Landesverwaltungsgericht Wien
30.07.2015
VGW-001/047/29707/2014
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Martschin über die Beschwerde des Herrn Mag. P. R. vom 25.7.2014 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 18.6.2014, Zl. MBA ... - S 41956/13, wegen einer Übertretung der RAO, zu Recht erkannt:
römisch eins. Gemäß Paragraph 50, VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
römisch II. Gemäß Paragraph 52, Absatz eins und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 70 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.
römisch III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133, Absatz 4, B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
Das angefochtene Straferkenntnis richtet sich gegen den Beschwerdeführer als Beschuldigten und enthält folgenden Spruch:
„Sie haben durch Versendung von E-Mails (konkret am 17.09.2013 an Rechtsanwalt Mag. H., Wien, W.-straße), in welchen Sie eine Kooperation in den Bereichen Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht und anschließend auch einzelne Beratungs- und Unterstützungsleistungen, sowie die Beratung in arbeitsrechtlichen Fragen angeboten haben, Dienstleistungen in Ihrer Kanzlei in Wien, K., als Konsulent für Arbeits- und Sozialversicherungsrecht angeboten, die gemäß Paragraph 8, Rechtsanwaltsordnung, RGBl. Nr. 96/1868 i.d.g.F. (RAO) den österreichischen Rechtsanwälten vorbehalten sind.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
Paragraph 8, Absatz eins und 2 RAO
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
1 Geldstrafe von € 350,00, falls diese uneinbringlich ist,
1 Ersatzfreiheitsstrafe von 21 Stunden
gemäß Paragraph 57, Absatz 2, RAO
Ferner haben Sie gemäß Paragraph 64, des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
€ 35,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 385,00.
Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.“
In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde wendet der Rechtsmittelwerber im Wesentlichen ein, die Formulierung im E-Mail vom 17.9.2013, wonach er sich als Dienstleister in Rechtsangelegenheiten angeboten habe, habe sich nicht auf ihn selbst, sondern auf seinen Adressaten bezogen. Eine Kooperation in den Bereichen des Arbeits- und Sozialversicherungsrechts anzubieten, sei per se noch keine Winkelschreiberei, zumal er diese Kooperation Rechtsanwälten angeboten habe, die den Unterschied zwischen einem Rechtsanwalt und einem Personalverrechner verstehen würden. Hinsichtlich der Formulierung „Prüfen der Anwendung von kollektivvertraglichen Bestimmungen“ sei auszuführen, dass ein Dienstgeber, der einen Dienstnehmer einstellen möchte, wissen möchte, wie hoch die finanziellen Belastungen seien. Diesbezüglich müsse der Personalverrechner in der Lage sein etwa zu prüfen, welcher Kollektivvertrag für den Dienstgeber zur Anwendung komme, welche Beschäftigungsgruppe anhand der Tätigkeit auszuwählen sei, welches Berufsgruppenjahr herangezogen werde und ob es aufgrund von Ausbildungen oder speziellen Vordienstzeiten Anrechnungsbestimmungen gebe. Dies alles stelle ein Prüfen der Anwendung von kollektivvertraglichem Bestimmungen dar und sei definitiv eine Tätikeit, die nicht nur Personalverrechnern und Bilanzbuchhaltern erlaubt sei, sondern von diesen auch gefordert werde, um überhaupt eine korrekte und gesetzeskonforme Abrechnung durchführen zu können. Hinsichtlich der Formulierung „Prüfen von Verträgen im Hinblick auf ihre Anwendung vom ASVG/GSVG“ sei auszuführen, dass er, wenn ihm ein Vertrag vorgelegt werde, er zu prüfen habe, ob das ASVG oder das GSVG zur Anwendung komme. Dies sei entscheidend, denn das ASVG komme zur Anwendung, wenn es sich um einen sogenannten echten und freien Dienstnehmer handle und müsse daher bei der örtlichen Gebietskrankenkasse angemeldet werden. Dies im Gegensatz zu einem Werkvertragnehmer, welcher lediglich sich selbst bei der GSVG zu melden und zu versichern habe. Weiters habe dies besondere Bedeutung in steuerlicher Hinsicht. Bei einem echten Dienstnehmer müsse der Dienstgeber Lohnsteuer einbehalten und abführen, bei einem freien Dienstnehmer, so wie einem Werkvertragnehmer, müsse dies der Leistende selbst in Form einer abzuführenden Einkommenssteuer im Rahmen einer Einkommenssteuererklärung durchführen. Hinsichtlich der Formulierung „Verifizierung arbeitsrechtlicher Ansprüche“ sei auszuführen, dass jeder Personalverrechner eine solche Tätigkeit durchführe. Die Arbeit eines Personalverrechners bestehe darin, dass er die Brutto- und Nettobezüge ermitteln müsse. Letzteres unter Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen des Steuerrechts und Sozialversicherungsrechts und anderer gesetzlichen Bestimmungen. Die Ermittlung der Bruttobezüge stelle eine wesentliche Tätigkeit jedes Personalverrechners dar. Es seien sämtliche Bestandteile des Bruttobezuges im Hinblick auf deren arbeitsrechtliche Ansprüche zu verifizieren. Dazu zähle die Anwendung von bestehenden Dienstverträgen, die Anwendung von Betriebsvereinbarungen, die Anwendung von kollektivvertraglichen Bestimmungen sowie die Anwendung von gesetzlichen Bestimmungen. Selbstverständlich erfolge dies alles im Rahmen der laufenden Lohnverrechnung und habe er seit Beginn seiner Tätigkeit noch nie jemanden beraten, für den er auch nicht die laufende Abrechnung durchgeführt habe. Hinsichtlich der Formulierung „Konsulent für Arbeits- und Sozialversicherungsrecht“ sei auszuführen, dass er nicht nur für einzelne Klienten, die im Rahmen ihres Betriebes eine Lohnverrechnung durchführen, tätig sei, sondern auch für Steuerberatungskanzleien, welche im Rahmen von Klientenaufträgen hunderte von Personalverrechnungen durchführen und im Rahmen der Tätigkeit sich spezielle Beratungsleistungen ergeben würden. Im Bereich des Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrechts habe er ein eigenes Diplom erworben und werde aufgrund seiner zwanzigjährigen Erfahrung für diese Fragen konsultiert. Er habe an dem Wort Konsulent im Sinne einer Person, die man konsultiert, nichts Gesetzwidriges erkannt. Es sei nie seine Absicht gewesen, sich als Anwalt auszugeben. Im Übrigen habe er Sozialversicherungsrecht und nicht Sozialrecht geschrieben. Das würde auch bei Kundigen bei schnellem Lesen zu Verwechslungen führen, wobei er sich im Sozialrecht wenig auskenne. Das Wort Rechtsberatung habe er noch nie im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit verwendet, weil es tatsächlich zu einem Missverständnis kommen würde. Die von ihm angebotenen Tätigkeiten stellen jedoch keine Rechtsberatung im Sinne einer anwaltlichen Tätigkeit dar.
Das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gründet sich auf eine Anzeige der Rechtsanwaltskammer Wien vom 3.10.2013. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, aus den beiliegenden Unterlagen ergebe sich der Verdacht, dass der Beschwerdeführer Dienstleistungen anbiete, deren Erbringung österreichischen Rechtsanwälten vorbehalten sei. Der Verdacht ergebe sich insbesondere aus dem vorliegenden E-Mail von Rechtsanwalt Mag. H. vom 17.9.2013 an die Rechtsanwaltskammer Wien. Aus diesen Unterlagen gehe hervor, dass der Verdächtige E-Mails versende, in welchen er zunächst eine Kooperation in den Bereichen Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht und anschließend auch einzelne Beratungs- und Unterstützungsleistungen anbiete. Unter anderem werde auch die Beratung in arbeitsrechtlichen Fragen angeboten. Die rechtliche Beratung sei den österreichischen Rechtsanwälten vorbehalten. Außerdem sei davon auszugehen, dass der Verdächtige diese Dienstleistungen gegen Entgelt erbringe. Somit bestehe der begründete Verdacht, dass Mag. R. gewerbsmäßig eine durch die RAO den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit unbefugt ausübe und damit das Tatbild des Paragraph 57, in Verbindung mit Paragraph 8, RAO verwirklicht habe.
In der Folge richtete die belangte Behörde an den Beschwerdeführer als Beschuldigten die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11.2.2014, welche dieselbe Tatanlastung wie das angefochtene Straferkenntnis enthält. Dazu erstattete der Beschwerdeführer die Stellungnahme vom 3.3.2014.
Nachdem seitens der belangten Behörde eine Stellungnahme der Rechtsanwaltskammer Wien eingeholt wurde, erging das angefochtene Straferkenntnis.
Das erkennende Gericht führte in dieser Rechtssache am 4.2.2015 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch, anlässlich welcher der Beschuldigte sowie eine Vertreterin der Rechtsanwaltskammer Wien als weitere Amtspartei gehört wurden.
Der Beschwerdeführer brachte dabei Folgendes vor:
„Wenn mir Blatt 4 und 5 aus dem Akt der Behörde zur Einsicht vorgelegt werden, gebe ich an, dass diese Seiten jenes E-Mail zeigen, welches ich damals an den Rechtsanwalt Mag. H. geschickt habe. Insgesamt habe ich etwa 30 Anwälte mit E-Mails solchen Inhalts kontaktiert. Nachdem ich erfahren hatte, dass das Anschreiben mittels E-Mail unzulässig ist, bin ich dazu übergegangen, Anwälte in Wien, die sich mit Arbeits- und Sozialrecht befassen, mittels Brief zu kontaktieren.
Neben Mag. H. hat sich eine weitere Anwältin über diese Kontaktierung beschwert. Auf mein Geschäft haben sich diese Mails bzw. Briefe nicht ausgewirkt.“
Die Vertreterin der Rechtsanwaltskammer Wien gab folgende Angaben zu Protokoll:
„Aus unserer Sicht ist es unzulässig, dass der Beschuldigte die Prüfung von Dienstverträgen und die Beratung in arbeitsrechtlichen und sozialrechtlichen Belangen anbietet. Eine Nachschau auf der Homepage des Beschuldigten am 3.2.2015 hat ergeben, dass derartige Tätigkeiten von ihm noch immer angeboten werden. Vorgelegt wird ein Ausdruck aus dem Internet vom 3.2.2015.“
Im Anschluss an die Verhandlung wurde die Entscheidung mündlich verkündet.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, RAO erstreckt sich das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfasst die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten. Vor allen Gerichten und Behörden ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis. Nach Absatz 2, dieser Gesetzesstelle ist die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung im Sinn des Absatz eins, den Rechtsanwälten vorbehalten. Die Berufsbefugnisse, die sich aus den österreichischen Berufsordnungen für Notare, Patentanwälte, Wirtschaftstreuhänder und Ziviltechniker ergeben, werden hiedurch nicht berührt.
Infolge Paragraph 57, Absatz 2, RAO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 16.000 Euro zu bestrafen, wer unbefugt eine durch dieses Bundesgesetz den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig anbietet oder ausübt. Diese Tat darf nicht auch nach anderen Bestimmungen über die Strafbarkeit der Winkelschreiberei geahndet werden.
Die im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen des Bilanzbuchhaltungsgesetzes (BibuG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 161 aus 2006, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 191 aus 2013,, lauten wie Folgt:
„1. Teil
Berufsrecht
1. Hauptstück
Bilanzbuchhaltungsberufe - Berechtigungsumfang
Bilanzbuchhaltungsberufe
Paragraph eins, (1) Bilanzbuchhaltungsberufe sind folgende Berufe:
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1. | Bilanzbuchhalter, | |||||||||
2. | Buchhalter und | |||||||||
3. | Personalverrechner. |
(2) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht ausdrücklich etwas anderes angeordnet wird, sind die Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994, Bundesgesetzblatt Nr. 194, auf die Bilanzbuchhaltungsberufe nicht anzuwenden.
(3) Bilanzbuchhaltungsberufe gemäß Absatz eins, sind weder Gewerbe, noch freie Berufe.
Berechtigungsumfang – Bilanzbuchhalter
Paragraph 2, (1) Den zur selbständigen Ausübung des Berufes Bilanzbuchhalter Berechtigten ist es vorbehalten, folgende Tätigkeiten auszuüben:
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| 1. die pagatorische Buchhaltung (Geschäftsbuchhaltung) einschließlich der Lohnverrechnung und der Erstellung der Saldenlisten für Betriebe und der Einnahmen- und Ausgabenrechnung im Sinne des Paragraph 4, Absatz 3, des Einkommensteuergesetzes 1988, Bundesgesetzblatt Nr. 400 aus 1988,, | |||||||||
| 2. den Abschluss von Büchern (Erstellung von Bilanzen) nach Handelsrecht oder anderen gesetzlichen Vorschriften im Rahmen der durch Paragraph 221, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 221, Absatz 4,, 6 und 7 des Unternehmensgesetzbuches, dRGBl. S 219/1897 festgesetzten Merkmale, | |||||||||
| 3. die Beratung in Angelegenheiten der Arbeitnehmerveranlagung und die Abfassung und Übermittlung der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung an die Abgabenbehörden des Bundes als Bote auch auf elektronischem Weg unter Ausschluss jeglicher Vertretung, | |||||||||
| 4. die Vertretung in Abgaben- und Abgabenstrafverfahren für Bundes-, Landes- und Gemeindeabgaben, ausgenommen die Vertretung vor den Abgabenbehörden des Bundes, den Unabhängigen Verwaltungssenaten, dem Unabhängigen Finanzsenat und dem Verwaltungsgerichtshof, | |||||||||
| 5. die Akteneinsicht auf elektronischem Wege gegenüber den Abgabenbehörden des Bundes, sowie das Stellen von Rückzahlungsanträgen, | |||||||||
| 6. die Vertretung einschließlich der Abgabe von Erklärungen in Angelegenheiten der Umsatzsteuervoranmeldungen und der Zusammenfassenden Meldungen, sowie die Erklärung zur Verwendung von Gutschriften (Paragraph 214, der Bundesabgaben-ordnung, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,), | |||||||||
| 7. die Vertretung einschließlich der Abgabe von Erklärungen in Angelegenheiten der Lohnverrechnung und der lohnabhängigen Abgaben, sowie die Vertretung im Rahmen der gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben, jedoch nicht die Vertretung im Rechtsmittelverfahren und | |||||||||
| 8. die kalkulatorische Buchhaltung (Kalkulation). |
(2) Die zur selbständigen Ausübung des Berufes Bilanzbuchhalter Berechtigten sind weiters berechtigt, folgende Tätigkeiten auszuüben:
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| 1. sämtliche Beratungsleistungen im Zusammenhang ihres Berechtigungsum-fanges gemäß Absatz eins,, | |||||||||
| 2. die Beratung in Beitrags-, Versicherungs- und Leistungsangelegenheiten der Sozialversicherungen, | |||||||||
| 3. die Beratung und Vertretung vor gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften in Beitragsangelegenheiten, | |||||||||
| 4. die Vertretung bei den Einrichtungen des Arbeitsmarktservice, der Berufs-organisationen, der Landesfremdenverkehrsverbände und bei anderen in Wirtschaftsangelegenheiten zuständigen Behörden und Ämtern, soweit diese mit den für den gleichen Auftraggeber durchzuführenden Tätigkeiten gemäß Absatz eins, unmittelbar zusammenhängen, | |||||||||
| 5. die Vertretung in Angelegenheiten der Kammerumlagen gegenüber den gesetzlichen Interessenvertretungen und | |||||||||
| 6. sämtliche Tätigkeiten gemäß Paragraph 32, der Gewerbeordnung 1994, Bundesgesetzblatt Nr. 194.“ |
Aufgrund der Ergebnisse des durchgeführten Beschwerdeverfahrens wird als erwiesen festgestellt, dass der Beschwerdeführer am 17.9.2013 von seiner E-Mail-Adresse „office@r....at“ an Rechtsanwalt Mag. H., Wien, W.-straße, an dessen Mail-Adresse „office@ra-H..at“ ein E-Mail folgenden Inhalts versendete:
„Sehr geehrter Herr Mag. H.,
vorweg möchte ich mich für Ihre Aufmerksamkeit beim Lesen meiner
Mail bedanken!
Gerne biete ich Ihnen eine Kooperation in folgenden Bereichen an:
Arbeitsrecht
Sozialversicherungsrecht
Punktuelle Unterstützung bei personalbezogenen Anfragen
und komplexen Berechnungen
Aufgrund der Fülle an Gesetzesänderungen und Judikaten sind sowohl das Arbeits- und Sozialversicherungs- als auch das Steuerrecht sehr umfangreich geworden.
Ich darf Sie als Dienstleister in Rechtsangelegenheiten ansprechen, der es für sinnvoll erachten könnte, einen Spezialisten an der Hand zu haben, welcher sich durch Kompetenz und weitreichende Erfahrungen in der umfassenden Materie des Personalrechts auszeichnet – ob für Ihre Klienten oder für Ihre eigene Kanzlei!
Beratung und Unterstützung wird u.a. in folgenden Bereichen geboten:
- Prüfen der Anwendung von kollektivvertraglichen Bestimmungen
- Hilfestellung in Fragen des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes
- Überprüfung von Lohn- und Gehalts(end)abrechnungen sämtlicher Branchen
- Erstellen von abgabeoptimierten Abrechnungen iZm Gehaltsforderungen betreffende Rechtsangelegenheiten
- Kontrolle von Überstundenabrechnungen
- Prüfen von Verträgen im Hinblick auf ihre Anwendung von ASVG/GSVG
- Beratung bei Sachverhalten in internationalen Belangen
- Durchführung der Personalverrechnung bei Insolvenzen
Personalverrechnung
Übernahme Ihrer kompletten Personalverrechnung
- Abgabeoptimierte Beratung und Abrechnung
- Pünktliche Gehaltsabrechnungen unter Beachtung sämtlicher gesetzlicher Vorschriften
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Mein Team und ich freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme, gerne vereinbaren wir mit Ihnen ein unverbindliches und kostenloses Erstgespräch!
Mit freundlichem Gruß
Mag. P. R.
Konsulent für Arbeits- und Sozialversicherungsrecht
Bilanzbuchhalter
K.
Wien
Tel. +43 (0)... / ...
Fax +43 (0)1 / ...
office@r....at
www.r....at“
Der Beschwerdeführer verfügt seit 1.1.2013 über die Berufsbefugnis “Bilanzbuchhalter“, welche von ihm zum Tatzeitpunkt aktiv ausgeübt wurde. Über eine Zulassung als Rechtsanwalt verfügt der Beschwerdeführer nicht.
Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die vorliegende, unbedenkliche Aktenlage und die Ergebnisse der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Der Beschwerdeführer ließ im gesamten Verfahren unbestritten, dass er oben stehendes
E-Mail am 17.9.2013 an Rechtsanwalt Mag. H. versendet hat. Vielmehr hat der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren eingewendet, durch den Inhalt des oben wiedergegebenen E-Mails nicht gegen Bestimmungen der RAO verstoßen zu haben.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zielt die in Rede stehende Strafbestimmung des Paragraph 57, Absatz 2, RAO darauf ab, unbefugte Personen von der gewerbsmäßigen Erbringung auch nur einzelner aus dem Gesamtspektrum der den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeiten abzuhalten. Zur Verwirklichung des Tatbildes des Paragraph 57, Absatz 2, i.V.m. Paragraph 8, RAO ist es daher nicht erforderlich, dass der Täter gewerbsmäßig im Sinne einer umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung tätig wird, also alle den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeiten gewerbsmäßig ausübt. Nach dem Vorgesagten genügt vielmehr die gewerbsmäßige Ausübung einzelner oder auch nur einer einzigen derartigen Tätigkeit. Andernfalls wäre die Bestimmung des Paragraph 8, Absatz 2, zweiter Satz RAO, wonach durch den ersten Satz der zitierten Gesetzesbestimmung die Berufsbefugnisse von Notaren, Patentanwälten, Wirtschaftstreuhändern und Ziviltechnikern unberührt bleiben, obsolet, werden doch gerade diese Berufsgruppen nicht im Sinne einer umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung tätig. Nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers sollten aber (auch) mit Paragraph 8, Absatz 2, zweiter Satz RAO die Ausnahmen vom Vorbehalt der Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung umschrieben werden (VwGH 4.12.1998, Zl. 97/19/1553, VwGH 23.10.2007, Zl. 2006/06/0125). Zu den den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeiten gehören sämtliche Tätigkeiten, die Rechtsanwälte im Rahmen ihres traditionellen Leistungsspektrum typischerweise erbringen, wie unter anderem rechtliche Auskünfte, die auf die Verwendung vor einem Gericht oder einer Behörde abzielen oder das Verfassen von Eingaben an Gerichte oder Behörden. Paragraph 57, Absatz 2, RAO bezweckt dabei einerseits den Schutz des rechtssuchenden Publikums vor unqualifizierten Rechtsauskünften sowie Beistandsleistungen und andererseits, den freien Berufsstand der Rechtsanwälte vor dem Eindringen Berufsfremder in ihren Tätigkeitsbereich zu bewahren. Das Ausmaß der (juristischen) Unerfahrenheit des jeweils Beratenen ist in diesem Zusammenhang nicht von entscheidender Bedeutung vergleiche VwGH 27.6.2002. Zl. 99/10/0124). So wurden etwa die die Erteilung von Rechtsauskünften gegen Entgelt (VwGH 27.6.2002. Zl. 99/10/0124, VwGH 23.10.2007, Zl. 2006/06/0125) oder eine Korrespondenz in juristischen Angelegenheiten als den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeiten angesehen. |
Nach der Judikatur des VwGH ist das in Paragraph 8, RAO weiters umschriebene Merkmal der Berufsmäßigkeit der Parteienvertretung mit dem Begriff der "Gewerbsmäßigkeit" in Paragraph 57, Absatz 2, RAO ident. Der Begriff "gewerbsmäßig" in Paragraph 57, Absatz 2, RAO orientiert sich am Begriffsverständnis des Gewerberechts. Nach Paragraph eins, Absatz 2, GewO ist darunter eine Tätigkeit zu verstehen, die selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Selbst eine einmalige Handlung gilt gemäß Paragraph eins, Absatz 4, GewO als regelmäßig, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann. Handlungen eines Gewerbetreibenden, die der Erreichung des mit seinem Gewerbebetrieb verbundenen geschäftlichen Zieles dienen, erlangen, sofern sie ihrem Inhalt nach eine gewerbliche Tätigkeit darstellen, schon durch diese Zweckverbundenheit gewerbsmäßigen Charakter; dass sie nicht für sich einen abgesonderten Ertrag liefern, ändert daran nichts. Das trifft für jeden Aufwand und für jede Tätigkeit zu, die der Gewerbetreibende zur Erbringung seiner gewerbsmäßigen Tätigkeit entfaltet. Jede im Rahmen eines Gewerbebetriebes ausgeübte Tätigkeit trägt schon hiedurch allein den Charakter der Gewerbsmäßigkeit an sich (VwGH 4.12.1998, Zl. 97/19/1553) Unbestritten hat der Beschwerdeführer die in Rede stehenden Leistungen im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Bilanzbuchhalter angeboten. Aufgrund der äußeren Umstände der inkriminierten Tathandlung (u.a. Versenden von E-Mails zum Zweck der Erlangung neuer Aufträge im Rahmen seiner Tätigkeit als Bilanzbuchhalter) war somit von Gewerbsmäßigkeit auszugehen. Indem der Beschwerdeführer in seinem E-Mail vom 17.9.2013 eine Kooperation in den Bereichen „Arbeitsrecht“ und „Sozialversicherungsrecht“ angeboten hat, indem er u.a. eine Beratung in den Bereichen „Prüfen der Anwendung von kollektivvertraglichen Bestimmungen“ sowie „Prüfen von Verträgen im Hinblick auf ihre Anwendung von ASVG/GSVG“ angeboten hat und sich dabei als Konsulent für Arbeits- und Sozialversicherungsrecht bezeichnet hat, obwohl derartige Leistungen auch nicht vom Berechtigungsumfang des Paragraph 2, BibuG umfasst sind, hat er eine den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit angeboten und damit die objektive Tatseite der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung verwirklicht. Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt, weil weder der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr vorausgesetzt, noch über das Verschulden etwas bestimmt wird. Bei solchen Delikten obliegt es gemäß Paragraph 5, Absatz eins, VStG dem Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Das bedeutet, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, z.B. durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung entsprechender Beweisanträge. Der Beschwerdeführer hat diesbezüglich kein substantiiertes Vorbringen erstattet und konnte somit nicht im Sinne von Paragraph 5, Absatz eins, VStG glaubhaft machen, dass ihm die Einhaltung der übertretenen Rechtsvorschrift ohne sein Verschulden nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre. Die subjektive Tatseite der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretung ist daher ebenfalls verwirklicht. Zur Strafbemessung: Gemäß Paragraph 19, Absatz eins, VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß Paragraph 19, Absatz 2, VStG sind im ordentlichen Verfahren (Paragraphen 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Paragraphen 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Durch die gegenständliche Tat wurde das öffentliche Interesse an der ausschließlichen Erbringung bzw. des Anbietens von anwaltlichen Tätigkeiten durch hierfür Berechtigte nicht unerheblich beeinträchtigt. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat war daher keineswegs als geringfügig anzusehen. Dass die Einhaltung der vom Beschwerdeführer übertretenen Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervor gekommen, noch war dies aufgrund der Tatumstände anzunehmen. Es kann daher auch das Verschulden des Beschwerdeführers keineswegs als geringfügig angesehen werden. Dem Beschwerdeführer kommt laut Aktenlage der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute, erschwerende Umstände sind im Verfahren keine hervor gekommen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Rechtsmittelwerbers werden mangels Bekanntgabe aufgrund seiner beruflichen Stellung als zumindest durchschnittlich angenommen, Sorgepflichten wurden keine ins Treffen geführt. Vor dem Hintergrund dieser Strafbemessungskriterien und des zitierten gesetzlichen Strafsatzes erscheint die von der Behörde ohnehin milde bemessene Strafe tat- und schuldangemessen, sodass keine Strafherabsetzung in Betracht kam. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision: Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor. | ||
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ECLI:AT:LVWGWI:2015:VGW.001.047.29707.2014