Bundesvergabeamt
08.06.2005
07N-31/05-52
BESCHEID
Das Bundesvergabeamt hat durch die Vorsitzende des Senates 7, Mag. Julia Stiefelmeyer, und Dr. Josef Bosina als Mitglied der Auftraggeberseite und Dr. Wolfgang Damianisch als Mitglied der Auftragnehmerseite im Nachprüfungsverfahren gemäß Paragraph 162, Absatz 2, Bundesvergabegesetz 2002 (BVergG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 99 aus 2002,, betreffend das Vergabeverfahren "Elektrische Krankenbetten" der Auftraggeberin Oberösterreichische Gebietskrankenkasse (OÖGKK), Gruberstraße 77, 4020 Linz, wie folgt entschieden:
Spruch
römisch eins.
Dem Antrag der Bietergemeinschaft "ARGE A***" bestehend aus 1. B***, 2. C***, 3. D***, 4. E***, 5. F***, 6. G***, 7. H***, 8. I***, 9. J***, 10. K***, 11. L***, 12. M***, 13. N***, 14. O***,
Die Zuschlagsentscheidung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, Gruberstraße 77, 4020 Linz, vom 31. März 2005, wird für nichtig erklärt.
römisch II.
Die Anträge der Bietergemeinschaft "ARGE A***" bestehend aus 1. B***, 2. C***, 3. D***, 4. E***, 5. F***, 6. G***, 7. H***, 8. I***, 9. J***, 10. K***, 11. L***, 12. M***, 13. N***, 14. O***,
römisch III.
Der Antrag der R***, vertreten durch Y***, vom 20. April 2005, "das Bundesvergabeamt möge den Nachprüfungsantrag der ARGE A*** als unbegründet abweisen", wird abgewiesen.
römisch IV.
Dem Antrag der R***, vertreten durch Y***, vom 31. Mai 2005, auf Zurückweisung der ergänzenden bzw neuen Anträge der Antragstellerin, wird stattgegeben.
Begründung
Die Ausschreibungsbekanntmachung zum gegenständlichen Vergabeverfahren "Elektrische Krankenbetten" wurde am 16.11.2004 im Amtsblatt der Wiener Zeitung/Rubrik: Amtlicher Lieferungsanzeiger zu L 191159 und am 19.11.2004 unter 2004/S 226- 194930 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Der Auftrag soll nach dem Bestbieterprinzip im offenen Verfahren vergeben werden. Als Angebotstermin war der 7. Jänner 2005, 10:00 Uhr, fixiert.
In den Ausschreibungsunterlagen ist Folgendes festgehalten:
2.7. Beglaubigte Abschrift des Berufsregisters (Gewerbeschein - Handelsgewerbe und Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung) und des Firmenbuches des Herkunftslandes des Unternehmers oder die dort vorgesehene Bescheinigung oder eidesstattliche Erklärung.
(....)
2.13 Das Preisblatt muss ausgefüllt, rechtsgültig unterfertigt und dem Angebot beigelegt werden.
(....)
Technische Alternativangebote sind unter folgenden Voraussetzungen zulässig:
(....)
28.1. Preise:
Es sind Einheitspreise anzubieten.
Alle Preise sind Festpreise bis 31.3.2006 wobei zusätzliche Preisermäßigungen, die der Bieter vom Hersteller oder Vorlieferanten erhält, weiterzugeben sind.
Sie sind als Nettopreise im beiliegenden Preisblatt anzugeben.
(....)
80% für Preis...............160 Punkte
20% für Qualität..............40 Punkte
Gesamtpunkte .............200 Punkte
Die Vergabe erfolgt nach dem Bestbieterprinzip
(....)
(nicht druckbare Tabelle)
Zahlungskonditionen: ……….% Skonto innerhalb Tage, oder Tage netto
Hinweis: Die grau hinterlegten Felder sind vom Anbieter vollständig auszufüllen.
Ort, Datum Rechtsgültige Unterfertigung"
Nach Fragebeantwortung und vorgenommener Berichtigung zur Ausschreibung wurde der Angebotstermin NEU mit 1. Februar 2005, 10:00 Uhr, sowie der Vertragsbeginn NEU mit 1. Mai 2005, fixiert. Insbesondere zu den Punkten 2.7, 28 und 29 bzw. zum Preisblatt erfolgten keine Berichtigungen.
Am 1. Februar 2005 erfolgte die Angebotsöffnung. Im Protokoll der Angebotsöffnung vom 1. Februar 2005 sind folgende Preise und Zahlungskonditionen festgehalten:
(nicht druckbare Tabelle)
In der Verhandlung vor der Bundes-Vergabekontrollkommission vom 30. März 2005, wurde der Schlichtungsvorschlag "Das Angebot der Bieterin 'R***' ist nicht auszuscheiden" von der Antragstellerin nicht angenommen. In seinen Erwägungen führte der Senat der Bundes-Vergabekontrollkommission Folgendes aus: „Es ist davon auszugehen, dass die Ausschreibung bezüglich der Zahlungsbedingungen nicht eindeutig formuliert ist und daher unterschiedliche Auslegungen durch die Bieter möglich sind. Das wird auch durch die Angebote bestätigt. Von insgesamt 5 Bietern haben 3 sich nicht an die Vorgaben des Punktes 29 gehalten, sondern sind beim Ausfüllen der Bieterlücke im Preisblatt davon erheblich abgewichen.
Zu bedenken ist ferner, dass das Angebot der Firma R*** laut Bewertung der Auftraggeberin und auch bei Zugrundlegen der Vorgaben des Punktes 29 – selbst ohne Berücksichtigung jedweden Skontos – als das Beste einzustufen ist. Das Anbieten eines Skontos – in welcher Höhe auch immer – führt daher zu keiner Verbesserung der Position dieser Bieterin.
Nach der Rechtsprechung des Bundesvergabeamtes (GZ N-39/99) ist unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aller Bieter eine Auslegung von unklar formulierten Ausschreibungsunterlagen zum Nachteil nur einiger Bieter, die zu ihrem Ausschluss führen müsste, nicht zulässig.“
Die Auftraggeberin hat in der Folge sämtliche Angebote akzeptiert, keines wurde ausgeschieden. Mittels Telefax vom 31. März 2005, übermittelt am 1. April 2005, wurde die Zuschlagsentscheidung allen Bietern bekannt gegeben:
„.....Die Angebotsprüfung hat nachfolgende Bieterreihung ergeben:
Gemäß Paragraph 100, Absatz eins, BvergG geben wir daher bekannt, dass der Zuschlag für die o.a. Leistung an die Fa. R*** vergeben werden soll.
.....“
Die Antragstellerin stellte mit Schriftsätzen vom 13. April 2005 und 30. Mai 2005, die in Spruchpunkt römisch eins und römisch II ersichtlichen Begehren sowie „das Bundesvergabeamt möge in eventu die Ausschreibung für nichtig erklären“ und verband damit Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Weiters wurde ein Antrag auf Akteneinsicht gestellt. Der darüber hinaus gestellte Antrag auf Ausnahme von der Akteneinsicht gemäß Paragraph 17, Absatz 3, AVG wurde mit Fax vom 14. April 2005, zurückgezogen. Mit Schriftsätzen vom 18. April 2005, 17. Mai 2005, 25. Mai 2005 und 30. Mai 2005 übermittelte die Antragstellerin ergänzende Stellungnahmen. Dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde mit Bescheid vom 21. April 2005, GZ 07N-31/05-16, teilweise stattgegeben.
Begründend führte die Antragstellerin im Wesentlichen Folgendes aus:
Die im Schriftsatz angeführten Unternehmen hätten sich zu einer ARGE unter der Bezeichnung „ARGE A***“ zusammengeschlossen, sich als Bietergemeinschaft am Vergabeverfahren beteiligt und fristgerecht und ordnungsgemäß ein der Ausschreibung entsprechendes Angebot abgegeben. Am 1. Februar 2005 seien die Angebote von der Kommission geöffnet und die Angaben jedes Bieters (Preis und Zahlungskonditionen) verlesen worden. Nach der Öffnung der Angebote sei es zu Telefonaten der Antragstellerin mit der Auftraggeberin gekommen, in denen die Antragstellerin bereits geäußert habe, dass das Angebot der R*** auszuscheiden sei, da rechtliche Bedingungen (nämlich das Skonto) abgeändert worden seien. Am 17. März 2005 sei ein Schlichtungsverfahren auf Antrag der Auftraggeberin vor der Bundes-Vergabekontrollkommission durchgeführt worden, wobei es jedoch zu keiner Schlichtung gekommen sei. Mit Schreiben vom 31. März 2005, per Telefax der Antragstellerin am 1. April 2005 zugegangen, habe die Auftraggeberin die Bekanntgabe der Zuschlagserteilung Anmerkung, gemeint wohl Zuschlagsentscheidung) übermittelt.
Dem Ersuchen der Antragstellerin um Bekanntgabe der Gründe für die Nichtberücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin sowie der Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes, sei die Auftraggeberin mit Telefax vom 11. April 2005 nachgekommen. Die Zuschlagsentscheidung werde angefochten, weil die Antragsgegnerin rechtswidrigerweise das als Bestbieter gereihte und in der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung genannte Angebot der R*** nicht ausgeschieden habe, obwohl
Die Ausschreibung lege unter Punkt 29 "Rechnungslegung und Zahlung" auf Seite 11 die - ausschließlich anwendbaren -
Zahlungsvarianten wie folgt fest:
"Zahlungsvariante 1: 14 Tage 5% Skonto, 30 Tage netto
Zahlungsvariante 2: 60 Tage netto"
Auf dem Preisblatt, Seite 13 der Ausschreibung, befinde sich hinsichtlich der Zahlungskonditionen folgende Angabe
" % Skonto innerhalb Tage, oder Tage netto"
Die R*** habe entsprechend der Öffnung der Angebote am 1. Februar 2005, ein Angebot mit folgender Zahlungskondition abgegeben:
"2% Skonto innerhalb 10 Tagen oder 30 Tage netto"
Da die Auftraggeberin selbst lediglich zwei Alternativen zur Auswahl gestellt habe, habe sie die Bieter in ihrer Auswahlmöglichkeit eingeschränkt. Das Angebot der R*** sei daher als Angebot im Sinne des Paragraph 98, Ziffer 8, zu qualifizieren und auszuscheiden, da es den Ausschreibungsbestimmungen widerspreche. Eine andere Darstellung, wie diese die präsumtive Zuschlagsempfängerin insbesondere im Schlichtungsverfahren vertreten habe, nämlich dass innerhalb der ersten 10 Tage weitere 2% Skonto gewährt würden, sohin 7% innerhalb 10 Tagen, 5% innerhalb 14 Tagen und 30 Tage netto, widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung und sei auch nicht mit der Vertrauenstheorie zur Auslegung von Willenserklärungen erklärbar. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe die Bestimmung des Punktes 29 auf Seite 11 der Ausschreibungsunterlagen nicht ausreichend beachtet und unter Außerachtlassung der Vorgabe, dass rechtliche und wirtschaftliche Änderungen unzulässig seien, hier lediglich auf dem Preisblatt "Bieterlücken" ausgefüllt. Vielmehr wäre jedoch die "Bieterlücke" lediglich in der Form der Varianten 1 oder 2 des Punktes 29, auf Seite 11 der Ausschreibung, auszufüllen gewesen.
Jede andere Art des Ausfüllens der "Bieterlücke" sei unzulässig und stelle eine Abänderung des Angebotes in rechtlichen Bedingungen dar. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wäre auszuscheiden gewesen, da es einen Widerspruch zur Ausschreibung enthalte.
In eventu widerspreche das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin Paragraph 98, Ziffer 3, BVergG, da der Gesamtpreis auf Grund der unterschiedlichen Auslegungsvarianten nicht ermittelbar sei. Das Angebot könne und sei auch von der Auftraggeberin nur in der Weise verstanden worden, dass die angeführten Modalitäten, nämlich die Zahlungskondition: 2% innerhalb 10 Tagen und 30 Tage netto an die Stelle der sich aus den Ausschreibungsunterlagen (Punkt 29) ergebenden, treten solle und weiche daher in einem wesentlichen Punkt von den Ausschreibungsbedingungen ab. Selbst wenn man der Argumentation der präsumtiven Zuschlagsempfängerin folge, nämlich dass sie in den ersten 10 Tagen 7% (2% + 5%), binnen 14 Tagen 5% Skonto und 30 Tage netto als Zahlungskondition angeboten habe, stelle dies ein Alternativangebot dar. Eine Änderung der Zahlungsmodalitäten wäre jedenfalls als Alternativangebot zu betrachten (BVA 21.11.1997, N-26/97-6). Rechtliche Alternativangebote seien jedoch gemäß Punkt 3 der Ausschreibungsunterlagen unzulässig. Darüber hinaus sei jedoch kein Hauptangebot gelegt worden, weshalb das Angebot auszuscheiden sei.
Weiters brachte die Antragstellerin vor, dass die Zuschlagsentscheidung auch deshalb rechtswidrig sei, weil das Bestbieterprinzip durch rechtswidrige Zuschlagskriterien verletzt worden sei.
Im Falle der Zuschlagserteilung an die R*** drohe der Antragstellerin ein jährlicher Schaden in der Höhe von zumindest Euro 75.000,-- pro Jahr in Form des entgangenen Gewinns. Darüber hinaus wäre es der Antragstellerin bzw. den Teilnehmern der Bietergemeinschaft nicht mehr möglich, diesen Auftrag als Referenz zu nennen und sohin sich durch die Referenznennung für weitere Aufträge zu bewerben und diese durchzuführen. Des Weiteren würde der Auftrag auch zur Auslastung der Teilnehmer der Bietergemeinschaft beitragen und damit Arbeitsplätze sicherstellen.
Mit Schriftsatz vom 18. April 2005 führte die Antragstellerin ergänzend aus, dass sie durch das rechtswidrige Vorgehen der Antragsgegnerin in ihrem Recht auf Zuschlagserteilung verletzt sei.
Die Auftraggeberin übermittelte mittels Schriftsatz vom 18. April 2005 eine Stellungnahme zu den vorgebrachten Rechtswidrigkeiten im Nachprüfungsantrag und legte den Vergabeakt fristgerecht vor. Der geschätzte Auftragswert für den gegenständlichen Lieferauftrag betrage, bei der vorgesehenen Lieferzeit des Auftrages von drei Jahren, Euro 1,2 Mio. (ohne USt). Eine Vergabe in Losen sei nicht vorgesehen.
Inhaltlich brachte die Auftraggeberin vor, dass aus dem Text der Ausschreibung nicht hervor gehe, dass der Bieter bei der Angabe der Zahlungskonditionen zwingend eine der beiden Varianten des Punktes 29 wählen müsse. Im Gegensatz zu den Eintragungen beim Preis werde bei der Rubrik "Zahlungskonditionen" kein Bezug auf die Punkte der Ausschreibung genommen. Es werde überhaupt kein Bezug zwischen dem Punkt 29 und dem Preisblatt hergestellt. 3 von 5 Bietern hätten - wie die präsumtive Zuschlagsempfängerin - im Preisblatt andere als die vorgeschlagenen Varianten hinsichtlich der Zahlungskonditionen eingetragen. Dass der Bieter selbst seine Zahlungskonditionen im Angebot einträgt, entspreche dem Geschäftsgebrauch. Der Bieter werde durch das Freilassen geradezu eingeladen, seine Vorstellungen bezüglich der Zahlungskonditionen bekannt zu geben, was seitens der OÖGKK auch so beabsichtigt gewesen sei. Andernfalls wäre etwa eine der Varianten durch Ankreuzen zu wählen gewesen. Die im Punkt 29 enthaltenen Zahlungsbedingungen seien als Vorschläge der Auftraggeberin zu werten. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei kein (rechtliches oder wirtschaftliches) Alternativangebot, welches nach den Bestimmungen der Ausschreibung auszuschließen wäre. Der Skonto sei eine Zahlungsmodalität, die bei der Ermittlung des Preises (bei der Angebotsbewertung) außer Betracht bleibe und auch keinen Einfluss auf die Leistungserbringung habe. Die Ausscheidenstatbestände des Paragraph 98, BVergG würden auf einen sauberen Wettbewerb abzielen und sollen verhindern, dass Bieter gegenüber anderen Bietern in eine günstigere Ausgangsposition gebracht werden. Das Angeben einer in den Varianten nicht vorgesehenen Zahlungskondition ändere aber in der Position der präsumtiven Zuschlagsempfängerin überhaupt nichts, weil sie - wie ausgeführt - weder auf die Angebotsbewertung noch auf die Leistungserbringung (wie etwa Lieferfristen) einen Einfluss habe. Selbst wenn man die Skonti beim Preis berücksichtigen würde - wobei zwei Varianten des Vergleiches angestellt wurden - sei stets das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin das bessere. Der Wettbewerb werde daher nicht verzerrt und die Position der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht begünstigt. Des weiteren seien die in der Ausschreibung enthaltenen Zuschlagskriterien (inkl. Gewichtung, Qualitätskriterien und Bepunktung) von der Antragstellerin während der Angebotsfrist in keinster Weise beanstandet, innerhalb der Frist des Paragraph 169, Absatz eins, Ziffer eins, Litera a, BVergG sei kein die Ausschreibung betreffender Nachprüfungsantrag beim Bundesvergabeamt eingebracht worden.
Die R*** (in der Folge präsumtive Zuschlagsempfängerin) stellte mit Schriftsatz vom 20. April 2005, unter Vorlage der Verständigung der Auftraggeberin vom 14. April 2005, Anträge auf Teilnahme am Nachprüfungsverfahren, auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung sowie auf Abweisung des Nachprüfungsantrages der ARGE A***. Inhaltlich brachte sie vor, dass das Vorbringen der Antragstellerin in mehrfacher Hinsicht unrichtig sei: Bieterlücken hätten den Sinn, einem Bieter zu ermöglichen, ein von einem allfälligen Leitprodukt abweichendes gleichwertiges Produkt anzubieten vergleiche zB Paragraph 81, Absatz 6, BVergG 2002). Solche Angebote seien keine Alternativangebote, weil die Bieter ja dieses Angebot primär und nicht als Alternative zu einem anderen von ihnen erstatteten Angebot gelegt haben (so VwGH 25.02.2002, 2001/04/0250; vergleiche auch Schwartz, Bundesvergabegesetz 2002 [2003] Rz 5 zu Paragraph 81, BVergG 2002). Sie habe die Bieterlücke am Preisblatt so verstanden, dass die Auftraggeberin den Unternehmen damit die Gelegenheit bieten wolle, zusätzlich zu den in Punkt 29 vorgegebenen Zahlungskonditionen weitere Rabatte einzuräumen. Durch ihre Angaben habe sie daher angeboten, bei Zahlung innerhalb von 10 Tagen nicht bloß 5%, sondern insgesamt 7% Nachlass zu gewähren.
In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 17. Mai 2005 replizierte die Antragstellerin ua, dass sie dem Standpunkt der Teilnahmeantragstellerin, wonach eine Bieterlücke immer ein Alternativangebot ausschließe, nicht folgen könne. Paragraph 81, Absatz 6, BVergG sei im gegenständlichen Fall nicht anwendbar, da keine Beschreibung der Leistung mit dem Zusatz "oder gleichwertig" erfolgt sei.
In der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2005 brachte der rechtsfreundliche Vertreter der Antragstellerin vor, dass die Ausschreibung der OÖGKK auf Grund des gegebenen Nachfragemonopols Artikel 82, Satz 2 Litera b, EGV widerspreche, da die vorliegende Ausschreibung einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstelle, da das Angebot an von der Auftraggeberin gewährten und an den Versicherten zur Verfügung gestellten Hilfsmitteln und Heilbehelfen zum Nachteil des Versicherten eingeschränkt werden würde.
Da die Vergabeunterlagen der OÖGKK keine Unterlagen betreffend Gewerbeberechtigung sowie Erklärung betreffend Punkt 2.8 und 2.9 der Ausschreibungsunterlagen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin enthielten, sowohl der Geschäftsführer der präsumtiven Zuschlagsempfängerin als auch die OÖGKK jedoch auf deren erfolgte Vorlage hinwiesen, wurde die OÖGKK aufgefordert, die entsprechenden Beilagen zum Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin dem Bundesvergabeamt bis Dienstag, 24. Mai 2005, 15:00 Uhr, vorzulegen. Bei Nichtvorlage zum gegebenen Datum gehe das BVA davon aus, dass die entsprechenden Eignungsnachweise der OÖGKK nicht vorgelegt worden sind.
In der Folge übermittelte die OÖGKK fristgerecht die entsprechenden Beilagen zum Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin. Als Eignungsnachweis wurde ein Gewerbeschein, datiert mit 26. November 1991, für das Gewerbe "Handelsgewerbe gemäß Paragraph 103, Absatz eins, Litera b, Ziffer 25, GewO 1973, beschränkt auf den Großhandel mit medizinisch-technischen Gebrauchs- und Rehabilitationsgütern" vorgelegt. Als Tag der Gewerbeanmeldung war der 29. August 1991 genannt.
In ihrer Stellungnahme vom 25. Mai 2005 brachte die Antragstellerin weiters vor, dass es sich bei den ausgeschriebenen Pflege- bzw. Krankenbetten um Medizinprodukte im Sinne des Medizinproduktegesetzes (MPG), Bundesgesetzblatt Nr. 657 aus 1996, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 119 aus 2003,, handle. In diesem Zusammenhang wies sie insbesondere darauf hin, dass dem neuen Medizinprodukt ein als neu aufbereitetes Medizinprodukt gleich stehe (Paragraph 2, Absatz eins, MPG); die Bieter seien nach Punkt 18 zur Übernahme der bestehenden Krankenbetten verpflichtet, wobei sie sich verpflichten, die im Eigentum der Kasse befindlichen Krankenbetten zurückzunehmen und wieder einzusetzen (siehe Punkt 18 der Ausschreibung). Nach Punkt 19 der Ausschreibung seien für den Wiedereinsatz bestimmte Tätigkeiten zu erledigen, nämlich die Reinigung, die Wartung inkl. technischer Überprüfungen, gegebenenfalls Reparaturen sowie die Evidenzhaltung und die betriebsbereite Montage und die Einschulung und Beratung der Anspruchsberechtigten. Dies stelle eine Wiederaufbereitung im Sinne des MPG dar, sodass auch aus diesem Grund davon auszugehen sei, dass die Ausschreibung ein Medizinprodukt betreffe.
Bei Erfüllung sämtlicher Leistungsverpflichtungen aus der Ausschreibung, insbesondere im Hinblick auf Punkt 19, Wiedereinsatz, sowie auch aus der Tatsache, dass gemäß Punkt 13 Montage, Schulung, Beratung, die Aufstellung und Erstinbetriebnahme (betriebsbereite Montage) durch den Auftragnehmer sowie die Einschulung und die Beratung der Anspruchsberechtigten vor Ort, die unter Punkt 13 Punkt 4 nochmals detailliert aufgegliedert sei, ergebe sich unzweifelhaft und eindeutig, dass es sich um eine Herstellung von Medizinprodukten, jedenfalls aber um den Handel mit Medizinprodukten iS der einschlägigen Bestimmungen des MPG sowie der GewO handle.
Für die Herstellung von Medizinprodukten sowie den Handel damit, sei ein Gewerbeschein für die Herstellung von oder den Handel mit Medizinprodukten gemäß Paragraph 94, Ziffer 33, Gewerbeordnung 1994, zuletzt geändert durch das BGBGl römisch eins Nr. 31/2004, notwendig, welcher die Herstellung und Aufbereitung von Medizinprodukten - soweit diese Tätigkeiten nicht unter ein anderes reglementiertes Gewerbe fallen - und den Handel mit Medizinprodukten umfasse. Da die ausgeschriebene Leistung, die vom Auftragnehmer zu erbringen sei, jedenfalls den Handel mit - nach Ansicht der Antragstellerin auch die Herstellung von - Medizinprodukten betreffe, sei sohin ein Gewerbeschein gemäß Paragraph 94, Ziffer 33, GewO Voraussetzung für die "erfolgreiche" Angebotslegung.
Die präsumtive Zuschlagsempfängerin verfüge laut Gewerberegisterauszug der Gewerbebehörde, der Bezirkshauptmannschaft römisch 30 Register römisch 30 Gewerberegister Nr. römisch 30 , lediglich über einen Gewerbeschein für das Handelsgewerbe gemäß Paragraph 124, Ziffer 11, Gewerbeordnung 1994, i.d.F. Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 10 aus 1997,, welche Bestimmung im Übrigen auch am 30.6.1997 außer Kraft getreten sei. Gemäß Paragraph 124, Ziffer 11, sei das Handelsgewerbe (Paragraph 157,) mit Ausnahme der bewilligungspflichtigen gebundenen Handelsgewerbe ein nicht bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe. Auch die Nebentätigkeiten, die einem Berechtigten erlaubt seien, würden nicht die speziellen Tätigkeiten mit einschließen, die in der Ausschreibung vom Bieter gefordert werden. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin verfüge sohin lediglich über einen Handelsgewerbeschein, dieser sei nicht ausreichend.
Mangels eines entsprechenden Gewerbescheines zur Erbringung der ausgeschriebenen Leistung wäre die Bieterin jedenfalls auszuscheiden gewesen. Die Zuschlagsentscheidung sei daher auch aus diesem Grund als nichtig aufzuheben.
Das Bundesvergabeamt ersuchte am 25. Mai 2005 im Wege der Amtshilfe die Magistratsabteilung 63, ZGR, um Übermittlung der Gewerberegisterauszüge der in der antragstellenden Bietergemeinschaft vertretenen Bieter, welchem am selben Tag entsprochen wurde. Weiters ersuchte das Bundesvergabeamt am 30. Mai 2005 die selbige um Auskunft, ob einer der anderen in Österreich ansässigen Bieter über eine Gewerbeberechtigung für das Gewerbe "Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung" verfüge. Am selben Tag antwortete das Zentralgewerberegister, dass die angefragte Gewerbeberechtigung bei keinem der angeführten Rechtsträger im Bundesgewerberegister verzeichnet ist. Auf fernmündliche Anfrage des Bundesvergabeamtes übermittelte die Stadt Z*** (BRD) am 30. Mai 2005 die Gewerbeanmeldung betreffend die Bieterin U***.
Auf Anfrage des Bundesvergabeamtes vom 27. Mai 2005 führte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 30. Mai 2005 aus, dass weder ein Mitglied der Antragstellerin noch die anderen Bieter über einen Gewerbeschein der Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung verfügen. Punkt 2.7 der Ausschreibungsunterlagen sei teleologisch derart zu reduzieren, dass die Auftraggeberin vorschreiben wolle, Gewerbeberechtigungen nachzuweisen, die zur Erfüllung der ausgeschriebenen und angebotenen Leistung berechtigen, sohin gem. Paragraph 94, Ziffer 33, GewO. Eine Leistung, zu welcher ein derartiger Gewerbeschein berechtige, nämlich die Programmerstellung für einen Dritten, sei nicht Gegenstand der Leistung.
Sollte das Bundesvergabeamt jedoch dieser Auslegung nicht folgen, so wären sämtliche Angebote aller Bieter auszuscheiden gewesen. Der Antragstellerin komme sohin Antragslegitimation iSd
Entscheidung des BVA, GZ: 12N-2/04-55, zu.
Es werde daher der Antrag aufrechterhalten bzw ergänzt wie folgt:
Das Bundesvergabeamt möge
Auf eine Anfrage des Bundesvergabeamtes vom 30. Mai 2005 übermittelte die präsumtive Zuschlagsempfängerin am 31. Mai 2005 eine Stellungnahme und brachte vor, dass Patientenbetten keine Medizinprodukte seien. Die Auftraggeberin habe ausdrücklich nur die Gewerbeberechtigung "Handelsgewerbe" verlangt. Da sie über die Gewerbeberechtigung "Handelsgewerbe" verfüge, erfülle sie die geforderten Ausschreibungserfordernisse. Die Auftraggeberin habe die Gewerbeberechtigung für Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung subjektiv gar nicht abverlangen wollen, diese Forderung beruhe auf einem offenkundigen Versehen. Es wäre unsachlich und grob diskriminierend, eine Bietereignung von Anforderungen abhängig zu machen, die durch den Leistungsgegenstand nicht gerechtfertigt seien. Dies widerspreche den Grundsätzen des gemeinschaftsrechtlichen Vergaberegimes und werde aufgrund dieses Widerspruches zu unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht, zurückgedrängt. Zwischenzeitig habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin jedoch eine Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe "Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik" erworben. Ein entsprechender Auszug aus dem Gewerberegister, datiert mit 31. Mai 2005, Entstehung: 31.5.2005, wurde der Stellungnahme beigelegt. Abschließend begehrte die präsumtive Zuschlagsempfängerin die Zurückweisung der ergänzenden bzw neuen Anträge der Antragstellerin. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Anträge verfristet gewesen wären.
Die Auftraggeberin gab mit Telefax vom 2. Juni 2005 bekannt, dass weder der Zuschlag erteilt noch ein Widerruf der Ausschreibung erfolgt ist.
Das Bundesvergabeamt hat erwogen:
römisch eins. Zuständigkeit des Bundesvergabeamtes:
Wenngleich die Sozialversicherungsträger im BVergG (2002) - anders als im BVergG (1997) - nicht ausdrücklich genannt sind, ist die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse zweifellos als öffentlicher Auftraggeber anzusehen (siehe Bericht des Verfassungsausschusses, 1118 BlgNR 21. Gesetzgebungsperiode 18). Sämtliche der in Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer 2, BVergG kumulativ angeführten Voraussetzungen werden erfüllt. Gemäß Paragraph 23, Absatz 5, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG, Bundesgesetzblatt Nr. 189 aus 1955, idgF, obliegt es den Trägern der Krankenversicherung insbesondere, ausreichend Vorsorge für die Krankenbehandlung der Versicherten und ihrer Familienangehörigen zu treffen. Die Auftraggeberin als Träger der Krankenversicherung nach Paragraph 23, Absatz eins, Ziffer eins, ASVG, erfüllt daher eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe nicht gewerblicher Art. Sie ist nach Paragraph 32, Absatz eins, ASVG eine gesetzlich eingerichtete Körperschaft öffentlichen Rechts und Selbstverwaltungskörper (Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 [1996] 383). Nach Paragraph 448, Absatz eins, ASVG unterliegen Gebietskrankenkassen der Aufsicht des Bundes, vertreten durch die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen (BMGF). Die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse erfüllt daher die Merkmale eines öffentlichen Auftraggebers nach Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer 2, BVergG. Aufgrund ihrer bundesgesetzlichen Errichtung und Regelung sowie der Aufsicht des Bundes, ist die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse gemäß Paragraph 135, Absatz 2, BVergG in Verbindung mit Artikel 14 b, Absatz 2, Ziffer eins, Litera d, B-VG dem Vollziehungsbereich des Bundes zuzurechnen.
Dem konkreten Vergabeverfahren liegt die Erbringung von Lieferungen im Sinne des Paragraph 2, BVergG zu Grunde. Gemäß Paragraph 12, Absatz eins, Ziffer eins, BVergG ist bei befristeten Verträgen der Gesamtbetrag der während der Vertragsdauer voraussichtlich zu leistenden Entgelte als geschätzter Auftragswert anzusetzen. Der geschätzte Auftragswert beträgt nach Angaben der Auftraggeberin bei der vorgesehenen Laufzeit des Auftrages von 3 Jahren Euro 1,2 Mio. (ohne USt) und ist somit gemäß Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer 2, BVergG dem Oberschwellenbereich zuzuordnen.
Der Antrag auf Nachprüfung gemäß Paragraph 162, Absatz 2, BVergG wurde rechtzeitig unter Einhaltung der Frist des Paragraph 169, Absatz eins, Ziffer eins, Litera c, BVergG in Verbindung mit Paragraph 100, Absatz 2, leg. cit. beim Bundesvergabeamt eingebracht. Das Bundesvergabeamt ist daher zur Durchführung des Nachprüfungsverfahrens zuständig.
Der Antrag des Teilnahmeantragstellers (präsumtive Zuschlagsempfängerin) wurde fristgerecht gemäß Paragraph 165, Absatz 2, 2. Satz BVergG eingebracht. Er entspricht auch den formalen Voraussetzungen des Paragraph 167, BVergG.
römisch II. Zu Spruchpunkt I:
Zulässigkeit und inhaltliche Beurteilung des Antrages:
Gemäß Paragraph 163, Absatz eins, BVergG kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des BVergG unterliegenden Vertrages behauptet, die Nachprüfung einer Auftraggeberentscheidung wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
Gemäß Punkt 2.7. der Ausschreibungsunterlagen sind Eignungsnachweise ua eine beglaubigte Abschrift des Berufsregisters (Gewerbeschein - Handelsgewerbe und Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung).
Durch die Verknüpfung der beiden Gewerbeberechtigungen durch das Wort "und" hat die Auftraggeberin ausdrücklich bekannt gegeben, dass sie sowohl das Bestehen einer Gewerbeberechtigung zur Ausübung eines Handelsgewerbes als auch einer Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gewerbes "Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung", somit kumulativ beide Gewerbeberechtigungen, verlangt. Den Ausschreibungsunterlagen ist kein Anhaltspunkt zu entnehmen, dass die genannten Gewerbeberechtigungen nur beispielhaft oder alternativ genannt worden wären. Das Vorhandensein beider Gewerbeberechtigungen ist somit zwingend vorgeschrieben.
Gemäß Paragraph 20, Ziffer 13, Litera a, Sub-Litera, a, a, BVergG ist die Ausschreibung im offenen Verfahren eine gesondert anfechtbare Entscheidung. Gemäß Paragraph 169, Absatz eins, Ziffer eins, Litera a, leg.cit. sind Anträge auf Nachprüfung betreffend Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich beim Bundesvergabeamt im offenen Verfahren hinsichtlich der Ausschreibung spätestens 14 Tage vor Ablauf der Angebotsfrist einzubringen. Mangels fristgerechter Anfechtung haben bisherige Entscheidungen der Auftraggeberin, wie die Ausschreibung, einschließlich der Festlegung der Zuschlagskriterien, daher Bestandkraft erlangt. Für den Bieter folgt dies aus der Präklusion der Anfechtbarkeit (Paragraphen 20, Ziffer 13,, 169 BVergG) und für den Auftraggeber etwa daraus, dass dieser insbesondere in Folge des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Paragraph 21, BVergG) nicht nachträglich von den von ihm aufgestellten Bedingungen abweichen darf. Alle Bieter müssen nämlich darauf vertrauen können, dass "der Auftraggeber seine eigenen Ausschreibungsbedingungen einhält" (BVA 30.09.2002, N-41/02-27, RPA 2002, 293, oder BVA 05.06.2003, 12N-32/03-17. In diesem Sinne auch EuGH 22.06.1993 Rs C-243/89, Brücke über den Storebaelt Rz 37 und 39 und EuGH 25.04.1996, Rs C-87/94, Kommission/Belgien Rz 27 und 35, hinsichtlich der Zuschlagskriterien siehe SA des GA Lenz 12.09.1995, Rs C-87/94 Kommission/Belgien Rz 60).
Die Bindung des Auftraggebers an die eigenen Festlegungen ist auch in Paragraph 91, BVergG manifestiert, wonach der Auftraggeber die Prüfung der Angebote nach den in der Ausschreibung oder in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Kriterien vornehmen muss. Im Einzelnen ist ua die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Bieters zu prüfen.
Die Präklusionswirkung der Antragsfristen ist auch im BVergG 2002 als umfassend anzusehen, zumal nicht danach zu differenzieren ist, ob es sich um einen "grundlegenden Ausschreibungsmangel" oder um einen sonstigen Rechtsverstoß handelt. Die Präklusionswirkung bezieht sich undifferenziert auf alle Rechtsverstöße, die nicht innerhalb der jeweiligen Antragsfrist mit einem Nachprüfungsantrag geltend gemacht wurden. Durch das Erkenntnis des EuGH vom 12. 12. 2002 in der Rs C-470/99 (Universale-Bau AG) ist auch klargestellt, dass dieses Ergebnis aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts grundsätzlich unbedenklich ist vergleiche VwGH 17.11.2004, 2002/04/0078).
Eine von Amts wegen durchgeführte Anfrage beim Zentralen Gewerberegister, deren Ergebnis von der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 30. Mai 2005 bestätigt wurde, ergab, dass keiner der Bieter der antragstellenden Bietergemeinschaft die in der Ausschreibung geforderte Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gewerbes "Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung" besitzt. Das Angebot der Antragstellerin wäre daher auszuscheiden gewesen.
In der vorliegenden Konstellation macht die Antragstellerin mit dem Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung deren Rechtswidrigkeit geltend. Insofern kommt - unter Zugrundlegung obiger Ausführungen, wonach das Angebot der Antragstellerin gemäß Paragraph 98, BVergG aus dem Vergabeverfahren auszuscheiden ist - das Angebot der Antragstellerin für die Zuschlagserteilung gar nicht in Betracht. Der Eintritt eines Schadens (bzw dessen möglicher Eintritt) wäre aus diesem Grund zu verneinen. Unbeachtlich der sonstigen formellen und inhaltlichen Begründetheit, wäre der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung daher mangels Antragslegitimation zurückzuweisen (in diesem Sinne BVA 7.4.2005, 06N-4/05-31 sowie BVA 9.4.2004, 5N-20/04-40 und BVA 18.5.2004, 5N-30/04-35 sowie zur Rechtslage nach dem BVergG 1997 VfGH 25.11.2003, B451/02 ua).
Eine "Schadensmöglichkeit" im Sinne des Paragraph 163, Absatz eins, BVergG würde sich nur dadurch ergeben, wenn das Vergabeverfahren insgesamt zwingend zu widerrufen wäre oder als widerrufen gelten würde. Dann könnte die notwendige Schadenseignung darin bestehen, dass die Antragstellerin bei Unterlassen des gebotenen Widerrufes bzw nicht ausgelöstem ex-lege Widerruf, keine Möglichkeit zur (ordnungsgemäßen) Beteiligung an einem neu auszuschreibenden Vergabeverfahren hätte (siehe BVA 26. April 2004, 12N-2/04-55, ZVB 2004/62 (Huber-Matauschek und Etlinger) = bbl 2004/120 oder BVA 21.12.2004, 6N-105/04-27; Thienel in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2002 [2005], Paragraph 163, Rz 34). Die Antragstellerin hat in ihrem Schriftsatz vom 30. Mai 2005 auch ausdrücklich vorgebracht, dass und aus welchem Grund sämtliche Angebote auszuscheiden gewesen wären vergleiche VwGH 21.12.2004, 2004/04/0100).
Im vorliegenden Fall haben fünf Bieter Angebote gelegt. Das Angebot der Antragstellerin wäre - wie oben dargelegt - auszuscheiden gewesen. Damit von einem Widerruf und damit der obgenannten Schadenseignung ausgegangen werden kann, ist es daher erforderlich, dass richtigerweise auch die restlichen im Verfahren verbliebenen Angebote aus dem Vergabeverfahren auszuscheiden wären bzw ein Grund für einen zwingenden Widerruf vorliegt.
Gemäß Paragraph 52, Absatz 5, Ziffer eins, BVergG muss die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit beim offenen Verfahren spätestens zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen. In der Ausschreibung wurden zwingend die Gewerbeberechtigungen zur Ausübung eines Handelsgewerbes und zur Ausübung des Gewerbes Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung verlangt.
Eine von Amts wegen durchgeführte Anfrage beim Zentralen Gewerberegister bzw. bei der Stadt Z*** (BRD) am 30. Mai 2005 ergab, dass auch keiner der anderen Bieter über die Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gewerbes "Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung" verfügt. Die Angebote der anderen Bieter wären daher ebenfalls auszuscheiden gewesen. Dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin zwischenzeitig über die entsprechende Gewerbeberechtigung verfügt, ist unbeachtlich, da sie zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung über keine solche verfügte.
Gemäß Paragraph 162, Absatz 2, Ziffer eins, BVergG ist das Bundesvergabeamt bis zur Zuschlagserteilung zum Zwecke der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hierzu ergangenen Verordnungen zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte zuständig.
Gemäß Paragraph 174, Absatz eins, leg. cit. hat das Bundesvergabeamt eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene Entscheidung eines Auftraggebers unter Bedachtnahme auf die allenfalls in derselben Sache ergangene Empfehlung eines Schlichtungssenates der Bundes-Vergabekontrollkommission mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn sie
Es steht nicht in der Disposition der Auftraggeberin, von Ausscheidenstatbeständen nach ihrem Ermessen Gebrauch zu machen. Die Bindung der für eine Zuschlagserteilung in Frage kommenden Angebote an die Ausschreibung ist für die Gleichbehandlung der Bieter iSd Paragraph 21, Absatz eins, BVergG 2002 entscheidend vergleiche dazu EuGH 25.4.1996, RS C 87/94 [Wallonische Busse]).
Aus vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die Auftraggeberin sämtliche Angebote auszuscheiden gehabt hätte, dies jedoch unterlassen hat. Das Ausscheiden sämtlicher Angebote hätte einen ex-lege Widerruf gemäß Paragraph 105, Absatz 3, BVergG zur Folge, die Schadenseignung im Sinne des Paragraph 163, Absatz eins, BVergG ist somit gegeben (siehe BVA 26. April 2004, 12N-2/04-55, ZVB 2004/62 (Huber-Matauschek und Etlinger) = bbl 2004/120 oder BVA 21.12.2004, 6N- 105/04-27), sodass von der Antragslegitimation der Antragstellerin auszugehen ist.
Gemäß Paragraph 105, Absatz 3, BVergG gilt zwar die Ausschreibung als widerrufen, wenn kein Angebot eingelangt ist, oder nach dem Ausscheiden von Angeboten kein Angebot im Vergabeverfahren verbleibt, die Auftraggeberin hat jedoch von ihrer Ausscheidensverpflichtung keinen Gebrauch gemacht. Dem Bundesvergabeamt steht gemäß Paragraph 162, Absatz 2, Ziffer 2, leg. cit. - bis zur Erteilung des Zuschlages - lediglich die Befugnis zu, Entscheidungen des Auftraggebers für nichtig zu erklären. Das Bundesvergabeamt ist jedoch nicht zuständig, an Stelle des Auftraggebers bestimmte Akte zu setzen oder Entscheidungen zu treffen.
Da sich die Auftraggeberin bei ihrer Zuschlagsentscheidung nicht an ihre eigenen Ausschreibungsbedingungen gehalten und die Angebote nicht ausgeschieden hat, somit ihrer Prüfpflicht gemäß Paragraph 91, BVergG nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist, war die Zuschlagsentscheidung bereits aus diesem Grunde für nichtig zu erklären. Auf das weitere Vorbringen war daher nicht mehr einzugehen. Der von Paragraph 174, Absatz eins, Ziffer 2, BVergG geforderte wesentliche Einfluss für den Ausgang des Vergabeverfahrens ist im vorliegenden Fall evident.
Zu Spruchpunkt römisch II. 1. und 2.:
Gemäß Paragraph 162, Absatz 3, 1. Satz BVergG ist das Bundesvergabeamt nach Zuschlagserteilung zuständig, festzustellen, ob wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz oder der hierzu ergangenen Verordnungen der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde.
Gemäß Paragraph 162, Absatz 5, 1. Satz leg. cit. ist das Bundesvergabeamt nach Widerruf einer Ausschreibung zuständig, festzustellen, ob der Widerruf wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz rechtswidrig war.
Gemäß Paragraph 175, Absatz eins, BVergG hat das Bundesvergabeamt nach erfolgtem Zuschlag oder nach erfolgtem Widerruf einer Ausschreibung unter den Voraussetzungen des Paragraph 174, Absatz eins, auf Antrag bloß festzustellen, ob der behauptete Rechtsverstoß vorliegt oder nicht.
Da der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, die Auftraggeberin entgegen ihrer Verpflichtung noch nicht alle Angebote gemäß Paragraph 98, BVergG ausgeschieden hat und somit ein ex-lege Widerruf iSv Paragraph 105, Absatz 3, BVergG derzeit noch nicht vorliegt, ist das Bundesvergabeamt daher auch nicht gemäß Paragraph 162, Absatz 3 und 5 sowie Paragraph 175, Absatz eins, BVergG zum Abspruch über die vom Antragsteller gestellten Feststellungsanträge zuständig.
Zu Spruchpunkt römisch III.
Hinsichtlich der Antragslegitimation und der Begründung der Abweisung des Antrages der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wird auf die Ausführungen zu Spruchpunkt römisch eins verwiesen.
Zu Spruchpunkt römisch IV.
Hinsichtlich der Begründung wird auf Spruchpunkt römisch II 1. und 2. verwiesen.