UVS Niederösterreich
22.12.2010
Senat-MD-09-0037
Der Berufung wird gemäß Paragraph 66, Absatz 4, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991
(AVG) F o l g e gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das
Verwaltungsstrafverfahren gemäß Paragraph 45, Absatz eins, Ziffer 2, Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eingestellt.
Mit Straferkenntnis der römisch zehn vom 23. Juli 2009,
***, wurde über die Beschuldigte *** wegen einer Übertretung nach Paragraph 367, Ziffer eins, i.V.m. Paragraph 16, Absatz eins und Paragraph 9, Absatz 2, i.V.m. Paragraph 39, Absatz 2 und Paragraph eins, GewO gemäß Paragraph 367, Einleitungssatz GewO eine Geldstrafe von € 250,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt und ihr die Tragung eines anteiligen Kostenbeitrages zum erstinstanzlichen Verfahren in Höhe von € 25,-- auferlegt.
In diesem Straferkenntnis wird der Beschuldigten die Verwaltungsübertretung wie folgt angelastet:
Sie sei am Standort ***, ***, zum Betrieb des Gewerbes „Fußpflege“ berechtigt. Das Gewerbe sei seit *** bei der Wirtschaftskammer Niederösterreich ruhend gemeldet. Als Inhaberin dieser Gewerbeberechtigung habe sie es nunmehr zu verantworten, dass trotz der Ruhendmeldung zumindest im Zeitraum vom 29.12.2008 bis 23.02.2009, jedenfalls am 29.12.2008 und am 23.2.2009 (Datum Auszüge aus dem Internet) auf der homepage *** weiterhin Tätigkeiten dieses Gewerbes, nämlich Fußmassagen (Fußreflexzonenmassage) angeboten worden seien, obwohl die gewerberechtliche Geschäftsführerin, ***, mit Wirkung vom 11.12.2007 aus ihrer Funktion ausgeschieden sei und nicht binnen einem Monat nach Ausscheiden ein neuer Geschäftsführer bestellt worden sei. Gemäß Paragraph 16, Absatz eins, i.V.m. Paragraph 9, Absatz 2, Gewerbeordnung 1994 dürfe das Gewerbe bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch während einem Monat, weiter ausgeübt werden.
Die Beschuldigte habe bis zumindest 23.02.2009 keinen neuen gewerberechtlichen Geschäftsführer namhaft gemacht und daher zumindest im erwähnten Tatzeitraum durch das Angebot der Tätigkeiten des Gewerbes „Fußpflege“ auf der homepage *** das oben angeführte Gewerbe ausgeübt, obwohl keine Anzeige gemäß Paragraph 39, Absatz 4, GewO 1994 über die Bestellung eines dem Paragraph 39, Absatz 2, GewO 1994 entsprechenden Geschäftsführers bei der römisch zehn (Tatort) erstattet worden sei.
Gemäß Paragraph eins, Absatz 4, Gewerbeordnung 1994 sei das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen der Ausübung des Gewerbes gleichzuhalten. Das Anbieten der oben angeführten Tätigkeiten über das Internet sei jedenfalls als Anbot an einen größeren Kreis von Personen anzusehen.
In der dagegen erhobenen Berufung vom 7. August 2009 wendet sich die Beschuldigte gegen diese Bestrafung und beantragt die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung zur Wiederholung des Beweisverfahrens bzw. zur Ergänzung des Beweisverfahrens.
Inhaltlich wird in diesem Rechtsmittel ausgeführt, dass das Gewerbe der Fußpflege während der Ruhendmeldung nicht ausgeübt worden sei. Die Gewerbebehörde und die Behörde erster Instanz würden Teile ihrer 5-Kontinente-Behandlung als „Fußzonenreflexmassage“ klassifizieren. Dabei handle es sich um eine Verwöhnmassage, die durch den Gewerbeschein „Massage, eingeschränkt auf Aromamassagen mittels Avedaprodukten“ gewerberechtlich abgedeckt sei. Ohne sich über Art und Inhalt der 5-Kontinete-Behandlung im direkten Weg zu informieren, unterstelle die Behörde erster Instanz einfach, Fußpflege angeboten zu haben. Da allerdings Fußpflege gar nicht mehr angeboten worden sei, auch nicht im angeblichen Tatzeitraum, sei auch ein neuer gewerberechtlicher Geschäftsführer nicht zu bestellen gewesen. Dass die Verwöhnmassage an Füßen in Ausübung des Gewerbes „Massage, eingeschränkt auf Aromamassagen mittels Avedaprodukten“ berechtigt ausgeübt werde, sei der Behörde erster Instanz offensichtlich entgangen. Es liege daher weder die objektive Tatseite noch ein Verschulden ihrerseits vor. Im Übrigen werde auf das im erstinstanzlichen Verfahren erstattete Vorbringen verwiesen und bildet dieses einen integrierenden Bestandteil der Berufung.
Zu diesem Berufungsvorbringen sowie zum Inhalt des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafaktes und zu der vorgenommenen Tatanlastung im Spruch des Straferkenntnisses hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ am *** eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der Beweis erhoben worden ist durch Einvernahme der Beschuldigten, Verlesung des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafaktes, weiters der Ausdrucke aus dem Gewerberegister vom 04.11.2010, betreffend das Gewerbe „Fußpflege“ sowie das Gewerbe „Kosmetik“ und das Gewerbe „Massage“ sowie das „Frisör- und Perückemacher Gewerbe“; weiters wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt ***, betreffend das Gewerbe „Fußpflege“ und den von der Berufungswerberin vorgelegten aktuellen Folder ihres Betriebes mit allen Beschreibungen des Angebots an Kunden in ihren Unternehmen.
Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:
Die Berufungswerberin übt seit dem *** berechtigterweise das reglementierte Gewerbe „Fußpflege“ im Standort *** in *** aus. Durch die Gewerbeinhaberin ist zunächst ***als gewerberechtliche Geschäftsführerin für dieses Gewerbe bestellt gewesen, die mit 11.12.2007 ausgeschieden ist. Mit Wirksamkeit vom *** ist mit *** eine neue gewerberechtliche Geschäftsführerin bestellt worden. Auf Grund des Ausscheidens der gewerberechtlichen Geschäftsführerin *** ist es mit *** zu einer Ruhendmeldung des Gewerbes bei der Wirtschaftskammer Niederösterreich gekommen. Zwischenzeitig ist mit der Bestellung der neuen gewerberechtlichen Geschäftsführerin *** eine Wiederbetriebsmeldung erfolgt. Im Tatzeitraum, nämlich vom *** bis *** war das Gewerbe ruhend gemeldet.
Auf der Internetseite des Betriebes ist seinerzeit unter der Rubrik „Schönheit“ und der Überschrift „Körperbehandlungen Ostasien“ unter anderem eine „Chakra Balancing Massage“ angeboten gewesen, und zwar mit folgendem Text:
„Diese besonders entspannende Massage ist ein ganzheitliches Spa-Treatment, welches Tiefengewebsmassage, Chakra Fußreflexzonenmassage und Chakra Visualisierungstechniken verbindet. Basierend auf der traditionellen indischen Heillehre, steigert diese Körperbehandlung Ihr Wohlbefinden, sorgt für Regeneration, Balance und ultimative Entspannung. Genießen Sie diese Massage durch speziell entwickelte Öle, wodurch Ihr Energiezentrum in Einklang und Harmonie gebracht wird.“
Weiters wird in der genannte Rubrik auf der Internetseite auch eine Behandlung mit der Bezeichnung „Aveda Rosemary Mint Awakening Body Wrap“ angeboten und zwar dergestalt, dass es dort wörtlich heißt:
„Diese erfrischende Behandlung beginnt mit einem Trockenpeeling und einem aromatischen Körperwickel aus Mineralien und Vitaminen, der je nach Bedürfnis Feuchtigkeit spendet und entspannt oder die Haut regeneriert und entschlackt. Das sanfte Einmassieren der pflegenden Lotion mit Rosmarin und Pfefferminze und eine sanfte Kopf- und Fußmassage regen den Energiefluss des Körpers an.“
Schließlich wird unter der Rubrik „Schönheit“ auf der Internetseite noch das „Super Luxury Relax Paket“ wie folgt angeboten:
„Entspannende Gesichtsbehandlung (sanfte Reinigung, Peeling, Entspannungsmassage und Maske), die Sie mit Ihrem typgerechten Aromen und Produkten jegliches Trockenheits- und Spannungsgefühl Ihrer Haut sofort vergessen lässt. Körperpeeling mit Meersalz und Öl.
Dampfbad zu Intensivierung des Peelingeffekts.
Aveda Körpermassage mit warmen Ölen, die exakt zu Ihrem körperlichen und seelischen
Befinden passt.
Hand-, Kopf- und Fußmassagen.“
In der fraglichen Zeit ist es auch wiederholt über Auftrag der römisch zehn als Gewerbebehörde zu unangesagten Überprüfungen der Betriebsstätte in *** durch Polizeiorgane gekommen, die jeweils Nachschau gehalten haben, ob trotz der erfolgten Ruhendmeldung des Gewerbes „Fußpflege“ dieses weiterhin ausgeübt werde. Laut dem Polizeibericht vom ***, in welchem auf eine Kontrolle am *** Bezug genommen wird, ist allerdings die Ausübung des Gewerbes Fußpflege nicht wahrgenommen worden.
Zu diesen Feststellungen gelangte die Berufungsbehörde auf Grund der unbedenklichen Angaben im Ausdruck aus dem Gewerberegister und den unbedenklichen Festhaltungen im Gewerbeakt der römisch zehn sowie nicht zuletzt auf Grund der Angaben der Berufungswerberin, die in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung offen und umfassend die Angebote ihres Betriebes und die Umstände der Homepage-Gestaltung dargelegt hat und dabei einen gesetzestreuen und wahrheitsliebenden Eindruck gemacht hat.
In rechtlicher Hinsicht war die auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens gegebene Sachlage wie folgt zu bewerten:
Gemäß Paragraph 367, Ziffer eins, GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer trotz der gemäß Paragraph 8, Absatz 2, oder 3 oder gemäß Paragraph 9, oder gemäß Paragraph 16, Absatz eins, bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines Geschäftsführers ein Gewerbe ausübt, ohne die Anzeige gemäß Paragraph 39, Absatz 4, über die Bestellung eines dem Paragraph 39, Absatz 2, entsprechenden Geschäftsführers erstattet zu haben.
Gemäß Paragraph 39, Absatz eins, zweiter Halbsatz GewO hat der Gewerbeinhaber einen Geschäftsführer zu bestellen, wenn er den Befähigungsnachweis nicht erbringen kann oder wenn er keinen Wohnsitz im Inland hat, sofern die Zustellung der Verhängung und die Vollstreckung von Verwaltungsstrafen nicht durch Übereinkommen sichergestellt sind.
Gemäß Paragraph eins, Absatz 4, zweiter Satz GewO wird das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.
Im vorliegenden Fall wird – zusammengefasst – seitens der Behörde erster Instanz gegenüber der Berufungswerberin der Vorwurf erhoben, sie habe das zur Tatzeit ruhend gemeldete Gewerbe „Fußpflege“ dadurch ausgeübt, dass sie Leistungen dieses Gewerbes im Sinne der vorzitierten Bestimmung im Internet, also gegenüber einem größeren Kreis von Personen, angeboten habe.
Tatsächlich ist aber weder dem Spruch des Straferkenntnisses noch den im Verwaltungsstrafakt einliegenden Ausdrucken der fraglichen Homepage ein unmissverständliches oder direktes Anbieten des Gewerbes „Fußpflege“ zu entnehmen. Vielmehr finden sich auf der Internetseite des Betriebes, wie sie zur Tatzeit bestanden hat, anderweitige Leistungsangebote, vornehmlich Massage-Leistungen, bei deren Beschreibung unter anderem auch Begriffe wie „Fußreflexzonenmassage“, „Kopf- und Fußmassage“ und „Hand-, Kopf- und Fußmassagen“ enthalten sind. Ob diese Begriffe, die im Kontext von Beschreibungen verschiedener Leistungen, die das Unternehmen anbietet, verwendet werden, den Schluss zulassen, dass damit (auch) Leistungen des Fußpflege-Gewerbes angeboten werden, hängt davon ab, wie das jeweilige (Internet-)Angebot auf einen unbefagenen bzw. durchschnittlichen Betrachter wirkt. Somit kommt es im vorliegenden Fall nicht auf den Umstand an, ob das Fußpflegegewerbe tatsächlich im Betrieb ausgeübt worden ist, sondern allein darauf, ob für den Besucher der Homepage der Eindruck entstanden ist, es würden Leistungen des Fußpflegegewerbes angeboten.
Ein solcher Eindruck kann aber bei objektiver Betrachtung der fraglichen Internetseiten schon deshalb nicht für einen interessierten Betrachter entstehen, weil sowohl bei der Chakra Balancing Massage, der Aveda Rosemary Mint Awakening Body Wrap-Leistung und dem Super Luxury Relax Paket eindeutig andere Leistungen jeweils im Vordergrund stehen und die Annahme, dass Leistungen des Fußpflegegewerbes, nur weil der Begriff „Fußmassage“ im Text enthalten ist, ebenfalls angeboten würden, sich schon deshalb als nicht nachvollziehbar bzw. nicht haltbar erweist, weil derartige bloß die Entspannung unterstützenden Massage-Leistungen keineswegs ausschließlich dem reglementierten Gewerbe „Fußpflege“ vorbehalten sind.
In der Tat haben auch die über Auftrag der Gewerbebehörde durchgeführten Kontrollen im Betrieb durch Polizeiorgane keine Hinweise darauf erbracht, dass „Fußpflege-Leistungen“ angeboten oder ausgeführt worden sind.
Da bei der gegenständlich angelasteten Verwaltungsübertretung die Ausübung des Gewerbes (ohne Geschäftsführer) pönalisiert ist, ist im Übrigen nicht – entgegen den Anführungen im Spruch des Straferkenntnisses – der Sitz der römisch zehn Tatort, sondern kommt als Tatort nur jener Ort in Betracht, an dem das Gewerbe ausgeübt wird bzw. im Falle des Anbietens von Leistungen (wie im vorliegenden Fall) ausgeübt werden soll. Ungeachtet dieses (rechtlichen) Umstandes, der in Anbetracht der Anführung des Betriebsstandortes im Spruch des Straferkenntnisses in den Hintergrund treten kann, ist somit bei der oben beschriebenen Sachlage und der dargestellten rechtlichen Bewertung derselben festzustellen, dass die Beschuldigte die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.
Es war daher ihrer Berufung Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.