Bundesvergabeamt
17.09.2009
N/0087-BVA/03/2009-26
BESCHEID
Das Bundesvergabeamt hat durch die Vorsitzende des Senates 3, MR Dr. Sybill Huber-Matauschek sowie die Beisitzer Dkfm. Dr. Johann Hackl als Mitglied der Auftraggeberseite und Mag. Gottfried Rücklinger als Mitglied der Auftragnehmerseite im Nachprüfungsverfahren gemäß Paragraph 312, Absatz 2, Ziffer 2, Bundesvergabegesetz 2006 - BVergG 2006, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 17 aus 2006, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 86 aus 2007, betreffend die Auftragsvergabe "ABA Karnische Region BA 15 - ON Gundersheim, Grafendorf, Griminitzen, Stranig, Goderschach, VS-Gail 5. Teil; GWVA-Gundersheim, Grafendorf, Griminitzen; Marktgemeinde Kirchbach - diverse Nebenarbeiten" der Auftraggeber Abwasserverband Karnische Region, Wulfeniaplatz 1/5, 9620 Hermagor und Marktgemeinde Kirchbach, 9632 Kirchbach Nr. 155, beide vertreten durch X*** Rechtsanwälte, über Antrag der Bietergemeinschaft bestehend aus der 1. A*** Baugesellschaft m.b.H. & Co KG, 2. B*** Hoch- und Tiefbau GmbH sowie 3. C*** Baugesellschaft mbH, vertreten durch Y*** Rechtsanwälte GmbH, datiert 13.8.2009, eingelangt beim Bundesvergabeamt am 14.8.2009, wie folgt entschieden:
SPRUCH
römisch eins.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Paragraph 71, AVG wird abgewiesen.
Rechtsgrundlage: Paragraph 71, AVG
römisch II.
Der Antrag, dem Wiedereinsetzungsantrag aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird zurückgewiesen.
Rechtsgrundlage: Paragraph 71, AVG
römisch III.
Der Antrag, "das Bundesvergabeamt möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Entscheidung der Antragsgegner vom 31.07.2009, den Zuschlag an die Firma D*** Bau GmbH vergeben zu wollen, für nichtig erklären", wird zurückgewiesen.
Rechtsgrundlage: Paragraph 322, Absatz 2, Ziffer 2, BVergG
römisch IV.
Der Antrag, "das Bundesvergabeamt möge aussprechen, dass der Antragstellerin die ordnungsgemäß errichteten Pauschalgebühren in Höhe von Euro 7.500,00 zu Handen der Rechtsvertretung der Antragstellerin binnen 14 Tagen zu ersetzen sind" wird abgewiesen.
Rechtsgrundlage: Paragraphen 318, Absatz eins und 319 Absatz eins,, 2 und 3 BVergG
BEGRÜNDUNG
1. Vorbringen der Parteien
1.1. Antragstellerin
Die Antragstellerin stellte am 13.8.2009, eingelangt beim Bundesvergabeamt am 14.8.2009, die im Spruch ersichtlichen Begehren, sowie einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.
1.1.1. Zum Nachprüfungsantrag
Begründend führte die Antragstellerin im Wesentlichen aus, die Zuschlagsentscheidung sei rechtswidrig, weil das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wegen Unvollständigkeit des Angebots und mangelnder Befugnis ausgeschieden hätte werden müssen.
Gemäß Angebotsschreiben seien die gegenständlichen Bauleistungen in einem offenen Verfahren nach dem Billigstbieterprinzip im Unterschwellenbereich ausgeschrieben worden. Die Angebotsöffnung sei am 12.5.2009 erfolgt. Im Protokoll der Angebotseröffnung sei bei den einzelnen Bietern jeweils die Gesamtangebotssumme vermerkt und auch welche Beilagen dem Angebot angeschlossen gewesen seien. Das billigste Angebot stamme von der E*** GmbH. An
2. Stelle sei jenes der D***Bau GmbH, an 3. Stelle das Angebot der F*** GmbH und an 4. Stelle sei das Angebot der antragstellenden Bietergemeinschaft gereiht.
Mit Telefax vom 31.7.2009 sei der antragstellenden Bietergemeinschaft die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der D*** Bau GmbH mitgeteilt worden, wobei als Ende der Stillhaltefrist der 14.8.2009 anstelle des für den Unterschwellenbereich maßgeblichen Endes mit 7.8.2009 genannt worden sei.
Konkretisierend führte die Antragstellerin aus, sich in ihrem Recht auf Erteilung des Zuschlags, ihrem Recht auf Ausscheidung der vor ihrem Angebot gereihten, nicht ausschreibungskonformen Angebote sowie in ihrem Recht auf Gleichbehandlung und Fairness im Vergabeverfahren sowie in ihrem Recht auf eine vollständige gesetzeskonforme Prüfung der Angebote verletzt zu erachten.
Die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung, so die Antragstellerin, gründe darin, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin aus zwei Gründen ausgeschieden hätte werden müssen: Zum einen sei das Angebot unvollständig. Es enthalte nicht alle Beilagen, die in der Ausschreibung als zwingend erforderliche Bestandteile eines gültigen Angebotes festgelegt worden seien und zwar bei "sonstigem Ausscheiden". Demnach hätte bei ordnungsgemäßer Prüfung der Angebote jedes Angebot zunächst auf seine Vollständigkeit und seine Übereinstimmung mit B20 der Ausschreibungsbedingungen geprüft werden müssen. Bei Fehlen zwingender Bestandteile des Angebotes müsse der Auftraggeber entsprechend seiner eigenen Festlegung mit einem sofortigen Ausscheiden des Angebotes vorgehen. Das Angebot der E***GmbH sei offensichtlich auch tatsächlich ausgeschieden worden, jenes der D*** Bau GmbH jedoch nicht. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin hätte jedoch wegen Unvollständigkeit und aufgrund der Festlegung in B20 der Ausschreibungsunterlagen ebenfalls ausgeschieden werden müssen.
Zum Anderen sei die präsumtive Zuschlagsempfängerin nicht befugt, die Arbeiten auszuführen. So bestehe ein wesentlicher Teil der ausgeschriebenen Leistung in der Verlegung von Trinkwasserleitungen. Für die Ausführung einer Trink- und Nutzwasserleitung benötige sie die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Gas- und Sanitärtechnik gemäß Paragraph 110, GewO, worüber die präsumtive Zuschlagsempfängerin jedoch nicht verfüge. Diese habe offenbar auch keine Subunternehmer für diesen Leistungsteil vorgesehen. Da diese selbst zur Ausführung dieser Leistung nicht befugt sei, hätte ihr Angebot daher ebenfalls ausgeschieden werden müssen. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin könne sich auch nicht auf Paragraph 32, Absatz eins, Ziffer eins, 2. Fall GewO stützen, da es sich gegenständlich nicht um geringe Leistungen, sondern um einen wesentlichen Teil des Auftrages handle. Dies zeige sich schon allein daran, dass die Wasserleitungsarbeiten im Angebot der Antragstellerin rund 12 % der Gesamtleistung ausmachten. Darüberhinaus seien die Wasserleitungsarbeiten in zwei Obergruppen der Ausschreibung detailliertest geregelt. Es handle sich um eine besonders sensible Arbeit, weil die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung dabei auf dem Spiel stehe. Hierfür brauche es insbesondere für die Rohrverbindungen entsprechender Fachkenntnisse. Dies komme auch im Text der Ausschreibung zum Ausdruck und werde dazu auf die Seiten 33 ff der Ausschreibung verwiesen. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin sei zu diesen Arbeiten weder als Baumeister gemäß Paragraph 99, GewO noch iSd Paragraph 31, GewO befugt, noch verfüge sie über die notwendige Gewerbeberechtigung für Gas- und Sanitärtechnik.
Darüberhinaus sei auch das Angebot der zweitgereihten F*** GmbH zu prüfen. Soweit erkennbar, sei auch dieses Angebot unvollständig. Es würden der Personaleinsatzplan und die Beschreibung der Referenzprojekte fehlen. Die F***GmbH verfüge jedoch ebenfalls nicht über die Gewerbeberechtigung für Gas-und Sanitärtechnik iSd Paragraph 110, GewO. Dies gelte auch für die angeblich vorgesehene Subunternehmerin. Die Ausführungen betreffend fehlende Befugnis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin seien gleichlautend auch für die F***GmbH heranzuziehen. Da somit auch das Angebot der F***GmbH auszuscheiden sei, komme das Angebot der Antragstellerin zum Zug. Die aufgezeigte Rechtswidrigkeit sei daher für den Ausgang des Vergabeverfahrens relevant, die angefochtene Zuschlagsentscheidung daher rechtswidrig, vielmehr sei der Zuschlag dem Angebot der Antragstellerin zu erteilen.
Zum berechtigten Interesse führte die Antragstellerin aus, sie strebe den Abschluss des ausschreibungsgegenständlichen Bauauftrages an. Sie habe sich an gegenständlichem Vergabeverfahren beteiligt, ein zuschlagsfähiges Angebot gelegt und möchte den Zuschlag erhalten. Die Antragstellerin sei der Überzeugung, dass die Angebote der vor ihr gereihten billigeren Bieter ausgeschieden hätten werden müssen. Die Antragstellerin habe daher ein Recht darauf, dass ihrem Angebot der Zuschlag erteilt werde.
Zum drohenden Schaden brachte die Antragstellerin vor, dass durch die rechtswidrige Vorgangsweise der Auftraggeber der Antragstellerin die Möglichkeit genommen, werde, den Zuschlag zu erhalten. Der Schaden setze sich zusammen aus dem entgangenen Gewinn, der, wie sich aus den vorgelegten K7- Blättern ergebe, 3 % der Auftragssumme von Euro 6.778.195,43, sohin Euro 203.345,86 betrage und dem Beitrag, den dieses Bauvorhaben zu den Allgemeinkosten geleistet hätte. Die Antragstellerin habe mit einem Zuschlag zu den Geschäftsgemeinkosten (Umlage) in Höhe von 7 % kalkuliert. Erhalte die Antragstellerin den Auftrag nicht, entgehe ihr nicht nur der kalkulierte Gewinn, sondern auch der Beitrag, den dieses Bauvorhaben zu den Allgemeinkosten geleistet hätte, somit ein zusätzlicher Schaden von Euro 474.473,68.-. Insgesamt seien dies daher Euro 677.819,54.- Zudem drohe der Verlust eines wichtigen Referenzprojektes.
Mit Schriftsatz protokolliert am 2.9.2009 brachte die Antragstellerin ergänzend vor, die Auftraggeber würden zugestehen, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin nicht alle in der Ausschreibung geforderten Bestandteile des Angebotes gemäß Punkt B3 und B20 in Papierform beigelegt habe, weil sie auf eine beigelegte "CD" verweisen. Eine CD könne die notwendigen Urkunden nicht ersetzen. Gemäß Paragraph 107, Absatz eins, Satz 1 BVergG müssen Angebote die in den Ausschreibungsunterlagen vorgeschriebene Form aufweisen. Ein Angebot sei im vorliegenden Fall in Papierform abzugeben. Dies gelte grundsätzlich auch für die notwendigen Beilagen. Es sei nicht vorgesehen, dass bei einem in Papierform abzugebenden Angebot wesentliche Bestandteile des Angebotes in Form eines Datenträgers (CD) vorgelegt würden. Die Vorschrift einer Verlesung des Angebotes und seiner Bestandteile im Zuge der Angebotseröffnung würde somit nicht erfüllt werden können. In B3 der Ausschreibung würden die Bestandteile des Angebotes definiert, wonach dem Angebotsschreiben insbesondere im Einzelnen aufgezählte Unterlagen anzuschließen seien. Aus dieser Bestimmung ergebe sich, dass es sich dabei um schriftliche, nämlich in Urkundenform vorzulegende Unterlagen handle. Mit dem in B11 geregelten Datenträgeraustausch habe dies nichts zu tun. In B20 heiße es ausdrücklich, dass Beilagen zu den Angebotsunterlagen in einfacher Ausfertigung im Format DIN A4 einzureichen seien. Beilagen seien zu nummerieren, die Unterlagen seien in gebundener, spiralisierter und gehefteter Form abzugeben. Auch aus dieser Festlegung ergebe sich, dass die in B20 genannten Unterlagen in Urkundenform vorzulegen seien und nicht auf CD. Auf Seite 40 der Ausschreibung sei festgelegt, dass bestimmte Urkunden, die Beilagen zum Angebot seien, jedenfalls gesondert rechtsgültig zu unterfertigen seien. Eine unterschriebene Urkunde sei demnach erforderlich für das Verzeichnis der Bieterlücken, die Bekanntgabe von Subunternehmern, das Begleitschreiben und die Erklärung zum Eignungskriterium Bauversicherung. Auch daraus ergebe sich die Notwendigkeit, Unterlagen in Papierform vorzulegen und nicht auf einem Datenträger. Das Angebot sei daher unvollständig und gemäß B20 der Ausschreibung zwingend auszuscheiden. Es werde zudem von den Auftraggebern zugestanden, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin nicht über die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Gas- und Sanitärtechnik verfüge.
Es möge zwar richtig sein, dass im Zuge der Verlegung von Trinkwasserleitungen auch viele Baumeisterleistungen zu erbringen seien, die Verlegung von Trinkwasserleitungen stelle aber einen eigenen wesentlichen Bestandteil der ausgeschriebenen Leistung dar. Die GWVA Grafendorf, Gundersheim und Griminitzen seien in zwei eigenen Obergruppen des Leistungsverzeichnisses geregelt. Diese Arbeiten seien auch quasi gleichwertig zu den anderen Arbeiten (ABA Karnische Region - Bauabschnitt BA 15) auf dem Deckblatt der Ausschreibung genannt. Es handle sich um als wesentlich gekennzeichnete Positionen. Aus B13 ergebe sich schlüssig, dass die berufliche Befugnis zur Durchführung der Leistung vorhanden sein müsse. Die einschlägige berufliche Befugnis bei Trinkwasserleitungen sei jene der Gas- und Sanitärtechnik. Dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin für die Verlegung von Trinkwasserleitungsrohren keine Ausführungsberechtigung besitze, sei daher unstrittig.
Ungeachtet der Nebenrechte der Gewerbetreibenden, die in Paragraph 32, GewO geregelt seien, wonach insbesondere gemäß Paragraph 32, Absatz eins, Ziffer eins, 2. Fall jeder Gewerbetreibende in geringem Umfang Leistungen anderer Gewerbe erbringen dürfe, die die eigenen Leistungen wirtschaftlich sinnvoll ergänzen, habe ein Baumeister nicht die Befugnis, Trinkwasserleitungen zu verlegen. In B7 der Ausschreibung sei geregelt, dass der Bieter für Leistungen, für die der Bieter keine Befugnis besitzt verpflichtend befugte Subunternehmer namhaft machen müsse. Da die präsumtive Zuschlagsempfängerin für den Bereich Trinkwasserleitungen keine Ausführungsberechtigung besitze, müsse sie hiefür Subunternehmer beschäftigen. Ein Verweis auf Paragraph 32, GewO greife daher nicht.
Ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Hermagor seit nicht in der Lage, eine klare gesetzliche Regelung zum Umfang der Gewerbeberechtigung eines Baumeisters außer Kraft zu setzen. Außerdem gebe es hier auch eine spezifisch vergaberechtliche Komponente. Es sei davon auszugehen, dass die Gewerbebehörde insbesondere die zwingende Bestimmung des Punktes B7 der Ausschreibung nicht mitberücksichtigt habe. Paragraph 32, der Gewerbeordnung bedeute nämlich gerade nicht, dass ein Baumeister plötzlich die Befugnis des Gewerbes der Gas- und Sanitärtechnik habe, nur weil er in geringem Umfang entsprechende Leistungen erbringen dürfe, die die eigenen Leistungen wirtschaftlich sinnvoll ergänzen. Die gewerberechtliche Befugnis für das reglementierte Gewerbe der Gas- und Sanitärtechnik müsse bescheidmäßig zuerkannt werden. Wenn dieser Bescheid fehle greife B7 der Ausschreibung zwingend ein. Ob die Gewerbebehörde ein Strafverfahren wegen Übertretung der Gewerbeordnung einleiten würde, spiele hier keine Rolle. Die bestandskräftig gewordene Ausschreibung sei zwingend umzusetzen.
Jene Teile des Auftrages, die durch Subunternehmer erfüllt werden sollen, seien bereits bei Angebotsabgabe bekannt zu geben. Dass die I*** für diesen Leistungsteil (Verlegung der Trinkwasserleitungen) als Subunternehmer bekannt gegeben worden wäre, werde bestritten. Hier würde dann auch wieder die zwingende Bestimmung des Punktes B20 der Ausschreibung über die Unvollständigkeit des Angebotes eingreifen. Das Angebot der für den Zuschlag ausgewählten Bieterin sei daher jedenfalls auszuscheiden.
Diese Ausführungen würden in gleicher Weise für das Angebot der Firma F***GmbH gelten.
1.1.2. Zum Antragauf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Die Zuschlagsentscheidung sei der Antragstellerin mit Telefax vom 31.7.2009 bekannt gegeben worden. Nach den Angaben der Antragsgegnerin ende die Stillhaltefrist am 14.08.2009. Dies sei länger als die im Unterschwellenbereich an sich geltende Frist. Aufgrund der Vorgabe in der Zuschlagsentscheidung sei jedoch der 14.08.2009 verbindlich und der Antrag noch rechtzeitig.
Werde die Stillhaltefrist in der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung falsch, weil irrtümlich mit 14 Tagen anstelle von 7 Tagen, bekannt gegeben, könne der Bieter darauf vertrauen. Die Anfechtungsfrist laufe bis zum Ende der bekannt gegebenen Stillhaltefrist, sohin im vorliegenden Fall bis 14.08.2009. Der Nachprüfungsantrag sei daher im vorliegenden Fall noch rechtzeitig. Es sei sinngemäß die Bestimmung des Paragraph 61, Absatz 3, AVG anzuwenden, welche für den Fall, dass in einem Bescheid eine längere, als die gesetzliche Frist für ein Rechtsmittel angegeben sei, vorsehe, dass das innerhalb der angegebenen Frist eingebrachte Rechtsmittel als rechtzeitig gelte. Dies ungeachtet der Tatsache, dass das Gesetz selbst die Rechtsmittelfrist genau regle. Der Schutzzweck des Paragraph 61, Absatz 3, AVG bestehe darin, die Parteien eines Verfahrens vor den nachteiligen Folgen einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung zu schützen. Die sinngemäße Anwendung dieser Bestimmung gebiete sich deshalb, weil der Auftraggeber es sonst in der Hand hätte, in der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung eine Falle einzubauen. Diese Möglichkeit könne nicht Zweck der Neuregelung des Inhalts der Zuschlagsentscheidung gewesen sein, die im BVergG 2006 vorgenommen worden sei. Auch der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 06.06.2005, B 76/04, bereits einmal klargestellt, dass die Stillhaltefrist, obwohl es sich um eine durch Gesetz festgelegte Frist handle, welche ex lege nicht erstreckbar sei, bei Vorliegen besonderer Umstände zwingend zu verlängern sei.
Gerade im vorliegenden Fall, in dem die Angebotssummen zumindest zum Teil oberhalb der Schwellenwerte liegen, sei ein Bieter besonders schutzwürdig, weil er davon ausgehen könne, dass damit das Verfahren und die gesetzlichen Bestimmungen für Vergaben oberhalb der Schwellenwerte eingreife. Die genannte Frist sei daher plausibel. Dass es sich hier um einen Fehler handle, habe daher nicht auffallen müssen. Die Bieter seien daher im Vertrauen auf die in der Zuschlagsentscheidung bekannt gegebene Frist besonders schutzwürdig.
Die Versäumung der Frist sei für die Antragstellerin mit einem gravierenden Nachteil verbunden, weil damit der Auftrag verloren wäre. Der oben angeführte Schade würde damit verwirklicht werden. Die Antragstellerin habe erst am 12.08.2009 ihrer Rechtsvertreterin den Ausschreibungstext übermittelt, in dem es heiße, dass es sich um eine Vergabe unterhalb des Schwellenwertes handle. Zu diesem Zeitpunkt sei die 7-tägige Frist bereits abgelaufen. Die Antragstellerin habe nicht früher tätig werden können, weil sie auf das von der ausschreibenden Stelle vorgegebene Fristende vertraut habe. Es treffe die Antragstellerin daher kein Verschulden oder äußerstenfalls nur ein minderer Grad des Versehens. Es werde gleichzeitig beantragt, dem Wiedereinsetzungsantrag aufschiebende Wirkung zur Wahrung des Rechtsschutzes zuzuerkennen.
1.2.Auftraggeber
Die Auftraggeber erteilten in ihrer Stellungnahme vom 19.8.2009 allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren und legten am 24.8.2009 dem Bundesvergabeamt die Originalunterlagen vor.
1.2.1 Zum Nachprüfungsantrag
Das gegenständliche Vergabeverfahren sei als offenes Verfahren im Unterschwellenbereich nach dem Billigstbieterprinzip österreichweit ausgeschrieben und durchgeführt worden. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handle es sich um Bauleistungen CPV Code 45231300 (Hauptgegenstand) und CPV Code 452333120 (Ergänzungsgegenstand) im Unterschwellenbereich. Der geschätzte Auftragswert betrage beim Auftraggeber Abwasserverband Karnische Region netto Euro 4,406.160,89.- und beim Auftraggeber Marktgemeinde Kirchbach netto Euro 1,783.225,61.- Für die Obergruppen 1-5 des Angebotes habe die Firma G*** GmbH den Prüfbericht erstattet und für die Obergruppen 6-8 die Firma H*** GmbH. Die Angebotsöffnung sei am 12.5.2009 erfolgt und habe folgende Reihung ergeben:
1. E***GmbH Euro 5,481.153,22
2. D***Bau GmbH, Euro 6.189.386,50
3. F***GmbH, Euro 6.398.561,30
4. BG A***/B***/C*** Euro 6.678.195,43
Danach sei eine vertiefte Angebotsprüfung durchgeführt worden. Nach Angebotsprüfung sei das Angebot der E*** GmbH ausgeschieden worden. Mit Telefax vom 31.7.2009 sei sämtlichen Bietern die Zuschlagsentscheidung zugunsten der D***Bau GmbH mitgeteilt worden. Eine Zuschlagserteilung sei noch nicht erfolgt.
Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin habe alle geforderten Bestandteile gemäß B3 und B20 der Ausschreibung enthalten und seien alle Bestandteile des Angebotes von dieser mit der beigelegten CD erfüllt, was auch der Prüfbericht bestätige. Ebenso habe die Firma F***alle geforderten Bestandteile des Angebotes und Unterlagen erbracht. Keiner der von der Antragstellerin genannten Gründe zur Ausscheidung des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin liege vor. Alle Festlegungen in B20 der Ausschreibungsunterlagen seien erfüllt. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin sei befugt, die angebotenen Arbeiten durchzuführen. Richtig sei, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin nicht über das Gewerbe der Gas- und Sanitärtechnik verfüge. Die Verlegung von Trinkwasserleitungen bestehe im weit überlegenen wesentlichen Anteil in der Durchführung von Baumeisterleistungen im Rahmen des Baumeistergewerbes, beginnend von Aushub, Bettung, Rohreinbringung, Schüttung, Verdichtung und wäre nur für die Verbindung der Rohre und allfällige Desinfizierung dieser das Gewerbe der Gas- und Sanitärtechnik befugt. Für diesen Bereich könne die präsumtive Zuschlagsempfängerin die Bestimmung des §32 GewO für sich nützen, da diese Leistungen jenen geringen Umfang des Fremdgewerbes umfassen, die die eigenen Leistungen wirtschaftlich sinnvoll ergänzen. Durch die G***consult ZT gmbh sei der Anteil der Installationsarbeiten ermittelt worden und umfassen die Baumeisterleistungen einen Anteil von 99,55% des Gesamtauftrages und jene des Installateurs von 0,45%. Es entspreche der Anteil des Gas- und Sanitärtechnikgewerbes der normierten Geringfügigkeit. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe die I***Bau GmbH als Subunternehmer bekannt gegeben und verfüge die I*** Bau GmbH über die Gewerbeberechtigung der Gas- und Sanitärtechnik. Selbst wenn der Leistungsanteil des Gas- und Sanitärgewerbes nicht der Geringfügigkeit unterliegen würde, sei die Gewerbebefugnis des Subunternehmers wirksam. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin verfüge auch über das Handelsgewerbe mit Baustoffen, sodass die Beschaffung der diesbezüglichen Materialien gewerblich klar gedeckt sei. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe den Auftraggebern das Schreiben vom 19.08.2009, gerichtet an die Bezirkshauptmannschaft Hermagor als zuständige Gewerbebehörde und die Antwort-E Mail vom 19.08.2009 übermittelt, wonach nach Ansicht der dortigen Gewerbebehörde die Verlegung von Wasserleitungsrohren vom Berechtigungsumfang des Baumeistergewerbes abgedeckt werde. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin sei daher gewerberechtlich befugt, die angebotenen Leistungen gemäß Ausschreibung auszuführen. Es liegen somit die von der Antragstellerin genannten zwei Gründe, Unvollständigkeit des Anbotes und mangelnde Gewerbeberechtigung, die zur Ausscheidung des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin führen sollten, nicht vor.
Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin sei jedoch verspätet. Die Stillhaltefrist im Unterschwellenbereich sei mit sieben Tagen festgelegt. Diese Stillhaltefrist sei der Parteidisposition entzogen, da das BVergG 2006 eigene Festlegungen für Stillhaltefristen und Anfechtungsfristen normiert. Auch unterliege die Stillhaltefrist nicht einer unmittelbaren Anwendung des §61 Absatz 3, AVG, da das Nachprüfungsverfahren kein Rechtsmittelverfahren mit aufsteigendem Instanzenzug, sondern ein Aufsichtsverfahren sei. Die im Nachprüfungsverfahren festgesetzten Fristen können von den Parteien nicht geändert werden. Jede Änderung der gesetzlichen Fristen bleibe wirkungslos. Der Antrag auf Nachprüfung sei daher verfristet.
1.2.2. Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Im Antrag auf Wiedereinsetzung bringe die Antragstellerin vor, dass sie ihrer Rechtsvertreterin erst am 12.8.2009 den Ausschreibungstext übermittelt habe und dort ausgeführt sei, dass es sich um eine Vergabe im Unterschwellenbereich handle. Der Antragstellerin als Partei in einem Vergabeverfahren müssten die gesetzlichen Fristen bekannt sein. Alle drei Mitglieder der Bietergemeinschaft seien Unternehmungen, die zumeist von der öffentlichen Hand beauftragt würden und daher die Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes genau kennen müssten. Der Umstand, dass erst am 12.08.2009 der Text der Rechtsvertreterin der Antragsteller weitergegeben worden sei, liege ausschließlich im Handlungs- und Wirkungsbereich der Antragstellerin und könne keinen Grund für eine Wiedereinsetzung im Sinne des §71 AVG darstellen. Die Antragstellerin unterlasse es, glaubhaft zu machen, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne ihr Verschulden gehindert gewesen sei, die Frist von 7 Tagen einzuhalten. Dass in der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung eine unrichtige und gesetzwidrige Stillhaltefrist enthalten sei, entbinde die Antragstellerin nicht, diese Frist mit den gesetzlich festgelegten abzustimmen und zu prüfen. Das Vertrauen auf die Richtigkeit der bekannt gegebenen Stillhaltefrist stelle ebenfalls kein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar, welches die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ermögliche. Es werde daher beantragt, dem Antrag auf Wiedereinsetzung keine Folge zu geben.
1.3.Präsumtive Zuschlagsempfängerin
Mit Schriftsatz vom 19. 8 2009 erhob die präsumtive Zuschlagsempfängerin
begründete Einwendungen und führte ergänzend mit Schriftsatz vom 28.8.2009
aus, dass, sollte der Zuschlag an ein anderes Unternehmen erfolgen, dies
für den örtlichen Arbeitsmarkt und Wirtschaftsraum von größtem Nachteil
wäre. Zudem würden keinerlei Gründe dafür vorliegen, das Angebot auszu-
scheiden bzw. nicht den Zuschlag zu erteilen. Es seien sämtliche in der
Ausschreibung geforderten Bestandteile des Angebotes zum Teil im Hauptange-
bot, zum Teil auf der mitgelieferten CD beinhaltet, somit ein vollständi-
ges Angebot abgegeben worden.
Es sei nicht richtig, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfänge-
rin in den Bestandteilen mangelhaft sei. Das Unternehmen habe sich in den
letzten Jahren mehrfach bei Ausschreibungen nach Maßgabe des Bundesvergabe-
gesetzes mit Errichtung von Wasserleitungsanlagen beschäftigt und diese
hergestellt. Dies könne auch aus den vorgelegten Referenznachweisen ent-
nommen werden. Niemals sei bei der Vergabe eine allfällige fehlende Gewer-
beberechtigung beanstandet worden, vielmehr verfüge die präsumtive Zu-
schlagsempfängerin über die Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Baumeis-
tergewerbes und neben anderen Berechtigungen auch für den Handel mit Bau-
materialien. Der Anteil an Leistungen am Gesamtprojekt, der allfällig dem
Installateurgewerbe zugehöre, sei so minimal, dass dieser vom Baumeisterge-
werbe erfasst sei. Aufgrund des von der Antragstellerin erhobenen Einwan-
des habe man sich an die zuständige Gewerbebehörde der Bezirkshauptmann-
schaft Hermagor gewandt und eine diesbezügliche Anfrage gestellt. Von
dort sei mitgeteilt worden, dass die Tätigkeit der präsumtiven Zuschlags-
empfängerin im Rahmen der Herstellung und Verlegung einer Wasserleitung
gemäß dem gegenständlichen Bauauftrag vom Baumeistergewerbe umfasst sei.
Diese Auskunft sei auch den Auftraggebern übermittelt worden. Es werde da-
her beantragt, den Anträgen der Antragstellerin keine Folge zu geben.
In der am 4.9.2009 vor dem Bundesvergabeamt durchgeführten mündlichen Verhandlung führte DI J***, von der Vorsitzenden als Auskunftsperson befragt, aus, dass der Antragstellerin die Zuschlagsentscheidung vom 31.7.2009 an diesem Tag auch tatsächlich zugegangen sei und zwar direkt ihm selbst. DI J*** gab weiter an, als Niederlassungsleiter der A*** Bau GmbH von der ARGE als der für das gegenständliche Projekt zuständige Koordinator und Ansprechpartner nominiert worden zu sein und daher für die Angebotsbearbeitung, für den gesamten Schriftverkehr und die weiteren diesbezüglichen Vorgangsweisen zuständig zu sein. Im Falle der Zuschlagserteilung an die Antragstellerin würde DI J*** Geschäftsführer der antragstellenden Bietergemeinschaft werden. Über eingehende Schriftsätze wie z.B. den gegenständlichen Nachprüfungsantrag werde, so führte DI J*** weiter aus, mit den jeweiligen ARGE-Partnern gesprochen. Auch die Zuschlagsentscheidung sei von ihm noch am selben Tag, also am 31.7.2009, an die zuständigen ARGE-Partner, nämlich an Herrn K*** von der C*** Baugesellschaft mbH und an Herrn L*** von der B*** Hoch- und Tiefbau GmbH, gesendet worden. Die nächsten Tage habe er aber nichts von den Partnern gehört und er selbst habe auch keinen Kontakt, auch nicht telefonisch, mit den ARGE-Partnern aufgenommen. Auch mit den Auftraggebern sei kein Kontakt hergestellt worden, da aufgrund des in der Zuschlagsentscheidung angegeben Endes der Stillhaltefrist angenommen worden sei, es bestünde ohnehin genug Zeit für eine Anfechtung. Erst 3 bis 4 Tage später sei ein telefonischer Kontakt mit den ARGE Partner, Herrn K*** und Herrn L***, zustande gekommen und sei ein Termin für eine Woche später für eine Besprechung über die weitere Vorgangsweise festgelegt worden. Am 12.8.2009 habe diese Besprechung bei der Fa. C*** stattgefunden. Im Zuge dieses Gespräches sei vereinbart worden, die Zuschlagsentscheidung vom 31.7.2009 anzufechten. Da sich die übrigen Partner nicht sehr um die gegenständliche Angelegenheit kümmerten, sei auf Vorschlag von DI J*** der "Firmenanwalt" der A***, RA Y***, mit der Angelegenheit betraut worden, zumal dieser seit mehr als 10 Jahren für dieses Unternehmen tätig sei. Dies sei am 12.8.2009 entschieden worden und sei Dr. Y*** auch per e-mail vom selben Tag verständigt worden.
Auf Befragen, an wie vielen Vergabeverfahren sich die A*** Bau GmbH & Co KG alleine bzw. auch in Kooperation mit anderen Unternehmen jährlich beteilige, führte DI J*** aus, dass es sich um 200 Vergabeverfahren jährlich handle. Auf weiteres Befragen, ob DI J*** wisse, was Oberschwellenbereich und Unterschwellenbereich bedeutet und welche Schwellenwerte maßgeblich seien, wurde dies von DI J*** bejaht und gab dieser an, dass die Grenze etwa bei 5 Mio. Euro liege. Die Fa. A*** habe auch schon einige Vergabeverfahren angefochten. Nach Kontaktierung des RA Dr. Y*** am 12.8.2009 seien diesem die Unterlagen übermittelt worden.
Auf Befragen gab der rechtsfreundliche Vertreter der Antragstellerin an, er habe im Zuge der Recherchen festgestellt, dass die Stillhaltefrist, die laut Bekanntgabe in der Zuschlagsentscheidung am 14.8.2009 ende, aufgrund der Zuordnung zum Unterschwellenbereich nur 7 Tage und nicht 14 Tage betrage und daher das Ende der Frist für den Nachprüfungsantrag nicht der 14.8.2009, sondern richtigerweise der 7.8.2009 gewesen wäre. Zur Stillhaltefrist befragt, führte der rechtsfreundliche Vertreter der Antragstellerin aus, dies sei jene Frist, innerhalb der der Auftraggeber den Zuschlag nicht erteilen dürfe und die dem Bieter zur Verfügung stehe um den Nachprüfungsantrag zu stellen.
Auf Befragen, ob die Antragstellerin die Ausschreibungsunterlagen kenne, wurde dies bestätigt und darauf hingewiesen, dass diese auch dementsprechend unterschrieben worden seien.
Unter Hinweis auf die Bestimmungen des Paragraph 71, AVG betreffend die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führte die rechtsfreundliche Vertretung der Antragstellerin aus, dass das unvorhergesehene Ereignis die unrichtige Angabe des Endes der Stillhaltefrist gewesen sei, was dazugeführt habe, dass die Bietergemeinschaft der Ansicht gewesen sei, spätestens bis zum 14.8.09 den Nachprüfungsantrag einzubringen zu müssen. Hinsichtlich des minderen Grades des Versehens bzw. des Nichtvorliegens eines Verschuldens wurde ausgeführt, dass die nicht juristisch geschulten Mitarbeiter der BG, insbesondere Herr DI J*** als Bauingenieur, nicht wissen habe müssen, dass es angezeigt gewesen wäre, die vom Auftraggeber angegebene Stillhaltefrist dahingehend zu überprüfen, dass von dieser abzuleiten sei, dass der 14.8.09 der letzte Tag der Frist für die Stellung des Nachprüfungsantrages sei. Insbesondere sei es auch deshalb nicht aufgefallen, dass das Vergabeverfahren möglicherweise im Unterschwellenbereich liege, weil die Angebotssummen, insbesondere jene der Antragstellerin und auch der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, oberhalb der für den Unterschwellenbereich maßgeblichen Schwellenwerte liegen. Es mache nämlich beim Ausfüllen des Angebotes keinen Unterschied für einen Bieter, ob Unter- oder Oberschwelle, weil dieser erst an seiner ausgefüllten Angebotssumme die Höhe des Betrags sehe und die Zuordnung erkenne. Daher könne auch die Angabe des Auftraggebers, ob Oberschwellenbereich oder Unterschwellenbereich überlesen werden. Selbst wenn dies der Antragstellerin zum Zeitpunkt des Ausfüllens des Angebotes, nämlich Anfang Mai 2009, bewusst gewesen wäre, hatte die Antragstellerin dies bis zum 31.7.2009 bereits wieder vergessen gehabt. Aus der Tatsache, dass sie dies vergessen habe, könne ihr jedoch kein Vorwurf gemacht werden.
Erläuternd führte die Antragstellerin aus, dass es einem Bieter beim Ausfüllen der Angebotsunterlagen gar nicht bewusst werde, ob es sich um ein Unterschwellenverfahren oder um ein Oberschwellenbereich handle. Dies ergebe sich für einen Bieter nur aus der tatsächlichen Angebotssumme und aufgrund dieser Summen habe die Antragstellerin im gegenständlichen Verfahren auch davon ausgehen können, dass es sich um ein Verfahren im Oberschwellenbereich und damit um entsprechend längere Fristen handle. Es würde die Sorgfaltspflicht für Bieter nämlich überspannen, wenn sie alle Details einer so umfangreichen Ausschreibung über einen so langen Zeitraum hinweg im Kopf behalten müssten, gerade wenn sie sich bei so vielen Vergabeverfahren beteiligen und so viele Angebote legen, wie dies bei der Antragstellerin der Fall sei.
Auf Befragen der Vorsitzenden, ob die Ausschreibung oder die Ausschreibungsunterlagen angefochten worden seien, wurde dies von der Antragstellerin verneint.
Der Auftraggeber bestritt die Ausführungen der Antragstellerin, verwies auf die Schriftsätze, insbesondere auch auf das Deckblatt und alle wesentlichen Teile der Ausschreibungsunterlagen, wo auch der Begriff "Unterschwellenbereich" dezidiert angeführt sei und somit für den Bieter auf den ersten Blick erkennbar sei.
Aufgrund der Akteninhalte, der vorgelegten Originalunterlagen und der Stellungnahmen des Auftraggebers, der Antragstellerin und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, wird folgender Sachverhalt festgestellt.
Im April 2009 schrieben der Abwasserverband Karnische Region und die Marktgemeinde Kirchbach gemeinsam im Zuge der Kanalbaumaßnahmen für die Errichtung eines weiteren Bauabschnittes BA15 der Abwasserreinigungsanlage begleitende Baumaßnahmen an der Gemeindeswasserversorgungsanlage, Straßen, Ortsbeleuchtung, Tagwasserkanalisation und Binnenentwässerung nach dem Billigstbieterprinzip im offenen Verfahren im Unterschwellenbereich aus. Im gesamten Verbandsgebiet der Karnischen Region werden 18 Bauabschnitte errichtet, wobei der gegenständliche Bauabschnitt BA 15 die Herstellung der Ortsnetze Stranig, Goderschach, Griminitzen, Gundersheim und Grafendorf sowie den Verbandsammler Geil - 5. Teil in der Marktgemeinde Kirchbach umfasst. Laut Angaben der Auftraggeber wurde das Einreichprojekt mit 9. Juli 2007 bereits wasserrechtlich genehmigt. Die gegenständliche Ausschreibung beinhaltet die Herstellung der Abwasserbeseitigungsanlage der oben genannten Ortsnetze, die Erneuerung und Erweiterung der GWVA Gundersheim, Grafendorf und Griminitzen sowie diverse Nebenarbeiten für die Marktgemeinde Kirchbach (Straßenbau, Ortsbeleuchtung, TW-Kanalisation und Binnenentwässerung). Im Interesse einer wirtschaftlichen Vorgehensweise wurden die geplanten Kanalbauarbeiten des Abwasserverbandes Karnische Region gemeinsam mit den Arbeiten für die Wasserversorgungsanlagen in der Marktgemeinde Kirchbach und den zusätzlichen Nebenarbeiten für die Marktgemeinde Kirchbach ausgeschrieben. In der Ausschreibung wurden dafür eigene Obergruppen - 0G01 für die Baustellengemeinkosten aller Baumeisterarbeiten, OG02 - OG05 für ABA, OGO6 - OG07 für GWVA und OG08 für diverse Nebenarbeiten für die Marktgemeinde Kirchbach- vorgesehen. Die Vergabe der Leistungen aller Obergruppen erfolgt gemeinsam für alle Auftraggeber. Ein getrennter Zuschlag von einzelnen Obergruppen ist nicht vorgesehen. Teilangebote, Abänderungsangebote und Alternativangebote sind nicht zugelassen. Gemäß Punkt B 11 der Ausschreibungsbestimmungen ist ein Datenträgeraustausch gemäß ÖNORM B 2063, als Gesamtfertigstellungszeitpunkt ist der 31.10.2011 vorgesehen. Die Absendung der Vergabebekanntmachung in Österreich (Wiener Lieferanzeiger und Kärntner Landeszeitung) erfolgte nach Angaben der Auftraggeber am 16.4.2009.
Gemäß Punkt A (Deckblatt Angebotsschreiben) der Ausschreibungsunterlagen ist bei den angeführten zwei Begriffen "Unterschwellenbereich" und "Oberschwellenbereich" der Begriff Oberschwellenbereich durchgestrichen.
Gemäß Punkt B 16 (Sonstige Vergaberegelungen) der Ausschreibungsbestimmungen erfolgt die Vergabe der gegenständlichen Leistungen " nach den einschlägigen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes BVergG 2006 für den Unterschwellenbereich und den dazu ergangenen Verordnungen".
Die Antragstellerin hat rechtzeitig neben 6 weitern Bietern ein Angebot mit einer Angebotssumme von netto Euro 6,778.195,43 gelegt. Die Angebotsöffnung, bei der Vertreter sämtlicher Bieter, ausgenommen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, anwesend waren, erfolgte am 12.5.2009, 10.05 Uhr und hat folgende Reihung ergeben:
1. E*** GmbH Euro 5,481.153,22
2. D*** Bau GmbH, Euro 6.189.386,50
3. F*** GmbH, Euro 6.398.561,30
4. BG A***/B***/C***. Euro 6.678.195,43
Nach Angebotsprüfung wurde gemäß Prüfbericht vom 13.7.2009 das billigste Angebot der E*** GmbH ausgeschieden und somit das Angebot der D*** GmbH an
Mit Telefax vom 31.7.2009 haben die Auftraggeber sämtlichen Bietern die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Fa. D*** Bau GmbH mit einer Vergabesumme von netto Euro 6,189,386,50.- bekanntgegeben und angeführt, dass die "Stillhaltefrist am 14.August 2009 endet".
Mit Schriftsatz datiert 13. 8. 2009, protokolliert beim Bundesvergabeamt am 14.8.2009, hat die Antragstellerin die einleitend angeführten Anträge eingebracht mit der Begründung, die Zuschlagsentscheidung sei rechtswidrig, weil das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wegen Unvollständigkeit des Angebots und mangelnder Befugnis ausgeschieden hätte werden müssen. Ebenso hätte das Angebot der zweitgereihten F*** GesmbH ausgeschieden werden müssen. Bei rechtmäßiger Vorgangsweise wäre vielmehr dem Angebot der Antragstellerin der Zuschlag zu erteilen.
Darüber hinaus beantragte die Antragstellerin ue die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Paragraph 71, AVG mit der Begründung, der Nachprüfungsantrag sei deshalb nicht innerhalb der für den Unterschwellenbereich maßgeblichen Antragsfrist von 7 Tagen gestellt worden, weil die Auftraggeber in der Zuschlagsentscheidung das Ende der Stillhaltefrist fälschlich mit 14.8.2009 anstatt des für den Unterschwellenbereich maßgeblichen Endes mit 7.8.2009 angeführt haben.
Weder die Ausschreibung noch einzelne Ausschreibungsbestimmungen wurden bekämpft.
Die Verständigung des Auftraggebers ist erfolgt (OZ 3), die Antragstellerin hat Pauschalgebühren in der Höhe von Euro 7.500.- bezahlt. Der Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren wurde noch nicht erteilt, ein Widerruf hat nicht stattgefunden.
Mit Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 20.8.2009, OZ EV9, wurde dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben.
Der präsumtive Zuschlagsempfänger hat gemäß Paragraph 324, Absatz 3, BVergG 2006 rechtzeitig begründeten Einwendungen (OZ 6) gegen die von der Antragstellerin begehrten Entscheidungen erhoben, sodass dieser Parteistellung gemäß Paragraph 324, Absatz 3, BVergG 2006 zukommt.
Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den genannten Quellen. Die herangezogenen Beweismittel sind echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf.
Das Bundesvergabeamt hat erwogen:
3.1 Zuständigkeit des Bundesvergabeamtes und Zulässigkeit des Antrages
Auftraggeber im Sinne des Paragraph 2, Ziffer 8, BVergG 2006 sind der Abwasserverband Karnische Region und die Marktgemeinde Kirchbach. Der Abwasserverband Karnische Region wurde auf Grundlage der Paragraphen 87, ff WRG gegründet. Es handelt sich damit um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die zu dem Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen, die nicht gewerblicher Art sind. Verbandszweck ist die Reinigung von Abwässern sowie die Reinhaltung von Gewässern samt Beseitigung der angelaufenen Abfallstoffe. Diese Tätigkeit wird nicht gewerblich ausgeübt, da kein Wettbewerb in diesem Bereich stattfindet, Anschlusszwang besteht und die Tätigkeit der Abwasserentsorgung und -reinigung nicht auf Gewinn ausgerichtet ist. Als Wasserverband ist er eine Körperschaft öffentlichen Rechts und genießt daher Rechtsfähigkeit. Der Abwasserverbandverband Karnische Region ist somit öffentlicher Auftraggeber gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Ziffer 2, BVergG 2006.
Auftragsvergaben der Marktgemeinde Kirchbach fallen nicht in den Vollzugsbereich des Bundes, da jedoch gemäß den Angaben der Auftraggeber und den Festlegungen in den Ausschreibungsbestimmungen der Teil der ausgeschriebenen Leistungen, die für den Abwasserverband Karnische Region zu erbringen sind ( OG 1 anteilig 02,03,04 und 05), deutlich größer ist als jene für die Marktgemeinde Kirchbach (OG 1 anteilig 06,07 und 08) zu erbringenden Leistungen, bedingt der im Verhältnis zum Auftragswerte des Abwasserverbandes Karnische Region geringere Auftragswert der Marktgemeinde Kirchbach, dass das Bundesvergabeamt zur Überprüfung des gesamten Vergabeverfahrens zuständig ist.
Das gegenständliche Vergabeverfahren wird von der G*** consult ZT gmbh und der H*** GmbH im Auftrag und im Namen der Auftraggeber geführt. Diese fungieren daher als vergebende Stellen iSd Paragraph 2, Ziffer 41, BVergG 2006.
Der gegenständliche Auftrag ist als Bauauftrag iSd Paragraph 4, BVergG 2006 zu qualifizieren. Der geschätzte Auftragswert des verfahrensgegenständlichen Auftrags beträgt laut Angaben der Auftraggeber netto Euro 4,406.160,89.- beim Auftraggeber Abwasserverband Karnische Region und beim Auftraggeber Marktgemeinde Kirchbach netto Euro 1,783.225,61.- (ohne USt). Die Veröffentlichung im Amtlichen Lieferanzeiger ist erfolgt. Die Zuschlagsentscheidung wurde mit Schreiben vom 31.7.2009 sämtlichen Bietern bekannt gegeben. Das gegenständliche Vergabeverfahren wurde weder widerrufen noch wurde der Zuschlag erteilt.
Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesvergabeamtes zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend Paragraph 312, Absatz 2, BVergG in Verbindung mit Artikel 14 b, Absatz 2, Ziffer eins, Litera a, B-VG ist sohin gegeben.
Die Zuschlagsentscheidung ging der Antragstellerin nachweislich am 31.7. 2009 zu.
Gemäß Paragraph 321, Absatz , Ziffer 5, BVergG beträgt die Frist zur Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung für den Unterschwellenbereich sieben Tage, daher endete diese Frist gemäß Paragraph 56, Absatz 3, BVergG am 7.8.2009 um 24.00 Uhr.
Gemäß Paragraph 321, Absatz eins, Ziffer 5, BVergG sind Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung im Falle der Durchführung eines Vergabeverfahrens im Unterschwellenbereich binnen sieben Tagen einzubringen. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 13.8. 2009, protokolliert am 14.8.2009, wurde sohin außerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist für die Einbringung von Nachprüfungsanträgen gestellt. Mit Schriftsatz vom selben Tag beantragte die Antragstellerin daher einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Paragraph 71, Absatz eins, AVG 1991.
3.2 Inhaltliche Beurteilung des Antrages
Zu Spruchpunkt I:
Gemäß Paragraph 2, Ziffer 10, BVergG ist die Ausschreibung die an eine bestimmte oder unbestimmte Zahl von Unternehmern gerichtete Erklärung des Auftraggebers, in der er festlegt, welche Leistung er zu welchen Bestimmungen erhalten möchte (Bekanntmachung, Aufruf zum Wettbewerb, Ausschreibungs-, Wettbewerbs und Auktionsunterlagen, Beschreibung der Bedürfnisse und Anforderungen beim wettbewerblichen Dialog).
Gemäß Paragraph 2, Ziffer 48, BVergG ist die Zuschlagsentscheidung die an die Bieter abgegebene, nicht verbindliche Absichtserklärung, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden
Gemäß Paragraph 19, Absatz , BVergG 2006 sind Vergabeverfahren nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.
Gemäß Paragraph 108, Absatz , BVergG 2006 erklärt der Bieter mit der Abgabe seines Angebotes, dass er die Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen kennt, dass er über die erforderlichen Befugnisse zur Ausführung des Auftrages verfügt, dass er die ausgeschriebene Leistung zu diesen Bestimmungen und den von ihm angegebenen Preisen erbringt, und dass er sich bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist an sein Angebot bindet.
Gemäß Paragraph 131, BVergG hat der Auftraggeber den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern unverzüglich und nachweislich mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung hat elektronisch oder mittels Telefax zu erfolgen. Sofern eine nachweisliche Übermittlung elektronisch oder mittels Telefax nicht möglich ist, ist die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung brieflich zu übermitteln. In dieser Mitteilung sind den verbliebenen Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist gemäß Paragraph 132,, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, die Vergabesumme sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmern widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde.
Gemäß Paragraph 132, Absatz eins, BVergG darf der Zuschlag bei sonstiger absoluter Nichtigkeit nicht innerhalb einer Stillhaltefrist von 14 Tagen erteilt werden. Die Stillhaltefrist beginnt bei einer Übermittlung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax mit der Bekanntgabe der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung [...]. Im Falle der Vergabe von Aufträgen [...] nach Durchführung eines Vergabeverfahrens im Unterschwellenbereich verkürzt sich die Stillhaltefrist auf sieben Tage.
Gemäß Paragraph 321, Absatz eins, Ziffer 5, BVergG sind Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung im Falle der Durchführung eines Vergabeverfahrens im Unterschwellenbereich binnen sieben Tagen einzubringen
Der Auftraggeber ist somit gemäß Paragraph 131, BVergG verpflichtet, den Bietern in der Zuschlagsentscheidung das Ende der Stillhaltefrist bekannt zu geben, nicht jedoch zur Angabe der Frist, innerhalb der ein Nachprüfungsantrag gemäß Paragraph 321, BVergG einzubringen ist. Nach dem System des BVergG 2006 ist die verfahrensrechtliche Frist des Paragraph 321, BVergG zur Einbringung eines Nachprüfungsantrages von der materiellrechtlichen Stillhaltefrist gemäß Paragraph 132, BVergG "entkoppelt" und grundsätzlich von dieser losgelöst. Mit dem Zugang der Zuschlagsentscheidung erlangt der Bieter unmittelbar Kenntnis von der getroffenen, gesondert anfechtbaren Zuschlagsentscheidung und beginnt damit die Frist des Paragraph 321, Absatz eins, BVergG zu laufen. Im gegenständlichen Fall gilt somit die Frist des Paragraph 321, Absatz eins, Ziffer 5, BVergG, wonach Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung binnen sieben Tagen ab dem Zeitpunkt einzubringen sind, in dem der Antragsteller von der gesondert anfechtbaren Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder erlangen hätte können vergleiche BVA 15.6.2009, N/0035-BVA/09/2009-63).
Von dieser Frist zur Einbringung eines Nachprüfungsantrages durch einen Bieter, mit dem dieser eine gesondert anfechtbare Entscheidung des Auftraggebers bekämpfen kann, ist die für den Auftraggeber maßgebliche Stillhaltefrist zu unterscheiden, innerhalb der der Auftraggeber bei sonstiger absoluter Nichtigkeit den Zuschlag nicht erteilen darf (Paragraph 132, Absatz eins, BVergG; vergleiche Aicher, in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Kommentar zum BVergG 2006, Paragraph 131, Rz 40).
Wenn die Antragstellerin nun vermeint, dass das von den Auftraggebern in der Zuschlagsentscheidung vom 31.7.2009 irrtümlich bekannt gegebene Ende der Stillhaltefrist maßgeblich ist für die Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung, verkennt diese, dass die Stillhaltefrist nicht zugleich die Frist für die Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung ist und die Stillhaltefrist auch nicht notwendiger Weise mit der Frist zur Einbringung eines Nachprüfungsantrages übereinstimmen muss, es vielmehr auch vorkommen kann, dass die Anfechtungsfrist länger ist als die Stillhaltefrist vergleiche BVA 15.6.2009, N/0035-BVA/09/2009-63). Paragraph 321, BVergG 2006 verweist in seinen Regelungen betreffend die Fristen für Nachprüfungsanträge demnach auch nicht mehr auf die Stillhaltefrist des Paragraph 132, BVergG 2006, vielmehr ist die Nachprüfungsfrist des Paragraph 321, BVergG 2006 "autonom" geregelt (so Aicher, in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Kommentar zum BVergG 2006, Paragraph 132,, Rz 4). Wenn die Antragstellerin daher davon ausgeht, dass das Ende der Stillhaltefrist zugleich auch das Ende der Frist zur Einbringung eines Nachprüfungsantrages ist, unterliegt diese diesbezüglich einem Rechtsirrtum.
Das gegenständliche Vergabeverfahren wurde gemäß den Ausschreibungsbedingungen als Bauauftrag im Unterschwellenbereich ausgeschrieben vergleiche Ausschreibung Deckblatt A und Punkt B 16 der Ausschussbericht Die Zuschlagsentscheidung wurde der Antragstellerin nachweislich am 31.7. 2009 bekannt gegeben. Das Ende der Stillhaltefrist beträgt gemäß Paragraph 132, Absatz eins, BVergG sieben Tage und wäre somit der 7.8.2009, 24 Uhr. Das Ende der verfahrensrechtlichen Frist nach Paragraph 321, BVergG 2006 zur Einbringung eines Nachprüfungsantrages wäre in gegenständlichem Fall ebenfalls Freitag der 7.8.2009, 24 Uhr, gewesen vergleiche Paragraph 33, Absatz 2, AVG).
Der mit 14.8.2009 protokollierte Nachprüfungsantrag wurde somit außerhalb der gesetzlichen Frist für die Einbringung eines Nachprüfungsantrages beim Bundesvergabeamt eingebracht. Die Antragstellerin hat somit die Frist zum Einbringen eines Nachprüfungsantrages versäumt.
Versäumt ist eine Frist dann, wenn der Lauf der Frist für eine Prozesshandlung durch den gesetzlich vorgesehenen Akt ausgelöst wurde und die Frist ungenutzt verstrichen ist (VwGH 29.3.2001, 2000/20/0545). Die Partei muss durch die Versäumung der Frist oder der Verhandlung einen Rechtsnachteil erleiden. Dies bedeutet, dass sie wegen der Versäumung der Frist eine sonst mögliche Prozesshandlung nicht mehr setzen kann. Ob die versäumte Prozesshandlung erfolgreich gewesen wäre, ist für die Frage der Wiedereinsetzung nach herrschender Ansicht ohne Bedeutung vergleiche Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, Seite 307). Im gegenständlichen Fall wurde der Lauf der Frist durch die Zuschlagsentscheidung des Auftraggebers vom 31.7.2009 ausgelöst und ist die siebentätige Frist gemäß Paragraph 321, Absatz , Ziffer 7, BVergG ungenutzt verstrichen.
Bei den Antragsfristen gemäß Paragraph 321, BVergG handelt es sich um verfahrensrechtliche Fristen, deren Berechnung nach den Paragraphen 32 f, f, AVG erfolgt. Gegen die Versäumung verfahrensrechtlicher Fristen steht grundsätzlich das Rechtsinstrument der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Paragraph 71 f, f, AVG offen vergleiche Pointner in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2006, Paragraph 321, Rz 2 und 32) und kommt nur bei der Versäumung verfahrensrechtlicher Fristen in Betracht (VwGH 15.03.1995, 95/01/0035; vergleiche BVA 15.6.2009, N/0035-BVA/09/2009-63).
Gemäß Paragraph 71, Absatz eins, AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn: a) die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder b) die Partei die Rechtmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei. Gemäß Absatz 2, leg. cit. muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden. Gemäß Absatz 3, leg. cit. hat Im Falle der Versäumung einer Frist die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen und gemäß Absatz 4, leg cit ist zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Handlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat.
Mit Schriftsatz protokolliert am 14.8.2009 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Paragraph 71, AVG gestellt, der sich gegen die Versäumung der Frist zur Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung richtet. Begründet führte die Antragstellerin im Wesentlichen aus, der Auftraggeber habe das Ende der Stillhaltefrist falsch angegeben, nämlich mit 14.8.2009 statt mit für den Unterschwellenbereich maßgeblichen 7.8.2009. Aufgrund dieser Angabe und der Tatsache, dass die Angebotssummen über dem für den Unterschwellenbereich maßgeblichen Schwellenwert, somit im Oberschwellenbereich, liegen, habe die Antragstellerin davon ausgehen müssen, dass es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich mit entsprechend längeren Fristen handle und daher ein Nachprüfungsantrag am 14.8.2009 fristgerecht sei. Zudem sei sinngemäß die Bestimmung des Paragraph 61, Absatz 3, AVG anzuwenden, welche für den Fall, dass in einem Bescheid eine längere, als die gesetzliche Frist für ein Rechtsmittel angegeben sei, vorsehe, dass das innerhalb der angegebenen Frist eingebrachte Rechtsmittel als rechtzeitig gelte.
Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung ist das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes, der gemäß Paragraph 71, AVG dann gegeben ist, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, wobei gemäß Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 6.5.2004, 2001/20/0195, mwN) auch ein Rechtsirrtum (Unkenntnis von Rechtsvorschriften) einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen kann, jedoch nur unter der Bedingung, dass die weiteren Voraussetzungen, insbesondere mangelndes Verschulden bzw. minderer Grad des Versehens, vorliegen vergleiche Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, Seite 308).
Gemäß Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. VwGH 24.1.1996, 94/12/0179) kommt es bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis unabwendbar ist, auf objektive Umstände an; nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann.
Gemäß Judikatur und Lehre ist ein Ereignis unvorhergesehen, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und mit zumutbarer Vorsicht auch nicht vorhergesehen werden konnte (z.B. VwGH 3.4.2001, 2000/08/0214). Ob ein Ereignis unvorhergesehen ist, hängt demnach nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab.
Ein Verschulden der Partei hindert die Wiedereinsetzung nur dann nicht, wenn es sich dabei lediglich um einen minderen Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) handelt. Eine solche liegt dann vor, wenn der Partei ein Fehler unterläuft, der gelegentlich auch einer sorgfältigen Person unterlaufen kann (z.B. VwGH 20.6.2002, 2002/20/0230), wobei bei einem rechtskundigen Parteienvertreter ein höherer Sorgfaltsmaßstab anzulegen ist (z.B. VwGH 22.1.2003, 2002/04/0136). Ausgeschlossen ist die Wiedereinsetzung dann, wenn der Partei Vorsatz oder offenkundige Sorglosigkeit vorzuwerfen ist.
Der geltend gemachte Wiedereinsetzungsgrund muss schon im Wiedereinsetzungsantrag bezeichnet und sein Vorliegen glaubhaft gemacht werden. Die Partei muss also jene Umstände, durch die sie an der Vornahme der Prozesshandlung gehindert wurde, konkret beschreiben. Glaubhaftmachung bedeutet, dass die Antragstellerin Beweismittel anbieten muss, durch die die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens des Wiedereinsetzungsgrundes dargetan wird. Die Behörde hat allein das Vorliegen des geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrundes zu prüfen, wobei eine amtswegige Prüfung, ob allenfalls weitere Gründe für eine Wiedereinsetzung vorliegen, nicht vorgesehen ist. Nach Ablauf der Frist für den Wiedereinsetzungsantrag kann der geltend gemachte Wiedereinsetzungsgrund auch nicht mehr ausgewechselt werden (z.B. VwGH 25.2.2003, 2002/10/0223; vergleiche BVA 15.6.20092009, N/0035-BVA/09/2009-63).
Wird die Wiedereinsetzung wegen Versäumung einer Frist beantragt, hat die Partei nach Paragraph 71, Absatz 3, AVG die versäumte Handlung (hier den Nachprüfungsantrag) gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen. Nach der neuen Rechtssprechung muss aber eine bereits - verspätet - gesetzte Prozesshandlung nicht (gemeinsam mit dem Wiedereinsetzungsantrag) nochmals gesetzt werden. Eine, wenn auch verspätet, bereits gesetzte Prozesshandlung, muss nicht iSd Paragraph 46, Absatz 3, 2. Satz VwGG nachgeholt werden [VwGH verstärkter Senat 19.1.1977, Slg 9226A; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1067, Paragraph 71, AVG, Rz 3b)].
Es war daher zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfüllt sind:
Mit Schriftsatz protokolliert am 14.8.2009 brachte die Antragstellerin ausschließlich vor, dass in der Zuschlagsentscheidung vom 31.7.2009 das Ende der Stillhaltefrist fälschlich mit 14.8.2009 statt mit 7.8.2009 angegeben worden sei und die Antragstellerin daher sowie aufgrund der im Oberschwellenbereich liegenden Höhen der Angebotssummen auch anderer Bieter irrtümlicherweise Weise davon ausgegangen sei, dass der letzte Tag der Frist zur Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung mit dem letzten Tag der Stillhaltefrist endet, somit am 14.8.2009 vergleiche Angaben des Herrn DI J*** und dessen rechtsfreundlichen Vertreter in der mündlichen Verhandlung am 4.9.2009, VH-Schrift OZ 23).
Wie das Bundesvergabeamt mit Bescheid vom 15.6.2009, N/0035-BVA/09/2009-63 ausgeführt hat, kann "ein "Ereignis" iSd Paragraph 71, Absatz eins, Ziffer eins, AVG nach der Judikatur des VwGH nicht nur ein "äußeres" Ereignis, sondern auch ein "Irrtum" sein (VwGH 31.4.2001, 2001/20/0266, VwGH 1.9.2005, 2005/20/0410). Nach der jüngeren Judikatur des VwGH kann auch ein Rechtsirrtum ein solches maßgebliches Ereignis iSd Paragraph 71, Absatz eins, Ziffer eins, AVG darstellen (VwGH 7.6.2000, 99/01/0337; VwGH 18.4.2002, 2001/01/0559; VwGH 20.4.2005, 2004/20/0435; BVA 12.5.2009, N/0014-BVA/04/2009-28 und N/0025-BVA/04/2009-22). Die Frage, ob aufgrund eines Irrtums die Wiedereinsetzung zu bewilligen ist, ist jedoch stets von der Verschuldensfrage abhängig. So käme eine Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im konkreten Fall nach den eindeutigen gesetzlichen Vorgaben nur bei Vorliegen eines minderen Grades des Versehens der Antragstellerin in Betracht vergleiche auch BVA 12.5.2009, N/0014- BVA/04/2009-28, N/0025-BVA/04/2009-22)".
Führt ein Ereignis, das in der irrtümlichen Gleichsetzung von Stillhaltefrist und Frist zur Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung besteht zur Fristversäumnis, ist diesesjedoch grundsätzlich nicht als Ereignis zu qualifizieren, das von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden könnte. Dieses Ereignis ist sohin nicht als "unabwendbares" Ereignis iSd Paragraph 71, Absatz eins, Ziffer eins, AVG zu werten.
Die Beurteilung der Frage, ob der Tatbestand eines "unvorhergesehenen" Ereignisses iSd Paragraph 71, Absatz eins, Ziffer eins, AVG verwirklicht worden ist, hängt nach der Rechtsprechung nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und mit zumutbarer Vorsicht auch nicht vorhergesehen werden konnte vergleiche Thienel in Verwaltungsverfahrensrecht, Seite 308; VwGH 3.4.2001, 2000/08/0214).
Die Antragstellerin ist nach ihren eigenen Angaben davon ausgegangen, dass das vom Auftraggeber in der Zuschlagsentscheidung angegebene Ende der Stillhaltefrist auf ein Verfahren im Oberschwellenbereich schließen lasse, dies auch deshalb, weil die Angebote preislich über dem für den Unterschwellenbereich maßgeblichen Schwellenwert liegen und damit jener Zeitpunkt, bis zu dem ein allfälliger Antrag auf Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung eingebracht werden könne, eben am 14.8.2009, den angegebenen Ende der Stillhaltefrist, ende.
Es war daher weiter zu klären, ob dieses Ereignis von der Antragstellerin auch bei zumutbarer Vorsicht nicht vorherzusehen war und diese im Hinblick auf ihr Verhalten - welches zu dem beschriebenen unvorhergesehenen Ereignis geführt hat - bloß ein minderer Grades des Versehens trifft. Nur für den Fall, dass die Antragstellerin ein Verschulden iS eines bloß minderen Grades des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) trifft, kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt werden.
Festzuhalten ist zunächst, dass die Entscheidung, welche Leistungen der Auftraggeber zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben braucht und welche Leistung oder Menge dafür nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit am besten geeignet ist, dem Auftraggeber überlassen bleiben muss. Er trägt die politische Verantwortung für die Erfüllung seiner Aufgaben und damit für das Funktionieren der zu diesem Zweck beschafften Leistungen gegenüber der Allgemeinheit (BVA vom 21.4.1998, N-13/98-6), wobei als Grenze für die Systemwahl nur das Gebot der Neutralität der Ausschreibung (Paragraph 74, Absatz eins und 3) maßgeblich ist.
Entsprechend den allgemeinen Bestimmungen des Paragraph 80, BVergG 2006 in Verbindung mit Paragraph 19, Absatz eins, leg.cit müssen daher alle Bieter darauf vertrauen können, dass sich der Auftraggeber an die von ihm festgelegten Ausschreibungsbestimmungen hält (EuGH 22.6.1993, Rs C-243/89, Storebaelt; EuGH 25.04.1996 Rs C-87/94- Kommission/Belgien) und die Leistung nach Prüfung der Angebote iSd Paragraph 123, BVergG 2006 unter Berücksichtigung der in den Ausschreibungsbestimmungen festgelegten Zuschlagskriterien vergibt. Abweichungen von den in der Ausschreibung festgelegten Bestimmungen begründen eine Verletzung der wesentlichen Grundsätze des Vergabeverfahrens.
Dem Einwand der Antragstellerin, sie habe aufgrund der Höhe der Angebotssummen der Bieter davon ausgehen können, dass es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich mit demnach entsprechend längeren Fristen handle, ist daher entgegenzuhalten, dass die Antragstellerin mit Abgabe ihres Angebotes gemäß Paragraph 108, Absatz , BVergG erklärt, die in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Bestimmungen zu kennen. Da die Ausschreibung nicht innerhalb der in Paragraph 321, Absatz , BVergG festgelegten Frist angefochten wurde, hat diese Bestandskraft erlangt und ist unveränderliche Grundlage für die Bewertung der Angebote geworden vergleiche BVA vom 22.6.2005, 03N-35/05-26). Damit sind die Bieter und auch der Auftraggeber an die in der Ausschreibung festgelegten Bestimmungen gebunden vergleiche BVA vom 20.3.2003, 12N-10/03-11; BVA 11.12.2003, 17N-115/03-30; BVA 18.8.2003, 10N-60/03-26; BVA vom 13.1.2005, 03N-111/04-10; s. auch Huber-Matauschek in ZVB 10/2005, 286).
Daran vermag auch der in der mündlichen Verhandlung am 4.9.2009 von der Antragstellerin erhobene Einwand, es werde beim Ausfüllen von Angeboten meist überlesen, um welchen Schwellenbereich es sich handle, da sich dies für einen Bieter erst aus der von ihm ausgefüllten Angebotssumme ergebe, sodass die Antragstellerin im gegenständlichen Verfahren eben aufgrund der hohen Angebotssummen davon ausgehen habe können, es liege hier ein Verfahren im Oberschwellenbereich mit entsprechend längeren Fristen vor und es zudem "die Sorgfaltspflicht für Bieter überspannen würde, wenn sie alle Details einer so umfangreichen Ausschreibung über einen so langen Zeitraum hinweg im Kopf behalten müssten, gerade wenn sie sich bei so vielen Vergabeverfahren beteiligen und Angebote legen", und auch der weitere Einwand, selbst wenn es der Antragstellerin zum Zeitpunkt des Ausfüllens ihres Angebotes Anfang Mai 2009 bewusst geworden wäre, dass es sich um ein Verfahren im Unterschwellenbereich handle, sie dies bis zum 31.7.2009 bereits wieder vergessen gehabt hätte und ihr aus der Tatsache, dies vergessen zu haben, kein Vorwurf gemacht werden könne, - wobei anzumerken ist, dass die Antragstellerin bei der Angebotsöffnung am 12.5.2009 laut Protokoll vertreten war - nichts zu ändern. Vielmehr lässt dieses Verhalten der Antragstellerin auf einen gravierenden Mangel in ihrer Gebarung schließen und hat diese nicht nur die Anwendung der Sorgfalt und zumutbaren Vorsicht eines durchschnittlichen fachkundigen Bieters außer Acht gelassen, sondern darüber hinaus auch die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Unternehmers.
Die Zuschlagsentscheidung ist nachweislich am 31. 7.2009 Herrn DI J*** in seiner Funktion als der von der ARGE für das gegenständliche Projekt nominierte Koordinator und Ansprechpartner zugegangen. Über eingehende Schriftstücke, wie z.B. den Nachprüfungsantrag, wird mit den jeweiligen ARGE-Partnern gesprochen, was auch der Fall war (s. Verhandlungsprotokoll vom 4.9.2009). Am 12.8.2009 wurde entschieden, die Zuschlagsentscheidung zu bekämpfen. Am selben Tag wurden die Unterlagen einem Rechtsanwalt übermittelt.
Wenn nun die Antragstellerin vorbringt, dass ihr aufgrund des langen Zeitraumes aus dem "Vergessen", in welchem Schwellenbereich die Auftraggeber das gegenständliche Vergabeverfahren ausgeschrieben haben und aufgrund des in der Zuschlagsentscheidung angegebenen Endes der Stillhaltefrist sowie aus der Tatsache, dass die nicht juristisch geschulten Mitarbeiter, insbesondere DI J*** als Bauingenieur, nicht wissen mussten, relevante Fristen zu überprüfen - zumal laut Angabe von DI J*** in der mündlichen Verhandlung er bereits bei Erhalt der Zuschlagsentscheidung am 31.7.2009 überlegt habe, ob diese angefochten werden soll oder nicht - , kein Vorwurf gemacht werden könne, übersieht diese, dass es "gerade von (juristisch nicht einschlägig gebildeten) Entscheidungsträgern im Sinne der gebotenen gehörigen Aufmerksamkeit und der erforderlichen Sorgfalt im Geschäftsleben zu erwarten und geradezu zu verlangen [ist], dass diese bei "Unklarheiten" in Bezug auf die rechtlichen Folgen einer vom Auftraggeber getroffenen Entscheidung (hier der Zuschlagsentscheidung) Erkundigungen einholen" vergleiche BVA vom 15.6.2009, N/0035-BVA/09/2009-63). Von der Möglichkeit der Nachschau im BVergG oder im AVG, einer Nachfrage beim Auftraggeber oder der zeitgerechten Kontaktierung eines Rechtsanwaltes (erst am 12.8.2009; s. Verhandlungsprotokoll vom 4.9.2009; zumal ein "Firmenanwalt" zur Verfügung stand) oder der Kontaktierung einer gesetzlichen Interessensvertretung hat die Antragstellerin nicht Gebrauch gemacht.
Darüberhinaus übersieht die Antragstellerin, dass es sich bei der Zuschlagsentscheidung gemäß Paragraph 2, Ziffer 48, BVergG um die von einem öffentlichen Auftraggeber an die Bieter abgegebene, nicht verbindliche Absichtserklärung, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden, handelt und nicht um eine hoheitsrechtliche, rechtsverbindliche (normative) Erledigung einer Behörde, mit der in förmlicher Weise über Rechtsverhältnisse materiellrechtlicher oder formalrechtlicher Art abgesprochen wird, weshalb Paragraph 61, AVG keinesfalls Anwendung findet.
Bei der Antragstellerin handelt es sich um eine Bietergemeinschaft bestehend aus Gesellschaften mit beschränkter Haftung, somit um Unternehmer kraft Rechtsform iSd Paragraph 2, Unternehmensgesetzbuch (UGB). Diesen Unternehmen wird gemäß Paragraph 347, UGB bei unternehmensbezogenen Geschäften eine besondere Sorgfaltspflicht auferlegt. Die Beteiligung an einer öffentlichen Ausschreibung mit der Absicht, einen Auftrag zu erhalten, ist als ein diese Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Unternehmers nach sich ziehendes, unternehmensbezogenes Geschäft zu werten. Dementsprechend gebietet die Beteiligung an einer öffentlichen Ausschreibung, sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen im erforderlichen Umfang vertraut zu machen. Bei zumutbarer sorgfältiger Durchsicht der Ausschreibungsunterlagen hätte die Antragstellerin auch als juristisch Unkundige erkennen müssen, dass das Bundesvergabegesetz den rechtlichen Rahmen für die Auftragsvergabe darstellt, zumal sich die Antragstellerin nach eigenen Angaben an zahlreichen Vergabeverfahren beteiligt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, VwGH vom 7.6.2000, 99/01/0337, darf der Wiedereinsetzungswerber nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Wenngleich an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen, hat die Antragstellerin durch ihr Verhalten die gebotene und ihr auch zumutbare Sorgfalt und Vorsicht jedenfalls außer Acht gelassen.
Gemäß Judikatur des VwGH vergleiche VwGH 7.6.2000, 99/01/0337) liegt keine auffallende Sorglosigkeit vor, wenn ein 19-jähriger Asylwerber, der sich erst seit 8 Monaten im Bundesgebiet aufgehalten hat, der deutschen Sprache nicht mächtig war, noch keine Erfahrung im Umgang mit Behörden erworben hatte und sich auf die falsche Auskunft seiner Betreuungsstelle verlassen hat. Anzumerken ist, dass der sprachunkundige Asylwerber die ihm zumutbaren Auskünfte sehr wohl eingeholt hat.
Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 30.4.2003, 2001/03/0183 auch klargestellt, dass den Wiedereinsetzungswerber als "ordentliche Prozesspartei" eine Sorgfaltspflicht trifft, in deren Rahmen es ihm obliegt, sich bei den maßgeblichen Stellen zu erkundigen, um sich Gewissheit über den Beginn des Fristenlaufes zu verschaffen.
Im Hinblick auf die in gegenständlichem Fall vorliegende Sachverhaltskonstellation kann daher auch hier davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin ein einen minderen Grad des Versehens übersteigendes, als auffallende Sorglosigkeit zu wertendes Verschulden trifft. Das Verhalten und die Vorgangsweise der Antragstellerin sind nach Ansicht des erkennenden Senates nicht geeignet, ihr einen bloß minderen Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) anzulasten, welcher jedoch Voraussetzung für eine Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wäre.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt III:
Die Antragstellerin beantragte, dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Durch die Übermittlung des Antrages gerichtet auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens verbunden mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung an die Antragsgegnerin wurde dem An-trag gemäß Paragraph 328, Absatz , BVergG durch das Bundesvergabeamt faktisch Rechnung getragen, eine darüber hinausgehende aufschiebende Wirkung wird im Hinblick auf die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt III:
Gemäß Paragraph 322, Absatz , Ziffer 2, BVergG ist ein Antrag jedenfalls unzulässig, wenn er nicht innerhalb der in Paragraph 321, genannten Fristen gestellt wird.
Gemäß Paragraph 321, Absatz eins, Ziffer 5, BVergG sind Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung im Falle der Durchführung eines Vergabeverfahrens im Unterschwellenbereich gemäß den Bestimmungen des 2. oder des 3. Teiles dieses Bundesgesetzes binnen sieben Tagen ab dem Zeitpunkt einzubringen, in dem der Antragsteller von der gesondert anfechtbaren Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder erlangen hätte können.
Es handelt sich gegenständlich um ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich. Die Zuschlagentscheidung ist der Antragstellerin nachweislich am 31.7.2009 zugegangen. Der Nachprüfungsantrag wurde am 14 8.2009 eingebracht und ist somit gemäß Paragraph 321, Absatz eins, Ziffer 5, BVergG verfristet. Da der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen wurde, ist der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung gemäß Paragraph 322, Absatz 2, Ziffer 2, BVergG als unzulässig zurückzuweisen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt III:
Gemäß Paragraph 319, Absatz eins, BVergG hat der vor dem Bundesvergabeamt wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller Anspruch auf Ersatz seiner gemäß Paragraph 318, leg.cit. entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber. Der Antragsteller hat ferner Anspruch auf Ersatz seiner gemäß Paragraph 318, leg.cit. entrichteten Gebühren, wenn er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.
Gemäß Spruchpunkt römisch II wurde der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung zurückgewiesen. Ein Obsiegen der Antragstellerin iSd Paragraph 319, Absatz eins, BVergG liegt somit nicht vor. Der Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr für den Nachprüfungsantrag war daher abzuweisen.
Dies gilt auch für den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Zwar wurde dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit Bescheid des BVA vom 20.7.2009, OZ EV9, stattgegeben, der Nachprüfungsantrag jedoch wurde zurückgewiesen vergleiche Spruchpunkt römisch II.). Ein Ersatz der Pauschalgebühr für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung kam daher gemäß Paragraph 319, Absatz 2, BVergG nicht in Betracht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.