Umweltsenat
12.02.2001
US 2/2000/15-15
Frohnleiten
Betrifft: Gemeindebetriebe Frohnleiten GmbH, 8130 Frohnleiten, Kühau 14; Errichtung und Betrieb einer mechanisch-biologischen Restmüllbehandlungsanlage Feststellungsverfahren gem. Paragraph 3, Absatz 7, UVP-G 2000
Der Umweltsenat hat durch Dr. Anton Hombauer als Vorsitzendem, Dr. Rainer Brock als Berichter und Dr. Bernhard Raschauer als weiterem stimmführenden Mitglied über den Antrag des Umweltanwaltes für das Land Steiermark vom 21.7.2000 auf Feststellung, ob für das Vorhaben der Firma Gemeindebetriebe Frohnleiten GmbH, eine mechanisch-biologische Restmüllbehandlungsanlage zu errichten und zu betreiben, ein Verfahren nach dem UVP-G 1993 durchzuführen sei, in Folge des vom Umweltanwalt für das Land Steiermark gestellten Devolutionsantrages vom 22.12.2000 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12.2.2001 zu Recht erkannt:
Spruch:
Es wird festgestellt, dass für das Vorhaben der Gemeindebetriebe Frohnleiten GmbH", im Bereiche der bestehenden Mülldeponie eine mechanisch-biologische Restmüllbehandlungsanlage gem. dem Ansuchen an die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung (Gewerbereferat) vom 7.6.2000 zu errichten und zu betreiben, eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen ist; der Tatbestand des Anhanges 1 Ziffer 2, Litera c, des UVP-G 2000 wird durch das Vorhaben verwirklicht.
Rechtsgrundlagen: Paragraph 73, Absatz 2, AVG 1991, Bundesgesetzblatt 51 aus 1991, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 29 aus 2000,
Paragraphen 3, Absatz eins und 7 und 46 Absatz 8 und 9 UVP-G 2000, Bundesgesetzblatt 697 aus 1993, in der Fassung römisch eins 82/2000
Paragraph 29, Absatz eins, Ziffer 3, AWG, Bundesgesetzblatt 326 aus 1987, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 151 aus 1998,.
Begründung:
1. Die Gemeindebetriebe Frohnleiten GmbH hat am 7.6.2000 an die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung (Gewerbereferat) ein dort am 8.6.2000 eingelangtes Ansuchen um Erteilung einer Änderungsgenehmigung nach Paragraph 81, Absatz eins, GewO für die Errichtung einer mechanisch-biologischen Restmüllbehandlungsanlage auf den Grundstücken 2/1, 2/4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12/1, 12/2, 12/3, 15, 16, 17, 34/3, 57, 68 und 69 je KG 6313 Laas gestellt. Sie hat in diesem Ansuchen darauf hingewiesen, dass sie auf diesen Grundstücken eine gem. den Bestimmungen der Paragraphen 74, ff der GewO und den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes sowie auf Grund von Vorschreibungen nach Paragraph 17, AlSAG (mit Bescheid vom 1995) genehmigte Mülldeponie betreibe. Die Deponieverordnung und die Novellierung des Wasserrechtsgesetzes bedingten, dass ab dem 1.1.2004 auf dieser Deponie nur mehr vorbehandelte Abfälle (soweit nicht Anordnungen gem. Paragraph 17, AlSAG vorlägen) einer Deponierung unterzogen werden könnten. Aus diesem Grunde beabsichtige die Gemeindebetriebe Frohnleiten GmbH, auf dem Betriebsgelände der Deponie eine mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlage zu errichten. Damit könne den künftigen Anforderungen hinsichtlich der Ablagerungsqualität der Abfälle entsprochen werden. Ein Teilstrom des Rotteprodukts solle mit anstehendem mineralischem Boden vermischt werden, in einem Komplexierungsverfahren solle daraus ein Vererdungsprodukt entstehen. Dieses werde als Rekultivierungsmaterial Verwendung finden. Die Antragstellerin beabsichtige die Errichtung einer mechanischen Aufbereitung, einer Intensivrotte, einer Ablufterfassung, Abluftkonditionierung und Abluftreinigung, einer Nachrotte und Komplexierung, sowie eines Sozialtraktes. Durch die Anlagenänderung trete keine Änderung der Funktionsweise der bisher genehmigten Anlage ein, da durch die zusätzlichen Anlagenteile lediglich der natürliche Rotteprozess in einer Mülldeponie beschleunigt werde, sodass das abgelagerte Material sofort nach Beendigung der Behandlung den Bestimmungen des Paragraph 5, Absatz 7, Litera f, der Deponieverordnung entspreche. Durch die zusätzlichen Anlagenteile komme es zu keiner Erhöhung der Emissionen aus der Anlage, da der derzeit im Freien stattfindende Rotteprozess in Zukunft in einer geschlossenen Halle mit Abluftreinigung stattfinden werde.
1.1. Am 14.6.2000 hat auf Grund dieses Antrages die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung (Gewerbereferat) die örtliche Erhebung und mündliche Verhandlung für den 5. und 6.7.2000 angeordnet und kundgemacht.
1.2. Nachdem diese Kundmachung dem Amt der Steiermärkischen Landesregierung zugestellt worden war, hat die dortige Rechtsabteilung 3 (Bau-, Raumordnungs-, Wasser-, Verkehrsbau-, Energie-, Abfall- und Umweltrecht) die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung darauf aufmerksam gemacht, dass, weil die Jahreskapazität der gegenständlichen mechanisch-biologischen Restmüllbehandlungsanlage 10.000 t übersteige, ein Genehmigungsverfahren nach Paragraph 29, AWG durchzuführen sei. Es handle sich nicht um eine Änderung der bestehenden Deponie.
1.3. Die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung ersuchte daraufhin mit Schreiben vom 25.7.2000 das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, zur Vermeidung eines positiven Kompetenzkonfliktes" die dortige Rechtsansicht zur Frage, ob ein Verfahren nach Paragraph 81, Absatz eins, GewO oder ein solches nach Paragraph 29, AWG durchzuführen sei, mitzuteilen.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat mit Schreiben vom 3.10.2000 der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung seine Rechtsansicht dahin mitgeteilt, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Paragraph 74, Absatz eins, GewO 1994 als gewerbliche Betriebsanlage die Gesamtheit jener Einrichtungen anzusehen sei, welche dem Zweck des Betriebes eines gewerblichen Unternehmens gewidmet seien. Eine Betriebsanlage stelle, soweit der lokale Zusammenhang aller dieser Einrichtungen gegeben sei, gewerberechtlich ein einheitliches Objekt dar. Dies ergebe sich daraus, dass nicht etwa die einzelnen Einrichtungen, welche die Genehmigungspflicht der Anlage bedingten oder die beim Betrieb vorkommenden Manipulationen, welche nachteilige Folgen für die Nachbarschaft herbeizuführen geeignet seien, den Gegenstand der behördlichen Genehmigung bildeten, sondern dass sich diese auf die gesamte Anlage als solche erstrecke. Im gegenständlichen Falle liege eine Einheit der Betriebsanlage insoferne vor, als es sich bei der geplanten Müllbehandlungsanlage um eine Vorbehandlungsanlage für den einzulagernden Müll zur Reduktion des Müllvolumens und zur Herstellung einer bestimmten Müllqualität handle und die bestehende Infrastruktur der gewerberechtlich genehmigten Deponie für den Betrieb der Müllbehandlungsanlage notwendig sei (wobei auf Fahrwege, Sohleabdichtung und Sickerabwassererfassung hingewiesen wurde). Es sei somit ein Änderungs-/Genehmigungsverfahren gem. Paragraph 81, GewO 1994 betreffend die gewerberechtlich genehmigte Deponie durchzuführen.
1.4. Am 3.8.2000 ersuchte der Landeshauptmann des Landes Steiermark (Rechtsabteilung 3) das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit den gegenständlichen Kompetenzkonflikt eine eindeutige Lösung zuzuführen".
Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, hat dem Landeshauptmann der Steiermark mit Schreiben 20.10.2000 mitgeteilt, die geplante mechanischbiologische Restmüllbehandlungsanlage stelle einen völlig eigenständigen Bereich dar, welcher zufällig auf einer Deponie lokalisiert sei, mit einem gegenüber der Deponie deutlich abgegrenzten Hauptzweck (mechanisch-biologische Anlage:
Vorbehandlung vor der Deponierung bzw. Herstellung von Rekultivierungsmaterial vs Deponie: Ablagerung von Abfällen). Bei der geplanten MBA handle es sich um eine Anlage zur Vorbehandlung für Abfälle vor der Deponierung nach dem sogenannten Splitting-Verfahren, was bedeute, dass lediglich ein Teil der mechanischbiologisch behandelten Abfälle tatsächlich deponiert werde (nämlich nur 33.189 t/a). Die Einheit einer Betriebsanlage ende dort, wo 2 Anlagen zwar im lokalen Zusammenhang stünden, für die Genehmigung der einen Anlage aber die Gewerbebehörde und für die
Genehmigung der anderen Anlage ausschließlich eine nach einem
anderen Materiengesetz eingerichtete Behörde zuständig wäre und die Genehmigungspflicht nach diesem Materiengesetz nicht kumulativ zur gewerblichen Genehmigungspflicht bestehe. Da nach dem AWG keine kumulative Genehmigungspflicht zur gewerberechtlichen Genehmigungspflicht bestehe, sei im vorliegenden Fall für die MBA nur eine Genehmigung nach AWG zu erwirken.
1.5. Am 23.10.2000 hat daraufhin die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung mit Bescheid der Gemeindebetriebe Frohnleiten GmbH die gewerberechtliche Genehmigung für die Änderung der zuletzt mit Bescheid der BH Graz-Umgebung vom 30.11.1992, GZ 4.1 F 100-1990 gewerberechtlich genehmigten Mülldeponie auf dem Standort 8130 Frohnleiten, Grundstücke Nr. 2/1, 2/4, 5, 6-11, 12/1, 12/2, 12/3, 15, 16, 17, 57, 68, 69 und 34/3 der KG Laas, durch die Errichtung und den Betrieb einer mechanisch-biologischen Restmüllbehandlungsanlage nach Maßgabe der vidierten Plan- und Beschreibungsunterlagen und unter Zugrundelegung der (auf den Seiten 2-67 des Bescheides) folgenden Beschreibung" erteilt. Nach der bautechnischen Beschreibung des Bescheides besteht die Anlage aus einer Aufbereitungshalle, einem Flugdach für die Siebüberlaufverpressung bzw. -lagerung und der Rottehalle mit Rotteboxen. Nach der maschinentechnischen Beschreibung besteht die Anlage aus den Anlagenbereichen mechanische Aufbereitung, Intensivrotte, Ablufterfassung, -konditionierung und -reinigung, Nachrotte und Komplexierung und Sozialtrakt. Die Dimensionierung ist folgendermaßen dargestellt:
Inputmenge mechanische Aufbereitung 97.500 Mg/a
Störstoffe 98 Mg/a
Siebüberlauf zur therm. Verwertung: 20.152 Mg/a
Fe-Metalle: 975 Mg/a
Inputmenge Intensivrotte: 76.276 Mg/a
Inputmenge Nachrotte: 64.835 Mg/a
Siebüberlauf zur therm. Verwertung 1.144 Mg/a
Deponieprodukt 33.189 Mg/a
Rekultivierungsmaterial (inkl. mineral. Boden): 32.000 Mg/a
Die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung führte im Bescheid Sitzung 116) an, dass für die Deponie folgende gewerberechtliche Genehmigungen vorlägen:
1. Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 19.6.1986, GZ 4.1F41-1996
2. Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 30.11.1992, GZ 4.1F100-1990 (Erweiterung durch Gasfackelanlage, Verdichterstation etc.)
3. Bescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom 2.3.1998, 04-15.1/70-97/7 (befristete Betriebszeitenverlängerung).
Weiters seien der Betreiberin mit Bescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom 27.12.1995, GZ 03-30A167-95/16, gem. Paragraph 17, AlSAG verschiedene Sanierungsmaßnahmen aufgetragen worden. Da es sich bei der gegenständlichen Deponie um eine seit ihrer Erstgenehmigung im Jahre 1986 bestehende Abfallbehandlungsanlage handle und alle bis heute durchgeführten Änderungsverfahren gem. Paragraph 81, Absatz eins, GewO abgeschlossen worden seien, sei aus dem Grundsatz der Einheit der Betriebsanlage nach der (oben wiedergegebenen) Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit ein Änderungsgenehmigungsverfahren gem. Paragraph 81, GewO 1994 betreffend die gewerberechtlich genehmigte Deponie durchzuführen und, da die Voraussetzungen gegeben seien, die Genehmigung gem. Paragraph 81, Absatz eins, GewO für das Projekt der MBA zu erteilen gewesen.
2. Schon am 21.7.2000 hatte der Umweltanwalt für das Land Steiermark an den Landeshauptmann des Landes Steiermark (RA 3) den Antrag auf Feststellung gestellt, ob für das Vorhaben der Gemeindebetriebe Frohnleiten GmbH (MBA) ein Verfahren nach dem Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit und die Bürgerbeteiligung, Bundesgesetzblatt 697 aus 1993, i.d.F. Bundesgesetzblatt 773 aus 1996,, durchzuführen sei. Der Umweltanwalt begründete dies damit, dass die MBA, da sie die Jahreskapazität von mind. 10.000 t überschreite, gem. Paragraph 29, Absatz eins, Ziffer 3, AWG genehmigungspflichtig sei (zumal diese Technologie keine stoffliche Verwertung darstelle). Nach Anhang 2 Ziffer eins, Litera b, des UVP-G seien solche Anlagen einem Bürgerbeteiligungsverfahren zu unterziehen. Nach Anhang 1 Ziffer 4, des UVP-G seien solche Anlagen einer UVP zu unterziehen, die zur sonstigen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen mit einer Kapazität von 100.000 t/a vorgesehen seien. Da ihm, dem Umweltanwalt, keine genauen Daten der Anlage vorlägen, erscheine auf Grund der vorgegebenen Kapazität von 97.500 t/a nicht auszuschließen, dass die tatsächliche maximale Kapazität über 100.000 t/a liege.
2.1. Zu diesem Antrag hat die Gemeindebetriebe Frohnleiten GmbH am 23.8.2000 dahin Stellung genommen, dass die Jahreskapazität der MBA nur 97.500 t betrage, somit unter dem Schwellenwert des Anhanges 1 Ziffer 4, UVP-G 1993 liege, sodass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht stattzufinden habe. Auch der Antrag auf Feststellung eines Bürgerbeteiligungsverfahrens gem. Paragraph 30, Absatz 6, UVP-G sei verfehlt, da es sich dabei um ein Annex-Verfahren zum Leitverfahren handle, nach Anhang 2 Ziffer eins, Litera b, UVP-G 1993 eine Bürgerbeteiligung aber nur im abfallrechtlichen Verfahren durchzuführen sei, nicht aber im gewerberechtlichen Verfahren. Die Standortgemeinde (Marktgemeinde Frohnleiten) hat sich in ihrer Stellungnahme zum Feststellungsantrag des Umweltanwaltes für das Land Steiermark dieser Auffassung angeschlossen. In einer weiteren Stellungnahme vom 20.11.2000 hat die Konsenswerberin diesen Standpunkt wiederholt und zur Frage der Anwendbarkeit des mittlerweile in Kraft getretenen UVP-G 2000 auf die Rechtsausführungen des gewerberechtlichen Genehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 23.10.2000 verwiesen, die zutreffend seien.
2.2. Die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung hat in ihrem Bescheid vom 23.10.2000, GZ 4.1.-195/00, in Bezug auf die Verpflichtung zur Durchführung einer UVP folgendes ausgeführt:
Nach dem UVP-G 1993 bestehe keine Pflicht zur Durchführung einer UVP. Die Anlage habe eine Größenordnung unterhalb des Schwellenwertes für die UVP-Pflicht gem. Anhang 1 (auch eine Bürgerbeteiligungspflicht gem. Anhang 2 bestehe nicht, da die Änderungsgenehmigung nicht im abfallrechtlichen Verfahren, sondern im gewerberechtlichen Verfahren erfolgt sei und die Bürgerbeteiligung nur für das abfallrechtliche Verfahren lt. Anhang 2 vorgesehen sei). Auch ein Änderungstatbestand nach UVP-G 1993 liege nicht vor. Das am 11.8.2000 in Kraft getretene neue UVP-G sei nicht anzuwenden, da das gegenständliche Verfahren vor dem 11.8.2000 eingeleitet worden sei. In der Richtlinie 85/337/EWG sei die gegenständliche Anlage im Anhang römisch eins nicht enthalten. Hinsichtlich des Artikel 4, Absatz 2, der Richtlinie bestehe in Österreich keine direkte Anwendungsmöglichkeit bzw. habe keine solche bestanden, da es Mitgliedsstaaten überlassen geblieben sei, Schwellenwerte für Anlagen des Anhanges römisch II der Richtlinie selbst festzulegen. Vor dem 11.8.2000 habe damit keine Verpflichtung zur UVP für derartige Anlagen bestanden.
3. Da über den Antrag des Umweltanwaltes für die Steiermark vom 21.7.2000 bis dahin nicht entschieden worden ist, hat dieser am 22.12.2000 einen Devolutionsantrag an den Umweltsenat gestellt, in welchem er darauf hinweist, dass nach dem UVP-G 2000 in erster und zweiter Instanz jeweils innerhalb von 6 Wochen über seinen Antrag zu entscheiden wäre, dass aber nun schon 5 Monate vergangen seien, ohne dass eine Entscheidung erlassen worden wäre. Die Verzögerung des Verfahrens liege im überwiegenden Verschulden der Rechtsabteilung 3, da der zuständige Referent zum Ausdruck gebracht habe, dass er mit der Entscheidung zuwarten wolle, bis sich die Bundesministerien für wirtschaftliche Angelegenheiten bzw. für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft darüber geeinigt hätten, ob für die gegenständliche Anlage die Gewerbeordnung oder das B-AWG anzuwenden sei. Die säumige Behörde habe es auch unterlassen, das Verfahren gem. Paragraph 38, AVG auszusetzen.
3.1. Nach Paragraph 73, Absatz eins, AVG ist eine Behörde (oder der unabhängige Verwaltungssenat) verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub spätestens aber 6 Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Die Frist für die Entscheidungspflicht ist bei einem Antrag auf Feststellung, ob für das Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G durchzuführen ist, nach Paragraph 3, Absatz 7, des UVP-G 2000 (welche Bestimmung im Feststellungsverfahren gem. Paragraph 46, Absatz 6, UVP-G jedenfalls anzuwenden ist) mit 6 Wochen bestimmt. Diese Frist war zum Zeitpunkt der Stellung des Devolutionsantrages längst abgelaufen.
Mit Einlangen des Devolutionsantrages bei der Oberbehörde (der Umweltsenat ist, da es sich um ein Feststellungsverfahren handelt, gem. Paragraph 40, UVP-G sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des Paragraph 73, AVG) geht die Zuständigkeit zur Entscheidung über den zu Grunde liegenden Antrag an diese gem. Paragraph 73, Absatz 2, über. Hat die Oberbehörde den Devolutionsantrag nicht abzuweisen, so trifft sie die Pflicht zur Entscheidung in der Verwaltungssache: Sie hat gegebenenfalls unter Verwertung der Verfahrensergebnisse der säumig gewordenen Unterbehörde in der Sache zu entscheiden (Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Auflage, Rz. 645).
Abzuweisen ist ein Devolutionsantrag nach Paragraph 73, Absatz 2, letzter Satz AVG dann, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist (in welchem Fall zwar ein Kompetenzübergang eintritt, der jedoch durch die Rechtskraft der abweisenden Entscheidung der Oberbehörde wieder aufgehoben wird Walter-Mayer aaO). Der Begriff des überwiegenden Verschuldens der Behörde ist nicht im Sinne eines Verschuldens der Organwalter der Behörde zu verstehen, sondern insoferne objektiv", als ein solches anzunehmen ist, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse an der Entscheidung gehindert war (Walter-Mayer aaO Rz. 646 mwN). Der Umweltsenat hat eine Stellungnahme der Unterbehörde zum Devolutionsantrag eingeholt, die in der mündlichen Verhandlung dargetan wurde. In dieser wurde das Vorbringen des Umweltanwalts im Devolutionsantrag insoweit bestätigt, als ausgeführt wird, dass unter anderem deshalb keine Entscheidung getroffen wurde, weil es zwischen den beiden zuständigen Bundesministerien einen positiven Kompetenzkonflikt gäbe, der nicht aufzulösen gewesen sei.
Die Konsenswerberin hat darauf hingewiesen, dass die 6-monatige Frist des Paragraph 73, Absatz eins, AVG nicht abgelaufen sei.
3.2. Eine Unterbrechung des Verfahrens gem. Paragraph 38, AVG mit Bescheid ist nicht erfolgt. Nach übereinstimmender Judikatur des VfGH und des VwGH könnte eine Säumnis nach Paragraph 73, Absatz eins, AVG zwar dann nicht eintreten, wenn eine Behörde zur Unterbrechung des Verfahrens gem. Paragraph 38, AVG befugt gewesen wäre, das Verfahren aber nicht mit Bescheid, sondern bloß - wie hier tatsächlich" ausgesetzt wurde (Walter-Mayer aaO Rz. 646, an welcher Stelle diese Auffassung allerdings abgelehnt wird), doch war im gegenständlichen Fall die Unterbehörde zur Unterbrechung des Verfahrens gem. Paragraph 38, AVG nicht befugt. Die Frage, ob über den Antrag auf Genehmigung der mechanisch-biologischen Restmüllbehandlungsanlage im gewerberechtlichen Verfahren entschieden werden kann, oder ob dieser Antrag ausschließlich im abfallrechtlichen Verfahren behandelt werden muss, ist keine Vorfrage im Sinne des Paragraph 38, AVG. Unter einer solchen Vorfrage ist eine für die Entscheidung der Verwaltungsbehörde präjudizielle Rechtsfrage zu verstehen, über die als Hauptfrage von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten oder auch von der selben Behörde, jedoch in einem anderen Verfahren, zu entscheiden ist. Präjudiziell und somit Vorfragenentscheidung in verfahrensrechtlich relevanten Sinn ist nur eine Entscheidung, die zum einen eine Rechtsfrage betrifft, deren Beantwortung für die Hauptfragenentscheidung unabdingbar d. h. eine notwendige Grundlage ist, und die andererseits diese, in einer die Verwaltungsbehörde bindenden Weise, regelt (Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, E 3 zu Paragraph 38, AVG). Der hier entstandene Zuständigkeitskonflikt könnte nicht nach Paragraph 5, Absatz eins, AVG bindend entschieden werden, da die Lösung eines solchen Zuständigkeitskonfliktes voraussetzt, dass die im Kompetenzkonflikt befangenen Behörden eine gemeinsame sachlich in Betracht kommende Oberbehörde haben. Fehlt die gemeinsame sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, weil, wie hier, zwei verschiedene Bundesministerien nach Paragraph 5, Absatz eins, AVG entscheiden müssten, kommt eine Lösung des Zuständigkeitskonfliktes (und damit eine bindende Vorfragenentscheidung) nicht Betracht.
Der Devolutionsantrag war daher nicht abzuweisen.
Klar zu stellen ist an dieser Stelle, dass zwar der Antrag des Umweltanwaltes für das Land Steiermark vom 21.7.2000 auch als Antrag auf Feststellung der Pflicht zur Durchführung eines Bürgerbeteiligungsverfahrens im Sinne von Paragraph 30, Absatz 6, UVP-G 1993 aufgefasst werden kann (zu dessen Entscheidung nicht die UVP-G-Behörde zuständig wäre Raschauer, UVP-G Rz. 6 zu Paragraph 30, mwN; Köhler-Schwarzer UVP-G Rz. 13 mwN), dass sich aber der Devolutionsantrag ausschließlich auf ein Verfahren über den Antrag auf Feststellung der UVP-Pflicht bezieht.
4. Am 12.2.2001 wurde im Feststellungsverfahren die mündliche Verhandlung durchgeführt.
5. Erwägungen des Umweltsenates zur Sache selbst
5.1. Wann eine UVP durchzuführen ist, bestimmt sich nach Paragraph 3, Absatz 3 und Absatz 4, UVP-G 1993 bzw. Paragraph 3, Absatz eins,, 2 und 4 und Paragraph 3 a, UVP-G 2000 (wobei hier vorerst noch offen bleiben kann, in welcher Fassung das Gesetz anzuwenden ist). Es geht daher allein um die Auslegung von Tatbeständen des Anhangs 1 und der genannten Änderungstatbestände (Raschauer aaO Rz. 15 zu Paragraph 3, UVP-G).
5.2. Die Begriffe des UVP-G sind nach den Kriterien dieses Gesetzes auszulegen (US 8/1997/2 Untersiebenbrunn; US 9/1999/7 Kühtai). Wo Begriffe verwendet werden, die im UVP-G selbst nicht definiert werden, ist nach der Rechtssprechung des Umweltsenats auf idente Begriffe in Materiengesetzen und deren Interpretation zurückzugreifen (US 7/1997/4 Donau-Machland); auch richtlinienkonforme Auslegung ist zulässig und geboten (US 7/1999/6 Rothenhof-Oberloiben).
Der Begriff Deponie wird im UVP-G selbst nicht definiert. Zurückgegriffen werden kann aber auf die Gesetzesdefinitionen in Paragraph 2, Absatz 11, AWG, Paragraph 2, Ziffer 5, Deponieverordnung und Paragraph 31 b, WRG. Eine Deponie ist danach eine Anlage zur langfristigen Ablagerung von Abfällen.
Als solche unterscheidet sie sich wesensmäßig von einer mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlage. Letztere ist zwar gesetzlich nicht definiert, doch unterscheidet das UVP-G (wie auch das AWG) klar zwischen Deponien einerseits und Anlagen zur sonstigen Abfallbehandlung (siehe Anhang 1 Ziffer 4 und 5 UVP-G 1993 und Anhang 1 Ziffer eins und 2 UVP-G 2000); dies entspricht auch den Regelungen der Abfallrichtlinie (RL 75/442/EWG des Rates vom 15.7.1975 über Abfall, siehe Anhang römisch II A D1, D5 einerseits und D2, D8 und D9 andererseits) und der RL 1999/31/EG des Rates vom 26.4.1999 über Abfalldeponien (siehe Artikel 2, Litera g, Deponie" bzw. Litera h, Behandlung").
Daraus folgt:
5.3. Für die Frage, ob sich aus dem jeweiligen Anhang 1 UVP-G 1993 und UVP-G 2000 eine UVP-Pflicht ergibt, kann nicht zweifelhaft sein, dass die gegenständliche MBA für sich allein (und nicht im Zusammenhang mit der bestehenden Deponie des Projektwerbers) zu beurteilen ist.
5.4. Auch für die Prüfung der Frage, ob ein Änderungstatbestand, der die UVP-Pflicht begründen kann, vorliegt, scheidet eine gemeinsame Beurteilung von Deponie und MBA aus. Zwar wäre im Sinne von Paragraph 2, Absatz 2, UVP-G 2000 durchaus von einem insgesamt zu beurteilenden Vorhaben auszugehen. Da aber die Kriterien, die für UVP-pflichtige Änderungen im UVP-G 1993 (Paragraph 3, Absatz 3 und 4) und im UVP-G 2000 (Paragraph 3 a,) festgelegt sind, anlagenspezifisch bestimmt wurden (nämlich eigene Schwellenwerte für Deponien einerseits und für sonstige Abfallbehandlungsanlagen andererseits), scheidet eine im Hinblick auf das Bestehen einer UVP-Pflicht, also im Feststellungsverfahren, einheitliche Beurteilung einer Deponie (einerseits) und einer MBA (andererseits) aus.
5.5. Nach dem UVP-G 1993 war eine Anlage zur sonstigen Behandlung, ausgenommen zur Sortierung und Aufbereitung, von nicht gefährlichen Abfällen mit einer Kapazität von mindestens 100.000 t/a UVP-pflichtig (Anhang 1 Ziffer 4,). Nach dem UVP-G 2000 ist eine mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlage für nicht gefährliche Abfälle schon ab einer Kapazität von mindestens 35.000 t/a UVP-pflichtig.
Für die hier zur beurteilende mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlage wurde eine Kapazität von 97.500 t/a beantragt. Da auf diesen Wert und nicht etwa auf die tatsächlich technisch bestehende Kapazität abzustellen ist (US 5/1998/6 Bad Waltersdorf; US 3/2000/11 Retznei; nun in Paragraph 2, Absatz 5, UVP-G 2000 ausdrücklich klargestellt), ist zwar die Schwelle für die UVP-Pflicht nach dem UVP-G 2000, nicht aber nach der alten Rechtslage überschritten.
5.5.1. Ob nun das UVP-G 2000 auf das gegenständliche Vorhaben anzuwenden ist, ist nach Paragraph 46, Absatz 9, UVP-G 2000 zu beurteilen. Danach ist das UVP-G 2000 nur auf solche Vorhaben nicht anzuwenden, die vor dem im Absatz 8, bezeichneten Zeitpunkt (das ist der 11.8.2000) nicht vom 2. oder 3. Abschnitt des UVP-G 1993 in der Fassung Bundesgesetzblatt Nr. 773 aus 1996, erfasst waren und für die ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren (oder das Trassenverordnungserlassungsverfahren) eingeleitet wurde, wenn in den Verfahren die Bestimmungen der Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung 97/11/EG unmittelbar angewendet werden oder wenn keine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestand.
5.5.2. Aus den Ausführungen des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 23.10.2000, GZ 4.1-195/0, mit dem die Änderung der Mülldeponie der Gemeindebetriebe Frohnleiten GmbH durch Errichtung einer mechanisch-biologischen Restmüllbehandlungsanlage genehmigt worden ist, ergibt sich klar, dass die Richtlinie 85/337/EWG nicht in der Fassung 97/11/EG unmittelbar angewendet worden ist. Die Behörde führte in Seite 124 ihres Bescheides ja aus, dass hinsichtlich des Artikel 4, Absatz 2, der Richtlinie in Österreich keine direkte Anwendungsmöglichkeit bestehe bzw. bestanden habe, da es den Mitgliedsstaaten überlassen geblieben sei, Schwellenwerte für die Anlagen des Anhanges 2 der Richtlinie selbst festzulegen.
Dies ist zwar nicht in dieser Allgemeinheit, wohl aber im Ergebnis richtig, wie der Umweltsenat in der Entscheidung vom 6.11.2000, US 3/2000/10 Oberpullendorf, dargelegt hat.
Auf Grund der ständigen Rechtssprechung des EuGH (Urteil vom 24.10.1996, C-72/95; Urteil vom 16.9.1999, C-435/97; Urteil vom 22.10.1998, C-301/95) ist zwar davon auszugehen, dass der Anhang römisch II der UVP-Richtlinie eine ausreichende Unbedingtheit und inhaltliche Bestimmtheit aufweist, sodass bei einer mangelnden Umsetzung des Anhanges römisch II die UVP-Richtlinie auf Vorhaben, die im Anhang römisch II aufgezählt sind, grundsätzlich unmittelbar angewendet werden kann. Die unmittelbare Anwendbarkeit (und damit die gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung im Sinne von Paragraph 46, Absatz 9, UVP-G 2000) setzt aber nach der Rechtssprechung des EuGH voraus, dass ein Mitgliedsstaat seinen Ermessenspielraum nach Artikel 4, Absatz 2, der UVP-Richtlinie überschritten hat. Nur dann hat der Träger öffentlicher Gewalt des Mitgliedsstaats im Rahmen seiner Zuständigkeiten alle erforderlichen allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu treffen, damit die Projekte im Hinblick darauf geprüft werden, ob bei ihnen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist (Rz. 61 des Urteils vom 24.10.1996, C- 72/95). Der Ermessensspielraum, bestimmte Arten von Projekten, die einer Prüfung zu unterziehen sind, zu bestimmen oder einschlägige Kriterien und/oder Schwellenwerte aufzustellen, wird durch die in Artikel 2, Absatz eins, der UVP-Richtlinie festgelegte Pflicht, nämlich die Projekte, bei denen insbesondere auf Grund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standorts mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Untersuchung ihrer Auswirkungen zu unterziehen, begrenzt. Werden ganze Klassen des Anhanges römisch II ausgenommen oder Schwellenwerte so festgelegt, dass in der Praxis alle Vorhaben von der Pflicht zur Untersuchung ihrer Auswirkungen ausgenommen wären, wird der Ermessensspielraum überschritten (es sei denn, bei einer pauschalen Beurteilung aller Projekte wäre davon auszugehen, dass bei ihnen nicht mit erheblichen Auswirkungen zu rechnen wäre Rz. 51 und 53 des zitierten Urteils).
Wie der Umweltsenat in Seite 9 bis 11 des Bescheides US 3/2000/10 eingehend begründet hat, liegt die mengenmäßige Einschränkung im Anhang 1 Ziffer 4, UVP-G 1993 innerhalb des den Mitgliedsstaaten eingeräumten Ermessensspielraumes. Auf die dort angeführten Argumente wird, um Wiederholungen zu vermeiden, verwiesen. Demnach ist aus diesen Gründen davon auszugehen, dass die UVP-Richtlinie hinsichtlich der im Anhang römisch II Ziffer 11, Litera b, genannten Abfallbeseitigungsanlagen bereits vor dem 11.8.2000 umgesetzt wurde und somit in diesem Fall nicht direkt anzuwenden ist. Dementsprechend bestand keine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für das Projekt der mechanisch-biologischen Restmüllbehandlungsanlage der Projektwerberin Gemeindebetriebe Frohnleiten GmbH.
5.5.3. Obwohl, wie oben dargelegt, nach Anhang 1 Ziffer 4, UVP-G 1993 die UVP-Pflicht für eine derartige Anlage erst ab einer Kapazität von mind. 100.000 t/a bestand, somit das Vorhaben nicht vom 2. oder 3. Abschnitt des UVP-G 1993 erfasst war, ist im Sinne der Übergangsbestimmung das UVP-G 2000 und nicht das UVP-G 1993 anzuwenden. Es fehlt nämlich das für die Anwendbarkeit der Übergangsbestimmungen erforderliche Tatbestandsmerkmal, dass für das Vorhaben ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren vor dem 11.8.2000 eingeleitet wurde. Ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren" im Sinne dieser Gesetzesbestimmung kann nur ein zur Entscheidung über den Genehmigungsantrag gesetzlich vorgesehenes Verfahren sein.
Die Projektwerberin meint nun, dass auch ein gewerberechtliches Betriebsanlagengenehmigungsverfahren ein solches Verfahren sei. Konkret verweist sie auf den sachlichen und räumlichen Konnex der Anlage, die im Schüttbereich installiert werden soll, sowie auf den gewerberechtlichen Grundsatz der Einheit der Betriebsanlage". Dementsprechend sei ein abfallrechtliches Genehmigungsverfahren gemäß Paragraph 29, AWG nicht erforderlich gewesen.
5.6. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
5.6.1. Gemäß Paragraph 356 b, Absatz eins, GewO ebenso wie gemäß Paragraph 77 a, Absatz 6, GewO entfallen bei den diesen Bestimmungen unterliegenden Betriebsanlagen bestimmte Genehmigungsverfahren nach anderen Verwaltungsvorschriften des Bundes, es sind jedoch deren materiell-rechtliche Genehmigungsregelungen im gewerberechtlichen Verfahren mit anzuwenden. Dies betrifft auch abfallrechtliche Bestimmungen des Bundes. Andererseits entfallen gemäß Paragraph 29, Absatz 2, AWG bei den dem Paragraph 29, Absatz eins, AWG unterliegenden Behandlungsanlagen bestimmte Genehmigungserfordernisse nach anderen Verwaltungsvorschriften des Bundes, sie sind jedoch im abfallrechtlichen Verfahren mit anzuwenden. Dies betrifft auch gewerberechtliche Bestimmungen.
Grundsätzlich ließe der bloße Gesetzeswortlaut sowohl eine Konsumation der gewerberechtlichen Bestimmung durch ein AWG-Verfahren als auch eine Konsumation der abfallrechtlichen Bestimmungen durch ein GewO-Verfahren denkbar erscheinen. Tatsächlich muss es will man die Rechtslage nicht als in verfassungswidriger Weise (Artikel 18,, 83 Absatz 2, B-VG) unbestimmt sehen eine Prioritätsregel in die eine oder andere Richtung geben. Die konkrete Frage war, soweit ersichtlich, noch nicht Gegenstand der höchstgerichtlichen Rechtssprechung zur GewO, wohl aber sind im Kontext des Paragraph 29, AWG ergangene Entscheidungen zu berücksichtigen.
Das Vorgehen der Gewerbebehörde erster Instanz ist dadurch gekennzeichnet, dass sie allein auf der Grundlage der GewO entschieden hat und die Genehmigungsregelungen der AWG unangewendet gelassen hat. Dies hat seinen Grund wohl in Paragraph 356 b, Absatz 4, GewO, nach welcher Bestimmung Paragraph 356 b, Absatz eins -, 3, GewO nicht für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von den Paragraph 29, AWG unterliegenden Anlagen gilt. Angemerkt sei nur, dass Paragraph 77 a, GewO nicht angewendet wurde.
Dies ist auch der Ausgangspunkt der Überlegungen, die den Umweltsenat zu der Überzeugung geführt haben, dass dem Regime des Paragraph 29, AWG rechtslogisch nach Spezialitätsgrundsätzen Vorrang zukommt.
Paragraph 29, AWG listet in unstreitig taxativer Weise bestimmte durch ihre Größe oder relative Gefährlichkeit qualifizierte Betriebsanlagen auf. Demgegenüber ist das Betriebsanlagenregime der GewO offen für Anlagen aller Art, es können dies auch Abfallbehandlungsanlagen sein. Schon allein aus diesem Grund kommt Paragraph 29, AWG in seinem Anwendungsbereich Vorrang zu.
Tatsächlich entspricht dies auch den Intentionen des Gesetzesgebers:
Aus den erläuternden Bemerkungen (1274 Blg.NR, römisch XVII. Gesetzgebungsperiode zum AWG ergibt sich unzweifelhaft, dass damit in Hinkunft bei besonders wichtigen Behandlungsanlagen (Deponien ab einer bestimmten Größenordnung, Anlagen zur thermischen oder stofflichen Verwertung oder sonstigen Behandlung für gefährliche Abfälle, hinsichtlich nicht gefährlicher Abfälle Anlagen zur thermischen Verwertung und sonstigen Behandlung mit einer bestimmten Jahreskapazität) nur mehr ein eigenständiges abfallrechtliches Anlagenbewilligungsverfahren geben soll.
Aber auch die systematischen Zusammenhänge im Detail weisen in die gleiche Richtung. Die Bestimmung des Paragraph 356 b, Absatz 4, GewO macht nur Sinn, wenn man sie als Ausdruck des Umstandes sieht, dass das UVP-Regime und das Regime des Paragraph 29, AWG dem Betriebsanlagenregime nach Spezialitätsgrundsätzen vorgehen. Dabei lässt die Nebeneinanderstellung des UVP-G und des Paragraph 29, AWG in dieser Bestimmung erkennen, dass es sich nur um eine deklarative Klarstellung des Nachrangs der GewO handelt, da der Vorrang des UVP-G ohnehin nicht zur Disposition des Gesetzgebers der GewO steht.
Umgekehrt betrachtet, lässt sich nicht ernsthaft vertreten, dass zwar der GewO Vorrang zukomme, dass für Fälle des Paragraph 29, AWG aber eben eine Ausnahme statuiert sei. Diese Sicht, der auch die Gewerbebehörde erster Instanz erlegen sein dürfte, würde zu der kuriosen Konsequenz führen, dass auf qualifizierte Abfallbehandlungsanlagen die spezifisch abfallrechtlichen Kriterien dann überhaupt nicht zur Anwendung kämen, wenn sie gewerbliche Betriebsanlagen sind; ein solches gleichheitswidriges Verständnis kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden.
5.6.2. Aber auch eine Untersuchung aus dem systematischen Kontext des AWG weist in die gleiche Richtung. Mit der AWG-Novelle Bundesgesetzblatt Teil eins, 99 aus 2000, wurden z.B. die Bestimmungen des Paragraphen 30 a, Absatz 2 und 30f Absatz 3 a, AWG eingefügt, die bei bestimmten gewerblichen Deponien „abweichend zu Paragraph 29, Absatz eins ", die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde statuieren. Derartige Regelungen machen nur Sinn, wenn man zugrunde legt, dass solche Abfallbehandlungsanlagen auch dann dem Paragraph 29, Absatz eins, AWG unterliegen, wenn sie gewerbliche" sind.
Schließlich zwingt Paragraph 29, Absatz 2, AWG zu folgendem Schluss:
Wären gewerbliche Abfallbehandlungsanlagen im Sinne von Paragraph 29, AWG dem Genehmigungserfordernis nach GewO und nicht nach AWG unterworfen, könnte es den Fall, dass der Landeshauptmann nach Paragraph 29, Absatz 2, AWG die Bestimmungen des Gewerberechts" anzuwenden hätte, überhaupt nicht geben, da die Bestimmungen des Gewerberechts nur auf gewerbliche Anlagen Anwendung finden. Ein solches widersinniges Ergebnis darf dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden.
5.6.3. Der Umweltsenat sieht sich bei dieser Sichtweise auch durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestätigt. So hat dieser bereits in VwGH 21.3.1995, 93/04/0241, erkennen lassen, dass der Umstand, dass eine Anlage eine bergrechtliche Verwertungsanlage ist, nicht ausschließt, dass das bergrechtliche Regime verdrängt wird, wenn die Voraussetzungen des Paragraph 29, Absatz eins, AWG gegeben sind. Noch deutlicher war die Konsequenz in VwGH 24.11.1998, 95/05/0097, in welcher Entscheidung der Spezialitätsvorrang des Paragraph 29, AWG im Verhältnis zum gewerblichen Betriebsanlagenrecht hervorgehoben wurde.
Eine Durchsicht durch sämtliche veröffentlichte Entscheidungen zu Paragraph 29, AWG lässt erkennen, dass der VwGH stets den Vorrang des Paragraph 29, AWG auch bei gewerblichen Betriebsanlagen berücksichtigt hat vergleiche etwa 23.10.1957, 97/07/0084, 19.3.1998, 96/07/0210).
5.6.4. Dies führt den Umweltsenat zu folgender Beurteilung:
Wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des Paragraph 29, Absatz eins, AWG gegeben sind, so sind die Bestimmungen der Paragraphen 29, ff AWG anzuwenden. Das Erfordernis einer gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung entfällt, doch sind die materiell-rechtlichen Bestimmungen des gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungsregimes von der Abfallbehörde mit anzuwenden.
Dieser Auslegung, die zu der Beurteilung führt, dass der gegenständliche Bescheid der Gewerbebehörde erster Instanz zu Unrecht erlassen wurde, kann der gewerberechtliche Grundsatz der Einheit der Betriebsanlage nicht mit Erfolg entgegengehalten werden. Abgesehen davon, dass es sich dabei um einen bloß interpretativ aus Paragraph 81, GewO abgeleiteten Grundsatz" handelt, der für sich positiv-rechtlich normierte Behördenzuständigkeiten nicht zu verändern vermag, ist zu bedenken, dass dieser Grundsatz selbst innerhalb des Bezugsrahmens der GewO nicht in dieser Absolutheit maßgeblich ist, wie er von der Gewerbebehörde und der Projektwerberin vorgestellt wird. So ist im gewerberechtlichen Schrifttum anerkannt, dass unterschiedliche Zuständigkeiten zur Teilung des Verfahrensgegenstandes zwingen können vergleiche Kinscher-Sedlak, GewO, 6. Aufl., Sitzung 329). Völlig unbestritten findet der genannte Grundsatz" seine Grenzen an den Tatbeständen des UVP-G. Nach herrschender Auffassung ist weiters das IPPC-Regime des Paragraph 77 a, GewO soweit anzuwenden, als seine Tatbestände reichen. Damit kann es die Einheit gewerblicher Betriebsanlagen zerreißen. Nach Auffassung des Umweltsenates gilt nicht anderes für Paragraph 29, AWG.
Das bedeutet: Wenn einer der Tatbestände des Paragraph 29, Absatz eins, AWG erfüllt ist, so kommen unter Verdrängung gewerblicher Genehmigungserfordernisse die Paragraphen 29, ff AWG auch dann zur Anwendung, wenn es sich um eine gewerbliche Abfallbehandlungsanlage oder um einen Teil einer solchen handelt.
Zum Zeitpunkt der Einbringung des Genehmigungsantrages seitens der Gemeindebetriebe Frohnleiten GmbH bestand nach Paragraph 29, Absatz eins, Ziffer 3, AWG die klare Verpflichtung, zur Errichtung und zum Betrieb der gegenständlichen MBA eine Genehmigung des Landeshauptmannes im AWG-Verfahren einzuholen, da die beantragte Jahreskapazität 10.000 t überschreitet und in der mündlichen Verhandlung bestätigt wurde, dass zumindest 33.189 t/a deponiert, also nicht stofflich verwertet (i.S. des Paragraph 29, Absatz eins, lit. 3 AWG) werden. Folglich war das gewerberechtliche Verfahren kein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren iS des Paragraph 46, Absatz 9, UVP-G 2000.