Entscheidende Behörde

Unabhängiger Bundesasylsenat

Entscheidungsdatum

16.07.2002

Geschäftszahl

216.625/0-X/30/00

Spruch

BESCHEID

SPRUCH

Der unabhängige Bundesasylsenat hat durch das Mitglied Mag. BRAUCHART gemäß Paragraph 66, Absatz , AVG in Verbindung mit Paragraph 38, Absatz , des Asylgesetzes 1997, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 76 aus 1997, (AsylG) in der Fassung Nr. 82/2001, entschieden:

In Erledigung der Berufung von römisch eins. römisch eins. vom 26.4.2000 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 7.4.2000, Zahl: 98 09.436-BAT, wird der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass römisch eins. römisch eins. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 1.1.2004 erteilt wird.

Text

BEGRÜNDUNG

römisch eins.1. Der Asylantrag des Berufungswerbers vom 30.09.1998 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.12.1998, Zahl: 98 09.436-BAT, gemäß Paragraph 7, AsylG abgewiesen. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien gemäß Paragraph 8, AsylG nicht zulässig ist. Mit Bescheid des Bundesasylamtes 8.2.1999, Zahl: 98 09.436-BAT/§15, wurde dem Berufungswerber gemäß Paragraph 15, Absatz eins, in Verbindung mit 15 Absatz 3, AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 5.7.1999 erteilt. Mit Bescheid des Bundesasylamtes 19.08.1999, Zahl: 98 09.436-BAT/§15, wurde dem Berufungswerber in weiterer Folge gemäß Paragraph 15, Absatz eins, in Verbindung mit 15 Absatz 3, AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 5.1.2000 erteilt. Mit Bescheid des Bundesasylamtes 17.1.2000, Zahl: 98 09.436-BAT/§15, wurde dem Berufungswerber gemäß Paragraph 15, Absatz eins, in Verbindung mit 15 Absatz 3, AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 5.4.2000 erteilt.

Der Antrag des Berufungswerbers auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung vom 4.4.2000 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 7.4.2000, Zahl: 98 09.436-BAT, gemäß Paragraph 15, Absatz 3, AsylG abgewiesen und "e contrario zu Paragraph 8, AsylG" festgestellt, "dass eine Abschiebung in die BR Jugoslawien, Provinz Kosovo, zulässig" sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung vom 26.4.2000.

2. Am 28.6.2001 fand beim unabhängigen Bundesasylsenat eine öffentliche Berufungsverhandlung statt, an welcher sich der Berufungswerber, nicht jedoch das Bundesasylamt beteiligte.

römisch II. Der unabhängige Bundesasylsenat hat erwogen:

1. Folgender Sachverhalt steht fest:

1.1. Die Berufungswerber ist Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien, albanischer Volksgruppenzugehörigkeit und stammt aus G., Kosovo.

Der Berufungswerber wurde am 00.00.2000 wegen eines Gehirnabszesses im AKH Wien operiert. Am 00.00.2000 wurde er wegen einer Mucocele neuerlich operiert und antimikrobiell chemotherapeutisch behandelt. Eine antiepileptische Prophylaxe wurde eingeleitet, welche vom Berufungswerber auch befolgt wird. Derzeit liegen beim Berufungswerber keine neurologisch objektivierbaren Ausfälle vor, doch ist das Auftreten epileptischer Anfälle in Zukunft aufgrund des operierten Gehirnabszesses nicht auszuschließen. Prinzipiell ist das Auftreten einer sogenannten "Spätepilepsie" jederzeit, auch nach 10 Jahren noch möglich, jedoch in den ersten 3-5 Jahren nach der Läsion am wahrscheinlichsten. Aus diesem Grund ist die Fortsetzung der antiepileptische Prophylaxe mit dem Medikament Epilan D sowie eine hochfrequente ärztliche Kontrolle in etwa sechswöchigen Abständen bis 2004 erforderlich. Danach sollte eine viertel- bis halbjährliche Überwachung bis 2006 und in weiterer Folge jährliche Kontrollen bis 2012 erfolgen. Diese Überwachung schließt Blutuntersuchungen, EEG und andere Hilfsbefunde ein.

1.2. Zur medizinischen Versorgung im Kosovo:

Laut KIP-Auskunft vom August 2001 gibt es in der Universitätsklinik Pristina nur eine für die Durchführung von Epilepsie-Behandlung qualifizierte Person. Die für die Nachsorge benötigten Apparate sind nicht funktionstüchtig, sodass eine Behandlung nicht garantiert werden kann. Laut KIP-Auskunft vom Oktober 2001 können in der neuropsychiatrischen Abteilung des klinischen Zentrums der Universtität Pristina bei Epilepsie (cerebrales Anfallsleiden) weder eine Nachfolgebehandlung noch Untersuchungen durchgeführt werden. Es gibt weder CT (Computertomografie) noch NMR (nukleare-magnetische Resonanz), die für die Behandlung notwendig wären. Auch sollte sich der Patient die Medikamente selber sichern, die sehr teuer sind. An der Universitätsklinik Pristina können grundsätzlich EEG´s gemacht werden, aber es gibt nur ein EEG in der Klinik, daher ist es oft in Gebrauch und die Untersuchungsergebnisse sind oft nicht korrekt. Das Gerät ist zudem sehr alt und häufig außer Betrieb.

2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus folgender Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person des Berufungswerbers und dessen Krankengeschichte gründen auf dem vorliegenden Akteninhalt, insbesondere den glaubwürdigen Aussagen des Berufungswerbers im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung sowie den vorgelegten Patientenbriefen des AKH Wien, Univ. Klinik für Neurochirogie, vom 3.8.2000 und vom 10.8.2000 (OZ 2), und den (nerven)ärztlichen Attesten der den Berufungswerber behandelnden Ärzte vom 20.6.2001 (OZ 5), vom 25.1.2002 (OZ 7), vom 22.5.2002 (OZ 9) und vom 8.7.2002 (OZ 12).

2.2. Die Feststellungen zur Behandlungsmöglichkeit von Epilepsie im Kosovo basieren auf dem Bericht des deutschen Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zur medizinischen Versorgung im Kosovo vom Dezember 2001, welcher in der Berufungsverhandlung erörtert wurde.

3. Rechtlich ist der festgestellt Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

3.1. Gemäß Paragraph 66, Absatz 4, AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

3.2. Paragraph 15, AsylG in der Fassung der Novelle Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 4 aus 1999, lautet:

"Befristete Aufenthaltsberechtigung

Paragraph 15, (1) Fremden, deren Asylantrag aus anderen Gründen als den Asylausschlussgründen (§13) rechtskräftig abgewiesen wurde und die sich ohne rechtmäßigen Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, wenn gemäß Paragraph 8, festgestellt wurde, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung unzulässig ist.

  1. Absatz 2Würden die Fremden die Berechtigung zum Aufenthalt mit der Abweisung des Antrages verlieren, so hat das Bundesasylamt die befristete Aufenthaltsberechtigung mit dieser Abweisung zu verbinden; fällt die Berechtigung zum Aufenthalt später weg, so kann sie dann erteilt werden. Verlieren die Fremden die Berechtigung zum Aufenthalt erst mit der Bestätigung der Abweisung, so hat der unabhängige Bundesasylsenat die befristete Aufenthaltsberechtigung mit dem Bescheid zu verbinden. Die Verlängerung solcher befristeter Aufenthaltsberechtigungen sowie deren Widerruf obliegt jedoch dem Bundesasylamt.

  1. Absatz 3Die befristete Aufenthaltsberechtigung ist für höchstens ein Jahr und nach der zweiten Verlängerung für jeweils höchstens drei Jahre zu bewilligen. Befristete Aufenthaltsberechtigungen sind mit Bescheid zu widerrufen, wenn den Fremden die Ausreise in den Herkunftsstaat zugemutet werden kann, oder wenn sie einen Asylausschließungsgrund (Paragraph 13,) verwirklichen.

  1. Absatz 4Befristete Aufenthaltsberechtigungen sind nicht zu erteilen oder mit Bescheid zu widerrufen, soweit den Fremden ein dauerndes Aufenthaltsrecht in einem sicheren Drittstaat gewährt wird."

Das Bundesasylamt hat dem Berufungswerber bereits drei Mal eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß Paragraph 15, AsylG erteilt (zuletzt bis zum 5.4.2000). Der angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes, mit welchem der Antrag des Berufungswerbers auf Verlängerung dieser befristeten Aufenthaltsberechtigung nun abgewiesen wurde, geht davon aus, dass aufgrund der politischen Änderungen im Kosovo dem Berufungswerber eine Rückkehr nun zugemutet werden könne. Dieser Beurteilung kann sich das hier entscheidende Mitglied des unabhängigen Bundesasylsenates jedoch aufgrund der Krankheitsgeschichte des Berufungswerbers und der notwendigen Nachsorge nicht anschließen:

Nach dem festgestellten Sachverhalt sind im Fall des Berufungswerbers - aufgrund der Operation eines Gehirnabszesses vor zwei Jahren - eine antiepileptische Prophylaxe mit dem Medikament Epilan D und regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen (bis 2004 in Abständen von ca. sechs Wochen) notwendig. Da nach dem festgestellten Sachverhalt die Behandlung von Epilepsie und die Nachsorge im Kosovo aber nicht garantiert werden kann und er sich auch die sehr teuren Medikamente selbst sichern müsste, kann dem Berufungswerber die Rückkehr derzeit nicht zugemutet werden.

Da sämtliche Voraussetzungen des Paragraph 15, AsylG vorliegen, es sich bereits um die dritte Verlängerung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung handelt und aufgrund der konkreten Krankheitsgeschichte des Berufungswerbers und der jedenfalls bis 2004 durchzuführenden hochfrequenten Kontrolle sowie der Situation im Kosovo, war die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß Paragraph 15, Absatz 3, AsylG bis zu dem im Spruch genannten Datum zu erteilen.

4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.