Entscheidende Behörde

UVS Stmk

Entscheidungsdatum

20.03.1995

Geschäftszahl

30.4-105/94

Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung des Herrn K.H., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Erwin Fidler, Lammberggasse 30, 8225 Pöllau, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hartberg vom 24.2.1994, GZ.: 15.1 1992/3578, wie folgt entschieden:

Gemäß Paragraph 66, Absatz 4, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit Paragraphen 24 und 45 Absatz eins, Ziffer 2, Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Text

Auf Grund des von der gemäß Paragraph 51, Absatz eins, VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grundlage der in Anwesenheit des Berufungswerbers und unter Beiziehung des erforderlichen Zeugen am 20.3.1995 vorgenommen, öffentlichen, mündlichen Verhandlung ergeben sich folgende Feststellungen:

Mit dem im Spruch dieses Bescheides näher

bezeichneten Straferkenntnis vom 4.2.1994 war über Herrn K.H. als gewerberechtlichem Geschäftsführer der H. GesmbH. mit dem Sitz in L. eine Geldstrafe von S 8.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen auf Rechtsgrundlage der Paragraphen 370, Absatz 2,, 368 Ziffer eins, Punkt 13., 46 Absatz 3 und 94 Ziffer 77, GewO 1973 verhängt worden, da er es zu

verantworten hätte, daß die H. GesmbH. zumindest seit dem 5.6.1993 im Bekleidungsgeschäft K. in H., Ha. 23, eine weitere Betriebsstätte für die Ausübung des Gewerbes eines Textilreinigers in Form einer Übernahmsstelle betreibe, ohne diese weitere Betriebsstätte bei der zuständigen Gewerbebehörde zur Anzeige gebracht zu haben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung, in welcher der Sachverhalt bestritten und in rechtlicher Hinsicht ausgeführt wird, Herr D.K. und nicht das Unternehmen des Berufungswerbers hätte das Unternehmerrisiko für diese gewerblichen Tätigkeiten getragen.

Von Seiten der Berufungsbehörde wurde sodann mit Ladungsbescheiden vom 7.2.1995 die durchzuführende öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung für 20.3.1995 angeordnet und im Beisein des Berufungswerbers sowie des Zeugen D. K. durchgeführt, ein Vertreter der belangten Behörde hat an dieser Verhandlung nicht teilgenommen.

Der Berufungswerber hat anläßlich der Berufungsverhandlung in Wiederholung seiner Argumentation aus dem erstinstanzlichen Verfahren ergänzend darauf hingewiesen, er sei durch die Wirtschaftskammer bereits im Jahr 1992 dahingehend informiert worden, daß mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gewerberechtsnovelle 1992 die Ausübung von Übernahmsstellen des Textilreinigergewerbes als freies Gewerbe gelten würde. Er habe daher mit Herrn D. K. entsprechende Vereinbarungen getätigt, nur für den Fall, daß es bei einer Gewerbeanmeldung durch Herrn K. selbst für dieses eingeschränkte, freie Textilreinigergewerbe zu unerwarteten Schwierigkeiten kommen sollte, habe er diesem eine für die Firma H. lautende

Gewerbeanmeldung bezüglich einer weiteren Betriebsstätte vorbereitet übergeben.

Das alleinige Unternehmerrisiko für diese Tätigkeiten sei jedoch, so stellte der Berufungswerber fest, bei Herrn K. gelegen, da der jeweilige Kunde die zu reinigenden Gegenstände in das Geschäft des Herrn K. gebracht hätte, welcher diese gegen eine entsprechende Bestätigung übernommen hätte. Das Unternehmen des Berufungswerbers hätte in regelmäßigen Abständen die zur Reinigung bestimmten und von Herrn K.

übernommenen Gegenstände abgeholt und diesem

wieder zurückgebracht. Für jeden dieser Abholvorgänge habe Herr K. einen Sammellieferschein ausgestellt, das Unternehmen des Berufungswerbers hätte sodann

monatlich mit Herrn K. abgerechnet, wobei die Höhe des an diesen bezahlten Staffelpreises vom Umfang des Auftragsvolumens pro Monat abhängig gewesen wäre. Es habe somit keinerlei direkte Geschäftsbeziehung zwischen dem Unternehmen des Berufungswerbers und

den Kunden des Herrn K. bestanden, jener Preis, den der Kunde bei Abholung des Kleidungsstückes zu

bezahlen hatte, war von Herrn K. festgesetzt gewesen, welcher somit auch das alleinige Risiko dafür getragen hätte, sollten gereinigte Kleidungsstücke nicht abgeholt werden.

Diese Angaben des Berufungswerbers wurden vom als Zeugen einvernommenen Herrn D. K. weitgehend in durchaus glaubwürdiger Weise bestätigt, dieser gab an, er hätte in seinem Handelsbetrieb in H. die Absicht gehabt, seinen Kunden auch die Reinigung von Kleidungsstücken anzubieten. Der Kunde hätte ihm das zu reinigende Kleidungsstück übergeben und dafür einen Bon mit einer Nummer erhalten. Etwa dreimal pro Woche seien diese Kleidungsstücke von der Firma H. abgeholt und nach Reinigung wieder zurückgebracht worden, dann konnte der Kunde sein Kleidungsstück abholen und bezahlte zu diesem Zeitpunkt den vom Unternehmen K. festgesetzten Preis. Diese Vorgänge hätte Herr K. gleich wie andere Verkaufstätigkeiten gebucht, die Abrechnung mit der Firma H. sei monatlich durch normale Rechnungslegung erfolgt. Die Differenz dieses Rechnungsbetrages zu jenem Betrag, den er seinen

Kunden in Rechnung gestellt hätte, sei seine unternehmerische Disposition gewesen. Über Vorhalt seiner Aussage im erstinstanzlichen Verfahren vom 16.8.1993, wonach das Unternehmerrisiko nicht bei ihm, sondern beim Unternehmen des Berufungswerbers

gelegen sei, erklärte der Zeuge K., dies hätte er damals so gemeint, daß die Firma H. für die ordnungsgemäße Reinigung verantwortlich gewesen wäre. Er betonte, die gesamte organisatorische Abwicklung von der Übernahme der Kleidungsstücke bis zur Rückgabe der gereinigten Kleidungsstücke an die Kunden mit gleichzeitiger Abrechnung sei ausschließlich in seiner Unternehmenssphäre gelegen, die Firma H. sei ausschließlich ab der Übernahme der Kleidungsstücke im Betrieb des Zeugen K. bis zur Rückgabe der gereinigten Kleidungsstücke in seinem Betrieb an ihn verantwortlich gewesen.

Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von

folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß Paragraph 66, Absatz 4, AVG hat die Berufungsbehörde,

sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß Paragraph 51, Absatz eins, VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an jenen Unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Gemäß Paragraph 51 e, Absatz eins, VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche, mündliche Verhandlung anzuberaumen, zu welcher die Parteien und eventuell Sachverständige und Zeugen zu laden sind, dies ist im konkreten Fall geschehen.

Wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde bzw. durchzuführen ist, ist gemäß Paragraph 51 i, VStG bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet (Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens); weiters ist Zweck dieser öffentlichen, mündlichen Verhandlung als Teil des gemäß Paragraph 37, AVG durchzuführenden Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (Grundsatz der materiellen Wahrheitsfindung).

Gemäß Paragraph 45, Absatz eins, Ziffer 2, VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat. Gemäß Paragraph 45, Absatz 2, AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Weiters sind gemäß Paragraph 25, Absatz 2, VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden. Der im Paragraph 45, Absatz 2, AVG genannte Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist in Zusammenhalt mit den bereits erwähnten Grundsätzen der Unmittelbarkeit des Verfahrens und der materiellen Wahrheitsforschung zu sehen. Voraussetzung für eine gesetzmäßige Beweiswürdigung ist ein ausreichend durchgeführtes Ermittlungsverfahren, in welchem die Parteien ihre Rechte geltend machen können.

Diese Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde, den Sachverhalt von sich aus festzustellen, begründet als Folgewirkung die Tatsache, daß ein verwaltungsstrafrechtlicher Schuldspruch nur dann erfolgen kann, wenn der in Frage stehende Sachverhalt als absolut sicher festzustellen ist. Voraussetzung dafür wiederum ist eine ensprechende Beweissicherung bzw. die Möglichkeit, eine solche durchzuführen.

Gemäß Paragraph eins, Absatz 2, VStG richtet sich die Strafe für eine Verwaltungsübertretung nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

Der Tatzeitraum im angefochtenen Straferkenntnis umfaßt den Zeitraum von 25.6.1993 bis zum Tag der Schöpfung dieses Straferkenntnisses am 24.2.1994. Somit ist durch das Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1992 jene Rechtslage für das verfahrensgegenständliche Berufungsverfahren maßgeblich, die seit 1.7.1993 besteht. Demnach ist das Textilreinigergewerbe gemäß Paragraph 94, Ziffer 72, GewO 1973 als Handwerk eingeordnet, kein Handwerk in diesem Sinn ist jedoch unbeschadet der Rechte der Textilreiniger gemäß Paragraph 123, GewO 1973 die Übernahme von Arbeiten für das Handwerk der Textilreiniger. Gemäß den Ausführungen zur Regierungsvorlage der Gewerberechtsnovelle 1992 ist somit die gewerbliche Ausübung von Übernahmen für die Arbeiten des Textilreinigergewerbes als freies Gewerbe einzustufen.

Wie sich durch das Berufungsverfahren ergeben hat, ist jener Betriebsablauf, der am Standort Ha. 23 in H. im Betrieb des Zeugen K. durchgeführt worden ist, den Bestimmungen des Paragraph 123, GewO 1973 (seit 1.7.1973) zuzuordnen. Sowohl der Berufungswerber als auch der Zeuge K. haben in glaubwürdiger und übereinstimmender Weise, der Zeuge noch dazu unter Wahrheitspflicht stehend, beschrieben, wie diese Vorgänge abgelaufen sind; so ist eine Geschäftsbeziehung zwischen dem Unternehmen des Berufungswerbers und den Kunden des Unternehmens des Zeugen K. niemals

zustandegekommen, das Unternehmen des Berufungswerbers hat seine Leistungen dem Unternehmen des Zeugen K. in Rechnung gestellt, nicht

jedoch dessen Kunden.

Aus all dem ergibt sich somit, daß tatsächlich das alleinige Unternehmerrisiko des Betriebes einer Übernahmsstelle für das Gewerbe eines Textilreinigers am Standort H., Ha. 23, in der Sphäre des Zeugen K. gelegen ist. Ob dieser selbst im Sinne der Bestimmungen des Paragraph 123, GewO 1973 in der anzuwendenden Fassung

der Gewerberechtsnovelle 1992 auch zur Ausübung

dieser gewerblichen Tätigkeiten berechtigt war, ist im konkreten Berufungsverfahren nicht zu beurteilen. Sehr wohl jedoch ist insgesamt festzustellen, daß diese Tätigkeiten der Übernahme von Arbeiten für das Handwerk der Textilreiniger vom Unternehmen des Zeugen K. und nicht von jenem des Berufungswerbers abgewickelt worden sind, sodaß sich die dem Berufungswerber zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht als solche erweist, die in den Verantwortungsbereich des Berufungswerbers fällt, weshalb im Sinne der angeführten, gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden war.