war als erwiesen anzunehmen, dass die Antragsgegnerin eine sorgfältige Schätzung des Auftragswertes unter Zugrundelegung der Bestimmungen des Paragraph 16, BVergG 2006 vorgenommen hat. Ebenso konnte als erwiesen angenommen werden, dass die Antragsgegnerin die ihr vorliegenden Angebote einer vertieften Prüfung unterzogen und dabei auch einzelne wesentliche Positionen in den ihr vorliegenden Angeboten verglichen hat. Dabei musste sie bei einzelnen bestimmten, wesentlichen Positionen eklatante Abweichungen feststellen, wodurch bei ihr der Verdacht entstand, es könnte "eine spekulative Angebotsgestaltung" vorliegen (Protokoll Seite 4). Die Tatsache, dass beim Los 3 nur ein Angebot abgegeben wurde, ist unstrittig, dass die Antragsgegnerin die Ausschreibung auch hinsichtlich der Lose 1 und 2 widerrufen hat, ist aktenkundig.

In der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes hat der Senat erwogen:

Bei der Antragsgegnerin handelt es sich unstrittig um eine öffentliche Auftraggeberin im Sinne des Paragraph 3, Absatz eins, Ziffer eins, BVergG 2006. Sie führt ein offenes Verfahren zur Vergabe eines Rahmenvertrages über Dienstleistungen, nämlich zur Prüfung und Dichtstellung von Niederdruck-Gasanlagen in den von ihr verwalteten Wohnungen in allen Wiener Bezirken. Die Bekanntmachung des Vergabeverfahrens ist ordnungsgemäß erfolgt. Die ausgeschriebenen Leistungen sind in drei Gebietslose gegliedert, denen jeweils Objekte in bestimmten Bezirken eindeutig zugeordnet sind. Zusätzlich beinhaltet das Los 1 den Not- und Gebrechensdienst für ganz Wien. Den Bietern stand es frei, entweder ein Gesamtangebot oder Teilangebote auf Losebene (insgesamt drei Lose) zu legen. Der Zuschlag soll je Los nach dem Billigstbieterprinzip erfolgen. Da der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist der Vergabekontrollsenat gemäß Paragraph 11, Absatz 2, Ziffer 2, BVergG 2006 zur Durchführung des Nichtigerklärungsverfahrens zuständig.

Gemäß Paragraph 20, Absatz eins, WVRG 2007 kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des BVergG 2006 unterliegenden Vertrages behauptet, die Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers oder der Auftraggeberin im Verfahren zur Vergabe von Aufträgen wegen Rechtswidrigkeit begehren, sofern ihm oder ihr durch eine behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Die Antragstellerin hat sowohl die behauptete Rechtswidrigkeit der von ihr angefochtenen Entscheidung als auch den ihr drohenden Schaden ausreichend dargelegt. Sie ist ihrer Mitteilungspflicht im Sinne des Paragraph 25, Absatz eins, WVRG 2007 nachgekommen. Ihr Antrag auf Nichtigerklärung der Widerrufsentscheidung richtet sich gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung im Sinne des Paragraph 2, Ziffer 16, Litera a, Sub-Litera, a, a, BVergG 2006. Die Entrichtung der nach Paragraph 18, WVRG 2007 geforderten Gebühren für ein Verfahren im Oberschwellenbereich ist nachgewiesen. Der Antrag entspricht auch im Übrigen den Bestimmungen des Paragraph 23, Absatz eins, WVRG 2007, wie bereits vor Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung festgestellt wurde. Die Antragsvoraussetzungen sind weiterhin gegeben. Die Widerrufsentscheidung vom 18.6.2013 ist der Antragstellerin am gleichen Tage im Faxwege zugegangen. Ihr am 28.6.2013 eingelangter Nachprüfungsantrag ist daher rechtzeitig im Sinne des Paragraph 24, Absatz eins, WVRG 2007.

Der Antrag auf Nichtigerklärung der Widerrufsentscheidung erweist sich im Ergebnis als nicht berechtigt.

In der Sache ist zunächst auszuführen, dass nach Paragraph 135, Absatz eins, BVergG 2006 ein Vergabeverfahren mit Zuschlag oder Widerruf zu beenden ist. Paragraph 19, Absatz 4, BVergG 2006 normiert, dass der Auftraggeber nicht verpflichtet ist, ein Vergabeverfahren durch Zuschlag zu beenden. In Paragraph 22, Absatz 2, BVergG 2006 ist die Möglichkeit für eine Vergabe in Teilen vorgesehen. Danach sind "sowohl die Gesamtleistung als auch die allenfalls getrennt zur Vergabe gelangenden Teile der Leistung auszuschreiben. In diesem Fall ist dem Bieter auch die Möglichkeit einzuräumen, nur einzelne dieser Teile der Leistung anzubieten".

Gegenständlich hat die Antragsgegnerin den ausgeschriebenen Rahmenvertrag in drei Lose aufgeteilt und die Möglichkeit einer Teilvergabe nach den bestandfest gewordenen Ausschreibungsbedingungen vorgesehen. Damit ist das rechtliche Schicksal der Teillose getrennt zu beurteilen, was auch dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Antragsgegnerin nicht die Ausschreibung in ihrer Gesamtheit widerrufen, sondern Widerrufserklärungen zu jedem einzelnen Los abgegeben hat. Damit liegen getrennte Widerrufsentscheidungen vor, die jede für sich auf ihre Rechtsmäßigkeit zu prüfen sind. Der Widerruf eines Vergabeverfahrens betreffend ein einzelnes Los ist grundsätzlich zulässig, was sich bereits aus der Überlegung ergibt, dass dann, wenn bei einer möglichen Teilvergabe für einzelne Lose ein Angebot nicht abgegeben wird, der gesetzlich zwingende Widerrufsgrund des Paragraph 139, Absatz eins, Ziffer 3, BVergG 2006 nur hinsichtlich dieses Loses zum Tragen kommt, nicht jedoch das Vergabeverfahren auch hinsichtlich aller anderen Lose widerrufen werden muss. Wenn daher die Antragsgegnerin eine Widerrufsentscheidung betreffend jedes einzelne Los abgegeben hat und im Ergebnis damit beabsichtigt, das gesamte Vergabeverfahren zu widerrufen, hat sie nicht gegen vergaberechtliche Bestimmungen verstoßen vergleiche S/A/F/T BVergG 20062, Paragraphen 138 /, R, Z, 6).

Vorliegend handelt es sich um eine Widerrufsentscheidung nach Ablauf der Angebotsfrist, wobei nach Paragraph 139, Absatz 2, BVergG 2006 ein Vergabeverfahren widerrufen werden kann, wenn 1. nur ein Angebot eingelangt ist.

Dies bedeutet, dass der Auftraggeber nicht verpflichtet ist, den Auftrag einem Bieter zu erteilen, der als einziger ein Angebot abgegeben hat vergleiche EuGH 16.9.1999, RsC- 27/98). Beim vorliegenden Sachverhalt ist der vergaberechtlich gewünschte Wettbewerb zweifellos nicht gegeben, auch dann, wenn man berücksichtigt, dass für die beiden anderen Lose Angebote abgegeben worden sind, womit in einem gewissen Umfange eine Vergleichbarkeit der angebotenen Leistungen (die von der Antragsgegnerin auch im Zuge der Angebotsprüfung tatsächlich vorgenommen wurde), gegeben sein mag. Dennoch ist - wie bereits ausgeführt - im Hinblick darauf, dass Teilangebote zugelassen waren und sich die Antragsgegnerin eine Gesamtvergabe nicht vorbehalten hat, die Angebotssituation für jedes einzelne Los selbständig zu betrachten und getrennte Entscheidungen bezüglich jedes Loses zu treffen. Zutreffend verweist die Antragsgegnerin darauf, dass bei Vorliegen nur eines Angebotes sie nicht sicher sein kann, dass der angebotene Preis im Wettbewerb zustande gekommen ist. Einem Auftraggeber, der in einer solchen Situation den Widerruf eines Vergabeverfahrens erklärt, kann deshalb nicht Willkür unterstellt werden. Letztlich sieht das Vergaberecht ausdrücklich die Möglichkeit vor, ein Vergabeverfahren zu widerrufen, wenn nur ein Angebot eingelangt ist, ohne dass dafür eine sachliche Rechtfertigung abgegeben werden müsste. Es war daher im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren - entgegen dem Standpunkt der Antragstellerin - auch nicht zu prüfen, ob für den Widerruf aller drei Lose (im Ergebnis dem Widerruf der gesamten Ausschreibung) ein sachlicher Grund vorliegt.

Die Widerrufsentscheidung vom 18.6.2013 betreffend das Los 3 erweist sich im geltend gemachten Widerrufsgrund des Paragraph 139, Absatz 2, Ziffer eins, BVergG 2006 als berechtigt.

Aus diesen Gründen war daher der Nichtigerklärungsantrag abzuweisen.

Mit dieser Entscheidung ist das Nachprüfungsverfahren beendet, weshalb die mit Bescheid vom 2.7.2013 erlassene einstweilige Verfügung gemäß Paragraph 31, Absatz 7, WVRG 2007 mit sofortiger Wirkung aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 19, Absatz eins und 3 WVRG 2007; die in Absatz eins, angeführten Voraussetzungen liegen nicht vor.

Gemäß Paragraph 13, Absatz 3, WVRG 2007 war dieser Bescheid im Anschluss an die mündlicher Verhandlung zu verkünden. Die Frist zur Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts beginnt jedoch erst mit der Zustellung dieses Bescheides zu laufen.