Entscheidende Behörde

Unabhängiger Bundesasylsenat

Entscheidungsdatum

27.10.2006

Geschäftszahl

244.987/0-IX/27/03

Spruch

BESCHEID

SPRUCH

Der Unabhängige Bundesasylsenat hat durch das Mitglied Mag. Florian Newald gemäß Paragraph 66, Absatz 4, AVG in Verbindung mit Paragraph 38, Absatz eins, des Asylgesetzes 1997, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 76 aus 1997, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 126 aus 2002, (AsylG), entschieden:

Der Berufung von Sitzung H. vom 9.12.2003 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.11.2003, Zahl: 03 13.836-BAT, wird stattgegeben und Sitzung H. gemäß Paragraph 7, AsylG Asyl gewährt. Gemäß Paragraph 12, leg.cit. wird festgestellt, dass Sitzung H. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

BEGRÜNDUNG

römisch eins. Verfahrensgang

1. Der Berufungswerber, ein Angehöriger der kurdischen Volksgruppe, reiste am 12.5.2003 über den Flughafen Schwechat nach Österreich ein und stellte unter den Namen R. K. am 13.5.2003 einen Asylantrag.

Am 13.5.2003 brachte der Berufungswerber in einer niederschriftlichen Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Schwechat, Abt. Flughafen, zu seinen Fluchtgründen vor, dass er ein Angehöriger der kurdischen Volksgruppe aus dem Irak sei und sein Heimatland verlassen habe, weil er dort als Kurde keine Rechte habe und Angst gehabt habe, zum Militär eingezogen zu werden. Er sei dann vor dem Krieg mit den Amerikanern geflüchtet.

Am 27.5.2005 wurde das Verfahren vorübergehend wegen Abwesenheit des Berufungswerbers gemäß Paragraph 30, Absatz eins, AsylG eingestellt.

Am 30.10.2003 wurde der Berufungswerber aus Deutschland, wo er am 6.6.2003 unter den Namen Sitzung H., einen Asylantrag gestellt hat, in Anwendung des Dubliner Übereinkommens von Österreich rückübernommen.

2. In der niederschriftlichen Verhandlung vom 3.11.2003 beim Bundesasylamt zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Berufungswerber an, dass sein Name Sitzung H. sei und er Angehöriger der kurdischen Volksgruppe in Syrien mit sunnitischen Glaubensbekenntnis sei. Er habe zuletzt in Q. in Syrien gewohnt und Probleme mit dem syrischen Geheimdienst gehabt. Als Schneider habe er für Kurden traditionelle kurdische Festtagskleidung angefertigt. Dies sei ihm aber vom Geheimdienst verboten worden, da es in Syrien verboten sei, anlässlich des kurdischen N.-Festes kurdische Folklorekleidung anzuziehen. Weiters sei ihm aufgetragen worden, den Namen seines Schneidereigeschäftes zu ändern, welches "N." geheißen habe. Der Berufungswerber habe zudem gut verdient, was vom Geheimdienst nicht gerne gesehen worden sei. Deshalb habe er sehr oft, wenn er keine Stoffe mehr gehabt habe, Schmiergelder an den Geheimdienst bezahlen müssen. Zudem sei sein Vater Mitglied der kurdischen Yekiti-Partei gewesen, und habe dort Veranstaltungen organisiert und Ansprachen gehalten. Der Berufungswerber selbst habe keiner Partei angehört. Am 00.00.2002 gegen Mitternacht sei er vom syrischen Geheimdienst mit verbundenen Augen abgeholt und in ein Gefängnis überstellt worden. Ihm sei vorgeworfen worden, dass in seinem Schneidereigeschäft Flugzettel der Yekiti-Partei gefunden worden seien. Weiters sei ihm vorgehalten worden, dass er den Namen seines Geschäftes nicht geändert habe. Daraufhin sei er in Einzelhaft in eine 1,5 x 1 Meter große Zelle gesperrt worden, die feucht gewesen sei, sodass er sich nie niederlegen habe können. Er sei dreimal pro Tag mit Stromstössen und Kabelschlägen gefoltert worden. Nach 10 Tagen sei er in eine größere Zelle verlegt worden, wo er auch nur mehr einmal am Tag gefoltert worden sei. Am 00.00.2002 sei er entlassen worden, wobei er gezwungen worden sei, eine Erklärung abzugeben, dass er künftig mit dem Geheimdienst zusammenarbeiten werde und alle Informationen über die Yekiti-Partei an diesem weiterleiten müsse. Zu Hause habe er dann erfahren, dass sein Vater Schmiergeld für seine Freilassung bezahlt habe. Der Berufungswerber habe sich 15 Tage auskuriert und habe dann sein Geschäft wieder eröffnet. Er habe an den Geheimdienst keine Informationen weitergeleitet. Später seien immer wieder Leute des Geheimdienstes zu ihm gekommen und hätten ihn gezwungen, für sie gratis Hosen zu nähen. Am 18.3.2003 sei ein Mann in sein Geschäft gekommen und habe eine Hose in Auftrag gegeben. Als der Berufungswerber ihm erklärt habe, dass er diesem Auftrag erst in 10 Tagen nachkommen könne, da er wegen des N.-Festes ausgelastet sei, habe dieser mit ihm zu streiten begonnen und habe ihn geschlagen. Nachdem die zwei minderjährigen Geschäftsgehilfen des Berufungswerbers in ein Handgemenge mit dem Mann geraten seien, habe sich letzterer mittels Dienstausweis als Angehöriger des Geheimdienstes zu erkennen gegeben und dem Berufungswerber angedroht, dass er das Licht des Tages nicht mehr sehen werde. Der Berufungswerber sei daraufhin geflüchtet und habe sich bei einem Freund seines Vaters in M. nahe der türkischen Grenze 10 Tage lang versteckt. Er von seiner Familie erfahren, dass sein Vater festgenommen worden sei und erst freigelassen werde, wenn der Berufungswerber sich stelle. Dennoch sei ihm angeraten worden, nicht nach Hause zurückzukehren, da ihm eine 10-jährige Haftstrafe drohe. Der Berufungswerber habe Syrien verlassen und sei über die Türkei nach Österreich geflüchtet. Bei seiner Erstbefragung habe er falsche Angaben erstattet, da ihm dies von seinem Schlepper angeraten worden sei. Er könne keine Personaldokumente vorlegen, da er als kurdischer "Maktum" in Syrien nicht angemeldet sei. Er habe vom Bürgermeister lediglich eine Bestätigung erhalten, dass er sich in der Provinz aufhalten dürfe. Diese sei ihm vom Geheimdienst abgenommen worden. Einen Reisepass habe er als Kurde niemals besessen.

3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.11.2003, Zl. 03 13.836- BAT, wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Berufungswerbers gemäß Paragraph 7, AsylG ab (Spruchpunkt römisch eins.), und erklärte zugleich seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Syrien gemäß Paragraph 8, leg. cit. für zulässig (Spruchpunkt römisch II.).

Begründend führte das Bundesasylamt aus, dass das Vorbringen des Berufungswerbers unglaubwürdig sei und stützte dies vor allem auf dessen unterschiedliche Angaben zu seinen Personalien und seiner letzten Wohnadresse beziehungsweise zu seinem Geburtsort vor der Bundespolizeidirektion Schwechat, dem Bundesasylamt und den deutschen Behörden.

4. Gegen alle zwei Spruchpunkte dieses Bescheides erhob der Berufungswerber rechtzeitig Berufung, worin er im Wesentlichen vorbrachte, dass die Unstimmigkeiten, die die Erstbehörde im Bescheid angeführt habe, insofern auf Unkenntnis der Erstbehörde beruhen, als es sich bei den vor den deutschen Behörden als Geburtsort angegebenen A. H. sowohl um eine Region als auch um eine Stadt im Nordosten Syriens handle, und Q., welche er als Geburtsort vor der Erstbehörde angegeben habe, eine Stadt in dieser Region sei. Die anderen nicht übereinstimmenden Daten würden darauf beruhen, dass der Schlepper den Berufungswerber angeraten habe, den Behörden nicht die Wahrheit zu sagen, um in einem zweiten Land die Möglichkeit zu haben, erneut einen Asylantrag zu stellen. Der Berufungswerber habe aufgrund seines mangelnden Wissens und seines Vertrauens zu seinem Schlepper dessen Ratschlag befolgt.

5. Am 3.6.2004 langte beim Unabhängigen Bundesasylsenat im Wege einer Datenanfrage gemäß Artikel 15, Dubliner Übereinkommen das Protokoll der niederschriftlichen Einvernahme des Berufungswerbers beim deutschen Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 12.6.2003 ein. Danach decken sich die dort wiedergegebenen Angaben des Berufungswerbers weitgehend mit dem Vorbringen vor der Erstbehörde. Abweichungen bestehen hinsichtlich seiner letzten Wohnadresse in Syrien, die er mit "A. H. , Stadteil A." angab, sowie hinsichtlich der Vornamen seiner Eltern. Über das Vorbringen des Bundesasylamts hinausgehend, brachte der Berufungswerber nach Personaldokumenten befragt vor den deutschen Behörden ausdrücklich vor, dass er als Kurde in Syrien ein unregistrierter Staatenloser gewesen sei. Bezüglich seines Schneidereigeschäftes gab er an, dieses geführt zu haben, aber da es nicht möglich gewesen sei, sein Geschäft unter seinem Namen bei den Behörden anzumelden, sei dieses auf einen anderen Geschäftsinhaber eingetragen gewesen, der auch sein Partner gewesen sei.

6. Am 16.3.2005 langte beim Unabhängigen Bundesasylseant ein Schriftsatz des Berufungswerbers ein, wonach dieser mitteilte, nach seiner Flucht aus Syrien an einer Demonstration am 00.00.2004 vor der syrischen Botschaft in Wien teilgenommen zu haben, wobei die Teilnehmer von eingeschleusten syrischen Geheimdienstleuten fotografiert worden seien. Als Beweis dafür wurden zwei Fotos beigelegt, die den Berufungswerber bei der Demonstration zeigen sollen. Es sei nunmehr anzunehmen, dass der im Ausland tätige syrische Geheimdienst den Berufungswerber erfasst und ein Dossier über ihn angelegt habe. Weiters fügte der Berufungswerber Bestätigungen des Vereins der Kurden aus Syrien vom 7.12.2004, wonach er ein Vereinsmitglied sei, sowie der "deutschen Sektion der Kurdischen Yekiti Partei in Syrien" vom 14.2.2005 bei, dass er ein Sympathisant der Partei sei und in Deutschland an diversen Partei-Aktivitäten teilgenommen habe. Weiters habe er laut Bestätigung Syrien vor allem wegen seiner Aktivitäten mit der Yekiti-Partei verlassen. Weiters legte der Berufungswerber eine Reihe von Berichten von Internationalen Organisationen zu der Lage der Kurden in Syrien vor und verwies auf einen stattgefundenen Vortrag von den Sachverständigen Dr. H. M. und Dr. A. K. über "Syrien als letzte Bastion des Ba’thismus" im neuen Institutsgebäude der Universität Wien, wobei er beantragte die Manuskripte amtswegig einzuholen und die Vortragenden als Sachverständige zu laden.

7. Anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26.6.2006, zu der ein Vertreter der Erstbehörde entschuldigt nicht erschienen ist, wurde Beweis aufgenommen durch Einvernahme des Erstberufungswerbers sowie eines Zeugen, weiters durch Einsichtnahme in die erstinstanzlichen Verwaltungsakte sowie in den Akt des Unabhängigen Bundesasylsenates, wobei die Erstbehörde lediglich schriftlich die Abweisung der Berufung beantragte.

Im Beisein eines Dolmetschers der Sprache Kurmanci sowie eines ausgewiesenen Vertreters des Berufungswerbers brachte der Berufungswerber zu seinen Fluchtgründen einvernommen im Wesentlichen wie bisher vor, dass er vom syrischen Geheimdienst wegen in seinem Schneidereigeschäft in Q. vorgefundenen Broschüren der kurdischen Yekiti Partei sowie wegen der Anfertigung von kurdischer Folklorekleidung in der Zeit vom 00.00. bis 00.00.2002 festgehalten und gefoltert worden sei. An sich sei das Tragen von kurdischer Tracht bei dem N.-Fest verboten. Nach seiner Verhaftung sei ihm das Nähen seitens der Geheimdienstleute auch verboten worden, doch habe er heimlich hinter einem Vorhang weiter kurdische Folklorekleidung hergestellt. Dies sei ein offenes Geheimnis gewesen, das auch den Geheimdienst bekannt gewesen sei. Zudem habe er sich verpflichten müssen, Informationen an den Geheimdienst weiterzuleiten. Auch habe er Angehörige des Geheimdienstes wiederholt bewirten und für diese Kleidungstücke anfertigen müssen. Am 18.3.2003 sei ein Angehöriger des Geheimdienstes bei ihm im Geschäft erschienen und habe eine Hose in Auftrag gegeben. Als der Berufungswerber ihm mitgeteilt habe, dass er in einer Woche nochmals kommen solle, da er anlässlich des bevorstehenden N.-Festes mit Arbeit ausgelastet sei, habe er darauf bestanden, dass seine Hose binnen einer Stunde fertig sein müsse. Vor dem N.-Fest würden Schneider allgemein mehr Aufträge haben, wobei sich diese Aufträge nicht nur auf Folklorekleidung beziehen würden. Dem Mann vom Geheimdienst sei es aber nicht um die Hose gegangen, sondern er habe vielmehr einen Grund gesucht, um das Geschäft des Berufungswerbers zu schließen. Er habe begonnen zu randalieren sowie andere Kunden anzupöbeln und habe dem Berufungswerber gedroht, dass er sehen werde, was er ihm antun würde. Der Berufungswerber sei durch die Hintertüre des Geschäfts geflüchtet und habe sich zwei Wochen bei einem Freund seines Vaters in der Nähe der türkischen Grenze versteckt und sei dann schlepperunterstützt über die Türkei per Flugzeug nach Österreich eingereist. Er habe bei seiner ersten Einvernahme einen falschen Namen angegeben, weil ihm dies sein Schlepper angeraten habe. Er habe ihm Angst gemacht. In Deutschland habe er zudem eine falsche Wohn- und Geschäftsadresse angegeben, weil er Angst davor gehabt habe nach Syrien abgeschoben zu werden. Gleiches gelte für die Vornamen seiner Eltern. Sein Vater sei wegen seiner Parteizugehörigkeit zu der Yekiti-Partei 6 bis 7 Mal verhaftet und von 10 Tagen bis zu einem Monat lang festgehalten worden. Das letzte Mal sei sein Vater verhaftet worden, als der Berufungswerber geflüchtet sei. 4 Tage nach der Verhaftung seines Vaters habe der Berufungswerber, der zu diesem Zeitpunkt bereits in der Türkei gewesen sei, von dessen Freund davon erfahren. Er telefoniere alle 2 bis 3 Monate mit seinem Vater, könne aber nicht über alles sprechen, da das Telefon abgehört werde. Der Berufungswerber sei ein Maktum, sei nicht registriert und würde keine Staatsbürgerschaft besitzen. Sein Vater und sein Großvater seien registriert. Er sei in Syrien Betreiber und Inhaber seines Schneidergeschäfts gewesen. Der Berufungswerber habe sich seit seiner Flucht aus Syrien in Österreich politisch organisiert, sei einfaches Mitglied im Verein der Kurden aus Syrien, gehöre dort der Tanzgruppe an, und habe auch aktiv an Demonstrationen teilgenommen, wo er auch als Ordner aufgetreten sei. So habe er unter anderem bei der Demonstration am 00.00.2004 sowie am 00.00.2006 vor der syrischen Botschaft in Wien teilgenommen. Bei der ersten Demonstration sei er von einer jungen Frau gefilmt worden, die dann wieder in die syrische Botschaft gegangen sei. Bei der zweiten Demonstration sei aus dem Fenster der syrischen Botschaft gefilmt worden. Für die Teilnahme an diversen Kundgebungen legte der Berufungswerber als Beweismittel Fotografien vor, wo der Berufungswerber unter anderem mit einer Ordnerschleife zu sehen sei. All diese Veranstaltungen würden vom kurdischen Geheimdienst beobachtet werden. Weiters sei der Berufungswerber nunmehr Mitglied der "Yekiti Partei" in Österreich, wo monatlich Treffen veranstaltet werden würden und versucht werde, neue Mitglieder anzuwerben. Der Verein der Kurden aus Syrien sei im Gegensatz dazu parteiunabhängig. Er sei bereits in Deutschland der Yekiti Partei beigetreten, sei aber nur ein einfaches Mitglied. Dort habe er auch an Versammlungen teilgenommen. Der Zeuge O. J., ein syrischer Staatsbürger und Mitglied des Vereins der Kurden aus Syrien bestätigte die Angaben des Berufungswerbers, dass er Mitglied in seinem Verein sei, weiters Mitglied der Yekiti Partei sei und an mehreren Kundgebungen und Demonstrationen des Vereins teilgenommen habe. Er sei einfaches Mitglied des Vereins und sei Mitglied von dessen Tanzgruppe. Weiters helfe er bei der Organisation von kulturellen Veranstaltungen sowie politischen Seminaren mit. Bei der Demonstration am 00.00.2006 vor der syrischen Botschaft in Wien sei er als Ordner aktiv gewesen. Beide Demonstrationen vor der syrischen Botschaft seien von Leuten aus der Botschaft gefilmt worden. Der Berufungswerber habe dem Zeugen mitgeteilt, dass er ein Maktum sei. In Syrien gäbe es drei Kategorien von Kurden: Staatsbürger, Ajanib und Maktumin. Wenn ein Ajanib einen syrischen Staatsbürger heirate, dann werden dessen Nachkommen aus dieser Ehe nicht registriert, sondern sie bekämen nur eine weiße Bestätigung.

Mit Schriftsatz vom 8.8.2006 wurde sowohl dem Bundesasylamt als auch der Vertreterin des Berufungswerbers die Möglichkeit eingeräumt, zu den vorläufigen Sachverhaltsannahmen des Unabhängigen Bundesasylsenats zur aktuellen Situation in Syrien binnen 2 Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

Am 6.7.2006 langte beim Unabhängigen Bundesasylsenat eine Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertreterin des Berufungswerbers vom 2.7.2006 ein, der eine Videokassette beigelegt wurde, welche den Berufungswerber während der Demonstration am 00.00.2004 vor der syrischen Botschaft zeige, wobei auch eine junge Frau zu sehen sei, die aus der Botschaft heraustrete und den Demonstrationszug filme. Weiters wurde eine Gutachten des europäischen Zentrums für Kurdische Studien, Berliner Gesellschaft zur Förderung der Kurdologie, von den Autorinnen Sitzung H. und E. S., vom 16.1.2005 beigelegt, aus dem ersichtlich sei, dass die syrischen Geheimdienste exilpolitische Aktivitäten verfolgen würden und die Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung der beobachteten Personen bei einer Rückkehr je nach Häufigkeit, Intensität und Erkennbarkeit der betroffenen Personen variiere, aber grundsätzlich gegeben sei. In diesem Zusammenhang wurde auch auf ein weiteres Gutachten derselben Autorinnen verwiesen, die unter www.ecoi.net erhältlich seien.

Vom Bundesasylamt langte hingegen keine Stellungnahme ein.

römisch II. Über die Berufung hat der Unabhängige Bundesasylsenat wie folgt erwogen:

1. Festgestellt wird:

1.1 Zur Person:

Der Berufungswerber ist Angehöriger der kurdischen Volksgruppe und lebte bis zu seiner Flucht nach Österreich in Syrien.

Der Berufungswerber ist Mitglied des "Vereins der Kurden aus Syrien" sowie der Yekiti-Partei in Österreich und an zahlreichen Veranstaltungen dieses Vereines, ua. - und zwar als z.T. als Ordner - an den Demonstrationen teil, die ua. von diesen Vereinen am 00.00.2004 sowie am 00.00.2006 vor der syrischen Botschaft in Wien sowie am 00.00.2005 vor der UNO-City veranstaltet hat. Bei den Demonstrationen vor der syrischen Botschaft wurden die Demonstranten aus dem Botschaftsgebäude gefilmt.

1.2. Zum Herkunftsstaat:

1.2.1. Allgemeine Situation in Syrien

Syrien ist kein demokratischer Rechtsstaat. Der Präsident hat eine starke Machtstellung im politischen System inne. Er regiert das Land als primus inter pares gemeinsam mit einer informellen Koalition, bestehend aus der Baath-Partei sowie führenden Vertretern von Militär und Sicherheitsdiensten. Inhaber dieses Amtes ist seit Juni 2000 Bashar Al-Assad, Sohn des verstorbenen Präsidenten Hafez Al-Assad. Eine begrenzte Verbesserung der Menschenrechtslage ist seit dem Amtsantritt von Bashar Al-Assad erkennbar, ohne dass von einer grundlegenden Änderung gesprochen werden kann. Ende des Jahres 2000 verkündete er eine Amnestie für ca. 600 politische Gefangene und Ende des Jahres 2001 für weitere ca. 120. In den Jahren 2002 und 2003 kam es nur zu vereinzelten Freilassungen. Im Jahr 2004 wurden im Januar, August und Dezember insgesamt 387 Gefangene entlassen, im Februar 2005 55 Häftlinge. Zuletzt war im März 2005 eine Amnestie für 312 Kurden ausgesprochen worden. Die Angaben, wie viele tatsächlich freigelassen wurden, schwanken.

Wie früher sein verstorbener Vater stützt Bashar Al-Assad seine Herrschaft auf die Loyalität der privilegierten Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Geheimdienste. Die Geheimdienste führen ein uneingeschränktes Eigenleben. Unabhängig von der offiziellen organisatorischen Zuordnung (zum Militär, zum Innenministerium oder als eigenständige Behörde) sind sie unmittelbar nur dem Staatspräsidenten gegenüber verantwortlich. Eine Kontrolle findet weder durch Gerichte, das Parlament noch andere Institutionen statt. Die Befugnisse der Dienste unterliegen keinen definierten Beschränkungen.

Regierung und Parlament treten in ihrer Bedeutung hinter den Machtapparat aus Militär und Geheimdiensten zurück. Freie Wahlen gibt es nicht. Die Parteienstruktur wird von der "Nationalen Progressiven Front" (NPF) bestimmt. Neben der eindeutig dominierenden arabisch-sozialistischen Baath-Partei sind in der NPF neun weitere Parteien vertreten. Damit soll der unzutreffende Eindruck erzeugt werden, es gäbe ein Mehrparteiensystem. Die Volksversammlung, in der neben der NPF 83 (von 250) "parteiungebundene" Abgeordnete vertreten sind, ist de facto fast nur ein Akklamationsorgan. Die Bedeutung der Volksversammlung entspricht der Rolle der Parlamente in den früheren sozialistischkommunistischen Staaten.

Syrische Gerichte sind in politischen Verfahren nicht unabhängig. Die Verfahren werden rechtsstaatlichen Kriterien nicht gerecht. Häufig werden sie vor speziellen Militär- oder Staatssicherheitsgerichten unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Staatsschutzdelikte im syrischen Strafgesetzbuch sind unbestimmt und weit gefasst. Sie sind mit weitreichenden Strafandrohungen verbunden. Eine Instrumentalisierung konstruierter Straftatvorwürfe allgemeiner Natur zur Verfolgung aus politischen Gründen ist nicht erkennbar. Für die Dienste besteht keine Notwendigkeit, sich hinter solchen Vorgehensweisen zu verstecken. Basis für Gerichtsentscheidungen sind unabhängig vom Ergebnis von Beweisaufnahmen die von den Geheimdiensten (unter Folter) erpressten Aussagen. Für fast alle politischen Verfahren gilt, dass ihnen extralegales Wirken der Geheimdienste mit allen Konsequenzen in Bezug auf menschenrechtswidrige Praktiken vorausgeht (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Syrien , Stand: Juni 2005, Sitzung 6-7).

Formell befindet sich Syrien nach wie vor im Kriegszustand mit Israel. Er dient innenpolitisch als Legitimationsbasis für den herrschenden Ausnahmezustand. Mit der Machtübernahme durch die Baath-Partei im März 1963 wurde in Syrien das Notstandsrecht verhängt. Die verfassungsrechtlich garantierten Freiheiten wie Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind seither nicht nur praktisch, sondern auch formal-juristisch außer Kraft gesetzt; Handlungen zur Ausübung dieser Rechte werden nur in begrenztem Maße toleriert. Praktisch alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens werden seitdem von staatlicher Seite kontrolliert und überwacht. Unabhängige Parteien sind verboten; einige von ihnen werden jedoch geduldet, solange die Regierung in ihren Tätigkeiten keine ernsthafte Bedrohung für ihre Vormachtstellung sieht. Mangels freier Wahlen haben sie keine Möglichkeit einer nennenswerten Mitwirkung an politischen Entscheidungen.

Festnahmen, Durchsuchungen, Vorladungen, Beschlagnahmen und Überwachungsmaßnahmen werden teilweise durch normale Polizeiorgane, überwiegend aber durch die mit Sondervollmachten ausgestatteten Organe der Armee und der Geheimdienste vorgenommen. Alle Lebensbereiche werden kontrolliert und überwacht. Direkte politische Opposition ist nicht möglich.

Im August/September 2001 wurden der unabhängige Abgeordnete Sitzung und ein anderer Parlamentarier, M. H., sowie acht weitere prominente Regimekritiker verhaftet, einige von ihnen im Zusammenhang mit privat organisierten regierungskritischen Versammlungen. Die zehn Inhaftierten wurden durch das Strafgericht bzw. das Oberste Staatssicherheitsgericht im Sommer 2002 zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Mit Ausnahme der Verfahren gegen die Parlamentarier fanden alle Prozesse unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Mittlerweile sind vier der zehn Inhaftierten freigelassen worden. Einer der Freigelassenen, H. S., wurde Ende Mai 2005 erneut verhaftet. Der politische Druck auf die politische Opposition ist weiterhin deutlich zu spüren (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Syrien , Stand: Juni 2005, Sitzung 9).

Wer die Regierung, die offizielle Politik oder die Menschenrechtslage offen kritisiert, wird strafrechtlich verfolgt und muss mit Haftstrafen rechnen. Eine der wenigen öffentlichen Demonstrationen von Menschenrechtsaktivisten in Damaskus wurde im März 2004 sofort von der Einsatzpolizei und zivil gekleideten Geheimdienstmitarbeitern kontrolliert. Anklagen werden aufgrund vage formulierter Gesetzartikel erhoben, wie "Versuch, mit illegalen Mitteln die Verfassung zu ändern" oder "Verbreitung von Falschmeldungen". So wurden im vergangenen Jahr mehrere Menschenrechtsaktivisten und Befürworter demokratischer Reformen zu Gefängnisstrafen von zwei bis zehn Jahren verurteilt, darunter auch unabhängige Parlamentsmitglieder. Aktivisten der nicht sehr großen Menschenrechtsbewegung sind Einschüchterungsversuchen seitens syrischer Sicherheitskräfte, Berufsverboten und Ausreisesperren ausgesetzt (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Syrien - Update der Entwicklung September 2001 bis Mai 2004, S.B., Sitzung 6).

Über die genaue Zahl der noch in Haft befindlichen politischen Gefangenen sind Angaben kaum möglich. Die Schätzungen gehen auseinander, es wird jedoch gemeinhin von mindestens 300 politischen Häftlingen ausgegangen. Da die Unterdrückung der letzten Jahrzehnte alle organisierten Formen des Widerstands gegen das Regime weitgehend zerstört hat, orientieren sich Willkürhandlungen der Dienste aktuell weniger an Fragen der Zugehörigkeit zu bestimmten Organisationen oder Gruppen, sondern vielmehr an der Einschätzung des Bedrohungspotentials, das von einer Person oder Gruppe ausgeht. (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Syrien , Stand: Juni 2005, Sitzung 9-10).

Bereits im einfachen Ermittlungsalltag sowie generell im Strafvollzug wird Gewalt angewandt. Die Bedingungen sind für Fälle mit politischem Bezug häufig noch deutlich härter als bei anderen Straftaten. Politische Häftlinge werden der ordentlichen Strafverfolgung zunächst entzogen. Inhaftierungen können unbestimmte Zeit, auch mehrere Jahre, andauern, bevor es zu Gerichtsverhandlungen kommt. Die Verhafteten werden dann vor besondere Staatssicherheits- oder Militärgerichte gestellt. Das Strafmaß in politischen Verfahren ist - entsprechend den hohen Strafandrohungen in den zugrundeliegenden Normen - regelmäßig hoch. Immer wieder wird über Fälle berichtet, in denen die Inhaftierung auch nach Ablauf von verhängten Gefängnisstrafen andauert. Die Haftbedingungen werden durch Misshandlungen oder die Unterbrechung von Kontakten nach außen willkürlich gestaltet. Der Zugang zu einem Rechtsvertreter wird nicht immer gestattet.

Kommt es zu Ermittlungen in Bezug auf eine Person, wird das gesamte Umfeld (Arbeitsplatz, Freunde, Nachbarn, etc. ) durch Mitglieder der Sicherheitsdienste befragt, ggf. verhört. Gewinnen die Dienste den Eindruck, dass Informationen zurückgehalten werden, sind Übergriffe gegen derartig Befragte - auch im Familienkreis - nicht auszuschließen; dabei kommt es je nach Einzelfall auch zu Festnahmen, ohne dass aber eine systematische Sippenhaft praktiziert wird (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Syrien , Stand: Juni 2005, Sitzung 17).

Obwohl das syrische Strafrecht Folter verbietet und Syrien das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10.12.1984 mit Ausnahme des Artikel 20 (vertrauliches Prüfungsverfahren) am 1. Juli 2004 ratifiziert hat, wird in Syrien weiterhin gefoltert. Dem gesetzlichen Verbot der Folter steht das syrische Polizei- und Sicherheitsrecht gegenüber, das die Klage gegen Mitglieder der Sicherheitsbehörden ausschließt. Das Folterverbot ist mithin rechtlich nicht einklagbar. Schon im normalen Polizeigewahrsam sind Misshandlungen an der Tagesordnung, ohne dass dabei politische, rassische oder religiöse Ursachen einflössen. Insbesondere bei Fällen mit politischem Bezug wird physische und psychische Gewalt in erheblichem Ausmaß eingesetzt. Die Folter dient der generellen Gefügigmachung ebenso wie der Erzwingung von Geständnissen, der Nennung von Kontaktpersonen und der Abschreckung. Allerdings reichen im allgemeinen bloße politische Missliebigkeit oder ein untergeordnetes Engagement für eine als oppositionell eingestufte Gruppe nicht aus, um umfangreiche und andauernde Folter auszulösen. Die Todesstrafe ist in Syrien gesetzlich vorgesehen. Sie wird in Fällen von Mord, schwerem Landesverrat und schweren Drogendelikten angedroht, allerdings selten verhängt und noch seltener vollstreckt. Im Jahr 2003 sind drei, im Jahr 2004 bislang zwei Menschen hingerichtet worden. In den meisten Fällen wird die Todesstrafe jedoch in eine Haftstrafe umgewandelt. Das Vorgehen von Sicherheitsorganen oder des Militärs erfolgt außerhalb des Rahmens gesetzlicher Strafandrohungen und/oder Verurteilungen. Extralegale Tötungen sind nicht auszuschließen, aber in den letzten Jahren nicht mehr bekannt geworden. Über solches Vorgehen wird in der Öffentlichkeit nicht berichtet. Willkürliche Festnahmen und das "Verschwindenlassen" von Personen kommen vor; eine landesweite Verhaftungsaktion im Frühjahr 2000 blieb allerdings in diesem Umfang ein Einzelfall. Die Situation ist für Festgenommene wesentlich schlechter, wenn Geheimdienste tätig werden. In deren Bereich kommen unmenschliche und erniedrigende Behandlung, Drohungen gegen Leib und Leben sowie gegen Familienangehörige, Strafverschärfungen und unmenschlicher Behandlung in der Haft vor. Dabei wird keine Sippenhaft praktiziert, aber alle Personen, eben auch Familienangehörige, die über Gesuchte Auskunft geben könnten, werden belangt (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Syrien , Stand: Juni 2005, Sitzung 19-21).

1.2.2. Situation der Kurden in Syrien

In Syrien gibt es über 1 Mio. Kurden. Einzelne Quellen nennen sogar die Zahl von 2 Millionen. Die überwiegende Anzahl sind syrische Staatsbürger mit allen bürgerlichen Rechten und Pflichten, die allein aufgrund ihrer kurdischen Abstammung keinen besonderen Repressionen ausgesetzt sind, auch wenn die politische Überwachung und Bespitzelung in Nordsyrien, das von Kurden überdurchschnittlich stark bewohnt wird, intensiver ist als in den südlichen Landesteilen.

Im Jahre 1962 wurde ca. 120.000 bis 150.000 Kurden, die sich nach syrischer Rechtsansicht zu diesem Zeitpunkt illegal im Land aufhielten, die syrische Staatsangehörigkeit aberkannt und wurden von den syrischen Behörden fortan als Ausländer und, sofern sie keine andere Staatsangehörigkeit reklamieren konnten, als staatenlos behandelt. Inzwischen geht man von rund 300.000 Kurden dieser Gruppe aus. Der syrische Staat hat diesen sogenannten Ajaanib seit 1962 den Aufenthalt in Syrien gestattet. Für sie wurden und werden seither rot-orangene Karten als eigene Personaldokumente ausgestellt, und es gibt für sie ein eigenes Personenstandsregister. Rechtlich bleiben den Ajaanib staatsbürgerliche Rechte verwehrt, doch können sie syrische Schulen und Universitäten besuchen, alle Berufe ausüben und können sich in staatlichen Krankenhäusern behandeln lassen. Reguläre Reisedokumente erhalten sie nicht. In Ausnahmefällen und unter Zahlung größerer Geldbeträge können Ajaanib ein Laissez-Passer beantragen, welches auch zur Wiedereinreise berechtigt. Gesetzlichen Grundlagen fühlen sich die syrischen Behörden bei der Bewilligung oder Verweigerung eines Laissez-Passers jedoch nicht verpflichtet. Heiraten ein Mann und eine Frau, die beide im Besitz eines rot-orangenen Ausweises sind, so werden die Kinder aus dieser Verbindung ebenfalls Ajaanib und werden in das syrische Ausländerregister eingetragen.

Anders verhält es sich hingegen bei Kindern aus einer Verbindung zwischen einer syrischen Frau und einem kurdischen Mann, den sogenannten Maktumin, (Singular; Maktum, Arabisch für "verborgen", "verdeckt"). Für sie existiert kein Register. Maktumin haben keinerlei Rechte, können mithin nicht rechtsgeschäftlich handeln. Rechtlich gesehen sind sie für den syrischen Staat inexistent. Ebenfalls zu den Maktumin gehören Kinder, deren Vater Maktum und deren Mutter Syrerin oder Ajnabia ist oder deren Eltern beide Maktumin sind. Die Maktumin erhalten keine rot-orangenen Ausweise, da sie nicht registriert sind. Gegen ein geringes Entgelt können sie durch den Dorf- bzw. Ortsvorsteher (Mukhtar) eine weiße Identitätsbescheinigung erhalten, die jedoch keinen Beweiswert hat, da sie sehr einfach zu erhalten ist.

Im Gegensatz zu anderen Minderheiten verfügen die Kurden über keine Schulen oder andere Bildungseinrichtungen. Im Personenstandswesen sind nur arabische oder arabisierte Namen zugelassen. Beantragen staatenlose Kurden die Ausreise, verlieren sie unter Umständen die Duldung des Aufenthalts. Ganz überwiegend wird ihnen die Wiedereinreise nach Syrien verwehrt. Dies gilt erst recht, wenn sie Syrien ohne staatliche Genehmigung verlassen haben. In Ausnahmefällen kann aber aufgrund persönlicher Beziehungen bzw. durch Korruption eine Wiedereinreise möglich sein. Kurden ohne syrische Staatsbürgerschaft sind im gesellschaftlichen Leben im beschriebenen Umfang Nachteilen, aber als ethnische Minderheit keinen systematischen Repressionen ausgesetzt. Repressionen setzen ein, wenn Aktivitäten als politisch konkretes Handeln gegen die Integrität des syrischen Staates angesehen werden - insbesondere bei Autonomieforderungen (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Syrien , Stand: Juni 2005, Sitzung 11-13).

Die Regierung verbietet öffentliche Diskussionen der Kurdenfrage, entsprechende Publikationen werden konfisziert. Jede Bekundung des Kurdentums wird als möglicher Angriff auf die staatliche Einheit aufgefasst und kann eine Strafe nach sich ziehen. Die kurdische Sprache ist als offizielle Sprache im Amtsverkehr und an staatlichen Schulen nicht zugelassen. Auch die Ausübung kultureller und religiöser Feierlichkeiten unterliegt bestimmten Einschränkungen. Öffentliche Aufführungen kurdischer Folklore und die Publikation kurdischer Schriften sind verboten. So kann die Organisation des Neujahrsfestes N. Haft zur Folge haben. Die Bildung kurdischer Kulturzentren, Buchläden und Verlage ist eingeschränkt. Im Personenstandsregister sind nur arabische oder arabisierte Namen zugelassen. KurdInnen werden nicht im Staatsdienst oder Militär beschäftigt. Kurdische Parteien werden nur geduldet, soweit sie nicht öffentlich in Erscheinung treten. Oppositionelle politische Aktivitäten können Verfolgungsmaßnahmen nach sich ziehen, hiervon sind insbesondere aktive Mitglieder der kurdischen Parteien Yekiti und Kurdische Volksunion, so genannte "nicht autorisierten Organisationen", betroffen." (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Syrien - Update der Entwicklung September 2001 bis Mai 2004, S.B., Sitzung 10)

Die Aussicht auf eine maßgebliche Verbesserung der Lage der Kurden im Irak und die Hoffnung, dass insbesondere die USA auch in Syrien intervenieren würden - sei es militärisch oder durch die Verhängung wirtschaftlicher Sanktionen - führte zu einer deutlichen Intensivierung kurdisch-politischer Aktivitäten in Syrien in der zweiten Jahreshälfte 2002. So organisierte die Einheitspartei der Kurden in Syrien (Partiya Yekiti ya Kurd li Suriye) am 10. Dezember 2002 vor der Nationalversammlung in Damaskus eine öffentliche Kundgebung, im Rahmen derer unter anderem die Einbürgerung der rund 200 000 staatenlosen Kurden gefordert wurde. Der syrische Staat reagierte auf die erste kurdische Kundgebung mit Repressionen: M. U. und H. S., die dem Präsidenten der Nationalversammlung ein Memorandum der Partei der kurdischen Einheit übergeben hatten, wurden am 15.12.2002 vom syrischen Innenminister zu einem Gespräch eingeladen, in dessen Anschluss sie »verschwanden« bzw. in Damaskus inhaftiert wurden. Im Februar 2004 wurden sie vom Staatssicherheitsgericht in Damaskus wegen des Versuchs, einen Teil des syrischen Territoriums einem anderen Staat anzugliedern, zu drei Jahren Haft verurteilt. H. Sitzung und M. U. wurden am 22. Februar 2004 entlassen. Während ihrer Inhaftierung waren beide Männer Folter ausgesetzt. (Anfragebeantwortung des europäischen Zentrums für kurdische Studien vom 23.8.2005 an das Schleswig-Holsteinsche Verwaltungsgericht, S.3).

Am 25.6.2003 wurden acht Kurden bei einer Demonstration zum Tage des Kindes verhaftet. Sie wurden im Juli 2004 zu ein- bzw. zweijährigen Haftstrafen verurteilt.

Am 10. Oktober 2004 wurde M. H., ein Journalistikstudent, durch das Staatssicherheitsgericht zu drei Jahren Haft verurteilt, nachdem er Aufnahmen der UNICEF-Demonstrationim Internet veröffentlicht hatte. Am 9. Januar 2005 wurden in der Stadt Al-Malikiyeh 4 Kurden verhaftet. Am 15. Januar 2005 wurden sieben Kurden zwischen 14 und 22 Jahren in der nordsyrischen Stadt Amouda verhaftet.

In der überwiegend von Kurden bewohnten Stadt Kamishli im Nordosten Syriens kam es am 11.03.2004 bei einem Fußballspiel zwischen einer örtlichen Mannschaft und einer aus der am Euphrat gelegenen arabisch bewohnten Stadt Deir el-Zor zu gewalttätigen Ausschreitungen zwischen den Anhänger der Gast- und Heimmannschaft mit zahlreichen Verletzten und Toten. Nach verschiedenen Berichten führte das Einschreiten von Polizeikräften zu einer offenbar größeren Zahl von Toten, darunter auch Angehörigen der Sicherheitskräfte. Am 12.03.2004 folgten Unruhen im ganzen kurdischen Gebiet im Nordosten Syriens. Präsident Assad und die Baath-Partei wurden hierbei öffentlich verbal angegriffen. In Kamishli sollen mehrere örtliche Gebäude in Brand gesetzt, im Ort Amuda die Polizeistation gestürmt und daraufhin Panzereinheiten der Armee eingesetzt worden sein. In einzelnen Orten herrschte Ausgehverbot. Insgesamt sind nach unterschiedlichen Angaben zumindest 15, möglicherweise aber mehr als 40 Todesopfer zu beklagen. Auch in Damaskus kam es zu Demonstrationen, an denen auch Nicht-Kurden teilnahmen. Es soll bei Einsätzen der Polizei drei Tote gegeben haben. Nach den vorliegenden Informationen sollen mehr als 1.500 syrische Soldaten mit gepanzerten Schützenfahrzeugen in den Nordosten des Landes verlegt, Hunderte von Menschen in den Nächten nach den Ausschreitungen aus ihren Häusern geholt sowie kurdische Bücher und Traditionsgegenstände bei Hausdurchsuchungen konfisziert worden sein. Es ist nicht bekannt, wie viele Menschen in der nordöstlichen Provinz verhaftet wurden.

In den Tagen nach dem 13.03.2004 fanden nach Angaben von Bewohnern und kurdischer Parteien Massenverhaftungen im Damaszener Stadtteil Doummar statt. Bei Nacht sollen systematisch Männer und Frauen zwischen 14 und 35 Jahren aus den Häusern geholt worden und dabei über 1000 Menschen inhaftiert worden sein.

In den Tagen vor dem kurdischen N.-Fest (21.03.) wurden Hunderte vorläufig Festgenommene aus den Gefängnissen entlassen. Ein Jahr nach den Unruhen in Kamishli vom März 2004 waren im März 2005 weiterhin über 300 Kurden in Haft. 15 Personen wurden vor dem Hohen Staatssicherheitsgericht verurteilt. Die Prozesse der übrigen Personen liefen seit dem 17.02.2005 vor dem Militärgericht in Damaskus. Im April erfolgte schließlich eine Amnestie von den verbleibenden 312 kurdischen Gefangenen. Nach Aussagen der syrischen Regierung wurden alle freigelassen. Vertreter kurdischer Organisationen sprechen von lediglich 200 Entlassungen.

Am 10.05.2005 wurde der bekannte kurdische Geistliche und stellvertretende Leiter des Islamischen Studienzentrums in Damaskus Sheikh Mashouk Al-Khanznawi entführt. Am 4. Juni wurde sein Tod gemeldet. Die Hintergründe des Verschwindens und die Umstände seines Todes sind noch ungeklärt. In Folge seines Todes kam es in Kamishli am 05.06.2005 erneut zu Demonstrationen, die gewaltsam aufgelöst wurden (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Syrien , Stand: Juni 2005, Sitzung 14-15).

1.2.3. Yekiti-Partei

1993 wurde die Partiya Yekiti ya Demokrat a Kurd li Suriye (Kurdische Demokratische Partei der Einheit in Syrien) durch den Zusammenschluss von drei Parteien gegründet, der Partiya Yekbun Kurd li Suriye (Partei der Einheit der Kurden in Syrien), der Arbeiterpartei der Kurden in Syrien (Partiya Zahmetkeqani Kurd li Suriye) und der Partei der Kurdischen Volksunion in Syrien (Partiya Hevgirtina Gele Kurd li Siiriye). 1993 bestand eine zweite Partei mit dem Namen Kurdische Volksunion die diesen Namen bis ins Jahr 2005 beibehielt und sich nach dem Zusammenschluss mit der Partiya Cep a Kurdi li Suriye (Kurdische Linke Partei in Syrien) von Xeyridin Murad am 22. Mai 2005 Partiya Azadi ya Kurdi li Sfiriye (Unabhängigkeitspartei der Kurden in Syrien) nannte. 1998 spaltete sich die Partei in die Partiya Yekiti ya Demokrat a Kurd li Sfiriye (Kurdische Demokratische Partei der Einheit in Syrien) mit dem Vorsitzenden Nesredin Ibrahim und die Partiya Yekiti ya Kurd li Suriye (Einheitspartei der Kurden in Syrien) mit den Vorsitzenden Ismail Amo (Anfragebeantwortung des europäischen Zentrums für kurdische Studien vom 23.8.2005 an das Schleswig-Holsteinsche Verwaltungsgericht, S.17).

Alle Parteien außerhalb der Baathpartei bzw. der fünf mit ihr in der »National Progressive Front« (NFP) zusammengeschlossenen, völlig bedeutungslosen Kleinparteien, sind illegal. Dies gilt auch für die kurdischen Parteien, Aktivitäten werden nur in einem bestimmten, sehr engen Rahmen geduldet. Hieran wird sich auch in absehbarer Zukunft nichts ändern (Anfragebeantwortung des europäischen Zentrums für kurdische Studien vom 23.8.2005 an das Schleswig-Holsteinsche Verwaltungsgericht, Sitzung 15).

Verfolgung gründet sich nach Einschätzung des europäischen Zentrums für kurdische Studien in Syrien weniger auf konkrete Hierarchien, d. h. auf Positionen, die innerhalb einer der kurdischen Parteien eingenommen wurden, als vielmehr auf die Art und Weise, in der Personen für eine der kurdischen Parteien de facto aktiv geworden sind. Teilweise genießen die Führungspersönlichkeiten kurdischer Parteien aufgrund ihrer - relativen - Prominenz sogar eher Schutz als Parteimitglieder, die zwar aktiv sind, jedoch nicht über einen herausgehobenen Status und die entsprechenden Kontakte verfügen, bzw. als parteilose politisch aktive Personen (Anfragebeantwortung des europäischen Zentrums für kurdische Studien vom 23.8.2005 an das Schleswig-Holsteinsche Verwaltungsgericht, Sitzung 13).

1.2.4. Versorgungslage

Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln ist in Syrien gewährleistet. Staatliche Hilfe wird in indirekter Form durch die Subventionierung von Grundnahrungsmitteln und einigen Versorgungsgütern geleistet. Darüber hinaus existiert kein soziales Netz. Humanitäre Hilfe aus dem Ausland hat es bislang nicht gegeben. Die medizinische Versorgung ist im Grundsatz flächendeckend und kostenfrei. Auch wenn der Standard in öffentlichen Kliniken nicht westlichen Maßstäben entspricht, werden überlebensnotwendige Behandlungen und Therapie chronischer Leiden gewährleistet. Auch die Medikamentenversorgung ist grundsätzlich sichergestellt, muss jedoch häufig vom Patienten gezahlt werden (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Syrien , Stand: Juni 2005, Sitzung 23).

1.2.5. Rückkehrfragen

Die Einreisekontrollen (wie auch die Ausreisekontrollen) an den syrischen Grenzen sind umfassend. In aller Regel erfolgt die Einreise - auch Abgeschobener - abgesehen von Befragungen unbehelligt. Eine vorangegangene Asylantragstellung oder der längerfristige Auslandsaufenthalt sind für sich allein kein Grund für ein Einschreiten der Geheimdienste. Liegt ein Fahndungsersuchen vor, wird der Einreisende verhaftet. Bestehen Zweifel an der Identität des Einreisenden, ist eine Haft - u.U. mehrtägig oder einige Wochen - möglich. Diese Festnahmen sind mit intensiver Befragung verbunden. Gewaltanwendung kann bei solchen Verhören in Einzelfällen vorkommen, systematische Folter wird dabei nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht praktiziert. Es gibt keine besondere Behandlung für abgeschobene syrische Staatsangehörige im Vergleich zu anderen Rückkehrern. In einem Fall konnte verifiziert werden, dass ein aus Deutschland abgeschobener abgelehnter Asylbewerber bei der Einreise wegen politischer Aktivitäten verhaftet worden ist. Bei dem von Dezember 2000 bis Dezember 2002 andauernden Haftfall handelte es sich nach allen vorliegenden Erkenntnissen um einen Einzelfall. Allein die Stellung eines Asylantrags in Deutschland führt nicht zu Repressionen bei Rückkehr nach Syrien. Den syrischen Behörden ist bekannt, dass die "Aufenthaltnahme" in Deutschland oft auf der Basis behaupteter politischer Verfolgung erfolgt. Erst wenn das Vorbringen und die Vorwürfe einer breiten Öffentlichkeit durch die Medien bekannt und an herausgehobener Stelle zur Kenntnis genommen werden, können sie u.U. als Schädigung der syrischen Interessen angesehen und zur Grundlage für Repressionen gemacht werden (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Syrien , Stand: Juni 2005, Sitzung 22).

Wenn sich bei der Befragung bei der Einreise nach Syrien der Verdacht auf oppositionelle Exilaktivitäten erhärtet, wird die betreffende Person in der Regel an den Geheimdienst überstellt. Personen, die in Haft- oder Verhörzentren der Geheimdienste überstellt oder bei der Einreise direkt von Angehörigen des Geheimdienstes verhaftet werden, droht systematische Folter. Gefährdet sind Personen, welche bereits vor ihrer Flucht verdächtigt wurden, oppositionelle Tätigkeiten ausgeübt zu haben und deshalb inhaftiert wurden, aber auch Personen, die sich im Ausland politisch engagiert haben. Der syrische Geheimdienst beobachtet die politischen Aktivitäten syrischer Staatsangehöriger im Ausland sehr genau. Durch Einschleusen bzw. Anwerben von Spitzeln wird gezielt versucht, Informationen über die im Ausland lebenden syrischen Staatsangehöriger zu sammeln. Personen, die in Verdacht geraten, RegimegegnerInnen zu sein, werden auf Veranlassung des Geheimdienstes in Schwarze Listen aufgenommen. Diese Fahndungslisten liegen an den Grenzkontrollstellen in Syrien und Libanon (dort v.a. am Beiruter Flughafen) aus und führen zur sofortigen Festnahme der Betroffenen beim Passieren der Grenze (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Syrien - Update der Entwicklung September 2001 bis Mai 2004, S.B., Sitzung 15).

UNHCR, Human Rights Watch und U.S. Department of State gehen von allgemein fehlenden Reisemöglichkeiten staatenloser KurdInnen aus. Auch die kurdische Minderheit wird nach Angaben von Amnesty International zunehmend bei Personenkontrollen am Flughafen von Damaskus unter Druck gesetzt oder festgenommen. (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Syrien - Update der Entwicklung September 2001 bis Mai 2004, S.B., Sitzung 16)

1.3. Diese Feststellungen beruhen auf folgender Beweiswürdigung:

1.3.1. Der unter Punkt 1.1. festgestellte Sachverhalt ergibt aus den diesbezüglich Glaubwürdigen Angaben des Berufungswerbers, die vom genannten Zeugen bestätigt wurden und überdies durch die in der Verhandlung vorgelegten Fotos belegt werden konnten.

1.3.2. Die getroffenen Feststellungen zum Herkunftsland des Berufungswerbers gründen auf den Bundesasylamt und den Berufungswerbern zur Stellungnahme dargetanen Länderdokumenten. Da die Berichte auf verschiedenen, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Situationsdarstellungen zu zweifeln. Festgehalten wird weiters, dass keine der beiden Verfahrensparteien diesen Feststellungen entgegengetreten ist.

3. Rechtlich folgt daraus:

3.1.1. Das gegenständliche Verfahren ist gemäß Paragraph 75, Absatz eins, erster Satz Asylgesetz 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,, nach den Bestimmungen des AsylG 1997 - hier gemäß Paragraph 44, Absatz eins, AsylG 1997 in der Fassung der AsylG-Novelle 2003 - zu Ende zu führen. Gemäß Paragraph 44, Absatz eins, AsylG werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetztes 1997, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 76 aus 1997, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 126 aus 2002, geführt. Nach Absatz 3, dieser Bestimmung sind die Paragraphen 8,, 15, 22, 23 Absatz 3,, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 101 aus 2003, auch auf Verfahren gemäß Absatz eins, anzuwenden.

3.1.2. Der im Berufungsfall zu beurteilende Asylantrag wurde vor dem 1. Mai 2004 gestellt. Das gegenständliche Berufungsverfahren wird daher grundsätzlich nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 126 aus 2002, geführt.

3.2.1. Gemäß Paragraph 7, AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK droht und keiner der in Artikel eins, Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK in der Fassung des Artikel eins, Absatz 2, des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge Bundesgesetzblatt 78 aus 1974,) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist vergleiche zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse vergleiche VwGH 18.4.1996, 95/20/0239; vergleiche auch VwGH 16.2.2000, 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.6.1994, 94/19/0183; 18.2.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe vergleiche VwGH 9.3.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).

Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch die Gewährung von Asyl vergleiche zB VwGH 24.3.1999, 98/01/0352 mwN; 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Fluchtalternative" innewohnt, setzt aber voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche VwGH 28.3.1995, 95/19/0041; 27.6.1995, 94/20/0836; 23.7.1999, 99/20/0208; 21.9.2000, 99/20/0373; 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 12.9.2002, 99/20/0505; 17.9.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann dem Staat zuzurechnen, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist; dies kann vielmehr auch dann der Fall sein, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären.

Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat vergleiche VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, 99/20/0509). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In beiden Fällen ist es ihm nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen vergleiche VwGH 22.3.2000, 99/01/0256).

3.2.2. Es ist dem Berufungswerber gelungen, Verfolgung iSd GFK glaubhaft zu machen:

Dabei kann dabei sowohl dahingestellt bleiben, ob der Berufungswerber - wie von ihm vorgebracht - staatenlos oder aber syrischer Staatsbürger ist, als auch, ob das Vorbringen, das er zu den Gründen, weshalb er Syrien verlassen hat, zutreffend sind:

Denn aus den unter Punkt 1.1 getroffenen Feststellungen ergibt sich im Zusammenhalt mit jenen zu den "Rückkehrerfragen", dass der Berufungswerber mit der hier maßgeblichen Wahrscheinlichkeit Gefahr läuft, wegen seiner exilpolitischen Aktivitäten in Österreich nach einer Rückkehr nach Syrien (das jedenfalls als sein Herkunftsstaat zu qualifizieren ist) staatlicher Verfolgung von hinreichender Intensität ausgesetzt zu sein.

3.2.3. Es ist daher im vorliegenden Fall objektiv nachvollziehbar, dass der Berufungswerber aus Furcht vor ungerechtfertigten Eingriffen von erheblicher Intensität aus den in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK genannten Gründen nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes seines Herkunftsstaates zu bedienen. Da im Verfahren überdies weder Ausschluss- noch Endigungsgründe iSd Artikel eins, Abschnitt C oder F der GFK hervorgekommen sind, war spruchgemäß zu entscheiden. Gemäß Paragraph 12, AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

3.2.4 Gemäß Paragraph 12, AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

3.2.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.