Gericht

Landesverwaltungsgericht Wien

Entscheidungsdatum

10.07.2018

Geschäftszahl

VGW-122/043/15412/2016; VGW-122/V/043/15413/2016; VGW-122/V/043/15414/2016; VGW-122/V/043/15415/2016; VGW-122/V/043/15416/2016; VGW-122/V/043/15417/2016; VGW-122/V/043/15418/2016; VGW-122/V/043/15419/2016; VGW-122/V/043/15420/2016; VGW-122/V/043/15421/2016; VGW-122/V/043/15422/2016; VGW-122/V/043/15423/2016

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag.a Kovar-Keri über die Beschwerde 1) des Herrn Mag. A. Ai., Wien, ..., 2) des Herrn Mag. Dr. M. C., Wien, ..., 3) der Frau U. N., Wien, ..., 4) der Frau E. Ei., Wien, ..., 5) des Herrn Ch. W., Wien, ..., 6) der Frau römisch eins. B., Wien, ..., 7) des Herrn Ma. B., Wien, ..., 8) der Frau römisch eins. R., Wien, ..., 9) der Frau EM. K., Wien, ..., 10) der Frau Sitzung Sc., Wien, ..., 11) des Herrn H. Sc., Wien, ..., und 12) des Herrn Mr. N., Wien, ..., alle vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 27.10.2016, Zahl ..., betreffend römisch eins. Genehmigung gemäß Paragraph 81, GewO und römisch II. Bescheidabänderung gemäß Paragraph 79 c, GewO 1994 der Betriebsanlage in Wien, ..., römisch zehn. Gesellschaft m.b.H.,

zu Recht erkannt:

römisch eins. Gemäß Paragraph 28, Absatz eins, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

römisch II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Paragraph 25 a, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133, Absatz 4, Bundesverfassungsgesetz – B-VG unzulässig.

 

Entscheidungsgründe:

 

Ad römisch eins.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 27. Oktober 2016, GZ ..., wurde der römisch zehn. Gesellschaft m.b.H. die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage in Wien, ..., durch umfangreiche Zu- und Umbaumaßnahmen samt neuer technischer Ausstattung erteilt.

 

Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingebrachte Beschwerde mit folgendem Wortlaut:

1.              Beschwerdegründe

Der angefochtene Bescheid wird vollumfänglich aus den Beschwerdegründen der inhaltlichen Rechtswidrigkeit sowie der Rechtswidrigkeit aufgrund Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften bekämpft. Konkret erachten sich die Bf in ihrem Recht auf Versagung der beantragten gewerberechtlichen Genehmigung (bzw auf Abweisung des Genehmigungsantrages) verletzt, da die Bf in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten (insbesondere Schutz vor unzumutbaren Belästigungen und Gesundheitsgefährdungen, die durch die mit der Errichtung und den Betrieb der verfahrensgegenständlichen Anlage verursachten Beeinträchtigungen durch Licht, Lärm, Geruch und Schadstoffe, Staub sowie Erschütterungen verbunden sind) verletzt werden. Weiters erachten sich die Bf in ihrem Recht auf Durchführung eines gesetzmäßigen Verfahrens verletzt.

2.              Zur Beschwerdelegitimation und Rechtzeitigkeit

2.1            Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurden die Einwendungen der Bf teilweise abgewiesen, zum Teil auch zurückgewiesen. Als Nachbarn, die ihre Parteistellung im gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren nicht verloren haben, sind die Bf legitimiert, die in der gegenständlichen Beschwerde unter Pkt 1. dargelegten Rechtsverletzungen geltend zu machen.

2.2            Die vorliegende Beschwerde wurde rechtzeitig erhoben: Der angefochtene Bescheid wurde den Bf am 8.11.2016 zugestellt, die Beschwerdefrist endet demnach am 6.12.2016.

3.              Sachverhalt

3.1            Mit Schriftsatz vom 4.12.2015 wurde von der mP der Antrag auf Erteilung einer gewerberechtlichen Änderungsgenehmigung im Hinblick auf ihre Betriebsanlage, dem X., gestellt. Dabei handelt es sich um einen völligen Neubau nach Totalabriss des Altbestandes sowie um eine (widmungswidrige) Erweiterung der Betriebsanlage auf Flächen, die ihr bisher nicht zuzurechnen waren (vergrößert wurden sowohl die bebaute Fläche als auch die Freibereiche).

3.2            Im Zuge der ersten mündlichen Verhandlung am 25.1.2016 haben die zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtsfreundlich vertretenen Nachbarn Einwendungen erhoben und die ASV zahlreiche Projektergänzungen nachgefordert. Dies führte zu einem Verbesserungsauftrag und der Vertagung der Verhandlung.

3.3            Am 17.2.2016 hat die rechtsfreundliche Vertretung der Bf Vollmacht gelegt und unter Hinweis auf den Grundsatz der Einheit der Verhandlung weitere Einwendungen erhoben.

3.4            Nachdem die mP zu diesem Zeitpunkt bereits trotz fehlender gewerberechtlicher Genehmigung mit der Errichtung des Vorhabens begonnen hat, wurde mit Schriftsatz vom 22.2.2016 eine Sachverhaltsdarstellung an die belangte Behörde mit der Anregung übermittelt, gewerbepolizeiliche Maßnahmen zu setzen. Die rechtswidrige Bauführung wurde schließlich (nach mehrfacher Urgenz seitens der Bf) mit Verfahrensanordnung vom 4.4.2016 und schließlich auch mit Maßnahmenbescheid vom 15.4.2016 untersagt. 

3.5            Mit Schriftsatz der mP vom 15.3.2016 wurden verbesserte Projektunterlagen vorgelegt und der ursprüngliche Genehmigungsantrag vom 4.12.2015 ausgedehnt.

3.6            Am 13.4.2016 fand eine zweite mündliche Verhandlung statt. Im Zuge dieser Verhandlung haben die Bf zunächst vorgebracht, dass der Genehmigungsantrag ausgedehnt wurde und somit keine Präklusionsfolgen eintreten können. Weiters wurde ein umfangreiches inhaltliches Vorbringen zu den nachgebesserten Unterlagen erstattet und - auch von den involvierten ASV - weiterer Nachbesserungsbedarf aufgezeigt. Daher wurde der mP ein weiteres Mal ein Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs 3 AVG erteilt und die Verhandlung wieder vertagt.

3.7            Nach Vorlage neuerlich verbesserter Einreichunterlagen und Übermittlung einer konsolidierten Betriebsanlagenbeschreibung mit Schriftsatz der mP vom 22.6.2016 (frühestens zu diesem Zeitpunkt lag ein vollständiger Genehmigungsantrag vor, mit dem die gesetzliche Entscheidungsfrist zu laufen beginnen konnte) wurde die Verhandlung am 17.6.2016 fortgesetzt. Dort legten die Bf eine geruchstechnische Stellungnahme von DI El. vom 6.6.2016, ..., vor, die vom ASV jedoch inhaltlich überhaupt nicht behandelt wurde. Nachdem in Bezug auf die Einreichunterlagen weiterer Ergänzungsbedarf durch den lärmtechnischen und den humanmedizinischen ASV aufgezeigt wurde, waren weitere Nachreichungen der mP erforderlich.

3.8            Mit Anschreiben der Behörde vom 1.8.2016 wurden die Bf im Wege des Parteiengehörs über die weiteren Ergebnisse der Beweisaufnahme mit der Möglichkeit, dazu innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen, verständigt und die von der belangten Behörde eingeholten Gutachten übermittelt.

3.9            Innerhalb offener Frist erstatteten die Bf mit Schriftsatz vom 16.8.2016 eine umfangreiche Stellungnahme, der ua ein (weiteres) geruch- und luftreinhaltetechnisches Gutachten von Ing. Sch. vom 12.8.2016 sowie ein schalltechnischer Messbericht der Nu. GmbH vom 22.6.2016, …, beigefügt wurde. Diese fachlichen Ausführungen untermauerten das Vorbringen der Bf, wonach bspw der Ist-Zustand (Lärm) unrichtig erhoben wurde. Weiters wurde (mit näherer Begründung) ein weiteres Mal dargelegt, dass von einer deutlich höheren Geruchsbelastung auszugehen ist und daher die ohnehin unbegründeten Annahmen des ASV, der sich ausschließlich auf die ebenfalls nicht erörterten Daten der mP bezieht, nicht zutreffen.

3.10          Anfang September 2016 erkundigte sich die rechtsfreundliche Vertretung bei der zuständigen Sachbearbeiterin fernmündlich über den Stand der Dinge. Im Zuge des Telefonats wurde ihr mitgeteilt, dass die eingebrachten Stellungnahmen bereits den ASV zur Bearbeitung übermittelt wurden und nach Erstellung dieser ergänzenden Ausführungen ein weiteres Parteiengehör stattfinden wird. Im Zuge des Telefonats wurde insbesondere auch das Erk des VwGH vom 28.7.2016, 2013/07/0078, angesprochen, dem Folgendes zu entnehmen ist:

„Gemäß Paragraph 45, Absatz 3, AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Dem Parteiengehör unterliegt nicht nur eine von der Behörde getroffene Auswahl jener Ergebnisse des Beweisverfahrens, welche die Behörde zur Untermauerung der von ihr getroffenen Tatsachenfeststellungen für erforderlich hält, sondern der gesamte Inhalt der Ergebnisse der Beweisaufnahme. Auch Stellungnahmen von Sachverständigen, auf die sich die Behörde in der Begründung des Bescheides maßgeblich stützt, stellen ein Gutachten dar und damit ein Beweismittel, das gemäß Paragraph 45, Absatz 3, AVG dem Parteiengehör zu unterziehen ist. Daran ändert die Auffassung der Behörde, in diesen Stellungnahmen sei die bisherige Beurteilung bestätigt worden, ohne dass neue Sachverhaltselemente hervorgekommen seien, nichts, wenn sich die Behörde entscheidend auf dieses Beweismittel gestützt hat vergleiche hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2014, 2012/11/0131)."

3.11          Obwohl ein weiteres Parteiengehör zugesagt und ein solches aufgrund der bereits zitierten Judikatur erforderlich gewesen wäre (die belangte Behörde stützt ihren Bescheid insbesondere auch auf die ergänzenden Stellungnahmen der ASV), wurde den Bf am 8.11.2016 der nunmehr angefochtene Genehmigungsbescheid zugestellt (dass die Bauarbeiten am X. bereits am 7.11.2016 fortgeführt wurden und die mP offenbar früher über den Ausgang des Verfahrens informiert wurde, sei an dieser Stelle der Vollständigkeit halber erwähnt).

                 

 Die ergänzenden Stellungnahmen der MA 36-A vom 31.8.2016, der MA 22 - Lärm vom 12.9.2016, und der MA 22 - EMIL vom 5.10.2016, auf die sich der angefochtene Bescheid ausdrücklich stützt wurden den Bf erst mit der Zustellung des angefochtenen Bescheides zur Kenntnis gebracht.

4.                 Zurückverweisung gemäß Paragraph 28, Absatz 3, VwGVG

4.1                Zwar haben die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden (Primat der Sachentscheidung), allerdings gehen die Bf im vorliegenden Fall davon aus, dass der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs 3 VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückzuverweisen ist: Denn die belangte Behörde hat sowohl im Hinblick auf die schalltechnische, als auch die luftreinhalte- und geruchstechnische Beurteilung Ermittlungen unterlassen bzw bloß ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt, obwohl die Bf in ihren Stellungnahmen vom 13.4.2016 und 16.8.2016 zahlreiche Ermittlungslücken aufgezeigt und diese auch fachlich untermauert haben.

4.2                Diese Ermittlungslücken konnten (besser: wollten) bis zuletzt nicht geschlossen werden. Hinzu kommt, dass die überhastete (rechtswidrige) Vorgangsweise der belangten Behörde (Erlassung des Bescheides ohne weiteres Parteiengehör) ausschließlich der mP zugute kam, die die untersagte rechtswidrige Bauführung mit Bescheidzustellung wieder fortsetzen konnte und in weiter Folge vom Betriebsrecht nach § 78 Abs 1 GewO 1994 profitiert.

4.3                Dass am Ende des behördlichen Verfahrens grobe Ermittlungslücken bestehen, liegt wohl auch daran, dass den ASV keine konkreten Beweisthemen vorgegeben wurden. Ganz im Gegenteil: Die Gutachtensaufträge der belangten Behörde vom 24.8.2016 laufen auf unzulässige Erkundungsbeweise hinaus. In diesem Zusammenhang ist auf die Entscheidung des OGH vom 23.1.2014, 12 Os 90/13x, zu verweisen, wonach - umgelegt auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren - Sachverständige, die im behördlichen Verfahren ohne konkretes Beweisthema einen Erkundungsbeweis geführt haben, vom Verwaltungsgericht nicht mehr beigezogen werden dürfen.

4.4                Weiters ist nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde keine weiteren Ermittlungsschritte zur Ist-Situation (Grundbelastung) veranlasst hat, obwohl der ASV in seiner (nicht dem Parteiengehör unterzogenen) ergänzenden Stellungnahme in Bezug auf den schalltechnischen Messbericht der Nu. GmbH vom 22.6.2016, …, ausgeführt hat, dass wenigstens das Herausfiltern des Presslufthammers zulässig war. Die belangte Behörde hätte daher jedenfalls feststellen müssen, wie sich dieses Herausrechnen auf die Umgebungssituation ausgewirkt hätte. Der beiliegenden Stellungnahme der Nu. GmbH vom 22.11.2016, …, ist nun zu entnehmen, dass sich selbst bei Berücksichtigung der vom ASV vorgebrachten Bedenken keine merkliche Änderung der Situation ergibt (./1). Unter Hinweis auf die Messung der Nu. GmbH ist somit (wie die Bf bereits in ihrer Stellungnahme vom 16.8.2016 dargelegt haben) davon auszugehen, dass die Grundbelastung deutlich niedriger ist, als dies im Verfahren angenommen wurde. Im Ergebnis wird daher der planungstechnische Grundsatz nicht eingehalten und werden unzumutbaren Lärmbelästigungen auftreten.

4.5                Ähnliches gilt für die Ausführungen des luftreinhaltetechnischen ASV, der sich über weite Strecken nicht mit der - auf gleicher fachlicher Ebene - vorgebrachten Kritik von DI El. und Ing. Sch. auseinandergesetzt hat (vgl dazu auch die beiliegende Stellungnahme von Ing. Sch. vom 5.10.2016; ./2).

4.6                Nachdem die vorliegenden (ergänzten) Gutachten nicht als Entscheidungsgrundlagen für die Beurteilung, ob die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind, ausgereicht haben und dies für die Behörde erkennbar war, wäre es zwingend erforderlich gewesen, zur Klärung der unzureichend beantworteten Fachfragen die sachverständigen Entscheidungsgrundlagen zu ergänzen bzw gegebenenfalls weitere Gutachten einzuholen.

4.7                Diese erforderlichen Ermittlungsschritte wurden - offenbar nicht zuletzt aufgrund der Interventionen der mP - nicht mehr gesetzt und damit das Verfahren unter Missachtung der Verfahrensvorschriften sowie der (mitgeteilten) Judikatur des VwGH abgeschlossen.

                    

 Vor diesem Hintergrund gehen die Bf im gegenständlichen Fall davon aus, dass die Voraussetzungen des Paragraph 28, Absatz 3, VwGVG vorliegen.

5.                 Zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit

5.1                Unzumutbare Belästigung bzw Gesundheitsgefährdung der Bf durch Lärm

5.1.1            Zunächst möchten die Bf darauf hinweisen, dass das nachstehende Vorbringen bereits im Verwaltungsverfahren erstattet, jedoch von der belangten Behörde nicht gewürdigt wurde.

5.1.2            Insbesondere wurde vorgebracht, dass die schließlich von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid übernommene Rechtsauffassung der mP, wonach dieser ein Einwirkmaß, das der schalltechnischen Untersuchung der J. GmbH, April 2014, GZ ..., zu entnehmen sei, rechtskräftig genehmigt wurde und im Zusammenhang mit der verfahrensgegenständlichen Änderung ausschließlich die Frage relevant sei, wie sich die Änderung auf dieses genehmigte Einwirkmaß auswirken würde, unzutreffend ist. Dies aus nachstehenden Gründen:

-  Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH sind die Genehmigungsvoraussetzungen des § 81 GewO 1994 keine anderen als jene, an die die GewO 1994 in § 77 die Errichtung und den Betrieb einer Anlage knüpft. Somit ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Belästigungen ausschließlich auf die durch die Änderung der Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse abzustellen.

                    

-  Daher hätte die mP zunächst im Zuge der Planungsphase - vor Rückbau des Altbestandes und Umsetzung der verfahrensgegenständlichen Änderung - den Ist-Zustand bei aufrechtem Anlagenbetrieb erheben müssen. Denn nach der gefestigten Judikatur ist der Durchführung von Messungen der Vorrang vor lärmtechnischen Berechnungen einzuräumen.

 In diesem Zusammenhang ist zudem darauf hinzuweisen, dass die dem Verfahren zugrunde gelegte (zwei Jahre alte) Erhebung der Grundbelastung (sie erfolgte am 31.3.2014 und 1.4.2014) durchgeführt wurde, als Bauarbeiten die örtlichen Verhältnisse stark beeinflusst haben. Von einer repräsentativen Messung kann somit keine Rede sein. Ferner soll der Anlagenbetrieb am Wochenende stattfinden, sodass eine Messung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse zwingend auch am Wochenende (die erfahrungsgemäß niedrigere Ergebnisse auswirft und damit für die Ermittlung der für die Bf relevanten worst case Belastung relevant ist) zu erfolgen hat. Eine solche Messung wurde nicht durchgeführt.

-  Dass diese Messungen aufgrund des rechtswidrigen Verhaltens der mP (Durchführung nicht genehmigter, jedoch genehmigungspflichtiger Umbauarbeiten) mangels vorhandener Betriebsanlage unstrittig nicht mehr möglich sind, darf nun nicht dazu führen, dass bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit der verfahrensgegenständlichen Änderung auf einen Betriebszustand abgestellt wird, der über den tatsächlichen örtlichen Verhältnisse liegt.

        -       Nachdem der schalltechnischen Untersuchung der J. GmbH, April 2014, GZ ..., jene Situation zugrunde zu legen war, die für die Nachbarn am ungünstigsten ist („Maximalbelastung“), können aus dieser Untersuchung keine (direkten) Rückschlüsse auf die (maßgeblichen) tatsächlichen örtlichen Verhältnisse getroffen werden. Mit anderen Worten: Die (rechtlich ohnehin nicht verbindliche) rechnerische Maximalbelastung ist nicht mit der Mitbestimmung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse gleichzusetzen.

        -       Schließlich ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass sich die gegenständliche Änderung auf Grundstücksteile bezieht, die von der ehemaligen Betriebsanlage nicht betroffen waren. Dadurch kommt es (widmungswidrig) zu einer massiven Vergrößerung der für die Betriebsanlage benötigten Fläche. Insbesondere zur Liegenschaft des Zweitbeschwerdeführers findet ein massiver Ausbau statt, der mit einer Zunahme von Immissionen verbunden sein wird. Aber auch in Richtung … wären bei rechtskräftiger Genehmigung der Änderung Emissionen zu erwarten, die bislang (aufgrund der vorhandenen Flächenwidmung) schlicht nicht vorhanden waren und insbesondere bei Berücksichtigung von aktuellen Messungen der Bf zu unzumutbaren Belästigungen führen würden (die in der Stellungnahme von Ing. AW. vom 11.7.2016, MA 22 - ..., Seite 3, angeführten Schallpegelmessungen entsprechen nach wie vor nicht der ÖNORM S 5004, da bspw keine Angaben in Bezug auf das Messgerät gemacht wurden).

Nachdem die belangte Behörde davon ausging, dass sich die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse aus der schalltechnischen Untersuchung der J. GmbH, April 2014, GZ ..., ableiten lassen, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet (sekundärer Verfahrensmangel).

5.1.3            In Bezug auf die Zu- und Ablieferung wird von der belangten Behörde festgehalten, dass sich diese antragsgemäß nicht verändern werden und daher nicht zu betrachten wären. Dieser Auffassung ist aus rechtlicher Sicht zwar grundsätzlich zuzustimmen, allerdings widerspricht sie der Lebenserfahrung und dem tatsächlichen Betrieb: Es bedarf keines Beweises (§ 45 Abs 1 AVG), dass eine Vergrößerung der Betriebsanlage (179 zusätzliche Verabreichungsplätze) und eine Ausdehnung der Öffnungszeiten in die Morgenstunden zu einer Erhöhung der Verkehrsbewegungen führt. Weiters werden von der mP in Bezug auf den Bestand bloß Annahmen getroffen, die nicht näher spezifiziert werden. Die belangte Behörde kann daher überhaupt nicht beurteilen, ob sich Fahrbewegungen verändern und wie sich die Emissionen auf die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auswirken.

 Auf diesen Umstand haben die Bf bereits in ihrer Stellungnahme vom 16.8.2016 hingewiesen und dort festgehalten, dass weder dem Antrag noch der konsolidierten Betriebsbeschreibung (verbindliche) konkrete Angaben über den Anlieferungsvorgang (zB Standzeit des jeweiligen LKW, Standort des LKW etc) zu entnehmen sind. Dies war für die Bf insoweit überraschend, als die mP im Zuge der mündlichen Verhandlung zugesichert hat, ein Anlieferungskonzept auszuarbeiten (ein solches Logistikkonzept ist aus der Sicht der Bf aufgrund der beengten Platz- Verhältnisse im Anlieferungsbereich und der fehlenden Ladezone vor der Betriebsanlage unumgänglich). Vorgelegt wurde das Konzept jedoch nicht.

 Nachdem der Zu- und Abtransport unbestritten ein wesentliches Betriebsgeschehen darstellt und mit ihm nicht nur unerhebliche Emissionen verbunden sind, wird von der mP gemäß Paragraph 353, Ziffer eins, Litera a, bzw Ziffer 2, Litera a, GewO 1994 ein entsprechendes Anlieferungs- und Abtransportkonzept vorzulegen sein.

 

In diesem Zusammenhang ist abschließend auf Seite 10 der Schalluntersuchung der Ro. GmbH vom 3.5.2016 hinzuweisen. Dort wird ausgeführt, dass „sämtliche projektbedingten Kfz-Fahrten ausschließlich auf öffentlichem Gut [stattfinden]. Die Kfz-Fahrten werden daher in der gegenständlichen Untersuchung nicht berücksichtigt." Inhaltsgleiche Ausführungen finden sich auf den Seiten 20 und 26 der Schalluntersuchung. Diese Annahme widerspricht der Judikatur des VwGH, der in seinem Erk vom 26.4.2000, 99/04/0194, Folgendes festgehalten hat:

„Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, ist zwischen Betriebsanlagen im Sinne des Paragraph 74, Absatz eins, GewO 1994 und Straßen mit öffentlichem Verkehr im Sinne des Paragraph eins, Absatz eins, StVO grundsätzlich zu unterscheiden. Dies schließt - sofern es sich nicht um ein Verhalten von Kunden handelt, das gemäß Paragraph 74, Absatz 3, GewO 1994 der Betriebsanlage nur dann zuzurechnen ist, wenn es ‚in der Betriebsanlage' stattfindet - zwar nicht aus, dass die Eignung einer ,örtlich gebundenen Einrichtung', die Nachbarn zu belästigen, in Vorgängen liegen kann, die sich zwar außerhalb, aber im engeren örtlichen Bereich der Betriebsanlage abspielen. Solche Vorgänge sind aber gegenüber dem Verkehr auf öffentlichen Straßen in der Weise abzugrenzen, dass zwar das wesentlich zum Betriebsgeschehen in einer Betriebsanlage gehörende Zufahren zu dieser und das Wegfahren von dieser, nicht jedoch das bloße Vorbeifahren auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr dem einer Betriebsanlage zugehörenden Geschehen zuzurechnen ist vergleiche z. B. das hg. Erkenntnis vom 14. April 1999, Zl. 98/04/0225)."

Wesentliche zum Betriebsgeschehen gehörende Zu- und Abfahren sind somit - entgegen der vom Sachverständigen vertretenen Rechtsansicht - auch dann der Betriebsanlage zuzurechnen, wenn sie auf öffentlichen Straßen stattfinden. Nachdem solche Fahrten nicht berücksichtigt wurden, ist die Schalluntersuchung unvollständig und folglich fehlerhaft (diese rechtliche Beurteilung bezieht sich auch auf die - ohnehin nicht dargelegten - Auswirkungen der genehmigten Anlage auf die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse).

5.1.4            Zu den baurechtlich verbindlich (bescheidförmig)vorgeschriebenen, im gegenständlichen Verfahren jedoch nicht vorgesehenen bzw berücksichtigten, Pflichtstellplätzen führt die belangte Behörde aus, dass diesbezüglich kein subjektiv-öffentliches Recht der Bf bestehe. Dies ist insoweit unrichtig, als mit der Stellplatzbenützung Emissionen (insbesondere Schall, Geruch, Staub) verbunden sind, die ohne Zweifel Gegenstand des Verfahrens sind. Die Einwendungen wären daher nicht als unzulässig zurückzuweisen, sondern inhaltlich zu behandeln gewesen.

5.1.5            Unverständlich und unschlüssig sind schließlich die Ausführungen des lärmtechnischen ASV sowie der belangten Behörde, wonach für die verschiedenen Gastgartenbereiche unterschiedliche Schallemissionen bzw unterschiedliche Gästeverhalten anzusetzen sind. Insoweit haben die Bf bereits in ihrer Stellungnahme vom 13.4.2016, Seite 7, ausgeführt, dass für die Schallemissionen der Gastgärten aufgrund des Restaurantkonzeptes generell die Kategorie III nach der ÖNORM S 5012 („angeregte Unterhaltung mit Lachen, Gästegruppen, zB Biergarten, Heuriger, Buschenschank") anzusetzen ist (LW.A.IP: 71 dB, Lw.A,Recha: 102 dB).

 In der Schalluntersuchung der Ro. GmbH vom 3.5.2016, wurde diesem Vorbringen insoweit Rechnung getragen, als für den neu geplanten Gastgarten (Biergarten) an der … tatsächlich die Kategorie römisch III angesetzt, für die anderen Gastgärten aber weiterhin mit der Kategorie römisch II gerechnet wurde.

Fachlich begründet wird diese Differenzierung mit keinem Wort; sie ist auch nicht schlüssig: Schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass sich das Gästeverhalten keinem Gastgarten zuordnen lässt. Vielmehr ist - der ÖNORM S 5012 folgend, die ua von „Heuriger“ und „Buschenschank“ spricht - ohne weitere Unterscheidung auf das jeweilige Lokal bzw den jeweiligen Lokaltyp abzustellen.

Aufgrund des Restaurantkonzeptes (hervorzuheben sind insbesondere Spareribs und Bier sowie die damit verbundene Biergartenatmosphäre; vergleiche dazu den bereits mit Schriftsatz vom 16.8.2016 vorgelegten Auszug) und der Erfahrungen in der Vergangenheit (siehe dazu die ebenfalls mit Schriftsatz vom 16.8.2016 vorgelegten Lichtbilder, wonach die - abgerissene - Betriebsanlage gerne von Bussen bzw Reisegruppen besucht wurde) ist nicht ernsthaft in Zweifel zu ziehen, dass alle Gastgarten- bzw Freiluftflächen der Kategorie römisch III zuzuordnen sind.

Ob manche Bereiche früher - bspw in der schalltechnischen Untersuchung der J. GmbH, April 2014, GZ ... - der Kategorie römisch II zugerechnet wurden, ist für das gegenständliche Verfahren ohne Bedeutung, da ein bestimmtes Gästeverhalten im Bestand nicht Gegenstand der genehmigten Betriebsanlage war.

Ohne nähere Begründung kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass „leise“ Gäste in den bereits bestehenden Gastgartenflächen, namentlich am F., der ...terrasse und der (im Altbestand überdachten, daher lärmdämmenden) ...terrasse Platz nehmen, während „lauten“ Gästen der neue Gastgarten zugewiesen wird. Auch kann nicht nachdrücklich behauptet werden, dass bei gleicher Bedienung und gleichem Getränke- und Speisenangebot (insbesondere Spareribs und Bier) unterschiedliches Gästeverhalten in den verschiedenen Gastgartenflächen anzunehmen ist.

Hinzu kommt, dass die Gastgarten- bzw Freiluftflächen am F., der ...terrasse und der ...terrasse in Summe 425 Gäste aufnehmen können; der Gastgarten an der ... dagegen bloß 80 Gästen Platz bieten soll. Es ist aufgrund der skizzierten Rahmenbedingungen auszuschließen, dass auf 425 „leise" Gäste 80 „laute“ Gäste fallen. Tatsächlich wird sich ein Großteil der Lokalbesucher iSd ÖNORM S 5012 angeregt unterhalten und lachen (dies war bereits im Altbestand so und wird sich auch im neuen Gastgarten, der überdies im Erholungsgebiet liegt, nicht ändern).

Daher ist für alle Gastgartenflächen die Kategorie römisch III anzusetzen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Kategorie römisch II eingehalten wird.

5.1.6        Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass das Abfallwirtschaftskonzept von unschlüssigen Annahmen ausgeht: Dort wird bspw ausgeführt, dass im Sommer (Hauptsaison) bloß 500 - 900 abgegebene Tagesportionen zu erwarten sind. Bei 795 Sitzplätzen und einem Küchenvollbetrieb von 11:00 Uhr bis 22:00 Uhr wird jedoch schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung von einer deutlich höheren Anzahl an Tagesportionen auszugehen sein.

Aber auch folgende Tatsache spricht für die Unschlüssigkeit des Abfallwirtschaftskonzeptes: Das Vorhaben wurde im Verfahrensverlauf mehrfach in nicht unwesentlichen Punkten (bspw Verringerung der Anzahl der Verabreichungsplätze, Ausdehnung der Betriebszeiten in die Morgenstunden) verändert, das Abfallwirtschaftskonzept jedoch niemals an diese Veränderungen angepasst. Eine Erklärung dafür findet sich nicht.

Die Bf gehen davon aus, dass bei einer realistischen Annahme häufigere Warenanlieferungen und Abfalltransporte und damit höhere Emissionen anzusetzen sind, sodass die vorliegende Schalluntersuchung der Ro. GmbH vom 3.5.2016 das tatsächliche Betriebsgeschehen nur unzureichend abbildet.

5.1.7        Zusammenfassend ist festzustellen, dass die belangte Behörde die maßgeblichen tatsächlichen örtlichen Verhältnisse als Bezugsgröße für die Genehmigung der Änderung nicht ermittelt hat. Andererseits sind die vorhandenen Gutachten widersprüchlich sowie unvollständig und liegen ihnen unrichtige Messergebnisse und Rechtsansichten zugrunde.

5.2            Unzumutbare Belästigung bzw Gesundheitsgefährdung der Bf durch Luftschadstoffe, insbesondere Geruch

5.2.1        Die Bf haben bereits in ihrer Stellungnahme vom 13.4.2016 darauf hingewiesen, dass in der Geruchsuntersuchung

                 -         die Vorbelastung nicht berücksichtigt wurde und dies dem Stand der Technik widersprechen würde, zumal „der Geruchsstundenanteil [...] nicht durch einen Emittenten allein ausgeschöpft werden darf“,

                 -          nicht dargelegt wurde, welche Auswirkungen die Änderung auf die bestehende Situation hat, und

                 -         ungeeignete Referenzküchen gewählt wurden.

5.2.2        Um dieses Vorbringen fachlich zu untermauern, haben die Bf die luftreinhalte- technische Stellungnahme von DI El. vom 6.6.2016, ..., vorgelegt. Dieser Stellungnahme ist - mit näherer Begründung - zu entnehmen, dass die „ausgewiesenen Geruchstoffkonzentrationen von 304 GE/m3 (...) bzw. 360 GE/m3 (...) im gegenständlichen Fall nicht repräsentativ sind und keinesfalls die zu erwartende Situation wiederspiegeln. [...] Unter dem Gesichtspunkt der um einen Faktor 10 zu gering angesetzten Geruchsemissionen resultieren auch zu geringe Geruchshäufigkeitsprognosen und eine nicht haltbare lufttechnische Geruchsbeurteilung.“ Weiters kommt der Sachverständige im Zusammenhang mit der Abluftreinigungsanlage zu dem Ergebnis, dass „der angenommene Minderungsgrad deutlich zu hoch angesetzt [ist] und wahrscheinlich nur in Kombination mit einer UV-Oxidation und Aktivkohleanlage erreicht werden [kann]. Wobei darauf hinzuweisen ist, dass mit dieser Kombination nur geringe Standzeiten (2-8 Wochen) zu erzielen sind. Zur wirksamen und dauerhaften Reinigung von geruchsbeladenen Rauchgasen kann nur eine thermische Nachverbrennungsanlage wie sie bei Räucheranlagen zum Einsatz gelangen, empfohlen werden.“

5.2.3           Zu diesen fachlichen Ausführungen von DI El. hat der ASV im Zuge der mündlichen Verhandlung am 17.6.2016 - ohne nähere Begründung - bloß festgestellt, dass „die im Projekt vorliegenden Emissionen in ihrer Größenordnung nachvollziehbar [sind]." Zur Wirksamkeit der Abluftreinigungsanlage finden sich überhaupt keine Ausführungen. Auch der vom ASV formulierte und von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid übernommene Auflagenvorschlag stellt nicht sicher, dass das Emissionsverhalten begrenzt wird; die Auflage dient bloß der Überprüfung, nicht unmittelbar dem Gesundheits- oder Belästigungsschutz.

5.2.4        Obwohl die Bf davon ausgingen (und immer noch davon ausgehen), dass bereits nach den begründeten Ausführungen von DI El. eine Genehmigung der Änderung ohne Nachbesserung der Einreichunterlagen bzw des Projektes nicht in Frage kommt, haben sie sich aus Vorsichtsgründen dazu entschlossen, eine weitere fachliche Stellungnahme von Ing. Sch. vom 12.8.2016 einzuholen. Unter Hinweis auf näher bezeichnete Fundstellen wird dort dargelegt, dass

                 -         „die bei den unterschiedlichsten Zubereitungsverfahren gemessenen Geruchsstoff-Emissionskonzentrationen beispielsweise im Bereich von 4200 bis 7100 Geruchseinheiten pro Kubikmeter (GE/m3) für das Grillen von Steaks und Burgern bzw. von 1500 bis 9000 GE/m3 in der Abluft eines ... Lokales [liegen]“ (in der Geruchsuntersuchung der Ro. GmbH vom 3.5.2016, Seite 20, wird von weit geringeren Werten - nämlich von bloß 304 GE/m3 bzw 360 GE/m3 ausgegangen),

                 -         in Bezug auf die Abgasanlage und Ozon-Abluftbehandlungsanlage wesentliche Auslegungsparameter und Angaben hinsichtlich der Vorreinigung der Abluftströme fehlen, sodass die emissionsmindernde Wirkung nicht (insbesondere auch nicht von einem SV) nachvollzogen werden kann,

                 -         „bei den Geruchsermittlungen festzustellen [ist], dass keine gezielte Recherche im Hinblick auf die plausible Größenordnung der Geruchsstoffemissionen, sei es in Form eines Emissionsfaktors oder einer Emissionskonzentration für die projektierte Grillküche mit Holzkohle samt Anfeuerungs-Feuerstätte vorgenommen wurde“ und „die Geruchsemissionen, welche der Ausbreitungsrechnung (Immissionsprognose) zugrunde gelegt wurden, als extrem niedrig angesehen werden und somit als unzutreffend für eine plausible Immissionsprognose bezeichnet werden“,

                 -         auch „bei der Ermittlung der Luftschadstoffparameter [...] lediglich von der Verbrennung von Holzkohle (ohne den Emissionsbeitrag des Grillgutes!) ausgegangen wurde. Dabei zeigt sich, dass bei Heranziehen von fachlich plausiblen Emissionsfaktoren nicht nur die Hauptluftschadstoffkomponenten (auch mit Aufteilung der Staubfraktionen!) zu betrachten, sondern auch medizinisch relevante Schadstoffparameter (z.B. Aldehyde, Aromaten wie Benzol) abzuschätzen gewesen wären",

                 

                    und

                    -       „in Anbetracht der wechselnden Betriebsbedingungen bei Anlagen zur Speisenbereitung [...] der Empfehlung von DI El. in der Stellungnahme vom 6.6.2016 (Einsatz einer „thermischen Nachverbrennungsanlage“) beigepflichtet werden [kann].“

5.2.5        In der ergänzenden Stellungnahme des ASV vom 5.10.2016 wurde - neuerlich ohne Hinweise auf einschlägige Fachberichte, Messungen etc - versucht, die Ausführungen von Ing. Sch. zu widerlegen. Dies ist nicht geglückt, teilweise verkennt der ASV die Stoßrichtung des fachlichen Vorbringens von Ing. Sch. (vgl dazu auch die beiliegende Stellungnahme von Ing. Sch. vom 5.10.2016; ./2), der seit über 30 Jahren als luftreinhaltetechnischer Sachverständige tätig ist (mit den Worten der belangten Behörde daher mehr Erfahrung als der ASV besitzt) und seine Auffassung auf zahlreiche Literaturhinweise stützen konnte bzw kann.

5.2.6        Nachdem die Aussagen von Sachverständigen grundsätzlich den gleichen verfahrensrechtlichen Beweiswert haben und demnach zwischen dem Gutachten eines ASV und dem eines Privatsachverständigen kein verfahrensrechtlicher Wertunterschied besteht, kommt es ausschließlich auf den inneren Wahrheitsgehalt der Gutachten an. Der Wert der Beweismittel muss somit ausschließlich nach ihrer Beweiskraft, dh nach der Schlüssigkeit der Aussagen, beurteilt werden. Demnach können innere Widersprüche, aber auch Widersprüche mit der allgemein anerkannten Literatur eines Fachgebiets ein Gutachten erschüttern.

Bereits vor diesem Hintergrund wäre im Rahmen der freien Beweiswürdigung den Ausführungen von DI El. und Ing. Sch. zu folgen (und im Ergebnis von einer unzumutbaren Belästigung auszugehen), da beide SV unter Hinweis auf einschlägige Literatur näher begründen, warum die Referenzküchen keinesfalls die zu erwartende Situation widerspiegeln und die Abluftreinigungsanlage nicht den angenommenen Geruchsminimierungsgrad erreicht (angemerkt sei an dieser Stelle auch, dass das Büro von DI El. einen Untersuchungsbefund über die Bestimmung der Geruchsstoff- und Ozonkonzentration erstellt hat, der der Geruchsuntersuchung der Ro. GmbH vom 3.5.2016 zugrunde liegt; DI El. ist also bestens über die angenommenen Referenzküchen informiert). Dagegen begründen weder der ASV noch die Ro. GmbH die Eignung der Referenzküchen; auch über die Wirksamkeit der Abluftreinigungsanlagen finden sich keine Ausführungen.

5.2.7        Schließlich hält Ing. Sch. (auch aus rechtlicher Sicht) zutreffend in seiner Stellungnahme vom 12.8.2016 fest, dass in einem allfälligen Genehmigungsbescheid höchstzulässige Emissionsgrenzwerte normativ festzusetzen sind (gleiches gilt für eine allfällige Bestätigung der behördlichen Entscheidung durch das VwG). Nur eine solche Nebenbestimmung stellt in geeigneter Weise sich, dass es weder zu Gesundheitsgefährdungen noch zu unzumutbaren Belästigungen kommt.

6.              Zur Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften

6.1            Mangelhafte Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts

6.1.1        Wie bereits oben unter Pkt 4. ausgeführt wurde, wurden - offenbar nicht zuletzt aufgrund der inhaltlich ohnehin ungerechtfertigten Interventionen der mP - Ermittlungen unterlassen und somit Ermittlungslücken provoziert, die ein Vorgehen nach § 28 Abs 3 VwGVG rechtfertigen.

6.1.2        So wurden beispielsweise nicht die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse ermittelt, die als Vergleichsmaßstab für die verfahrensgegenständliche Änderung heranzuziehen sind (vgl dazu oben unter Pkt 5.1.2). Weiters wurden im Hinblick auf die Geruchsbelastung und die Schallemissionen nur ungeeignete Ermittlungsschritte (Gutachtensauftrag ohne Beweisthemen) gesetzt, die die vorgelegten fachlichen Bedenken der Bf überhaupt nicht oder nur unzureichend behandeln. Beispielhaft sei auf folgende - nicht behandelte - Vorbringen der Bf verwiesen:

                 -         Veränderung der Zu- und Ablieferungssituation (keine konkretes - schlüssiges - Anlieferungs- und Abtransportkonzept);

                 -         Nichtberücksichtigung wesentlicher - der Betriebsanlage zuzurechnenden - Fahrbewegungen auf öffentlichem Grund;

                 -         Nichtberücksichtigung von baurechtlich vorgeschriebenen Pflichtstellplätzen bzw von Emissionen, die von diesen Stellplätzen herrühren;

                 -          unschlüssige Berechnung der Schallemissionen, da das Gästeverhalten einer Betriebsanlage teilweise der Kategorie III, zum Teil der Kategorie II zugeordnet wurde;

                 -         unzureichende Feststellungen im Hinblick auf das Abfallwirtschaftskonzept;

                 -         Nichtberücksichtigung der Geruchsvorbelastung.

6.1.3        Nachdem die vorliegenden technischen Gutachten aus den dargelegten Gründen mangelhaft sind und somit das Ausmaß der Lärm- und Geruchsemissionen noch nicht abschließend beurteilt werden kann, ist auch die humanmedizinische Stellungnahme vom 27.7.2016, MA 15 - BGA 22 - ..., zu verwerfen. Auch diesbezüglich fehlen daher taugliche Sachverhaltsermittlungen.

6.2            Begründungsmangel

6.2.1        Der belangten Behörde sind ganz massive Begründungsmängel unterlaufen; dies aus nachstehenden Gründen:

6.2.2        Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH besitzen die Aussagen von Amtssachverständigen und Privatsachverständigen grundsätzlich den gleichen verfahrensrechtlichen Beweiswert; zwischen dem Gutachten eines Amtssachverständigen und dem eines Privatsachverständigen besteht somit kein verfahrensrechtlicher Wertunterschied. Dem Gutachten eines Amtssachverständigen kommt daher keine Vorrangstellung zu und darf diesem daher nicht schon wegen seiner Stellung Vorrang vor anderen Gutachten, etwa verfasst von einem Privatsachverständigen, eingeräumt werden.

6.2.3        Der Wert eines Beweismittels muss daher stets nach seiner Beweiskraft, dh nach der Schlüssigkeit der Aussagen, beurteilt werden. Daher gibt auch bei einem Widerspruch von Gutachten eines privaten und eines amtlichen Sachverständigen nur der innere Wahrheitsgehalt der Gutachten den Ausschlag.

6.2.4        Bei einander widersprechenden Gutachten ist die Behörde, wenn sie kein „Obergutachten“ in Auftrag gibt, verpflichtet, sich dem einen oder dem anderen Gutachten wegen dessen größerer Glaubwürdigkeit bzw Schlüssigkeit anzuschließen. Dabei hat sie in der Bescheidbegründung zwingend die Gedankengänge und sachlichen Erwägungen darzulegen, die dafür maßgebend waren, dass sie das eine Beweismittel dem anderen vorgezogen hat. Wenn die Behörde sich über ein von der Partei beigebrachtes Sachverständigengutachten hinwegsetzt, ist dies zu begründen.

6.2.5        Dieser Begründungspflicht ist die belangte Behörde mit keinem Wort nachgekommen. Ihre Ausführungen erschöpfen sich auf Verweise auf die (diesbezüglich inhaltsleeren) Stellungnahmen der ASV.

6.2.6        Aber nicht nur im Hinblick auf den Vorzug der (zum Teil nicht begründeten und fachlich nicht untermauerten) Gutachten der ASV gegenüber den Privatgutachten fehlt eine Begründung der belangten Behörde: Vielmehr fehlt es in Bezug auf das gesamte inhaltliche Vorbringen der Bf, das sich auf zahlreiche Judikate und Literaturstimmen stützen konnte, an einer Begründung, warum diesem Vorbringen nicht Rechnung getragen wurde.

7.              Anträge

                 Aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage stellen die Bf die

ANTRÄGE:

                 Das Verwaltungsgericht Wien wolle

                 -         den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs 3 VwGVG mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen,

                 in eventu

                 -         nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung

                 -          gemäß Art 130 Abs 4 B-VG und § 28 Abs 2 VwGVG in der Sache selbst entscheiden und den Genehmigungsantrag abweisen.“

 

Die mitbeteiligte Partei und Betriebsinhaberin erstattete zum Beschwerdevorbringen nachstehende Stellungnahme:

„Die Beschwerdeführer haben die im bewilligten Projekt festgelegten Werte für Geruchsemissionen selbst nie als zu hoch erachtet, sondern die Meinung vertreten, dass diese Werte nicht eingehalten werden könnten und das Verwaltungsgericht daher selbst eine Untersuchung vornehmen lassen solle. Dafür gibt es jedoch keine Notwendigkeit und sind die Beschwerdeführer diesbezüglich auch nicht beschwert, da genau eine solche Untersuchung bereits von der belangten Behörde vorgeschrieben ist:

Inhaltlich der Auflage 25 des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde vorgeschrieben, dass „innerhalb eines Zeitraums von 3-6 Monaten nach Inbetriebnahme der Betriebsanlage, jedenfalls in den Monaten mit Maximalauslastung der Betriebsanlage (Anfang Mai bis Ende September), eine Messung über die resultierten Geruchsemissionen durch eine befugte Person nach gültigem Normen- und Regelwerk durchführen zu lassen" ist. „Das Messprotokoll ist unaufgefordert der belangten Behörde zu übermitteln und zur jederzeitigen Einsichtnahme durch Organe der Behörde in der Betriebsanlage aufzubewahren."

Die im Zusammenhang mit dieser Auflage aufgestellte Behauptung der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe diese Auflage vorgeschrieben, weil sie Zweifel an der Funktionsfähigkeit der Abgasreinigungsanlage gehabt habe, ist schlicht unrichtig. Die in Rede stehende Auflage dient einfach der Überprüfung der Einhaltung der bewilligten Geruchsemissionen bei Vollbetrieb der Betriebsanlage und ist in keinster Weise unüblich - im Gegenteil: Es ist wohl unbestreitbar gängige Praxis, dass die Behörde im Wege einer Auflage die Befundung von Anlagenteilen und die Vorlage des Befundes an die Behörde bzw. die Aufbewahrung in der Betriebsanlage zur jederzeitigen Einsicht vorsieht. So hat die belangte Behörde wie üblich ja etwa auch in der Auflage 24 vorgeschrieben, dass „über die Eignung des Abgasfanges bzw. des Abgassystems, in weichen das Gasgerät einmündet, und die ordnungsgemäße Abgasabführung, ein Befund von einer befugten Fachkraft (z.B. Rauchfangkehrer) erstellen zu lassen und in der Betriebsanlage zur Einsichtnahme der zuständigen Behörde bereitzuhalten“ ist.

Nur der Vollständigkeit halber sei nochmals in aller Kürze darauf verwiesen, dass - wie der Amtssachverständige insbesondere in seinen Stellungnahmen vom 17. Juni 2016 und vom 5. Oktober 2016 festgehalten hat -

•             die in der Geruchsuntersuchung der Ro. GmbH dargestellten Geruchsstoffemissionen aus Referenzküchen in jener Bandbreite liegen, die dem Amtssachverständigen aufgrund von Messprotokollen von Betrieben mit Holzkohlengrill bekannt sind und die dargestellten Emissionen daher als plausibel zu werten sind,

•             in der Geruchs- und Luftschadstoffuntersuchung der Ro. GmbH die bisherigen Emissionen der Betriebsanlage nicht subtrahiert werden und damit eine „worst case"-Betrachtung vorliegt,

•             trotzdem die Grenzwerte gemäß Immissionsschutzgesetz - Luft unterschritten bzw. bestehende Überschreitungen durch Zusatzimmissionen nicht messbar erhöht werden,

•             die projektierten Wirkungsgrade von 50 % für den Rauchgaswäscher bzw. 60 % für den Ozongenerator der zu erwartenden Reinigungsleistung entsprechen und

•             bereits der Einbau von Abluftreinigungsanlagen eine Verbesserung gegenüber der bestehenden Betriebsanlage darstellt.

Die Interessen der Beschwerdeführer sind durch den erstinstanzlichen Bescheid daher gesichert. Die Vorgangsweise der Beschwerdeführer zeigt deren Unredlichkeit, zumal die Einschreiterin die Betriebsanlage auf den modernsten Stand der Technik (auch und insbesondere in Ansehung der Vermeidung von Geruchsemissionen durch den Einbau von Abluftreinigungsanlagen) gehoben und damit eine ganz wesentliche Verbesserung der Betriebsanlage geschaffen hat.“

 

Das Verwaltungsgericht Wien bestellte Amtssachverständige auf dem Gebiet der Gewerbetechnik, des Schallschutzes, der Luftreinhaltung, der Verkehrstechnik und der Medizin. Die angeforderten Gutachten langten – mit Ausnahme des Gutachtens des medizinischen Amtssachverständigen – ein und wurden den Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht.

 

Die belangte Behörde übermittelte am 18. August 2017 eine Stellungnahme, wonach die gegenständliche Betriebsanlage am 2. August 2017 einer Konsensüberprüfung unterzogen wurde. Bestehende Mängel seien sogleich behoben worden. Die festgestellten Abweichungen vom Konsens würden entweder gar keine Genehmigungspflicht auslösen oder als emissionsneutrale Änderung zu qualifizieren sein, welche keine Verpflichtung zur Anzeige auslösen würde. Unter einem legte sie das Verhandlungsprotokoll vom 2. August 2017 vor.

 

Am 29. November 2017 langte eine weitere Stellungnahme der belangten Behörde ein, wonach die mitbeteiligte Partei und Betriebsinhaberin mit Schriftsatz vom 14. November 2017 die Änderung der gegenständlichen Betriebsanlage angezeigt hat. Die Rauchfänge der Betriebsanlage wurden in anderer Form hergestellt, als der Rauchfang für den Grill um 2,3 m höher und jener für die Küche um 1 m niedriger als geplant errichtet wurde. Diese Anzeige samt den dazugehörigen Einreichunterlagen in vierfacher Ausfertigung wurden übermittelt. Gleichzeitig wurde auch eine Geruchsstundenuntersuchung übermittelt.

 

Die Anzeige der geänderten Ausführung der Betriebsanlage wurde seitens des Verwaltungsgerichtes Wien den Amtssachverständigen für Gewerbetechnik, Schallschutz und Luftschadstoffe übermittelt. Dem letztgenannten Amtssachverständigen wurde zudem die Geruchsstundenuntersuchung zur Kenntnis gebracht.

In seiner Stellungnahme vom 22. Dezember 2017 erläuterte der Amtssachverständige für Luftschadstoffe, dass aufgrund der Tatsache, dass die Abgasöffnung für die Grillflächen augenscheinlich um rund 3 m höher und die Abluftöffnung für die Küchenlüftung um rund 1 m niedriger als im beantragten Projekt ausgeführt wurde, der Kreis der Betroffenen jedenfalls verändert wird.

Der Amtssachverständige für Schallschutz meinte in seiner Stellungnahme vom 27. Dezember 2017, dass gegenüber dem genehmigten Bestand durch die veränderte Ausblashöhe mit anderen Ausbreitungsbedingungen der Schallemissionen an den Lüftungsöffnungen zu rechnen ist und verändernde Auswirkungen auf die unmittelbare Wohnnachbarschaften nicht ausgeschlossen werden können. Während der Amtssachverständige für Gewerbetechnik dazu ausführte, dass durch die Höherführung der Fortluft Grill Belange der Statik (z.B. Abspannen der Leitung) und des Blitzschutzes betroffen sind, verwies er hinsichtlich einer allfälligen Betroffenheit anderer Nachbarn auf den Amtssachverständigen für Luftschadstoffe.

Zur Klärung des Sachverhaltes führte das Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung am 23. März 2018 durch. Das Verhandlungsprotokoll lautet auszugsweise:

Der BfV bringt vor:

Ich verweise auf das schriftliche Vorbringen und führe ergänzend aus, dass die Nutzung der in der ... situierten Lagerräume unzulässigerweise nicht im Genehmigungsverfahren berücksichtigt wurden. Aus dem Grundsatz der Einheit der Betriebsanlage ist zu folgern, dass die gesamte Betriebsanlage von der Behörde zu beurteilen gewesen wäre. Die bei der Behörde eingebrachte Anzeige der Änderung der Betriebsanlage wurde bei der unzuständigen Behörde eingebracht. Vielmehr hätte im Wege der Antragsmodifizierung dies dem Verwaltungsgericht Wien vorgelegt werden müssen, zumal bei nicht rechtskräftig genehmigten Betriebsanlagen eine Antragsstellung unzulässig ist.

Vorgelegt wird ein diesbezüglicher Schriftsatz, der als Beilage ./A zum Verhandlungsprotokoll genommen wird. Den anwesenden Verfahrensparteien wird ein Schriftsatz in Kopie jeweils ausgefolgt.

Der Vertreter des MBA ... bringt vor:

Kein weiteres Vorbringen. Auf den Bescheid wird verwiesen.

Der Vertreter der römisch zehn. Gesellschaft m.b.H. bringt vor:

Ich verweise auf die schriftlichen Ausführungen. Die Stellungnahmen vom 22.03.2018 werden mündlich vorgetragen. Vorgelegt werden Kopien der beiden Schriftsätze sowie die Beilagen, die den anwesenden Parteien ausgefolgt werden.

Ergänzend wird dazu ausgeführt, dass die geringfügige Änderung der Schornsteine unter Paragraph 81, Absatz 2, Zif 5 bzw. allenfalls Zif 7 GewO 1994 fällt und rein vorsorglich der Behörde zur Kenntnis gebracht worden ist. Es handelt sich nicht um eine genehmigungspflichtige Änderung und war daher auch nicht von einer Notwendigkeit der Antragsmodifikation auszugehen. Über diese Bekanntgabe an die Behörde hätte die Behörde, sollte sie anderer Ansicht sein, insoweit zu entscheiden, als sie die mitbeteiligte Partei davon in Kenntnis zu setzen gehabt hätte, dass sie die Rechtsansicht der mitbeteiligten Partei nicht teilt und eine Anzeige gemäß Zif 7 nicht ausreicht. Eine solche Mitteilung ist jedoch nicht erfolgt. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass eine Anzeige gemäß Zif 7 notwendig wäre, würde eine solche am gegenständlich von der Bf bekämpften Bescheid nichts ändern. Die vorsorglich bekanntgegebene Ausführung der Rauchfänge ist daher bei der Prüfung und Beurteilung der verfahrensgegenständlich vorliegenden Beschwerde nicht von Relevanz. Überdies sind durch die geänderten Ausführungen der Rauchfänge Nachbarn nicht nachteilig beeinflusst. Dazu wird auf die vorgelegte Stellungnahme und die nachgereichten Beilagen 1-6 verwiesen. Der geringfügig geänderte Rauchfang produziert für sich betrachtet keinerlei Emissionen und ist daher diese Änderung schon aus diesem Grund nicht relevant. Auch wenn der geänderte ausgeführte Rauchfang bereits Gegenstand des Bescheides erster Instanz gewesen wäre, hätte dies zu keinem anderen Ergebnis geführt.

Der Amtssachverständige der MA 22, Herr Mag. KM., bringt vor:

Im gegenständlichen Fall wurde die Abluftführung der Grillflächen um etwa 2,8m erhöht, während die Abluftführung der Küche um rund 1m reduziert wurde. In der Regel führt eine Erhöhung der Emissionsquelle zu verbesserten Ausbreitungsbedingungen. Die Änderung der Quellhöhe verändert jedoch die Immissionssituation dahingehend, als dass sich das Immissionsmaximum von der Quelle entfernt. Im VDI Lexikon Umwelttechnik (Springer Verlag, 2013) wird diesbezüglich folgendes ausgeführt: „Bei einer gegebenen metrologischen Ausbreitungssituation vermindert sich die maximale Immissionskonzentration proportional mit dem Quadrat der Schornsteinhöhe (im gegenständlichen Fall der Höhe der Abluftanlage). Mit zunehmender Schornsteinhöhe verschiebt sich die maximal Immission zu größeren Entfernungen. Bei labiler Temperaturschichtung der Atmosphäre liegt das Maximum näher, als bei stabiler Temperaturschichtung.“ Dies gilt vor allem für Aufpunkte unterhalb der Emissionsquelle. Es ist daher kraftlogischen Schlusses davon auszugehen, dass sich der Kreis der anspruchsberechtigten Nachbarschaft verändert.

Die Verhandlung wird um 10:26 Uhr unterbrochen.


Die Verhandlung wird um 10:39 Uhr fortgesetzt.

Über Befragen des Vertreters der römisch zehn. Gesellschaft m.b.H.:

Ob die 5,6% Jahresgeruchsstunden, wie in der Beilage ./2 und ./ 6 dargelegt, plausibel sind, kann ich erst nach Prüfung der Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit des Gutachtens bekanntgeben.

Der Vertreter der römisch zehn. Gesellschaft m.b.H beantragt die Einholung einer Stellungnahme des ASV für Luftreinhaltung, ob die Schlussfolgerung der Beilage ./2 und ./ 6 bestätigt werden kann. Dies deshalb, weil sich daraus ergibt, dass keine Änderung des Antragsgegenstandes vorliegt.

Der Antrag wird abgewiesen.

Die restlichen Verfahrensparteien haben keine Fragen an den ASV.

Der Amtssachverständige der MA 36, Herr DI GL., bringt vor:

Ich verweise auf die am 12.01.2018 eingelangte Stellungnahme beim Verwaltungsgericht Wien. Alles Übrige wurde bereits vom ASV für Luftreinhaltung vorgebracht. Aus den in der heutigen Verhandlung vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass der verlängerte Abluftfang für die Fortluft Grill mit einer Seilabspannung versehen wurde und im Befund der P. GmbH vom 19.03.2018 die ordnungsgemäße Ausführung bestätigt wurde. Weiters wurde ein Protokoll für Blitzschutzanlagen der Ha. GmbH & Co KG vom 13.03.2018 vorgelegt, aus dem die Einbeziehung in die bestehende Blitzschutzanlage befundet wird. Die in meiner Stellungnahme angeregten Ergänzungen sind daher erfüllt.

Die Verfahrensparteien haben keine Fragen an den ASV:

Der Amtssachverständige der MA 22, Herr Ing. AW., bringt vor:

Ich verweise auf meine schriftliche Stellungnahem vom 27.12.2017. Die in der heutigen Verhandlung vorgelegte schalltechnische Bewertung „Änderung Lüftungsöffnungen“ der Firma J. GmbH vom 21.03.2018 wäre dahingehend zu ergänzen, dass an den gewählten Immissionspunkten die Gesamtschallbelastung ausgewiesen wird und zusätzlich eine Betrachtung an den weiteren Immissionspunkten der Beschwerdeführer vorzunehmen wäre.

Die Parteien haben keine Fragen an den ASV.

Der Vertreter der römisch zehn. Gesellschaft m.b.H. beantragt die Einräumung der Möglichkeit der Ergänzung der schalltechnischen Bewertung im Hinblick auf die Ausführungen des ASV, auch wenn davon ausgegangen wird, dass bereits durch die schalltechnische Bewertung vom 21.03.2018 nachgewiesen ist, dass mit keiner nachteiligen Auswirkung der Nachbarschaft zu rechnen ist.

Der BfV bringt vor:

Nach dem vorgelegten Gutachten von Ziviltechniker J. vom 21.03.2018 steht fest, dass der Zweitbeschwerdeführer mit einer erhöhten Lärmbelastung von 0,3 dB zu rechnen hat. Unabhängig davon wird auf das Beschwerdevorbringen verwiesen, wonach bereits die IST-Zustandserhebung unrichtig erfolgte und daher auch das vorliegende Gutachten auf unrichtigen Eingangsparametern beruht.

Der Vertreter der römisch zehn. Gesellschaft m.b.H bringt dazu vor, dass die Erhöhung um 0,03dB unter der Wahrnehmungsgrenze liegt.

Der ASV Herr DI GL. verlässt um 11:25 Uhr die Verhandlung.

Über Befragen des Vertreters der römisch zehn. Gesellschaft m.b.H gibt Frau Dipl.-Ing. KG. zu Protokoll:

Durch die tatsächlich gemessenen Emissionen der Betriebsanlage hat sich an keiner Stelle anhand des Rechenmodells im berechneten Bereich eine höhere Geruchsstundenanzahl als die von 5,6 % der Jahresgeruchsstunden ergeben.

Der Amtssachverständige Herr Mag. KM. gibt an:

Durch die Änderung der Abgasführung werden andere Nachbarn als die im behördlichen Verfahren miteinbezogenen Nachbarn mit Geruchseindrücken (die der Definition der Geruchsstunde entsprechen) konfrontiert werden.

Über Befragen des BfV gibt Frau Dipl.-Ing. KG. zu Protokoll:

Wäre der Abgasfang von vornherein in der nunmehr bestehenden Höhe projektiert worden, so wären dieselben Immissionspunkte zu beurteilen gewesen.

Der MBA-V hat keine Fragen.

Die Parteien stellen keine weiteren Beweisanträge.

Schluss des Beweisverfahrens

Der MBA-V verzichtet auf Schlussausführungen.

In seinen Schlussausführungen gibt der Vertreter der römisch zehn. Gesellschaft m.b.H. an:

Für die Beurteilung der Frage, ob durch die Veränderung der Abgasführungen eine im Wesen geänderte Betriebsanlage vorliegt, ist vorab zu prüfen, ob ein Fall des §81 Absatz 2, Zif 5 oder Zif 7 GewO 1994 vorliegt. Zu diesem Zweck hat die Beurteilung zu erfolgen, ob die Nachbarschaft durch die Änderung nachteilig beeinflusst ist, was gegenständlich nicht der Fall ist. Die Beurteilung, ob ein Fall des §81 Absatz 2, Zif 5 oder Zif 7 GewO 1994 vorliegt, obliegt der Behörde, der die Änderung der Ausführung zur Kenntnis gebracht wurde.

In seinen Schlussausführungen gibt der BfV an:

Das Betroffene von der Änderung höher betroffen sind, ergibt sich schon aufgrund der Tatsache, dass am IP 5 bisher 0 Geruchsstunden ausgewiesen waren, nunmehr mit 5,1% Jahresgeruchsstunden zu rechnen ist. Im Übrigen wird die Rechtsauffassung, wonach bei laufenden, nicht rechtskräftigen abgeschlossenen Änderungsverfahren weitere Änderungen bei der Behörde angezeigt werden könnten, nicht geteilt. Verglichen mit einem Hausbau, kann man nicht den 1. Stock vor dem Erdgeschoss errichten. In Wahrheit handelt es sich um eine im vorliegenden Fall unzulässige Antragsänderung vor dem Verwaltungsgericht Wien, da Parteien und andere Nachbarn anders betroffen sein können bzw. sind, als dies im Genehmigungsbescheid attestiert wurde.“

 

Auf die öffentliche Verkündung der gegenständlichen Entscheidung wurde verzichtet.

 

Nach Schluss des Beweisverfahrens übermittelte die mitbeteiligte Partei und Betriebsinhaberin folgende Stellungnahme:

„1) Mit Eingabe vom 14. November 2017 hat die Einschreiterin der Behörde erster Instanz, dem Magistratischen Bezirksamt für den ... Bezirk, vorsorglich zur Kenntnis gebracht, dass die Rauchfänge des römisch zehn. in der im Plan der Ar. GmbH dargestellten Weise, nämlich der Rauchfang für den Grill um 2,3 Meter höher und jener für die Küche um einen Meter niedriger als geplant ausgeführt worden sind. Die der Behörde erster Instanz ebenfalls vorgelegte Geruchsstundenuntersuchung von Frau Diplom-Ingenieur KG. vom 10. November 2017 hat nachgewiesen, dass die von der Betriebsanlage verursachten Immissionen bei Nachbarn unter der im Verfahren zu ... prognostizierten - und vom Amtssachverständigen auch als zulässig erachteten - maximalen Belastung von 5,6 % Geruchsstunden pro Jahr bleiben (wobei Frau Diplom Ing. KG die oben dargestellte tatsächliche Ausführung der Rauchfänge gemäß dem Plan der Ar. GmbH bei ihrer Untersuchung bereits berücksichtigt hat). Die zur Ausführung gelangten Rauchfänge führen zu keiner Erhöhung von Emissionen.

Die Eingabe der Einschreiterin vom 14. November 2017, den Plan der Ar. GmbH sowie die Geruchsstundenuntersuchung von Frau Diplom-Ingenieur KG. vom 10. November 2017 hat die Einschreiterin bereits mit ihrer Eingabe vom 22. März 2018 (sowie dann nochmals in der Verhandlung am 23. März 2018) vorgelegt.

2) Die unter Punkt 1) dargestellte geringfügig geänderte Ausführung der Rauchfänge stellt - wie auch schon in der Verhandlung am 23. März 2018 ausgeführt - gemäß Paragraph 81, Absatz 2, GewO keine genehmigungspflichtige Änderung dar, weshalb die Einschreiterin diese Änderung der Behörde erster Instanz auch nicht zur Genehmigung vorgelegt, sondern nur vorsorglich zur Kenntnis gebracht hat. Falls die Behörde erster Instanz nach Prüfung der Eingabe der Einschreiterin zum (wenn auch unrichtigen) Ergebnis gelangt wäre, dass die geringfügig geänderte Ausführung der Rauchfänge doch nicht unter Paragraph 81, Absatz 2, GewO (insbesondere Ziffer 5,, Ziffer 7, oder Ziffer 9,) zu subsumieren sein sollte, hätte die Behörde erster Instanz dies (in Bescheidform) aussprechen und der Einschreiterin zur Kenntnis bringen müssen. Eine solche Entscheidung hat die Behörde erster Instanz jedoch nicht getroffen, da die Behörde erster Instanz die Rechtsansicht der Einschreiterin offenkundig teilt und die geringfügig geänderte Ausführung der Rauchfänge des römisch zehn. daher richtig als nicht genehmigungspflichtige Änderung beurteilt. Demgemäß hat die geringfügig geänderte Ausführung der Rauchfänge des römisch zehn. auch keinerlei Einfluss auf den verfahrensgegenständlichen (von den Beschwerdeführern bekämpften) Bescheid zu AZ ... vom 27. Oktober 2016.

3) In der Verhandlung am 23. März 2018 hat das Verwaltungsgericht seine Rechtsansicht dargelegt, dass es sich bei der geringfügig geänderten Ausführung der Rauchfänge um eine Änderung des ursprünglich eingereichten Projektes der Einschreiterin handle, welche eine neuerliche Entscheidung der Behörde erster Instanz über das gesamte Projekt notwendig mache.

Denkmöglich kann aber nur eine solche Änderung eine neuerliche Entscheidung der Behörde erster Instanz erforderlich machen, die genehmigungspflichtig ist und daher zu einer Abänderung der bisherigen Entscheidung der Behörde erster Instanz führt. Eine solche Änderung liegt gegenständlich aber gerade nicht vor, zumal sonst die Behörde erster Instanz ausgesprochen hätte bzw. aussprechen hätte müssen, dass kein Fall des Paragraph 81, Absatz 2, GewO, sondern eine genehmigungspflichtige Änderung vorliegt.

Würde das Verwaltungsgericht nun aus Eigenem darüber entscheiden, ob eine neuerliche Entscheidung der Behörde erster Instanz über das gesamte Projekt notwendig sei, weil eine genehmigungspflichtige Änderung vorliege, würde das Verwaltungsgericht die Behörde erster Instanz übergehen, welcher allein die Entscheidung über eine solche Frage obliegt, jedenfalls seit der fundamentalen Änderung der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch Einführung der Verwaltungsgerichte kann die zweite Instanz - wie auch in Angelegenheiten des Zivil-Verfahrens - nicht über Angelegenheiten entscheiden, über die der ersten Instanz die Entscheidungsbefugnis zukommt. Über jede Eingabe (und sohin auch über die Eingabe der Einschreiterin vom 14. November 2017) muss eine Entscheidung in erster Instanz ergehen, bevor - im Falle eines Rechtsmittels - die Angelegenheit der zweiten Instanz vorgelegt wird und diese darüber entscheidet. Eine Verkürzung des Instanzenzuges kennt das Verwaltung- und Verwaltungsgerichtsverfahren nicht, zumal dies das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf den gesetzlichen Richter verletzen würde. Der Ordnung halber erklärt die Einschreiterin, einer Änderung der Zuständigkeit zur Entscheidung und/oder einer Verkürzung des Instanzenzuges nicht zuzustimmen.

Wenn daher das Verwaltungsgericht meint, dass eine Genehmigungspflicht für die geringfügig geänderte Ausführung der Rauchfänge bestehen könnte, hat das Verwaltungsgericht das gegenständliche Verfahren zu unterbrechen und die Eingabe der Einschreiterin vom 14. November 2017 an die - einzig zur Entscheidung befugte - Behörde erster Instanz zur Entscheidung zurückzustellen.

Kurz:     Dem Verwaltungsgericht steht eine Entscheidung darüber, ob die mit Eingabe der Einschreiterin vom 14. November 2017 bekannt gegebene geringfügig geänderte Ausführung der Rauchfänge des X. allenfalls eine genehmigungspflichtige Änderung darstellt (was nicht der Fall ist), nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst über die Beschwerde der Beschwerdeführer zu entscheiden, zumal keine Entscheidung der Behörde erster Instanz vorliegt, dass die geringfügig geänderte Ausführung der Rauchfänge des X. eine genehmigungspflichtige Änderung darstellt.

Die Einschreiterin stellt daher den

ANTRAG,

das Verfahren fortzusetzen und über die verfahrensgegenständliche Beschwerde der Beschwerdeführer inhaltlich abzusprechen;

- in e v e n t u -

der Behörde erster Instanz die Eingabe der Einschreiterin vom 14. November 2017 mit dem Auftrag zurückzustellen, nach allfälliger Durchführung eines Ermittlungsverfahrens bescheidmäßig festzustellen, ob für die mit der Eingabe vom 14. November 201 7 zur Kenntnis gebrachte geringfügig geänderte Ausführung der Rauchfänge des römisch zehn. eine Genehmigungspflicht besteht oder nicht, und bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Behörde erster Instanz das gegenständliche Verfahren zu unterbrechen.“

 

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Das Verwaltungsgericht hat, gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG, über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß Paragraph 27, VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund er Beschwerde oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung zu überprüfen.

Gemäß Paragraph 13, Absatz 8, AVG kann der verfahrenseinleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden.

Unwesentliche Antragsänderungen sind in jedem Verfahrensstadium, auch im Rechtsmittelverfahren, zulässig.

Im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kam zu Tage, dass die Abgasöffnung für die Grillflächen um rund 3 m höher und die Abluftöffnung für die Küchenlüftung um rund 1 m niedriger als vom verfahrenseinleitenden Antrag umfasst und mit gegenständlichen Bescheid bewilligt hergestellt wurde. Die Änderung der Ausführungen der Abgasöffnungen für die Grillflächen und die Abluftöffnung für die Küchenlüftung wurde von der mitbeteiligten Partei und Betriebsinhaberin mit Anzeige vom 14. November 2017 der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht. Diese Anzeige wurde dem Verwaltungsgericht Wien übermittelt.

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde diese geänderte Ausführung der Betriebsanlage von der Betriebsinhaberin bestätigt, jedoch die mangelnde Notwendigkeit zur Anzeige nach der nunmehr in Geltung stehenden Fassung der Gewerbeordnung betont. Die geänderte Ausführung führt zu einer Verbesserung der Situation der beschwerdeführenden Nachbarschaft.

Wie jedoch die Beschwerdeführer erklärten, ist die Beurteilung der Frage einer etwaigen Genehmigungsfähigkeit des veränderten Projektes davon unabhängig zu betrachten, ob diese Änderung die Grenze der Unwesentlichkeit überschreitet und damit ein rechtliches aliud vorliegt. Mit diesen Ausführungen sind die Beschwerdeführer im Recht.

Die Antragsänderung ist nach Expertise der Amtssachverständigen für Schallschutz und Luftschadstoffe jedenfalls geeignet, subjektive Rechte zu berühren, da nunmehr andere Nachbarn möglichen Emissionen der Betriebsanlage ausgesetzt sind, die mangels Betroffenheit durch den ursprünglichen Antrag sich am Bewilligungsverfahren nicht beteiligt haben. Es ist daher mit anderen Emissionen und Emissionen an anderen Punkten zu rechnen. So führte der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführer völlig zutreffend aus, dass Betroffene von der Änderung höher betroffen sind, zumal beispielsweise am IP 5 bisher 0 Geruchsstunden ausgewiesen waren, nunmehr mit 5,1% Jahresgeruchsstunden zu rechnen ist. Dass bei einer ursprünglichen Einreichung des nunmehr aktuellen Projekts dieselben Immissionspunkte einer Beurteilung hätten zugeführt müssen, wird durch die sachverständige Vertrauensperson der mitbeteiligten Partei und Betriebsinhaberin bestätigt, zumal diese in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien ausführte, dass, wenn „der Abgasfang von vornherein in der nunmehr bestehenden Höhe projektiert worden wäre, dieselben Immissionspunkte zu beurteilen gewesen wären“.

Nach den Materialien zu Paragraph 13, Absatz 8, AVG vergleiche Regierungsvorlage 1167 BlgNR 20. GP, 27 f) sollen mit Paragraph 13, Absatz 8, AVG Änderungen des Projekts nunmehr grundsätzlich ermöglicht und dadurch vermieden werden, dass der Antragsteller, der im Antragsverfahren sinnvoller Weise auch den Inhalt seines Begehrens bestimmen können soll, wenn er seinen Antrag ändern will, gleichsam "an den Start zurückgeschickt" werden muss, was weder in seinem Interesse noch im öffentlichen Interesse an einer möglichst umfassenden und ökonomischen Entscheidung über ein Vorhaben (Projekt) liegt. Diese Antragsänderung soll jedoch ua nur dann zulässig sein, wenn durch sie die Sache ihrem "Wesen" nach nicht geändert wird vergleiche VwGH vom 9. September 2015, Zl. 2013/03/0120).

In diesem Sinne ist ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche Erkenntnis vom 12. Dezember 2017, Zl. Ra 2016/05/0068), dass nach der gemäß Paragraph 17, VwGVG 2014 von den Verwaltungsgerichten anzuwendenden Bestimmung des Paragraph 13, Absatz 8, AVG der verfahrenseinleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens geändert werden kann; durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert werden und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden. Im Hinblick auf diese Gesetzesbestimmung sind somit Projektänderungen auch im Beschwerdeverfahren in dem Umfang zulässig, als nicht der Prozessgegenstand, der den Inhalt des Spruches des verwaltungsbehördlichen Bescheides dargestellt hat, ausgewechselt wird.

Im Mehrparteienverfahren darf die Änderung keine zusätzlichen subjektiven Rechte mitbeteiligter Parteien berühren und darüber hinaus auch bisher geltend gemachte Rechte nicht anders tangieren vergleiche VwGH vom 18. August 2917, Zl. Ro 2015/04/0006).

Zur Frage, wo die Grenze zwischen einer - nach Paragraph 13, Absatz 8, AVG unzulässigen – wesentlichen Antragsänderung und einer zulässigen unwesentlichen Antragsänderung liegt, hat der Verwaltungsgerichtshof vergleiche VwGH vom 14. Oktober 2015, Zl. Ra 2015/04/0055) festgehalten, dies sei letztlich eine Wertungsfrage, wobei darauf abzustellen sei, ob das Vorhaben durch die Änderung in einer für andere Beteiligte nachteiligen Weise oder so geändert werde, dass zusätzliche oder neue Gefährdungen entstehen (Hinweis Erkenntnisse vom 9. Dezember 2010, 2007/09/0122, und - zu Paragraph 74, GewO 1994 - vom 26. April 2006, 2003/04/0190, 0191, jeweils mwN).

Wenn die mitbeteiligte Partei und Betriebsinhaberin vorbringt, die gegenständliche Änderung sei unbeachtlich, weil sie die Grenze der Genehmigungspflicht nicht überschreitet, so ist sie mit diesen Ausführungen nicht im Recht. Für die Argumentation, es wären nur Änderungen im laufenden Verfahren, die selbst eine Genehmigungspflicht auslösen würden, für die Beurteilung, ob ein rechtliches aliud vorliegt, maßgeblich, gibt es keine Grundlage in der Gewerbeordnung oder der Judikatur der (Höchst-)Gerichte. Vielmehr ist nach Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Einzelfall zu entscheiden, ob durch die Änderung im laufenden Verfahren zusätzliche oder neue Gefährdungen für andere Beteiligte entstehen. So hat der Verwaltungsgerichtshof jüngst in seinem Erkenntnis vom 14. Oktober 2015, Zl. Ra 2015/04/0055, die Ausweitung der Betriebszeiten einer gewerblichen Betriebsanlage von „in den Wintermonaten“ auf „1. November bis 30. April“ als unzulässige Antragsänderung qualifiziert. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes von 23. April 1996, Zl. 95/04/0213, war die Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung für ein Lokal in der Betriebsart einer Bar Anspruchsgegenstand. Während des Berufungsverfahrens wurde das Projekt dahingehen geändert, dass nunmehr an der Außenfront des Gebäudes unmittelbar unter den Fenstern der darüber wohnenden Nachbarn nicht nur Frischluft angesaugt, sondern auch ein Teil der verbrauchten Abluft emittiert werden soll. Wenngleich dadurch das Wesen der Anlage unzweifelhaft nicht geändert wurde, war diese Änderung der Abluftführung potentiell geeignet, bei den Nachbarn neue bzw. größere Geruchsemissionen herbeizuführen und daher unzulässig vergleiche Onz, Kraemmer: Projektänderung im Anlagengenehmigungsverfahren, RdU 1999, 133).

In diesem Sinne ist beim Verwaltungsgericht Wien nicht die Genehmigungsfähigkeit der Änderung, sondern lediglich die Frage zu beurteilen, ob dadurch zusätzliche oder neue Gefährdungen bei der betroffenen Nachbarschaft entstehen. Die in der Stellungnahme vom 23. Mai 2018 dargetane Rechtsmeinung ist daher verfehlt; ebenso die Ausführungen zur mangelnden Zuständigkeit und zur Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richters.

Die Genehmigung der Änderung einer gewerbebehördlich genehmigten Anlage setzt ein diesbezügliches Ansuchen voraus, denn es handelt sich um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt (Paragraphen 353 und 356 GewO 1994). Der Antrag muss auf die Genehmigung der Änderung einer bereits genehmigten Anlage lauten. Die Behörde muss im Verfahren feststellen, ob eine genehmigte Anlage vorliegt. Von einer Änderung der genehmigten Anlage kann nur dann gesprochen werden, wenn eine rechtskräftige gewerbebehördliche Genehmigung der Anlage vorliegt, auf die sich die Änderung beziehen soll vergleiche VwGH vom 31. März 1992, Zl. 91/04/0305). Kann sich der Genehmigungswerber bei seinem Antrag gemäß Paragraph 81, GewO 1994 auf keinen gewerbebehördlichen Ursprungskonsens stützen, ist dem Ansuchen schon aus diesem Grunde nicht zu entsprechen vergleiche VwGH vom 12. Juni 2013, Zl. 2013/04/0019). Umgelegt auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass sich der Änderungsantrag nicht auf die noch nicht rechtskräftige Änderung beziehen kann und die Behörde diesem Ansuchen nicht entsprechen darf. Das Vorbringen der mitbeteiligten Partei und Betriebsinhaberin führt daher ins Leere. Der Behörde kommt mangels Vorliegen eines rechtskräftigen Konsenses eine Entscheidungsbefugnis nicht zu. Die Weiterleitung der belangten Behörde an das Verwaltungsgericht Wien erfolgte daher gemäß Paragraph 6, AVG zu Recht.

Eine Unterbrechung des gegenständlichen Verfahrens kommt aber ebenso wenig in Betracht, zumal keine zu beurteilende Vorfrage vorliegt. Die Zuständigkeit zur Beurteilung der Sache des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens ist alleine beim Verwaltungsgericht Wien gelegen. Ob die nun vorgenommene Änderung des Projektes ein rechtliches aliud darstellt, ist Teil des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens und daher ebenso in der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes Wien gelegen. Die Frage der Genehmigungsfähigkeit der im laufenden Rechtsmittelverfahren angezeigten Änderung ist nicht Vorfrage für das gegenständliche Genehmigungsverfahren, sondern im Gegenteil nach Entscheidung, ob ein rechtliches aliud vorliegt, entweder von der Behörde oder von dem Verwaltungsgericht zu beurteilen.

Nach der Rechtsprechung des VwGH (Hinweis E vom 28. Oktober 1997, 95/04/0247, mwN), ist eine wesentliche Antragsänderung (die also das "Wesen" der Sache betrifft) als Stellung eines neuen Antrages unter konkludenter Zurückziehung des ursprünglichen Antrages zu werten. Erfolgt eine solche Änderung während des Rechtsmittelverfahrens, bewirkt die (konkludente) Zurückziehung des ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrages den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit nachträglich dessen Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht ist somit angehalten, den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben vergleiche in diesem Zusammenhang das E vom 19. November 2014, Ra 2014/22/0016, mwN). Voraussetzung für diese Schlussfolgerung ist allerdings, dass der zweite Antrag eine Änderung des ursprünglichen Antrages darstellt. Nur dann kann von einer konkludenten Zurückziehung des ersten Antrages ausgegangen werden vergleiche VwGH vom 12. September 2016, Zl. Ra 2014/04/0037).

Mag die gegenständliche Projektsänderungen auch im Interesse der im vorliegenden Fall beschwerdeführenden Nachbarn eine Verbesserung der Nachbarstellung darstellen, so hat das verwaltungsgerichtliche Verfahren dennoch eindeutig ergeben, dass durch das nunmehr modifizierte Projekt andere Nachbarn mit größeren Emissionen zu rechnen haben.

In diesem Sinne führt Wendl, Die Nachbarn und ihre Parteistellung, in Stolzlechner/Wendl/Bergthaler (Hrsg.), Die gewerbliche Betriebsanlage4 (Stand 1.1.2016, rdb.at) aus, dass es beispielsweise im Rahmen der Erörterung des Projekts in der mündlichen Verhandlung zur Verbesserung des Nachbarschutzes und zur Erzielung eines Konsenses gelegentlich zu einer Umplanung kommt, indem lärm- oder geruchsintensive Anlagenteile in gegenüber den Nachbarn besser abgeschirmte bzw weiter entfernte Teile des Betriebsareals verlegt werden. Wenn dagegen eine solche Umplanung auf andere, nicht zur Verhandlung erschienene Nachbarn neue oder größere Auswirkungen haben könnte, würde dies das Projekt seinem Wesen nach ändern und müsste über einen neuen Projektsantrag zu einer Neudurchführung des Verfahrens führen. Dennoch kann dieser Weg auch im Hinblick auf mögliche nachhaltige Verbesserungen für die Nachbarschaft im Einzelfall sinnvoll sein (Wendl in FS Stolzlechner 738 f).

Dass durch die Änderung der Abgasöffnung für die Grillflächen und die Änderung der Abluftöffnung für die Küchenlüftung im beschriebenen Ausmaß eine Änderung der betroffenen Nachbarschaft hervorgerufen wird, ist durch die vom Verwaltungsgericht Wien eingeholten Gutachten der Amtssachverständigen für Schallschutz und Luftschadstoffe eindeutig erwiesen. Da nunmehr durch diese Projektänderung auch andere Nachbarn mit anderen bzw. größeren Emissionen konfrontiert sind, liegt eine wesentliche Antragsänderung vor.

Da das erkennende Gericht jedoch nicht über mehr absprechen darf als die belangte Behörde, weil den Parteien ansonsten in der Sachfrage eine Instanz genommen würde und infolge der Unzuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt würde, war die Projektspräzisierung als unzulässige Änderung und daher als neuer Antrag zu werten. In weiterer Folge war der Bescheid der belangten Behörde wegen der konkludenten Zurückziehung des ursprünglichen Antrages ersatzlos zu beheben. Der „neue Antrag“ wird an die zuständige Behörde weitergeleitet.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Ad römisch II.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.122.043.15412.2016