UVS Steiermark
01.04.2009
43.14-12/2008
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Merli über die Berufung der HR T GmbH, vertreten durch Dr. M L, Rechtsanwalt in N/W., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Radkersburg vom 29.09.2008, GZ: 4.1-30/08, wie folgt entschieden: Die Berufung wird abgewiesen.
Rechtsgrundlagen: Paragraph 66, Absatz 4, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1194 idgF (AVG) Paragraphen 74,, 77, 81 und 360 Absatz eins, der Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO)
Mit dem bekämpften Bescheid verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft Radkersburg gemäß Paragraph 360, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 81, Absatz eins und Paragraph 366, Absatz eins, Ziffer 3, GewO 1994, Bundesgesetzblatt 194 idgF die HR T GmbH, Ed, Lstr, den Betrieb der Darmbearbeitungsanlage in der Betriebsanlage am Standort St, Nd, einzustellen. Begründet wurde die Maßnahme im Wesentlichen damit, dass der bestehende gewerberechtliche Genehmigungskonsens für die Errichtung und den Betrieb einer Schlachtanlage auf den näher bezeichneten Grundstücken und Bauflächen in Nd die Errichtung und den Betrieb einer Darmbearbeitungsanlage nicht umfasse. Die Darmbearbeitungsanlage sei geeignet, Nachbarn durch Geruch und Lärm zu belästigen, weshalb von einer Genehmigungspflicht gemäß Paragraph 81, Absatz eins, GewO auszugehen sei. Von der nunmehrigen Betreiberin der Anlage sei die gewerberechtliche Genehmigung für die Änderung des Schlachthofbetriebes durch die Installierung einer Darmbereitungsanlage beantragt worden. Aus Anlass der Verhandlung am 01.09.2008 sei festgestellt worden, dass die gegenständliche Darmbereitungsanlage bereits in Betrieb genommen worden sei und hätten die Nachbarn in der Verhandlung Einwendungen wegen Geruchsbelästigung bzw. Lärmbelästigung erhoben, die der Behörde bereits im Vorfeld in Form einer Reihe von Beschwerden über Geruchs- und Lärmbelästigungen bekannt gewesen seien. Bis zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung habe von der belangten Behörde die Änderungsgenehmigung nicht erteilt werden können, weil die von der Konsenswerberin vorgelegten Projektsunterlagen für eine Beurteilung nicht ausgereicht hätten. Damit seien die Errichtung und der Betrieb der Darmbearbeitungsanlage ohne gewerberechtliche Genehmigung erfolgt. Die HR T GmbH sei mit Verfahrensanordnung vom 25.08.2008 aufgefordert worden, den rechtsgemäßen Zustand bis 26.08.2008 herzustellen. Da diesem Auftrag nicht entsprochen worden sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen. In ihrer fristgerecht erhobenen Berufung machte die HR T GmbH Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Begründend wurde ausgeführt, es sei nicht, wie von der belangten Behörde angenommen, von der Änderung einer bewilligten Betriebsanlage auszugehen. Es sei lediglich die bereits im Betrieb bestehende und laut Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Radkersburg vom 16.10.1995 auch gewerbebehördlich genehmigte Kuttelei bzw. Wurstverarbeitungsanlage auf den neuesten Stand der Technik gebracht worden. Unter einer Kuttelei verstehe man eine Darmaufbereitung, das heißt die Reinigung der Därme von Kot und Schleimanteilen. Diese Tätigkeiten seien von der Konsenswerberin schon immer im Betrieb durchgeführt worden. Somit liege keine Erweiterung, sondern vielmehr im Wegfall des Schlachtbetriebes eine Einschränkung des ursprünglich genehmigten Betriebszweckes vor. Aus Sicht der Berufungswerberin sei der von ihr gestellte Antrag als ein solcher im Sinne des Paragraph 81, Absatz 3, GewO zu verstehen, weil es sich hier nur um einen Austausch bzw. Ersatz bereits vorhandener Maschinengeräte oder Ausstattungsgegenstände handle. Die von den Nachbarn eingewendeten Geruchsbelästigungen seien von der belangten Behörde nicht nachvollziehbar erhoben worden. Insbesondere sei nicht festgestellt worden, welche Auswirkungen der Wegfall der Schlachterei olfaktorisch gehabt habe und ob die nunmehr behauptete Geruchsbelästigung eine andere sei, die das ortsübliche Maß übersteige. Wie auch der Behörde bekannt sein werde, befinde sich direkt unterhalb des in Rede stehenden Betriebes ein großer Schweinemastbetrieb, von dem enorme Geruchsbelästigungen ausgehen würden. Mit anderen Worten:
Unabhängig vom Betrieb des Berufungswerbers stinke es in Nd. Es sei auch nicht an der Berufungswerberin gelegen, dass bis dato noch keine Änderungsgenehmigung erfolgen habe können, zumal die belangte Behörde nicht in ausreichendem Maße die von ihr verlangten Projektunterlagen determiniert habe. Die Behörde sei daher nicht berechtigt gewesen, einen sowohl materiell als auch formell unbegründeten Einstellungsbescheid zu erlassen. Von der Behörde wäre abzuwägen gewesen, inwieweit die Einstellung des Betriebes aufgrund allfälliger Geruchsbelästigung wegen des weitaus höher zu bewertenden wirtschaftlichen Interesses der Region (an der Aufrechterhaltung des Betriebes) zu unterbleiben gehabt hätte. Allenfalls hätte die Behörde gewisse Auflagen erteilen können bzw. müssen. Die unterlassene Interessensabwägung und die Einstellung des Betriebes führe dazu, dass sämtliche Arbeitskräfte entlassen werden müssten und der wirtschaftliche Ruin eines ortsansässigen Unternehmens in Kauf genommen werde. Die Berufungswerberin beantragte, der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass im Sinne des Paragraph 81, GewO die vom Berufungswerber vorgenommene Anlage (wohl Änderung) zur Kenntnis genommen werde, allenfalls genehmigt werde. In eventu möge der Bescheid aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung, allfälligen Verfahrensergänzung und neuerlichen rechtlichen Beurteilung an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen werden. In jedem Fall möge eine Entscheidung über die Einstellung des Betriebes bis zur Ergänzung des Verfahrens aufgeschoben werden. Im Schreiben vom 26.01.2009 teilte die Bezirkshauptmannschaft Radkersburg zu der vorliegenden Berufung mit, dass anlässlich der Augenscheinsverhandlung am 27.10.2008 vom Vertreter der HR T GesmbH berichtet worden sei, dass die ursprünglich vorhandene und bereits betriebene Darmreinigungsanlage der Firma B entfernt worden und geplant sei, eine Darmreinigungslinie der Firma H + H GmbH, Type, aufzustellen. Im Zuge der Augenscheinsverhandlung sei für die projektierte Darmreinigungslinie um die Genehmigung eines Versuchsbetriebes gemäß Paragraph 354, GewO angesucht worden und sei mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Radkersburg vom 12.01.2009, GZ. 4.1-30/08, die Genehmigung eines Versuchsbetriebes für die Darmbearbeitungsanlage erteilt worden. Die Bezirkshauptmannschaft Radkersburg legte den Bescheid über den Versuchsbetrieb vor. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark als zuständige Berufungsbehörde geht bei seiner Entscheidung, welche gemäß Paragraph 67 d, Absatz eins, AVG ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden kann, von folgenden Überlegungen aus:
Mit der Eingabe vom 14.05.2008 stellte die HR T GmbH den Antrag auf gewerberechtliche Änderungsgenehmigung für die Errichtung und den Betrieb folgender Betriebsanlagenänderung zur Ausübung des Gewerbes Darmbearbeitung. Es sei der Einbau einer Darmbearbeitung in den ehemaligen Schlachthof K in der KG Nd, Gemeinde St geplant. Anhand der Aktenlage stellen sich die Änderungen in der Nutzung der Betriebsanlage gegenüber dem genehmigten Vorbestand auszugsweise wie folgt dar: Im ehemaligen Schlachthofbetrieb finden keine Tierschlachtungen mehr statt, sondern werden hier ausschließlich nur mehr Därme in beachtlichem Umfang gereinigt. So werden wöchentlich ca. 30 Tonnen ausgewalzte Dünndärme (ohne Kot) in Plastikboxen mit Deckel von LKW (täglich bis zu 5 LKW mit 6 Tonnen Därme) angeliefert und im ehemaligen Schweinekühlraum gelagert (Gewicht je Paletten-Box ca. 250 kg). Der Transport der Boxen im Gebäude erfolgt mit Handhubwagen oder Elektro-Ameise. Die Bearbeitung der Dünndärme erfolgt unmittelbar nach der Anlieferung. Die Darmpakete werden aus den Boxen händisch (je Paket ca. 1,5 kg) entnommen und in das Wasserbad eingebracht. Die Därme werden in einer Darmreinigungsmaschine in 45 Grad warmen Wasser entschleimt. Die entschleimten Därme fallen in ein Wasserbad mit Eis. Vom Wasserbad werden die Darmpakete händisch in Darmfässer umgelagert und gesalzen. Die Lagerung der Fässer erfolgt im ehemaligen Rinderkühlraum. Der Transport erfolgt mit einer speziellen Fasskarre. Das Personal trägt Gummistiefel, Gummischürzen und Gummihandschuhe. Salz wird in Säcken im ehemaligen Stall gelagert (ca. 20 Tonnen). Der Abtransport der Därme erfolgt wöchentlich mit einem LKW-Zug. Der Darmschleim - der Darmschleimanfall beträgt wöchentlich ca. 10 Tonnen - wird automatisch über eine Rohrleitung in den Keller gepumpt. Der Schleim wird im bestehenden Keller in verschließbaren Behältern bis zur Abholung gelagert (6 Behälter mit je 5 Tonnen Inhalt). Der Schleim wird von der Pharmaindustrie ca. alle 14 Tage abgeholt. Bei Abholung wird der Schleim mit einer Saugpumpe in den LKW-Tank gepumpt. Sonstige Abfälle werden ebenfalls im Keller (Verbringung vom Erdgeschoss in das Kellergeschoss mittels Rutsche) im TKV-Container gelagert und von der Tierkörperverwertungsstelle 3 x wöchentlich abgeholt. Im Betrieb werden 12 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Betriebszeiten sind Montag bis Freitag von 06:00 - 22:00 Uhr. Die bestehenden Betriebsräume werden für den Betrieb zum Großteil weiterverwendet und dem geänderten Zweck der Anlage entsprechend adaptiert. Es wird die gesamte Schlachttechnik demontiert und entfernt. Die übrigen technischen Einrichtungen, wie Heizung, Lüftung, Kühlanlagen, Abwasservorreinigung, Druckluftanlage, etc. bleiben im Bestand erhalten bzw. werden sie ebenfalls angepasst. Die nicht benötigten Raumeinheiten stehen leer. Gemäß Paragraph 74, Absatz 2, GewO 1994 idgF. dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, 1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, Bundesgesetzblatt Nr.450 aus 1994,, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 4, Litera g, angeführten Nutzungsrechte, 2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, (...) Gemäß Paragraph 81, Absatz eins, bedarf, wenn es zur Wahrung der im Paragraph 74, Absatz 2, umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im Paragraph 74, Absatz 2, umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist. Gemäß Paragraph 81, Absatz 2, Ziffer 5, GewO ist eine Genehmigungspflicht nach Absatz eins, nicht gegeben, wenn nur ein Ersatz von Maschinen, Geräten oder Ausstattungen durch gleichartige Maschinen, Geräte oder Ausstattungen erfolgt; Maschinen, Geräte oder Ausstattungen sind gleichartig, wenn ihr Verwendungszweck dem der in der Anlage befindlichen Maschinen, Geräte oder Ausstattungen entspricht und die von ihnen zu erwartenden Auswirkungen von den Auswirkungen der in der Anlage befindlichen Maschinen, Geräte oder Ausstattungen nicht so abweichen, das der Ersatz als genehmigungspflichtige Änderung gemäß Absatz eins, zu behandeln ist. Nach Paragraph 366, Absatz eins, Ziffer 3, GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu €
3.600,00 zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt. Besteht der Verdacht einer Übertretung gemäß Paragraph 366, Absatz eins, Ziffer eins,, 2 oder 3 GewO, so hat die Behörde gemäß Paragraph 360, Absatz eins, GewO 1994 idgF, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens, den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen. Die projektierten Änderungen sind - und dies ergibt sich schon aus dem Änderungsumfang, wonach ein Schlachtbetrieb in einen reinen Darmreinigungsbetrieb übergeführt wird - geeignet, Schutzinteressen nach Paragraph 74, Absatz 2, GewO zu berühren. Von einer Änderung im Sinne des Paragraph 81, Absatz 2, Ziffer 5, GewO, die in einem Anzeigeverfahren zu erledigen ist, kann schon deshalb keine Rede sein, weil eine derartige Maschinenanlage mit der speziellen Ausrichtung auf Darmreinigung und mit der projektierten Leistungskapazität im genehmigten Schlachtbetrieb überhaupt nicht vorhanden war. Daher bedarf die Betriebsanlagenänderung einer gewerbebehördlichen Genehmigung. Die Berufungswerberin nahm - und dies ist unstrittig - den Betrieb der Darmbearbeitungsanlage ohne gewerbebehördliche Genehmigung in Betrieb, wodurch der Verdacht einer Übertretung gemäß Paragraph 366, Absatz eins, Ziffer 3, GewO gegeben war. Die HR T GesmbH kam der an sie ergangenen Verfahrensanordnung der Bezirkshauptmannschaft Radkersburg vom 25.08.2008, den Betrieb der Anlage bis zum 26.08.2008 einzustellen, und auch dies blieb unstrittig, nicht nach. Damit war die Gewerbebehörde berechtigt und verpflichtet, mit dem nunmehr bekämpften Bescheid nach Paragraph 360, Absatz eins, GewO, der auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides abstellt - den Betrieb der Darmbereitungsanlage in der Betriebsanlage einzustellen. Eine Interessenabwägung, wie von der Berufungswerberin verlangt, sieht Paragraph 360, Absatz eins, GewO nicht vor. Es war daher der Berufung kein Erfolg beschieden und spruchgemäß zu entscheiden.