UVS Wien
18.01.1993
06/32/373/92
Prostitution, Strafverfahren
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied DDr Schönberger über die Berufung der Frau K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr W, etabliert in W, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Sicherheitsbüro vom 17.6.1992, Zahl II-Pst-746/SB/92 wegen Übertretung des §4 Abs2 in Verbindung mit §5 Abs1 Wiener Prostitutionsgesetz (S 2.000,-- Geldstrafe, im Nichteinbringungsfall 3 Tage Ersatzarrest, sowie S 200,-- erstinstanzlicher Strafverfahrenskostenbeitrag) nach Abhaltung einer mündlichen Verhandlung wie folgt entschieden:
Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Abänderung bestätigt, daß die Tatumschreibung wie folgt zu lauten hat: "Sie (Frau K) haben am 27.2.1992 um 20.20 Uhr in dem in W, R-gasse etablierten Bordell die Prostitution insofern angebahnt, als Sie in diesem Bordell bei eingeschalteter rötlicher Außenbeleuchtung und bei schummriger Innenbeleuchtung spärlich bekleidet auf Kunden zwecks Ausübung der Prostitution gewartet haben, obwohl sich das Bordell innerhalb eines Umkreises von 150 m (der sogenannten 150 m-Verbotszone) von den Schulen S-gasse und H-gasse befand."
Als Übertretungsnorm ist §8 Abs1 Z4 in Verbindung mit §5 Abs1 Wr Prostitutionsgesetz 1983 in der Fassung Landesgesetzblatt 34 aus 1991, zu zitieren und als Strafsanktionsnorm §8 Abs1 Z4 leg cit anzuführen.
Die Berufungswerberin hat gemäß §64 Abs1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe 20% der verhängten Geldstrafe, das sind S 400,--, zu bezahlen.
Begründung:
Im Straferkenntnis vom 17.6.1992 wurde der Berufungswerberin angelastet, die Prostitution zur Tatzeit durch Warten auf Kunden zwecks Ausübung sexueller Handlungen in dem am Tatort befindlichen Bordell ausgeübt zu haben, obwohl sich das Bordell in einem Umkreis von 150 m zu dem im Spruch genannten Schutzobjekt befindet.
In ihrer Berufung führt die Berufungswerberin im wesentlichen folgendes aus:
1) Zum Zeitpunkt der Amtshandlung sei die "Öffentlichkeit" nicht gegeben gewesen, da sich der Personenkreis auf Angehörige des männlichen Geschlechts, die Kontakt zu Prostituierten suchen, beschränkt. "Zufälliges" Betreten des Lokals werde schon vom äußeren Erscheinungsbild desselben auszuschließen sein.
2) Das ihr angelastete "Warten" im Bordell zwecks Ausübung sexueller Handlungen sei höchstens eine straflose Vorbereitungshandlung, jedoch keine "Anbahnung" im Sinne des Gesetzes.
Die Berufungswerberin habe nicht die Prostitution angebahnt, sondern sei in dem Bordell anwesend gewesen, um allenfalls Aufträge zur Verrichtung von sogenannten "Hausbesuchen" entgegenzunehmen, welche vom Wiener Prostitutionsgesetz nicht verboten seien.
3) Das vermeintliche Schutzobjekt befinde sich nicht im Umkreis von 150 m zum Bordell.
4) Bei der wöchentlichen Kontrolluntersuchung vor der Gesundheitsbehörde sei die Herausgabe der Kontrollkarte vom schriftlichen Nachweis, daß die Berufungswerberin der Ladung des Sicherheitsbüros Folge geleistet habe, abhängig gemacht worden. Dadurch sei "womöglich gegen §302 Abs1 StGB verstoßen" und die Willensfreiheit der Berufungswerberin erheblich beeinträchtigt worden; daher sei der gesamte nachfolgende Behördenakt nichtig.
5) Die Erstbehörde habe das angebliche Geständnis der Berufungswerberin bei Betretung der Tat und bei ihrer Einvernahme nicht als mildernd gewertet.
6) Das Wiener Prostitutionsgesetz greife massiv in das verfassungsmäßig gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung und in den Gleichheitsgrundsatz ein. Bei ihrer Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Wien - Sicherheitsbüro am 11.3.1992 gab die Berufungswerberin zu, zur Tatzeit die Prostitution im Bordell angebahnt zu haben. Die darüber aufgenommene Niederschrift wurde von ihr unterfertigt. Die Berufungswerberin hat 3 Tage vor der vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien für den 18.1.1993 anberaumten öffentlichen mündlichen Verhandlung auf deren Abhaltung verzichtet. Die vorgesehene Einvernahme der beiden Kriminalbeamten wurde am 18.1.1993 dennoch durchgeführt.
Gr Insp E gab hierbei folgendes zu Protokoll:
"Ich kann mich an den Vorfall vom 27.2.1992 um 20.20 Uhr im Bordell W, R-gasse erinnern.
Es werden von uns sporadisch Kontrollen durchgeführt, und zwar immer von anderen Kollegen.
Die Berufungswerberin war äußerst leicht bekleidet, sodaß im Zusammenhang mit der ganz schwachen Beleuchtung des Lokals für jedermann erkennbar war, daß sie die Prostitution ausüben wollte. Die Beleuchtung war äußerst dunkel, so wie es in Bordellen eben üblich ist.
Die Berufungswerberin gab ohne Umschweife zu, daß sie sich zum Zweck der Anbahnung im Bordell aufhält und dort auf Kunden wartet. Ich kann mich heute nicht mehr erinnern, ob schon irgendwelche Kunden im Lokal waren. Denen ist dies sehr peinlich und verschwinden sie meist in die hinteren Räume, wenn sie nicht eh schon dort waren.
Die Berufungswerberin hat uns als Kriminalbeamte gekannt und sinngemäß folgendes gesagt: "Jetzt wart's schon so oft da, und habt mich jedesmal angezeigt, römisch eins kann aber no immer kan Einspruch machen, weil i no immer nix kriegt hab".
Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob zu dem gegenständlichen Tatzeitpunkt eine zweite Prostituierte im Lokal war oder sich die Berufungswerberin alleine dort befunden hat.
Das Bordell war von außen typisch beleuchtet und als Bordell erkennbar, der Zugang erfolgte von der Straße aus.
Aufgrund der Feuerwehrpläne, die uns zur Verfügung stehen und auf denen um die Schutzobjekte mit dem Zirkel maßstabgetreu ein 150 m Kreis gezogen wird, wußten wir, daß sich das Bordell innerhalb des 150-m-Verbotsbereiches befindet."
Bez Insp H machte folgende Aussage:
"Gleich nach Inkrafttreten des neuen Prostitutionsgesetzes haben wir auftragsgemäß Informationsblätter an die Bordelle bzw die dort tätigen Prostituierten verteilt, damit sie über die neue Rechtslage (daß das jeweilige Bordell sich innerhalb der neuen 150-m-Verbotszone befindet) bescheid wissen.
Erst nachdem ein längerer Zeitraum verstrichen ist, bekamen wir vom Juristen den Auftrag, bei Übertretungen mit Anzeigen vorzugehen.
Es befinden sich zwei Bordelle nebeneinander, nämlich in der R-gasse A und B; im gegenständlichen Fall handelte es sich um das Bordell in der R-gasse B.
Die Berufungswerberin war die Verantwortliche des Bordells R-gasse
B.
Die Außenbeleuchtung des Bordells (rotes Licht) war eingeschaltet. Soweit ich mich erinnern kann, war die Berufungswerberin sehr leicht bekleidet, und zwar entweder mit einem Body oder mit einem Tanga.
Es kommt im übrigen auch oft vor, daß die Prostituierten ganz nackt sind, wenn man das Bordell betritt.
Das Lokal R-gasse B ist eindeutig ausschließlich für die Prostitutionsausübung eingerichtet.
Zuerst kommt man in einen Quasi-Empfangsraum mit Bar; dahinter befinden sich zwei sogenannte Arbeitszimmer, in denen sich Betten befinden.
Die Beleuchtung im Lokal selbst ist düster.
Für mich war aufgrund der Bekleidung, der Außen- und Innenbeleuchtung eindeutig erkennbar, daß die Berufungswerberin in dem Lokal die Prostitution anbahnt; dies wäre auch für jeden eintretenden Kunden leicht erkennbar gewesen.
Die Situation war so eindeutig, daß die Berufungswerberin gar keine andere Möglichkeit hatte als gleich zuzugeben, daß sie die Prostitution anbahnt.
Soweit ich mich erinnern kann, war die Berufungswerberin nicht allein, sondern befand sich zumindest eine weitere Prostituierte zu diesem Zeitpunkt im Lokal.
Ich hatte damals den Eindruck, daß sich die Berufungswerberin direkt über die Anzeige freut; ihr Anwalt dürfte ihr gesagt haben, daß das Gesetz mit der Bestimmung über die 150-m-Verbotszone fällt."
Beweiswürdigung
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien schenkt den Angaben der
beiden Kriminalbeamten Glauben.
Sie wurden vor ihrer Einvernahme als Zeugen ausdrücklich auf die Wahrheitspflicht und die straf- und dienstrechtlichen Folgen bei deren Verletzung aufmerksam gemacht und machten darüberhinaus einen äußerst glaubwürdigen Eindruck.
Es fand sich auch kein Anhaltspunkt, weswegen sie die Berufungswerberin fälschlich einer Tat bezichtigen sollten. Von der Berufungswerberin unbestritten geblieben ist, daß sie sich zur Tatzeit in einem Bordell aufgehalten hat.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien nimmt daher aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens als erwiesen an, daß sich die Berufungswerberin zum Tatzeitpunkt in dem im Spruch angeführten Bordell sehr leicht (mit einem "Body" oder "Tanga") bekleidet aufgehalten hat; das Bordell hatte die Außenbeleuchtung eingeschaltet und damit der Öffentlichkeit erkennbar gemacht, daß es "in Betrieb" war; das Lokal war von der Straße her zugänglich und von jedermann betretbar. Im Inneren des Bordells herrschte die typische "düstere" oder "schummrige" Beleuchtung. Ebenso wird als erwiesen angesehen, daß die Berufungswerberin den beiden Kriminalbeamten gegenüber zugegeben hat, die Prostitution angebahnt zu haben.
Rechtliche Beurteilung
1) Zur Frage der Öffentlichkeit
Die Berufungswerberin meint in ihrer Berufung, Öffentlichkeit sei deswegen nicht vorgelegen, weil das Bordell bloß von einem von vornherein beschränkten Personenkreis (nämlich nur von Angehörigen des männlichen Geschlechts, die Kontakt zu Prostituierten suchen) betreten werde; "zufälliges" Betreten des Lokales sei vom äußeren Erscheinungsbild desselben her auszuschließen.
Daß ein Bordell nur von einem bestimmten Personenkreis aufgesucht wird, ist zwar unbestritten, doch nimmt dies dem Etablissement nicht den Charakter der "Öffentlichkeit"; bei der - vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien nicht geteilten - Rechtsauffassung der Berufungswerberin wäre auch ein von 50.000 Personen besuchtes Fußballstadion keine Öffentlichkeit, weil sich nur jene, die das Match sehen wollen (und daher sogar Eintrittskarten haben), darin aufhalten; "zufällige" Besucher wird es wohl auch hier kaum geben. Gleiches müßte auch für ein Theater (und viele andere Örtlichkeiten) gelten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes versteht man unter einem Verhalten "in der Öffentlichkeit" im Sinne des §2 Abs2 Wr Prostitutionsgesetz ein Verhalten an einem "öffentlichen Ort", somit an einem Ort, der von jedermann unter den gleichen Bedingungen betreten werden kann (Erk des VwGH vom 30.9.1985, Zl 85/10/0086 und Erk vom 27.6.1988, Zl 87/10/0172). Die Berufungswerberin hat jedenfalls nicht behauptet, daß die Betretung des Bordells nicht von jedermann unter den gleichen Bedingungen möglich gewesen wäre vergleiche Erk des VwGH vom 27.6.1986, Zl 87/10/0172, 0173).
Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien war damit im vorliegenden Fall die Voraussetzung der "Öffentlichkeit" gegeben.
2) Zur Frage der Anbahnung
Unter "Anbahnung" von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution ist jedes erkennbare Sich-Anbieten zur Ausführung eines entgeltlichen Geschlechtsverkehrs in der Absicht zu verstehen, sich hiedurch eine Einnahmequelle zu verschaffen. Sie umfaßt auch die Kontaktaufnahme oder das Treffen von Preisabsprachen für den Vollzug eines Geschlechtsverkehrs (Erk des VwGH vom 27.10.1981, Zl 81/11/0033 = ZfVB 1982/6/2264 und Erk vom 6.12.1983, Zl 3850/80).
Mit dem Vorbringen, das bloße "Warten" im Bordell stelle noch keine Anbahnung dar, ist die Berufungswerberin im Irrtum. Während die "Anbahnung" auf der Straße voraussetzt, daß die Prostituierte - abgesehen von einer berufstypischen Kleidung - etwa an einem bestimmten Straßenstück "auf- und abflaniert" und hierbei Blickkontakt mit vorbeifahrenden Autolenkern sucht und diese (wenn sie langsamer werden bzw anhalten) auch anspricht, brauchen und können derartige Aspekte der "Anbahnung" in einem Etablissement nicht vorhanden zu sein.
Denn ein Bordell ist schon an sich (anders als die Straße, die doch wohl hauptsächlich anderen Zwecken dient!!) ein Ort, der nur zum Zweck der Prostitutionsausübung errichtet und eingerichtet ist und nur zu diesem Zweck aufgesucht wird. In einem Bordell muß die Prostituierte (anders als auf der Straße) allfällige Freier nicht erst durch Auf- und Abgehen, Blickkontakt, Ansprechen etc auf sich aufmerksam machen. In einem Etablissement erfolgt die Anbahnung naturgemäß auf andere Weise:
Durch die Außenbeleuchtung des Bordells wird (und wurde im gegenständlichen Fall) jedermann signalisiert, daß das Lokal "offen" hat und die Dienste der im Lokal befindlichen Prostituierten (gegen Bezahlung) von jedermann in Anspruch
genommen werden können.
Auch die Innenbeleuchtung des Bordells ("düster", "schummrig") war auf den Zweck des Bordells (Ausübung sexueller Handlungen mit Kunden) ausgerichtet.
Schließlich war auch die äußerst spärliche Bekleidung der Berufungswerberin im Zusammenhalt mit der Außenbeleuchtung des Bordells (die allfälligen Kunden signalisierte, daß die Berufungswerberin für sexuelle Handlungen "zur Verfügung stand") und seiner Innenbeleuchtung (die zur "richtigen Atmosphäre" beitragen sollte) ein weiterer Aspekt des Sich-Anbietens der Berufungswerberin zum Zwecke der Ausübung der Prostitution. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien ist daher das Vorbringen der Berufungswerberin, die bloße Anwesenheit in dem geschlossenen Lokal mit gesondertem Zugang von der Straße stelle keine "Anbahnung" im Sinne des Wr Prostitutionsgesetzes dar, nicht stichhaltig. Vielmehr stellt die Anwesenheit in einem Prostitutionslokal in einer für Prostituierte typischen Bekleidung eine Anbahnungshandlung im Sinne des §2 Abs2 Wr Prostitutionsgesetz dar vergleiche auch Erk des VwGH vom 27.6.1988, Zl 87/10/0172, 0173).
Zum Vorbringen der Berufungswerberin in ihrer Berufung, daß sie im gegenständlichen Bordell nur anwesend gewesen sei, "um allenfalls Aufträge zur Verrichtung von sogenannten 'Hausbesuchen' entgegenzunehmen", wird erstens bemerkt, daß - wie oben ausgeführt - schon die Gegenwart der Berufungswerberin in ihrer "Berufskleidung" bei (durch die Außen- und Innenbeleuchtung signalisiertem) "betriebsbereitem" Bordell eine Anbahnungshandlung im Sinne des Wr Prostitutionsgesetzes darstellt.
Zweitens ist aber das Vorbringen der Berufungswerberin die (vom Wr Prostitutionsgesetz ausgenommenen) Hausbesuche betreffend unglaubwürdig. Denn zur bloßen Entgegennahme diverser telefonischer Aufträge für Hausbesuche bedarf es weder der Außenbeleuchtung des Bordells (die Kunden anlocken soll) noch der schummrigen Atmosphäre im Lokal und schon gar nicht der freizügigen Bekleidung der Berufungswerberin im gegenständlichen Fall.
Sollte die Berufungswerberin aber meinen, die Aufträge für Hausbesuche hätte sie persönlich und nicht telefonisch entgegennehmen wollen, so ist diese Behauptung (drittens) noch unglaubwürdiger. Denn Männer, die Hausbesuche wünschen, werden nicht erst das Bordell aufsuchen (sondern eben nur anrufen und die Angerufene zu sich nach Hause bestellen). Wenn aber Männer das Bordell betreten, dann doch wohl, um ihre Wünsche an Ort und Stelle zu erfüllen (wofür das Bordell auch dementsprechend eingerichtet ist bzw im gegenständlichen Fall auch war); die Berufungswerberin sagt schließlich selbst, daß ein "zufälliges" Betreten des Lokales auszuschließen sein werde.
Bemerkt wird, daß im übrigen zwar die Hausbesuche selbst nach dem Wr Prostitutionsgesetz vom Verbot ausgenommen sind, diese Ausnahme jedoch nicht die Anbahnung hiezu umfaßt.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien sieht es daher als erwiesen an, daß die Berufungswerberin zum Tatzeitpunkt am bezeichneten Tatort die Prostitution angebahnt hat.
3) Zur 150 m-Verbotszone
§4 Abs2 Wr Prostitutionsgesetz bestimmt folgendes:
"In religiösen Zwecken gewidmeten Gebäuden, in Schulen, Schüler- und Jugendheimen, Jugendzentren, auf Kinder- und Jugendspielplätzen, in Heil- und Pflegeanstalten und Kasernen sowie in einem Umkreis von 150 m von Aus- und Eingängen aller dieser Örtlichkeiten ist die Anbahnung verboten. Weiters ist die
Anbahnung in Bahnhöfen, Stationsgebäuden und Haltestellenbereichen öffentlicher Verkehrsmittel verboten."
Somit ist im Umkreis von 150 m von zB Schulen, Stationsgebäuden und Haltestellenbereichen öffentlicher Verkehrsmittel die Anbahnung der Prostitution verboten.
Ferner ist etwa die Ausübung der Prostitution in Bordellen verboten, sofern sich diese in dem im §4 Abs2 leg cit Verbotsbereich befinden (§5 Abs1 leg cit).
§8 Abs1 Z4 Wr Prostitutionsgesetz erweitert dieses Verbot auch für die Anbahnung in einem innerhalb der Verbotszone etablierten Bordell.
Die Berufungswerberin bestreitet - allerdings ohne nähere Begründung -, "daß sich das vermeintliche Schutzobjekt im Umkreis von 150 m zum Lokal befindet" (Berufung Seite 3, 2 Absatz, letzter Satz).
Dazu wird folgendes ausgeführt:
Die Berufungswerberin unterliegt offenkundig einem Irrtum hinsichtlich des "Schutzobjektes", zumal sie an anderer Stelle in der Berufung ausführt, daß zum Tatzeitpunkt (hierbei führt die Berufungswerberin irrtümlich "22.00 Uhr" statt 20.20 Uhr an) "begreiflicherweise keine Kunden auf dem im Bescheid angeführten Spielplatz anwesend" waren (Berufung Seite 4 oben; gemeint ist wohl: Kinder).
Im vorliegenden Fall wurden jedoch im Straferkenntnis kein Spielplatz, sondern 2 Schulen (in der S-gasse und in der H-gasse) als Schutzobjekt vermerkt.
In W, S-gasse befindet sich die Schule der Caritas für Sozialdienste und die Fachschule für Sozialberufe, in W, H-gasse die Fachschule der Stadt Wien für wirtschaftliche Berufe. Aus dem Feuerwehrplan (in den die Berufungswerberin bei der mündlichen Verhandlung Einsicht nehmen hätte können, hätte sie nicht auf die Teilnahme an der Verhandlung verzichtet) ist einwandfrei ersichtlich, daß sich der Standort des Bordells (W, Rgasse) innerhalb der 150-m-Verbotszone um diese beiden Schulen befindet. Bemerkt wird, daß das Bordell sogar noch in den Verbotsbereich einer dritten Schule (Musik- und Kindersingschule W, D-gasse) hineinragt.
Es wird als erwiesen angesehen, daß das Bordell zum Tatzeitpunkt innerhalb des 150 m-Verbotsbereiches im Sinne des §4 Abs2 Wr Prostitutionsgesetz etabliert war.
Ob die beiden angeführten Schulen kurz vor dem Tatzeitpunkt (20.20 Uhr) noch von Schülern besucht wurden (ob etwa Kurse, Seminare, Schulveranstaltungen stattgefunden und sich Schüler auf dem Heimweg befunden hatten), war in diesem Verfahren nicht zu untersuchen, da das Gesetz die Verbotszone nicht von der Uhrzeit abhängig macht, sondern rund um die Uhr statuiert.
4) Zum Vorwurf des "womöglichen" Verstoßes gegen §302 Abs1 StGB
Die Berufungswerberin behauptet mit ihrem Vorbringen (siehe Seite 3, Punkt 4) dieses Bescheides), daß sie zur Befolgung der Ladung vor das Sicherheitsbüro insofern gezwungen worden sei, als ihr bei der wöchentlichen Kontrolluntersuchung - bei Nichtbefolgung der Ladung - ihre Kontrollkarte nicht ausgehändigt worden wäre. Ihre Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Wien - Sicherheitsbüro sei demnach nichtig.
Dieses Vorbringen der Berufungswerberin ist äußerst vage; es enthält weder Angaben über den Tag dieser Kontrolluntersuchung (er muß zwischen dem Tatzeitpunkt und den Einvernahmezeitpunkt gelegen sein) noch welcher Beamte die Aushändigung der Kontrollkarte vom "schriftlichen Nachweis des Sicherheitsbüros, daß die Berufungswerberin der 'Ladung' Folge geleistet hat", abhängig
gemacht hat.
Ebensowenig gibt die Berufungswerberin an, daß sie aufgrund dessen mehrere Tage ohne Kontrollkarte verblieben sei; dies wäre aber - würde man den Angaben der Berufungswerberin diesbezüglich Glauben schenken - der Fall, zumal nicht anzunehmen ist, daß die (angebliche) Mitteilung des Beamten anläßlich der Kontrolluntersuchung, die Einvernahme im Sicherheitsbüro und der "schriftliche Nachweis des Sicherheitsbüros" an einem einzigen Tag stattgefunden hätten.
Die Berufungswerberin hat nicht angegeben, daß sie eine diesbezügliche Anzeige gemacht hätte.
Im übrigen ist es unwahrscheinlich, daß Bedienstete der Magistratsabteilung 15 - Gesundheitsamt ihre Tätigkeit (wöchentliche Kontrolluntersuchung von Prostituierten, bei gesundheitlicher Unbedenklichkeit Abstempelung der Kontrollkarte) von der Befolgung einer Ladung bei einer anderen Behörde (Bundespolizeidirektion Wien) machen; dazu kommt noch, daß die Bundespolizeidirektion Wien selbst die besten Möglichkeiten hat, einen Geladenen - nach Androhung der Vorführung im Falle des Nichterscheinens - zwangsweise vorführen zu lassen. Selbst wenn (was der Unabhängige Verwaltungssenat Wien nicht als gegeben annimmt!) sich die Berufungswerberin nicht ganz freiwillig in das Sicherheitsbüro begeben hätte, ist nicht anzunehmen, daß sie dort falsche Angaben gemacht (nämlich ein "falsches" Geständnis abgelegt) und unterschrieben hätte.
Denn die Berufungswerberin hat zwar behauptet, die Aushändigung der Kontrollkarte sei vom schriftlichen Nachweis, daß sie der Ladung ins Sicherheitsbüro Folge geleistet habe, abhängig gemacht worden, nicht jedoch, daß die Aushändigung der Kontrollkarte von einem Geständnis abhängig gemacht worden sei!
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien sieht sich außerstande den von der Berufungswerberin aufgestellten unglaubwürdigen und durch nichts bewiesenen Behauptungen zu folgen.
5. Zum behaupteten Eingriff des Wr Prostitutionsgesetzes in das Recht auf freie Erwerbsausübung und in den Gleichheitsgrundsatz
Der Berufungswerberin bleibt es unbenommen, den Verfassungsgerichtshof wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Norm anzurufen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien teilt jedoch nicht die diesbezüglichen Bedenken der Berufungswerberin, zumal auch jene Verfassungsgesetze, die die verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte normieren, Eingriffe in diese Grundrechte gestatten, sofern diese in der gesetzlich vorgesehenen Weise erfolgen. Im übrigen unterliegen auch andere Berufsgruppen gesetzlichen Beschränkungen.
Ergebnis:
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien gelangt somit nach rechtlicher Würdigung zur Ansicht, daß die Berufungswerberin die ihr angelastete Tat begangen hat.
Der Berufung war daher keine Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis in der Schuldfrage zu bestätigen.
Die Abänderung im Spruche erfolgte im Hinblick auf die genauere Tatumschreibung und Anpassung an den Straftatbestand sowie auf die richtige Zitierung der Übertretungs- und Strafsanktionsnorm.
Strafbemessung:
Die Tat selbst schädigte in nicht unerheblichem Maße das vom Gesetz geschützte Interesse an der kontrollierten Ausübung der Prostitution bei gleichzeitiger Hintanhaltung der Belästigung der Öffentlichkeit (zB durch Verletzung religiöser Gefühle) bzw unbeteiligter Personen (zB von Kranken oder von Kindern und
Jugendlichen).
Deshalb war auch der objektive Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht gering. Weiters mußte das Verschulden der Berufungswerberin als erheblich angesehen werden, da die Berufungswerberin zumindest grob fahrlässig gehandelt hat, hat doch der eine Kriminalbeamte glaubwürdig angegeben, daß an alle in den 150 m-Verbotsbereich fallenden Bordelle entsprechende Informationsblätter verteilt wurden und mit Anzeigen erst nach einigen Wochen des Zuwartens vorgegangen wurde.
Bei der Strafbemessung wurden zwei weitere Verwaltungsvormerkungen aufgrund des Wr Prostitutionsgesetzes als erschwerend gewertet sowie die angegebenen überdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse berücksichtigt.
Auf die angegebene Vermögenslosigkeit sowie die gesetzliche Sorgepflicht für ein Kind wurde Bedacht genommen.
Zum Einwand der Berufungswerberin, ihr angebliches Geständnis bei Betretung der Tat und bei ihrer Einvernahme sei nicht mildernd gewertet worden, wird folgendes bemerkt:
Ein Geständnis kann keinen Milderungsgrund darstellen, wenn dem Täter im Hinblick auf das Betretenwerden auf frischer Tat nichts anderes überbleibt, als die Übertretung zuzugeben (VwGH-Erk vom 5.9.1986, Zl 86/18/0118, ua); in dem bloßen Zugeben des Faktischen kann ein solches qualifiziertes Geständnis (dh ein solches, das einen Milderungsgrund darstellt) nicht erblickt werden. Unter Bezugnahme auf diese Strafzumessungsgründe, den Unrechtsgehalt der Tat, das Verschulden der Berufungswerberin sowie den (unter Heranziehung der richtigen Strafsanktionsnorm sogar) bis S 50.000,-- reichenden gesetzlichen Strafsatz ist die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal im Verfahren keine Milderungsgründe hervorgekommen sind und die verhängte Geldstrafe ohnedies im untersten Bereich des gesetzlichen Strafsatzes angesetzt wurde, da sie nur ein Fünfundzwanzigstel der möglichen Höchststrafe beträgt. Auf die Möglichkeit der Einbringung eines mit 120,--S Bundesstempel zu vergebührenden Ratenansuchens bei der Behörde erster Instanz (Bundespolizeidirektion Wien, Sicherheitsbüro) wird hingewiesen.
Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des §64 Abs1 und 2 VStG.