Landesverwaltungsgericht Vorarlberg
16.08.2023
LVwG-318-37/2023-R6
Im Namen der Republik!
Erkenntnis
Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch die Richterin Mag.a Birgit König über die Beschwerde der H AG und Co KG, F, vertreten durch die Summer Schertler Kaufmann Rechtsanwälte GmbH, Bregenz, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 01.02.2023 betreffend die Erteilung einer Baubewilligung und einer gewerberechtlichen Genehmigung, zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. (Erteilung der Baubewilligung) Folge gegeben und der verfahrenseinleitende Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung für den Umbau des Hotels F als unzulässig zurückgewiesen.
II. Gemäß § 28 Abs 1 und 2 VwGVG wird der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. (Erteilung der gewerberechtlichen Genehmigung) keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Sachverhalt wie folgt ergänzt wird: „Biomüll wird in geschlossenen Behältnissen und gekühlt gelagert.”
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Paragraph 25 a, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Begründung
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde L B, L, gemäß den Paragraphen 28 und 29 Baugesetz (BauG) hinsichtlich der Abstände und Abstandsflächen gleichzeitig unter Zulassung einer Ausnahme gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Litera c und d die beantragte Baubewilligung für den Umbau des Hotels „F“ nach Maßgabe des festgestellten Sachverhaltes und der einen Bescheidbestandteil bildenden Plan- und Beschreibungsunterlagen unter der Vorschreibung von Auflagen erteilt.
Weiters wurde gemäß Paragraph 81, in Verbindung mit den Paragraphen 74,, 77 und 353ff der Gewerbeordnung sowie den Paragraphen 93 und 99 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes die beantragte gewerberechtliche Genehmigung für den Umbau und den dadurch geänderten Betrieb des Hotels „F“ nach Maßgabe des festgestellten Sachverhaltes und der einen Bescheidbestandteil bildenden Plan- und Beschreibungsunterlagen unter der Vorschreibung von Auflagen erteilt.
2. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, die Behörde habe das Bauvorhaben unrichtigerweise als Umbau tituliert und als solches behandelt, das Bauvorhaben stelle jedoch im Wesentlichen einen Neubau des Hotels dar. Dem hochbautechnischen Gutachten zufolge werde das bestehende Gebäude bis auf einzelne Wandscheiben im Untergeschoß komplett abgebrochen, lediglich eine restliche Mauerfläche von circa 25,5 m² und ein restliches Mauervolumen von circa 8 m³ würden bestehen bleiben. Daher sei das Bauvorhaben jedenfalls als Neubau zu qualifizieren. Der Restbestand des Gebäudes sei derart gering, dass dieses unter keinen Umständen als Umbau iSd Paragraph 2, Absatz eins, Litera n, BauG zu sehen sei. Demnach wäre das Bauverfahren als ein Verfahren zur Errichtung eines Neubaus durchzuführen gewesen, und zwar mit für einen Neubau entsprechenden Auflagen und Einschränkungen. Für die Beschwerdeführerin sei in dieser Hinsicht jedenfalls die Einhaltung der gesetzlichen Mindestabstände und Abstandsflächen zum Grundstück wesentlich und verändere sich diese im Hinblick auf Neubau oder Umbau. Die gesetzlichen Mindestabstände und Abstandsflächen zum Grundstück wären daher unter dem Umstand des Neubaus zu beurteilen gewesen, was zu einer Verletzung des gesetzlichen Mindestabstandes geführt hätte.
Die Behörde habe die Einwendungen hinsichtlich der gesetzlichen Mindestabstände und Abstandsflächen zum Grundstück der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Die Behörde habe ausgeführt, dass Ausnahmen zulässig seien, sofern die Interessen der Sicherheit, der Gesundheit sowie des Schutzes des Orts- und Landschaftsbildes nicht beeinträchtigt würden und innerhalb von sieben Jahren die Schattenpunkte nicht tiefer hineinragen würden als bisher und die bisherigen Abstände nicht unterschritten würden. Die Behörde habe jedoch keine Aussage über die Schattenpunkte getätigt. Auch über die Interessen der Sicherheit, Gesundheit sowie des Schutzes des Orts- und Landschaftsbildes sei nichts festgestellt worden. Ob diese Einwendungen daher tatsächlich unbegründet seien, könne dem Bescheid nicht entnommen werden. Es sei gleichgültig, ob die durch das Bauvorhaben neuen Abstandsflächen geringeren Ausmaßes seien als die derzeit bestehenden. Wesentlich sei, dass die Abstandsflächen durch das Bauvorhaben überschritten würden. Die Einwendungen seien nicht unbegründet und hätten berücksichtigt werden müssen.
Auch die Einwendungen hinsichtlich Geruchs- und Lärmimmissionen seien nicht unbegründet. Die Behörde gehe davon aus, dass die Immissionen aus dem Umstand, dass die Widmungskategorie des Hotels mit Baufläche/Wohngebiet im Flächenwidmungsplan gekennzeichnet sei, als zumutbar anzusehen seien und das Maß der Ortsüblichkeit nicht überschritten werde. Lediglich aus der Widmungskategorie könne nicht festgestellt werden, ob das ortsübliche Maß überschritten werde, es seien keine genauen Untersuchungen und Beobachtungen angestellt worden. Durch den neu geschaffenen Müllraum in nächster Nähe zum Grundstück der Beschwerdeführerin sowie durch die angrenzende Tiefgaragenabfahrt komme es vermehrt zu Immissionen. Die Behörde schließe aus der Größe des Müllraums (6,63 m²), dass keine Geruchsbelästigung bestehen könne. Dies sei nicht nachvollziehbar, eine gründliche Überprüfung sei unterblieben. Auch die Geruchsbelästigungen durch vermehrte Abfahrten in die Tiefgarage oder Standzeiten bei den Autos seien nicht berücksichtigt/beurteilt worden. Die Lärmimmission sei schon allein daher erhöht, dass sich mehr Gäste im zu bauenden Hotel aufhalten/nächtigen könnten als im derzeit bestehenden Hotel. Zudem sei als Neuerung eine Öffnung (des Restaurants) auch für externe Gäste vorgesehen. Dass sich durch die geplante Betriebsweise keine wesentlichen Änderungen der Gesamtschallimmissionen ergeben würden, da sich die Öffnungszeiten (Restaurant) und Stellplätze im Außenbereich nicht ändern würden, sei daher nicht nachvollziehbar und nicht ausreichend für das Verwerfen der Einwendungen.
Der Sachverhalt sei ergänzungsbedürftig. In den vorliegenden Plänen sei eine Darstellung des Bestandes vorgenommen worden. Eine technische Erklärung, wie diese Baumaßnahme durchgeführt werden solle, fehle. Die im Plan dargestellten Wandteile, welche bestehen bleiben sollen, müssten alle unterfangen werden, da die Bodenplatte und Fundierung dieser Wände um mindestens 1 m in den Untergrund abgesenkt werde. Die geplante Bauweise sei vollkommen unwirtschaftlich und es werde weiterhin keinerlei Aussage getroffen, wie die Maßnahme technisch auszuführen sei, damit diese Wände nach unten verlängert würden und so überhaupt stehen bleiben könnten. Das hochbautechnische Gutachten enthalte darüber hinaus keine Aussage über die Errichtung der Zufahrt zur Tiefgarage, welche an der Rampe eine entsprechende Stützmauer aufweise, die unmittelbar an der Grundstücksgrenze zu GST-NR römisch 30 der Nachbarin gebaut werde. Auch die Stützmauer allein sei bereits bewilligungspflichtig. Auf die Ergänzungsbedürftigkeit des hochbautechnischen Gutachtens sei hingewiesen worden und werde die Ergänzung beantragt. Es wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, in der Sache selbst zu entscheiden, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die beantragten Bewilligungen nicht zu erteilen.
3. Das Landesverwaltungsgericht hat eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt steht fest:
3.1. L B, L, ist Eigentümer des GST-NR YYY, KG L, mit dem darauf bestehenden Hotelbetrieb mit der Bezeichnung „F". Dieses Grundstück ist im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde L größtenteils als „Baufläche Wohngebiet" ausgewiesen. Der Bestand ragt derzeit geringfügig auf eine vorbeiführende Verkehrsfläche (,,Z Straße").
Mit dem vorliegenden Projekt ist beabsichtigt, das bestehende Gebäude größtenteils abzutragen und auf dem Sockelgeschoss den Betrieb in der geänderten Form eines „Suitenhotels" zu errichten. Entsprechend den vorgelegten Plan- und Beschreibungsunterlagen ist das Gebäude mit einem Untergeschoss, einem Erdgeschoss und drei Obergeschossen geplant. Das Bauvorhaben wurde als Umbau beantragt, da das Sockelgeschoss (zumindest in Teilen) erhalten werden soll.
Wesentlicher Bestandteil des Untergeschosses bildet die geplante Tiefgarage mit einer Fläche von ca. 210,73 m², die auf insgesamt 8 Einstellplätze dimensioniert ist. Die Tiefgarage soll über eine Rampe zugänglich gemacht werden, die bis an die Grenze des benachbarten Grundstückes heranreicht. Neben der Tiefgarage sind auf der Ebene des Untergeschosses auch ein Fahrradraum, ein Müllraum, ein Technikraum, ein Schidepot und eine zu einem Aufzug führende Schleuse geplant. Auch der Hauptzugang zum Gebäude befindet sich auf dieser Geschossebene (Straßenseite). Neben diesen 8 geplanten Einstellplätzen in der Tiefgarage befinden sich im Außenbereich 8 weitere Stellplätze (wie auch bisher).
Im Erdgeschoss ist das Restaurant für das Suitenhotel geplant. Der Gastraum umfasst eine Fläche von 86,49 m² und ist auf 33 Verabreichungsplätze dimensioniert, 3 weitere Verabreichungsplätze sind auf einer kleinen straßenseitigen Terrasse vorgesehen. Im hangseitigen Gebäudeteil befinden sich eine Küche, ein Back-Office, ein Lagerbereich und WC-Anlagen. Das Restaurant soll nicht nur hoteleigenen Gästen, sondern auch externen Gästen zur Verfügung stehen. Für die Hotelgäste selbst ist jedenfalls in diesem Restaurantbereich auch eine Frühstücksbewirtung und die Ausgabe von kleinen Speisen geplant.
Im Erdgeschoss ist auch die Suite 1 geplant, welche aus einem Wohn-/Schlafraum, sanitären Anlagen und einer Loggia besteht. Mit dieser Ausstattung sollen im ersten Obergeschoss auch die Suiten 2 bis 5 geschaffen werden. Über die Suiten hinaus befindet sich im ersten Obergeschoss die Wellnessanlage, bestehend aus einer Saunakabine, dem Ruheraum, sanitären Anlagen und einer Terrasse mit einem Jacuzzi für eine Person.
Auf der Ebene des zweiten Obergeschosses sind mit Ausnahme einer Lüftungszentrale und einem Wäschelager ausschließlich Flächen für die Suiten 6 bis 9 geplant, wobei diese Suiten zweigeschossig vorgesehen sind und daher zusätzliche Räume im dritten Obergeschoss aufweisen. In diesem dritten Obergeschoss weist das Gebäude auch Gauben auf.
In der Betriebsbeschreibung wurde dargelegt, dass die Belegung der insgesamt 9 Suiten mit maximal 39 Personen erfolgen soll. Die Suiten sollen ausschließlich im Rahmen eines gastgewerblichen Beherbergungsvertrages an ständig wechselnde Gäste vermietet werden. Die Vermietung des Betriebes an die Gäste soll über den Hoteleigentümer und Antragsteller L B erfolgen. Die Suiten werden nicht mit Kochgelegenheiten ausgestattet, auch nicht mit Vorrichtungen für den späteren Einbau solcher Kochgelegenheiten. Die Suiten werden vorwiegend über Plattformen im Internet und über die L Tourismus angeboten.
Die einzelnen Suiten sollen natürlich be- und entlüftet werden (Fensterlüftung). Eine mechani-sche Be- und Entlüftung soll für die Bereiche Restaurant bzw Küche und Wellnessbereich vorgesehen werden. Die Ansaugung der Frischluft soll an der Richtung Zug ausgerichteten Fassade erfolgen, die Ausblasung über Dach.
Die Abstandsflächen und Abstände fallen bereits bisher auf Nachbargrundstücke. Es erfolgte eine vermessungstechnische Aufnahme des Gebäudes mit Lage und Höhe durch das Vermessungsbüro B + Sitzung Die gesetzlich einzuhaltenden Mindestabstände und Abstandsflächen fallen nach der geplanten Umgestaltung auf die Grundstücke GST-NRN ZZZ und WWW, die Zustimmungen zur Gewährung einer Abstandsnachsicht in Richtung dieser Grundstücke liegt vor. Weiteres fallen die Abstandsflächen auf das GST-NR römisch 30 im Eigentum der Hotel S AG Co KG sowie auf das GST-NR römisch VVV (öffentliches Gut, Straßen und Wege). Das Gebäude wird mit einer zusätzlichen Dämmstärke von maximal 25 cm an den Wänden sowie auf dem Dach versehen.
Der Sauna- und Ruhebereich im ersten Obergeschoss soll nur von Hotelgästen genutzt werden können. Im Betrieb sollen zwei Reinigungskräfte tätig sein, die für eine tägliche Reinigung sowohl der Suiten als auch des Wellnessbereiches zuständig sind. Wäsche wird extern gereinigt und im Wäschelager nur zwischengelagert. Der geplante Restaurantbetrieb soll vorwiegend mittags bis abends stattfinden. Die Küche soll (da auch das Frühstück ausgegeben wird) von 07:00 Uhr bis 22.00 Uhr in Betrieb sein.
Die Anschlüsse im Zusammenhang mit der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung und Strom sind für das Baugrundstück bereits vorhanden. Das Gebäude soll auch an das Fernwärmenetz angeschlossen werden. Der Antragsteller hat im Rahmen der Ortsaugenscheinsverhandlung bekanntgegeben, dass für die Realisierung des Projektes Ankerungen nicht erforderlich sind. Im Verfahren wurde auch eine geologische Beurteilung durch ein hiezu befugtes Büro vorgelegt und bekanntgegeben, dass eine geologisch-fachliche Begleitung der Baumaßnahmen erfolgt.
3.2. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Liegenschaft GST-NRN UUU und römisch 30 , KG L. Die Beschwerdeführerin hat im behördlichen Verfahren rechtzeitig Einwendungen erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, es handle sich beim geplanten Vorhaben um einen Neubau und durch den Betrieb würden Lärm- und Geruchsbelästigungen entstehen. Auch seien die erforderlichen Abstände und Abstandsflächen nicht eingehalten und seien Gefährdungen von Personen oder Nachbargrundstücken durch den erforderlichen Felsabtrag möglich.
4. Dieser Sachverhalt wird auf Grund der vorliegenden Akten als erwiesen angenommen. Der Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus den vorliegenden Plan- und Beschreibungsunterlagen sowie aus den eingeholten Gutachten.
4.1. Der hochbautechnische Amtssachverständige hat im behördlichen Verfahren ein Gutachten erstattet vom 21.12.2022, welches im Wesentlichen wie folgt lautet:
„A) Sachverhalt
Mit Eingabe vom 07.06.2022 hat Herr L B, L, um die Erteilung der Baubewilligung und gewerberechtlichen Genehmigung für den Umbau des Hotels „F“ auf GST-NR YYY, GB L, in ein Suitenhotel angesucht. Mit dem vorliegenden Projekt ist nunmehr beabsichtigt, das bestehende Gebäude größtenteils abzutragen und auf dem Sockelgeschoss den Betrieb in der geänderten Form eines „Suitenhotels“ zu errichten. Entsprechend den vorgelegten Plan- und Beschreibungsunterlagen ist das Gebäude mit einem Untergeschoss, einem Erdgeschoss und drei Obergeschossen geplant. Das Bauvorhaben wurde als Umbau beantragt, da das Sockelgeschoss (zumindest in Teilen) erhalten werden soll.
Wesentlicher Bestandteil des Untergeschosses bildet die geplante Tiefgarage mit einer Fläche von ca. 210,73 m², die auf insgesamt 8 Einstellplätze dimensioniert ist. Die Tiefgarage soll über eine Rampe zugänglich gemacht werden, die bis an die Grenze des benachbarten Grundstückes heranreicht. Neben der Tiefgarage sind auf der Ebene des Untergeschosses auch ein Fahrradraum, ein Müllraum, ein Technikraum, ein Schidepot und eine zu einem Aufzug führende Schleuse geplant. Auch der Hauptzugang zum Gebäude befindet sich auf dieser Geschossebene (Straßenseite). Im Erdgeschoss ist das Restaurant für das Suitenhotel geplant. Der Gastraum umfasst eine Fläche von 86,49 m² und ist auf 33 Verabreichungsplätze dimensioniert, 3 weitere Verabreichungsplätze sind auf einer kleinen straßenseitigen Terrasse vorgesehen. Im hangseitigen Gebäudeteil befinden sich eine Küche, ein Backoffice, ein Lagerbereich und WC-Anlagen. Wie sich aus der vorgelegten Betriebsbeschreibung ergibt, soll das Restaurant nicht nur hoteleigenen Gästen, sondern auch externen Gästen zur Verfügung stehen.
Im Erdgeschoss ist auch die Suite 1 geplant, welche aus einem Wohn-/Schlafraum, sanitären Anlagen und einer Loggia besteht. Mit dieser Ausstattung sollen im ersten Obergeschoss auch die Suiten 2 bis 5 geschaffen werden. Über die Suiten hinaus befindet sich im ersten Obergeschoss die Wellnessanlage, bestehend aus einer Saunakabine, dem Ruheraum, sanitären Anlagen und einer Terrasse mit einem Jacuzzi. Auf der Ebene des zweiten Obergeschosses sind mit Ausnahme einer Lüftungszentrale und einem Wäschelager ausschließlich Flächen für die Suiten 6 - 9 geplant, wobei diese Suiten zweigeschossig vorgesehen sind und daher zusätzliche Räume im dritten Obergeschoss aufweisen. Im dritten Obergeschoss weist das Gebäude auch Gauben auf. Die Belegung der insgesamt 9 Suiten soll mit maximal 39 Personen erfolgen. Die einzelnen Suiten sollen natürlich be- und entlüftet werden (Fensterlüftung). Eine mechanische Be- und Entlüftung soll für die Bereiche Restaurant bzw Küche und Wellnessbereich vorgesehen werden.
Im Hinblick darauf, dass die Abstandsflächen und Abstände bereits bisher auf Nachbargrundstücke fallen, und im Hinblick auf die Beurteilung im Zusammenhang mit dem Bebauungsplan der Gemeinde L (vor allem Baunutzungszahl) erfolgte eine vermessungstechnische Aufnahme des Gebäudes mit Lage und Höhe durch das Vermessungsbüro B + Sitzung Die gesetzlich einzuhaltenden Mindestabstände und Abstandsflächen fallen nach der geplanten Umgestaltung jedenfalls auf die Grundstücke GST-NR ZZZ (im Eigentum von Herrn M M), GST WWW (im Eigentum von Frau C H und M S). Weiters fallen die Abstandsflächen auf das GST-NR römisch 30 im Eigentum der Hotel S AG & Co KG sowie auf das GST-NR römisch VVV (öffentliches Gut, Straßen und Wege). Im Zusammenhang mit den Abstandsflächen ist insbesondere auch zu erwähnen, dass das Gebäude mit einer zusätzlichen Dämmstärke von maximal 25 cm an den Wänden sowie auf dem Dach versehen werden soll.
B) Befund:
Das Gutachten erfolgte auf Grundlage der Baueingabeunterlagen, der bei der mündlichen Verhandlung am 21.07.2022 gewonnenen Erkenntnisse (s. Niederschrift) und der ergänzenden Unterlagen, welche dem Unterfertigenden mit dem Ersuchen um Begutachtung vom 25.11.2022 übermittelt wurden.
C) Gutachten:
Abbruch/Umbau
Das bestehende Gebäude wird gemäß Plannummer römisch XX – Grundrisse UG Bestand/Umbau bis auf einzelne Wandscheiben im Untergeschoß, Bereich des neuen Müllraumes, des Fahrradraumes, der Garagen- und Liftzone, komplett abgebrochen. Die verbleibenden Wandscheiben haben eine Höhe von ca. 1,50 m. Die Abwicklungslänge der Wandscheiben beträgt ca. 17,0 m. Dies ergibt eine restliche Mauerfläche von ca. 25,5 m² und ein restliches Mauervolumen von ca. 8,0 m³.
Abstandsflächenberechnung:
Die Abstandsflächenberechnung liegt in einem eigenen Plan vor und basiert auf dem Vermessungsplan von B + S vom 21.06.2021. Die Fassade ist mit vielen Lisenen versehen, welche aber untergeordnet sind (geringer als 20 cm) und nicht als Wandfläche in Erscheinung treten. Die Berechnungen und Darstellungen basieren somit auf richtigen Angaben und sind richtig. Im Zusammenhang mit den Abstandsflächen ist insbesondere auch zu erwähnen, dass das Gebäude mit einer zusätzlichen Dämmstärke von maximal 25 cm an den Wänden sowie auf dem Dach versehen werden soll (gem. Energieausweis).
GST-NR römisch 30 im Eigentum der Hotel S AG Co
Die Abstandsflächen ragen in das benachbarte GST-NR römisch 30 im Eigentum der Hotel S AG & Co KG, jedoch in einem geringeren Ausmaß als beim Bestand. Dies resultiert aus dem Abbruch der Terrasse. In diesem Ausmaß reduzieren sich auch die Abstände des „neuen“ Gebäudes zu diesem Grundstück. Im Südeck der Abstandsfläche ist eine neue Abstandfläche mit einem Ausmaß von 10 cm vorhanden, diese resultiert aus der Dämmung mit einer Stärke von 24 cm. […..]
GST-NR ZZZ (im Eigentum von Herrn M M), GST WWW (im Eigentum von Frau C H und M S); GST-NR römisch VVV (öffentliches Gut, Straßen und Wege).
Die gesetzlich einzuhaltenden Mindestabstände und Abstandsflächen fallen nach der geplanten Umgestaltung jedenfalls auf die Grundstücke GST-NR ZZZ (im Eigentum von Herrn M M), GST WWW (im Eigentum von Frau C H und M S). Weiters fallen die Abstandsflächen auf das GST-NR römisch VVV (öffentliches Gut, Straßen und Wege).
In hochbautechnischer Hinsicht bestehen bei plan-, beschreibungs- und sachverhaltsgemäßer Ausführung gegen die Erteilung der Baubewilligung und gewerberechtliche Genehmigung keine Bedenken, wenn die nachstehenden Auflagen in den Bescheid aufgenommen und bei der Ausführung eingehalten werden.“
Es wurden jene Auflagen beantragt, die im angefochtenen Bescheid unter Spruchpunkt römisch eins. B) sowie unter Spruchpunkt römisch II. C) vorgeschrieben wurde. Auf den angefochtenen Bescheid wird verwiesen.
4.2. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wurde ein Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen eingeholt, welches wie folgt lautet:
„1. Wie hoch ist der Umgebungsgeräuschpegel ohne Einwirkung der Änderung der Betriebsanlage?
Die örtlich vorherrschenden Umgebungsgeräusche sind geprägt durch die umliegenden Beherbergungsbetriebe, des Flusses „L“ und dem Verkehr der südlich vorbeiführenden Straße. Bei dem verfahrensgegenständlichen Vorhaben handelt es sich um einen Umbau einer bereits bestehenden Betriebsanlage. Der Bestand verfügt über eine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung und somit sind aus technischer Sicht dessen Emissionen auch Teil des vorherrschenden Umgebungsgeräuschpegels. An der östlichen Fassade der beschwerdeführenden Nachbarschaft wirken maßgeblich die Emissionen des Hotel F ein. Bei einer messtechnischen Erfassung von Umgebungsgeräuschen können jeweils nur die während des Messzeitraumes auftretenden Pegel erfasst werden. Dabei ist nicht sichergestellt, dass bei der beschwerdeführenden Nachbarschaft der maximale genehmigte Betrieb des Hotel F einwirkt.
Deshalb wurde mittels der Software IMMI und einem dreidimensionalen Geländemodell eine Schallausbreitungsberechnung erstellt. Als maßgebende Emittenten wurden der Gastgarten auf der Terrasse, laut Antragstellerin mit 30 Verabreichungsplätzen, und die acht außenliegenden Parkplätze in das Berechnungsmodell als Flächenschallquellen modelliert.
Für die Ausgangswerte des Gastgartens wird auf die Tabelle 2 der ÖNORM S 5012 zurückgegriffen. Beim Betrieb des Gastgartens sind entsprechend der Betriebsbeschreibung Unterhaltungen in normaler Lautstärke und häufige Serviergeräusche anzunehmen. Somit ist je Gast ein Schallleistungspegel von 63 dB anzusetzen. Der Schallleistungspegel der kennzeichnenden Schallpegelspitzen ist mit 92 dB zu beziffern. Die Betriebszeiten sind täglich von 07:00 bis 10:30 Uhr, 12:00 bis 14:00 Uhr und von 17:00 bis 22:00 Uhr.
Für die Anzahl der Fahrbewegungen der außenliegenden 8 Parkplätze während der zu beurteilenden Zeiträume wurden folgende Werte angenommen:
Tageszeit (6-19): 16 Fahrbewegungen (≙ 0,15 Bewegungen je Stellplatz und Stunde)
Abendzeit (19-22): 3 Fahrbewegungen (≙ 0,13 Bewegungen je Stellplatz und Stunde)
Nachtzeit (22-6): 1 Fahrbewegung (≙ 0,13 Bewegungen je Stellplatz und Stunde für die ungünstigste Nachtstunde)
Der relevante Immissionspunkt für die Prognose wurde in 0,5 m Abstand und in 4 m Höhe vor der östlichen Fassade des Haus R gesetzt.
Die Ermittlung des Immissionspegels erfolgte anhand der Berechnungsverfahren der bayerischen Parkplatzlärmstudie, der ÖNORM S 5012 sowie der ÖNORM EN ISO 9613-2 und ergab für die Tageszeit einen Wert von 41 dB, für die Abendzeit von 44 dB und zur ungünstigsten Nachtstunde von 30 dB.
2. Sind die vorliegenden Messungen nach dem Stand der Technik als ausreichend für die Bestimmung des Umgebungsgeräuschpegels anzusehen?
Nein. Bisherige Messdaten konnten für das gegenständliche Verfahren nicht herangezogen werden.
3. Wenn ja: warum? Wenn nein, wird ersucht, eine entsprechende Messung durchzuführen.
Angesichts der langanhaltenden Regenfälle in diesem Frühjahr konnte keine aussagekräftige Langzeitmessung der Umgebungsgeräusche ausgeführt werden. Vom 19.05.2023 um ca. 11:30 Uhr bis zum 20.05.2023 um ca. 14:00 Uhr wurde eine Umgebungslärmmessung gemäß der ÖNORM S 5004 auf dem Grundstück römisch 30 , KG L, durchgeführt. Eingesetzt wurde das geeichte Messgerät der Marke Norsonic, Typ N140, mit der Seriennummer: römisch zehn (Messsystem grün). Vor und nach der Messung wurde das Messgerät mit einem geeichten Kalibrator überprüft. Der Messpunkt wurde in einem Abstand von 3 m und in einer Höhe von 4 m der östlichen Fassade positioniert. Die Witterung war sonnig, trocken und windstill. Die Umgebung war geprägt durch das Rauschen des Flusses L und vereinzeltem Verkehrsaufkommen auf der südlich vorbeiführenden Straße. Zur Mittagszeit von 11:00 bis 12:00 Uhr fanden auf der Terrasse des Hotel F handwerkliche Arbeiten statt. So fanden Manipulationen an Holzbrettern statt und es wurde eine Akku-Handbohrmaschine eingesetzt. Diese Arbeiten zogen sich aller Wahrscheinlichkeit nach in den Nachmittag hinein.
Die Ergebnisse werden aufgeschlüsselt auf die Beurteilungszeiten iS der ÖAL Richtlinie Nr. 3 – Tagzeit (06:00 – 19:00 Uhr), Abendzeit (19:00 – 22:00 Uhr) und die ungünstigste Nachtstunde während der Nachtzeit (22:00 – 06:00 Uhr) – dargestellt.
Für dieses Verfahren werden der energieäquivalente Dauerschallpegel (LA,eq) und der Basispegel (LA,95) als relevante Daten angesehen und nachfolgend aufgelistet:
|
| LA,eq | LA,95 |
19.05. | Tag | 64 dB | 46 dB |
| Abend | 57 dB | 46 dB |
| Nacht | 47 dB | 46 dB |
20.05. | Tag | 53 dB | 46 dB |
4. Ist zu erwarten, dass sich die bei den Beschwerdeführern auftretenden Schallimmissionen durch die beantragten Maßnahmen – insbesondere durch die Errichtung einer Tiefgarage mit 8 Stellplätzen - ändern?
Ja. Die Schallimmissionen werden sich verändern.
5. Wie groß ist die Differenz zwischen dem Geräuschpegel, der bei der Beschwerdeführerin ohne Einwirkung des gegenständlichen Projekts vorherrscht und dem Geräuschpegel, der bei der Beschwerdeführerin unter Einbeziehung der Geräusche des gegenständlichen Projekts zu erwarten ist?
Wie für den genehmigten Bestand wurde auch für das gegenständliche Projekt mit der Software IMMI und einem dreidimensionalen Geländemodell eine Schallausbreitungsberechnung erstellt. Als maßgebende Emittenten wurden der verkleinerte südlich gelegene Gastgarten mit 3 Verabreichungsplätzen und die acht außenliegenden Parkplätze als Flächenschallquellen und die Fahrbewegungen auf der Tiefgarageneinfahrt als Linienschallquelle modelliert. Zur Darstellung des Innenpegels der Tiefgarage wurde eine Punktschallquelle vor das Garagentor gesetzt (eine Schalldämmung durch das Garagentor wurde nicht berücksichtigt, weil keine Daten vorlagen). Die Seitenwände der Einfahrt sind als reflektierende Wände im Modell aufgebaut.
Für die Ausgangswerte des Gastgartens wird auf die Tabelle 2 der ÖNORM S 5012 zurückgegriffen. Beim Betrieb des Gastgartens sind entsprechend der Betriebsbeschreibung Unterhaltungen in normaler Lautstärke und häufige Serviergeräusche anzunehmen. Somit ist je Gast ein Schallleistungspegel von 63 dB anzusetzen. Der Schallleistungspegel der kennzeichnenden Schallpegelspitzen ist mit 92 dB zu beziffern. Die Betriebszeiten sind täglich von 07:00 bis 10:30 Uhr, 12:00 bis 14:00 Uhr und von 17:00 bis 22:00 Uhr.
Für die Anzahl der Fahrbewegungen der 8 TG-Parkplätze während der zu beurteilenden Zeiträume wurden folgende Werte angenommen:
Tageszeit (6-19): 16 Fahrbewegungen (≙ 0,15 Bewegungen je Stellplatz und Stunde)
Abendzeit (19-22): 3 Fahrbewegungen (≙ 0,13 Bewegungen je Stellplatz und Stunde)
Nachtzeit (22-6): 1 Fahrbewegung (≙ 0,13 Bewegungen je Stellplatz und Stunde für die ungünstigste Nachtstunde)
Für die Anzahl der Fahrbewegungen der 8 außenliegenden Parkplätze während der zu beurteilenden Zeiträume wurden folgende Werte angenommen:
Tageszeit (6-19): 12 Fahrbewegungen (≙ 0,12 Bewegungen je Stellplatz und Stunde)
Abendzeit (19-22): 4 Fahrbewegungen (≙ 0,17 Bewegungen je Stellplatz und Stunde)
Nachtzeit (22-6): 1 Fahrbewegung (≙ 0,13 Bewegungen je Stellplatz und Stunde für die ungünstigste Nachtstunde)
Der relevante Immissionspunkt für die Prognose wurde ebenfalls in 0,5 m Abstand und in 4 m Höhe vor der östlichen Fassade des Haus R gesetzt.
Die Ermittlung des Immissionspegels erfolgte anhand der Berechnungsverfahren der bayerischen Parkplatzlärmstudie, der ÖNORM S 5012 sowie der ÖNORM EN ISO 9613-2 und ergab für die Tageszeit einen Wert von 34 dB, für die Abendzeit von 35 dB und zur ungünstigsten Nachtstunde von 33 dB.
Bei dem Vergleich mit den Immissionswerten des Bestandes ist ersichtlich, dass die Immissionswerte am Tag um 7 dB und am Abend um 9 dB niedriger sind. Nachts sind diese um 3 dB höher. Die hohe Reduktion während der Tages- und Abendzeit lässt sich auf den Wegfall des Gastgartens mit 30 Verabreichungsplätzen zurückführen. Die leichte Erhöhung zur ungünstigsten Nachtstunde ergibt sich aufgrund erhöhter Parkbewegungen auf dem Gelände des Hotel F.
6. Wird die Beurteilungsgrenze für den Beurteilungspegel der spezifischen Schallimmissionen überschritten?
Da sich aus dem Vergleich der Immissionswerte, bei der vorherigen Frage, herauskristallisierte, dass eine Verschlechterung nur zur Nachtzeit auftritt, wird zur Beantwortung dieser Frage auch nur die Nachtzeit untersucht.
Im Zuge der Umgebungslärmmessung wurde während der ruhigsten Nachtstunde ein LA,eq von 47 dB und ein LA,95 von 46 dB ermittelt. Die Flächenwidmung am Standort des geplanten Vorhabens sowie der umliegenden Grundstücke ist laut rechtsgültigem Flächenwidmungsplan der Gemeinde L als Baufläche-Wohngebiet ausgewiesen. Gemäß der Tabelle 1 der ÖNORM S 5021 in Verbindung mit dem Vorarlberg-Leitfaden wird dieses Gebiet der Kategorie 2 zugeordnet. Der Planungsrichtwert für die Immission beträgt für diese Kategorie zur Nachtzeit 40 dB. Dadurch ist erkennbar, dass dieses Gebiet vorbelastet ist und sich die Gesamtschallsituation bei der Wohnnachbarschaft nicht merkbar ändern darf. Die Beurteilungsgrenze liegt somit bei 40 dB.
Der Beurteilungspegel von gegenständlichem Vorhaben liegt nachts bei 33 dB und unterschreitet die Beurteilungsgrenze um 7 dB.
Ergänzend wird noch angemerkt, dass die Beurteilungspegel der Tag- und Abendzeit, inkl. eines Anpassungswertes von 5 dB für die Emissionen des Gastgartens, am Tag 35 dB und abends 37 dB betragen. Der Tabellenwert der Kategorie 2 für den Tag ist 50 dB und für den Abend 45 dB. Wenn für die Tagzeit der niedrigere gemessene Wert vom 20.05.2023 von 53 dB herangezogen wird, liegt die Beurteilungsgrenze bei 47 dB. Für die Abendzeit wird aufgrund der hohen Vorbelastung die Beurteilungsgrenze bei 45 dB festgelegt.
Der Beurteilungspegel der Tagzeit unterschreitet die Beurteilungsgrenze um 12 dB und jener der Abendzeit unterschreitet die Beurteilungsgrenze um 8 dB.
Die in dieser Frage berechneten Beurteilungspegel beinhalten alle wesentlichen, zur beschwerdeführenden Nachbarschaft einwirkenden Immissionen der beantragten Änderung des Betriebes. Dh die Änderung wurde wie der Antrag einer neuen Betriebsanlage behandelt und bestehende Emittenten wie zB die 8 außenliegenden Parkplätze wurden nicht abgezogen, sondern in der Beurteilung mitberücksichtigt.
7. Ist zu erwarten, dass es durch die geplanten Maßnahmen zum Auftreten von hervortretenden Schallpegelspitzen kommt?
Kennzeichnende Pegelspitzen treten beim Betrieb des Gastgartens mit einem Schallleistungspegel von 92 dB, bei der Auffahrt aus der Tiefgarage mit einem Schallleistungspegel von 93 dB und dem Zuschlagen von Autotüren auf den außenliegenden Parkplätzen mit einem Schallleistungspegel von 98 dB auf.
Eine Ausbreitungsberechnung ergab beim relevanten Immissionspunkt kennzeichnende Spitzenpegel (LA,Sp) in der Höhe von 59 dB aus dem Gastgarten, 64 dB aus der Tiefgaragenausfahrt und 64 dB durch das Zuschlagen von Autotüren auf den außenliegenden Parkplätzen.
8. Wo liegen aus schalltechnischer Sicht die Grenzwerte der zumutbaren Störung im Hinblick auf die Schallpegelspitzen?
Die Flächenwidmung am Standort des geplanten Vorhabens sowie der umliegenden Grundstücke ist laut rechtsgültigem Flächenwidmungsplan der Gemeinde L als Baufläche-Wohngebiet ausgewiesen. Gemäß der ÖNORM S 5021 in Verbindung mit dem Vorarlberg-Leitfaden liegen die Richtwerte für kennzeichnende Spitzenpegel in diesem Gebiet bei 75 dB zur Tagzeit, 70 dB zur Abendzeit und 65 dB zur Nachtzeit.
9. Ist zu erwarten, dass diese Deckung in den Umgebungsgeräuschen finden?
Ja, da bisher bereits kennzeichnende Spitzenpegel mit den gleichen Abständen zur Beschwerdeführerin aus einem Gastgarten und dem Zuschlagen von Autotüren vorhanden waren. Des Weiteren werden die o.g. Richtwerte für die kennzeichnenden Spitzenpegel zu allen Beurteilungszeiträumen eingehalten.
10. Ist zu erwarten, dass die durch die Betriebsanlage hervorgerufene Erhöhung des Geräuschpegels aus schalltechnischer Sicht wahrnehmbar ist?
Nein.
11. Sind weitere Auflagen erforderlich, um aus gewerbetechnischer Sicht unzumutbare Beeinträchtigungen oder Gesundheitsgefährdung der Beschwerdeführerin zu vermeiden?
Nein.“
Ergänzend dazu hat der gewerbetechnische Amtssachverständige in der mündlichen Verhandlung auf die Frage, wie sich die Umgebungsgeräuschsituation ändert, wenn die Umgebungsgeräuschsituation zB im Winter, wenn diese Gegend stark frequentiert wird, gemessen wird, ausgesagt, dass sich die Umgebungsgeräusche erhöhen würden. Für das gegenständliche Verfahren sei jedoch die ruhigere Umgebung relevant, sodass man die maximalen Betriebsgeräusche mit der ruhigen Umgebung vergleichen könne. Im Moment sei eine optimale Situation für eine schalltechnische Beurteilung dieses Projektes.
4.3. Im Beschwerdeverfahren wurde weiters ein lufthygienisches Amtssachverständigengutachten eingeholt, welches im Wesentlichen wie folgt lautet:
„Fragestellung und Sachverhalt
Herr L B, L, ist Eigentümer des GST-NR YYY mit dem darauf bestehenden Hotelbetrieb mit der Bezeichnung „F". Die Grundstücke sind im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde L größtenteils als „Baufläche Wohngebiet" ausgewiesen. Entsprechend den vorgelegten Plan- und Beschreibungsunterlagen ist das Gebäude mit einem Untergeschoss, einem Erdgeschoss und drei Obergeschossen geplant. Die im Untergeschoss geplante Tiefgarage ist mit einer Fläche von ca 211 m² auf 8 Einstellplätze dimensioniert. Die Tiefgarage soll über eine Rampe zugänglich gemacht werden, die bis an die Grenze des benachbarten Grundstückes heranreicht. Neben der Tiefgarage sind auf der Ebene des Untergeschosses auch ein Fahrradraum, ein Müllraum, ein Technikraum, ein Schidepot und eine zu einem Aufzug führende Schleuse geplant.
Seitens des Landesverwaltungsgerichtes wurden folgende begutachtende Fragen gestellt:
1. Lässt die geplante Änderung der Betriebsanlage, insbesondere die Errichtung einer Tiefgarage mit 8 Stellplätzen sowie der vorgesehene Müllraum, Geruchsemissionen bzw Emissionen von Luftschadstoffen, die für die Beschwerdeführerin wahrnehmbar sein werden, erwarten?
2. Wenn Ja, wie häufig sind solche Ereignisse zu erwarten?
3. Wenn Ja, um was für Gerüche bzw Luftschadstoffe handelt es sich erwartungsgemäß und in welchem Ausmaß werden diese Gerüche bzw Luftschadstoffe bei der Beschwerdeführerin erwartungsgemäß auftreten?
4. Handelt es sich dabei um einen relevanten Beitrag zur Immissionsbelastung?
5. Ist anzunehmen, dass die zu erwartenden Gerüche bzw Luftschadstoffe das ortsübliche Ausmaß einer Belästigung übersteigen? Bitte begründen Sie Ihre Antwort!
Für die Begutachtung ist wesentlich:
o Die TG weist acht Stellplätze auf und wird natürlich entlüftet. Die Ausfahrt bzw die Zu und Ausfahrtsrampe befindet sich unmittelbar an der Grundstückgrenze zu GST XXX.
o Im Bereich der Einmündung der Rampe in die eigentliche TG wird ein natürlich belüfteter Müllraum erstellt. Biomüll wird in geschlossenen Behältnissen und gekühlt gelagert.
Zur orientierenden Berechnung der verkehrsbedingten Immissionen an Luftschadstoffen wurde ein so genanntes Screening-Modell (BOX Modell analog Technische Grundlage Ausbreitungsrechnung, ehem. Wirtschaftsministerium) eingesetzt. Derartige Screening-Modelle sind Stand der Technik zur überschlägigen Ermittlung von Schadstoffimmissionen. Es werden die höchsten zu erwartenden, dh die unter ungünstigsten Bedingungen auftretenden Immissionskonzentrationen, ausgewiesen.
Die Emissionsdaten wurden aus der Publikation „Technische Grundlage für die Beurteilung der Emissionen von Kraftfahrzeugen auf Abstellflächen" (Wien 2022 / Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft) herangezogen. Unter Berücksichtigung eines 25-fachen Luftwechsels in der TG und drei Fahrbewegungen zur Spitzenstunde (mit Kaltstart) ergeben sich schon bei der TG Ausfahrt (vor Rampe) irrelevante Zusatzbelastungen durch die Abgase; bei den geruchsbildenden Kohlenwasserstoffemissionen sind Werte im Bereich von ca. 35 µg/m³ zu erwarten. Aus einem Analogieschluss zur „Technische Grundlage für die Beurteilung von Lackieranlagen" lassen sich Geruchskonzentrationen deutlich unterhalb der Geruchsschwelle ableiten. Demzufolge sind häufige oder intensive Gerüche aus dem Betrieb der TG keineswegs zu erwarten; aus technischer Sicht sind auch schon aufgrund der anzunehmenden geringen Häufigkeit an Zu- und Abfahrten und unter Berücksichtigung des motortechnischen Standes der aktuellen Fahrzeugflotte keine unzumutbaren Gerüche anzunehmen.
Diese Feststellung deckt sich auch mit den Ausführungen in der erwähnten Technischen Grundlage; diese kommt in Abschnitt 6.2 „Stellplätze mit unwesentlichen Luftschadstoffemissionen" zum Schluss, dass für vergleichbare Hotel-Projekte bei weniger als 50 Stellplätzen eine lediglich irrelevante Zusatzbelastung zu erwarten ist.
Hinsichtlich der Problematik der Abfalllagerung kann aufgrund von Erfahrungen bei zahlreichen vergleichbaren Fragestellungen und bei Umsetzung der üblichen Sorgfaltspflicht bzw HygieneMaßnahmen bei Mülllagerung ebenfalls eine geruchlich zulässige, dh nur mit ge-ringen und seltenen Geruchswahrnehmungen verbundene Müll-Lagerung angenommen werden. Erfahrungen zeigen, dass in einem Abstand von mehr als 2 - 3 Meter zu ordnungsgemäß gelagertem Biomüll keine relevanten Gerüche mehr auftreten. Unzumutbare Geruchsbelastungen werden demzufolge auch bezüglich Mülllagerung nicht eintreten.”
Ergänzend dazu hat der lufthygienische Amtssachverständige ausgeführt, aus den vorgeschriebenen Auflagen, insbesondere aufgrund der lebensmittelpolizeilichen Vorschreibungen im angefochtenen Bescheid (S 7), ergebe sich, dass grundsätzlich eine den Hygienevorschriften entsprechende Lagerung von Biomüll, der prinzipiell für solche Geruchsprobleme ursächlich sein könnte, erfolgen werde und dass auch über die Vorgabe eines Wasseranschlusses für Reinigungszwecke regelmäßige Reinigungstätigkeiten als Teil der Hygienevorgaben anzusehen seien. Üblicherweise werde der Biomüll auch gekühlt gelagert.
Über Frage des Vertreters der Beschwerdeführerin hat der lufthygienische Amtssachverständige angegeben, dass sein Gutachten voraussetze, dass die Hygienevorschriften der UIB-Richtlinie Nr 3 betreffend Tiefgaragenlüftung und Mülllagerraum erfüllt seien. Zur Sicherheit sei diesbezüglich der anwesende hochbautechnische Amtssachverständige befragt worden, ob diese Bedingungen erfüllt seien. Dem sei so. Es handle sich nicht nur um Annahmen oder Vermutungen seinerseits, sondern sei dies Teil der Projektunterlagen, wie vom hochbautechnischen Amtssachverständigen heute bestätigt worden sei.
Bei diesem Projekt spiele es aufgrund der sehr geringen zu erwartenden Immissionsbelastungen keine Rolle, dass das gegenständliche Bauvorhaben in einem Bau-Wohngebiet liege. Die Gerüche seien zB in einer dermaßen geringen Konzentration zu erwarten, dass die Geruchsschwelle der Kraftfahrzeugabgase die Schwelle für Kohlenwasserstoffemissionen nicht erreiche und somit die Abgase nicht geruchlich wahrnehmbar seien.
Es sei berücksichtigt worden, dass in L extreme Witterungsbedingungen herrschen würden, insbesondere eine extreme Kälte im Winter, durch die Berücksichtigung von Kaltstartzuschlägen und zudem durch - aus Erfahrung abgeleitet - ungewöhnlich häufige Stauerscheinungen in dieser kleinen Tiefgarage und auch eines Laufenlassens von Motoren über die Dauer von zehn Minuten. Weiters sei bei der derzeit kursierenden Fahrzeugflotte aufgrund der technischen Normvorgaben davon auszugehen, dass Systeme in den Motoren eingebaut seien, die gerade solche Kaltstartemissionen, soweit diese geruchsbildend seien, maßgeblich und effektiv unterbinden würden. Der Sachverständige habe in seinem Gutachten Kaltstartemissionen bei minus 10 Grad angesetzt und halte eine solch geringe Temperatur in der Tiefgarage für ein Extremereignis und im Grunde eher unwahrscheinlich.
Ergänzend dazu hat der Bauwerber mit Schreiben vom 24.05.2023 mitgeteilt, es bestehe kein Einwand gegen die Vorschreibung einer Auflage des Inhaltes, dass Biomüll gekühlt gelagert werden müsse.
4.4. Im behördlichen Verfahren wurde ein Gutachten der Amtssachverständigen für Raumplanung und Raumgestaltung im Hinblick auf den Schutz des Orts- und Landschaftsbildes eingeholt. Die Amtssachverständige hat im Wesentlichen ausgeführt, dass durch die geplanten Umbauten die Gebäudekubatur des Hauptgebäudes (Höhe, Firstrichtung, Volumen) ähnlich bleiben, das äußere Erscheinungsbild sich aber wesentlich ändere. Das gegenständliche Projekt greife ökologisch die örtlichen Bauformen auf – Sockelgeschoss, Satteldach, Holzfassade – und interpretiere diese neu. Die Interessen des Schutzes des Orts-und Landschaftsbildes würden durch das Vorhaben nicht verletzt, gegen die Erteilung der Bewilligung würden keine Bedenken bestehen unter Beachtung der von ihr vorgeschlagenen Auflagen. Diese Auflagen wurden im angefochtenen Bescheid unter Spruchpunkt römisch eins. A. vorgeschrieben.
4.5. Im behördlichen Verfahren wurde mit den Projektunterlagen auch eine Stellungnahme aus geologischer Sicht der B C vom 02.02.2022 vorgelegt betreffend die notwendigen Maßnahmen zur Böschungssicherung bzw Unterfangung des Sockelgeschosses und sind diese Maßnahmen Bestandteil des genehmigten Projektes.
4.6. Das Landesverwaltungsgericht folgt den vorliegenden schlüssigen Gutachten der Sachverständigen, welchen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegnet wurde.
5. Zur baurechtlichen Bewilligung (Spruchpunkt römisch eins.):
5.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Baugesetzes (BauG), Landesgesetzblatt Nr 52 aus 2001,, in der Fassung Landesgesetzblatt Nr 64 aus 2019,, lauten wie folgt:
„§ 2
Begriffe
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist
a) …
k) Nachbar: der Eigentümer eines fremden Grundstückes, das zu einem Baugrundstück in ei-nem solchen räumlichen Naheverhältnis steht, dass mit Auswirkungen des geplanten Bau-werkes, der geplanten sonstigen Anlage oder deren vorgesehener Benützung, gegen welche die Bestimmungen dieses Gesetzes einen Schutz gewähren, zu rechnen ist; dem Eigentümer ist der Bauberechtigte gleichgestellt;
l) …
n) Umbau: die wesentliche Umgestaltung des Inneren oder Äußeren eines Gebäudes; auch der Abbruch ganzer Geschosse eines Gebäudes oder eines selbständig benützbaren Gebäudeteiles und die Errichtung neuer Geschosse an deren Stelle;
o) wesentliche Änderung eines Bauwerkes oder einer sonstigen Anlage: ein Zu- oder ein Umbau; eine Änderung, durch die die äußere Erscheinung des Bauwerkes oder der sonstigen Anlage erheblich geändert wird; eine Änderung, durch die die Sicherheit oder die Gesundheit von Menschen oder die Verkehrssicherheit gefährdet, die Nachbarn belästigt oder die Einhaltung der Abstandsflächen oder Mindestabstände beeinflusst werden können;
Paragraph 7,
Abstandsflächen
(1) Die Behörde kann Ausnahmen von den Vorschriften des Paragraph 5, Absatz eins bis 6 sowie des Paragraph 6, Absatz eins bis 3 zulassen (Abstandsnachsicht), wenn die Interessen der Sicherheit, der Gesundheit sowie des Schutzes des Orts- und Landschaftsbildes nicht beeinträchtigt werden und überdies
a) ….
c) bei einer Änderung eines nach den baurechtlichen Vorschriften rechtmäßig bestehenden Bauwerkes oder bei seinem Wiederaufbau innerhalb von sieben Jahren die Schattenpunkte nicht tiefer in das Nachbargrundstück hineinragen als bisher und die bisherigen Abstände nicht unterschritten werden; dies gilt nicht für den Wiederaufbau, soweit sich der bisherige rechtmäßige Bestand auf eine Abstandsnachsicht nach lit g gestützt hat; oder
d) dies für eine Sanierung durch die nachträgliche Anbringung einer Außenwärmedämmung bis zu 0,25 m notwendig ist; oder
e) …..
(2) ……
Paragraph 18,
Bewilligungspflichtige Bauvorhaben
(1) Einer Baubewilligung bedürfen
a) die Errichtung oder wesentliche Änderung von Gebäuden; ausgenommen sind jene kleinen Gebäude, die nach § 19 lit. a bis c nur anzeigepflichtig sind, weiters Gebäude, soweit es die Verwendung für den Betrieb eines Gastgartens betrifft und die insofern nach § 19 lit. d nur anzeigepflichtig sind;
b) …
Paragraph 26,
Nachbarrechte, Übereinkommen
(1) Der Nachbar hat im Verfahren über den Bauantrag das Recht, durch Einwendungen die Einhaltung der folgenden Vorschriften geltend zu machen:
a) § 4 Absatz 4,, soweit mit Auswirkungen auf sein Grundstück zu rechnen ist;
b) §§ 5 bis 7, soweit sie dem Schutz des Nachbarn dienen;
c) § 8 Abs 1 und 2, soweit mit Immissionen auf seinem Grundstück zu rechnen ist und sein Grundstück nicht mehr als 100 Meter vom Baugrundstück entfernt ist;
d) § 8 Abs 3 und 4, soweit der benachbarte Betrieb in den Anwendungsbereich von anderen anlagenrechtlichen Vorschriften fällt, diese die Vorschreibung nachträglicher Aufträge zu Lasten des Inhabers des Betriebes vorsehen und sein Grundstück nicht mehr als 100 Meter vom Baugrundstück entfernt ist;
e) die Festlegungen des Bebauungsplanes über die Baugrenze, die Baulinie und die Höhe des Bauwerks, soweit das Bauwerk nicht mehr als 20 Meter von seinem Grundstück entfernt ist.
(2) ….
Paragraph 28,
Baubewilligung
(1) …
(2) Die Baubewilligung ist zu erteilen, wenn das Bauvorhaben nach Art, Lage, Umfang, Form und Verwendung den bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften entspricht und auch sonst öffentliche Interessen, besonders solche der Sicherheit, der Gesundheit, des Verkehrs, des Denkmalschutzes, der Energieeinsparung und des haushälterischen Umgangs mit Grund und Boden (Paragraph 2, Absatz 2, Litera a, Raumplanungsgesetz), nicht entgegenstehen.
(3) ….“
Gemäß Paragraph 14, Absatz 3, Raumplanungsgesetz (RPG), Landesgesetzblatt Nr 39 aus 1996, in der Fassung Landesgesetzblatt Nr 4 aus 2019,, sind Wohngebiete Gebiete, die für Wohngebäude bestimmt sind. Andere Gebäude und Anlagen dürfen in Wohngebieten errichtet werden, wenn dadurch das Wohnen und auch sonst der Charakter als Wohngebiet nicht gestört wird.
5.2. Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, handelt es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Nachbarin iSd Paragraph 2, Absatz eins, Litera k, BauG. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, das direkt an das Baugrundstück angrenzt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht der Nachbarn im Bauverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als den Nachbarn nach dem anwendbaren BauG subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem sie solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht haben, dh nicht präkludiert sind. Daraus folgt, dass die Prüfungsbefugnisse der Berufungsbehörde sowie des Verwaltungsgerichtes und auch der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts im Falle des Rechtsmittels einer Partei des Verwaltungsverfahrens mit beschränktem Mitspracherecht, wie dies auf Nachbarn nach dem BauG im Baubewilligungsverfahren zutrifft, auf jene Fragen beschränkt ist, hinsichtlich derer dieses Mitspracherecht als subjektiv-öffentliches Recht besteht und soweit rechtzeitig im Verfahren derartige Einwendungen erhoben wurden. Darüber hinaus kann ein Nachbar rechtswirksam nur die Verletzung seiner eigenen Rechte einwenden vergleiche VwGH 25.11.2015, 2013/06/0240).
Die Aufzählung der Nachbarrechte im Paragraph 26, Absatz eins, BauG ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes taxativ vergleiche zB VwGH 23.09.2010, 2010/06/0164).
5.3. Für das gegenständliche Bauvorhaben wurde eine Baubewilligung beantragt für einen „Umbau“ des bestehenden Gebäudes. Laut Angaben des Bauwerbers dient dieses Bauvorhaben der umfassenden Anpassung des Gebäudes an zeitgemäße Erfordernisse (Raumgestaltung, Hindernisfreiheit, Raumhöhe etc). Die Bauform bleibt im Wesentlichen unverändert, es erfolgt keine maßgebliche Ausweitung der Kubatur und auch der Verwendungszweck (Hotel mit Restaurant) bleibt derselbe.
Das bestehende Gebäude wird bis auf einzelne Wandscheiben im Untergeschoß im Bereich des neuen Müllraumes, des Fahrradraumes, der Garagen- und Liftzone, komplett abgebrochen. Die verbleibenden Wandscheiben haben eine Höhe von ca 1,50 m. Die Abwicklungslänge der Wandscheiben beträgt ca 17,0 m. Dies ergibt eine restliche Mauerfläche von ca 25,5 m² und ein restliches Mauervolumen von ca 8,0 m³. Somit bleibt das Sockelgeschoss in geringen Teilen vorhanden.
Das neue Gebäude ist mit einem Untergeschoss, einem Erdgeschoss und drei Obergeschossen geplant, wobei das Untergeschoss auf den verbleibenden Mauerflächen neu errichtet wird und das Erdgeschoss sowie die drei Obergeschosse gänzlich neu errichtet werden.
Das Vorarlberger BauG enthält keine eigene Definition des Begriffes „Neubau“.
Als „Umbau“ ist gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Litera n, BauG die wesentliche Umgestaltung des Inneren oder Äußeren eines Gebäudes sowie der Abbruch ganzer Geschosse eines Gebäudes oder eines selbständig benützbaren Gebäudeteiles und die Errichtung neuer Geschosse an deren Stelle zu verstehen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) geht der Baukonsens nach einem weit gehenden Abbruch des bestehenden Gebäudes unter (zB VwGH 12.11.1997, 96/06/0187).
In einer Entscheidung vom 16.08.2021, Zl Ra 2021/06/0107, hat der VwGH die Rechtsauffassung des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg bestätigt, dass von einem bewilligungspflichtigen Neubau auszugehen ist und der (historische) Baukonsens untergegangen ist, wenn ein Gebäude bis auf den Keller und die Grundmauern abgebrochen und durch ein neues Gebäude ersetzt wird.
Weiters hat der VwGH zum Vorarlberger BauG ausgesprochen, dass die völlige Ersetzung der Bausubstanz einer Anlage durch die Erneuerung von Wänden, des Bodens, des Daches und die Errichtung eines komplett neuen zweigeschoßigen Gebäudes an der Stelle des ehemaligen Heustadels die Annahme einer bloßen Instandsetzung dieser Anlage ausschließt (VwGH 24.03.2010, Zl 2008/06/0120).
In der Entscheidung vom 10.10.1991, Zl 90/06/0126, hat der VwGH ausgesprochen, dass kein Umbau im Sinne des Paragraph 2, lit 1 BauG Vorarlberg (in der Fassung Landesgesetzblatt Nr 39 aus 1972,) vorliegt, wenn ein Holzhühnerstall zur Gänze abgerissen und ein neues Bauwerk an dessen Stelle gesetzt wurde. Mit dem Abbruch des Holzhühnerstalles ist auch ein allenfalls diesbezüglich bestandener Baukonsens einschließlich einer allenfalls erteilten Nachsicht untergegangen.
Zur Steirischen Bauordnung hat der VwGH ausgesprochen, dass die neue Errichtung eines Gebäudes auch dann vorliegt, wenn nach der Abtragung bestehender baulicher Anlagen alte Fundamente ganz oder teilweise wiederverwendet werden (VwGH 05.11.2015, 2013/06/0199).
Da im gegenständlichen Fall ein bestehendes mehrstöckiges Hotelgebäude beinahe zur Gänze abgebrochen wird und nur ein minimaler Anteil an Mauerresten im Sockelgeschoss bestehen bleiben soll, auf dem das neue Gebäude mit 5 Geschoßen zur Gänze neu errichtet werden soll, stellt dieses Bauvorhaben gemäß der Judikatur des VwGH keinen „Umbau“ im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, Litera n, BauG dar. Somit geht mit dem Abbruch des Bestandsgebäudes im beantragten Ausmaß ein bestehender Baukonsens unter.
Die Errichtung des projektierten Gebäudes stellt somit einen bewilligungspflichtigen Neubau dar und sind die rechtlichen Vorgaben für die Neuerrichtung eines Gebäudes anzuwenden. Da der vorliegende Antrag aber ausdrücklich die Errichtung eines „Umbaus“ des bestehenden Hotels betrifft, war dieser Antrag als unzulässig zurückzuweisen.
Festgehalten wird, dass die Beurteilung eines Bauvorhabens als Umbau oder Neubau Nachbarrechte betreffen kann, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung von Mindestabständen und Abstandsflächen, und somit die Einwendung des Nachbarn, wonach es sich hier um einen Neubau und nicht um einen Umbau handelt, zulässig war.
5.4. Des Weiteren wird festgehalten, dass im vorliegenden Fall Abstandsnachsichten erteilt wurden gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Litera c und Litera d, BauG.
Die Erteilung einer Abstandsnachsicht gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Litera d, BauG ist jedoch nur zulässig, wenn dies für eine Sanierung durch die nachträgliche Anbringung einer Außenwärmedämmung bis zu 0,25 m notwendig ist.
Dazu wurde im Motivenbericht zum BauG ausgeführt, dass mit den Worten „Sanierung“ und „nachträglich“ zum Ausdruck gebracht wird, dass die Regelung für bestehende (Alt-)Gebäude gedacht ist vergleiche Germann/Fleisch, Das Vorarlberger Baugesetz, 4. Auflage, S 81). Bei einer Neuerrichtung eines Gebäudes ist daher die Erteilung einer Abstandsnachsicht gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Litera d, BauG nicht möglich.
Im vorliegenden Fall ist durch die beantragte Anbringung einer Außenwärmedämmung im Südeck zur Grenze zum Grundstück der Beschwerdeführerin eine neue Abstandsfläche mit einem Ausmaß von 10 cm entstanden vergleiche das oa hochbautechnische Gutachten). Eine Zustimmung zur Erteilung dieser Abstandsnachsicht liegt nicht vor. Somit war auch aus diesem Grund der angefochtene Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. mit Rechtswidrigkeit belastet.
6. Zur gewerberechtlichen Genehmigung:
6.1. Gemäß Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer 2, Gewerbeordnung (GewO) 1994, Bundesgesetzblatt Nr 194 aus 1994,, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 96 aus 2017,, dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen.
Nach Paragraph 77, Absatz eins, erster Satz GewO 1994, Bundesgesetzblatt Nr 194 aus 1994,, in der Fassung Bundesgesetzblatt Nr römisch eins 111 aus 2010,, ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (Paragraph 71 a,) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer eins, vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Gemäß Paragraph 81, GewO 1994 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im Paragraph 74, Absatz 2, umschriebenen Interessen erforderlich ist.
Gemäß Paragraph 75, Absatz 2, erster Satz GewO 1994 sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt werden könnten.
6.2. Zur Frage der Vermeidung von Belästigungen:
a) Gemäß dem vorliegenden Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen vergleiche Punkt 4.2.) steht fest, dass bei dem Vergleich der Immissionswerte des Bestandes mit den Immissionswerten des zu erwartenden Projektes die Immissionswerte am Tag um 7 dB und am Abend um 9 dB niedriger sind, nachts sind diese um 3 dB höher. Die hohe Reduktion während der Tages- und Abendzeit lässt sich auf den Wegfall des Gastgartens mit 30 Verabreichungsplätzen zurückführen. Die leichte Erhöhung zur ungünstigsten Nachtstunde ergibt sich aufgrund erhöhter Parkbewegungen auf dem Gelände des Hotels F.
Während der ruhigsten Nachtstunde wurde ein LA,eq von 47 dB und ein LA,95 von 46 dB ermittelt. Das Baugrundstück sowie die umliegenden Grundstücke sind als Baufläche-Wohngebiet ausgewiesen, dieses Gebiet wird der Kategorie 2 gemäß der Tabelle 1 der ÖNORM S 5021 in Verbindung mit dem Vorarlberg-Leitfaden zugeordnet. Der Planungsrichtwert für die Immissionen beträgt für diese Kategorie zur Nachtzeit 40 dB. Es handelt sich somit bei diesem Gebiet um ein vorbelastetes Gebiet, in dem sich die Gesamtschallsituation bei der Wohnnachbarschaft nicht merkbar ändern darf. Die Beurteilungsgrenze liegt bei 40 dB. Der Beurteilungspegel des gegenständlichen Vorhabens liegt nachts bei 33 dB und unterschreitet die Beurteilungsgrenze um 7 dB. Weiters werten die Richtwerte für die zu erwartenden Schallpegelspitzen (Betrieb des Gastgartens, Auffahrt aus der Tiefgarage, Zuschlagen von Autotüren auf den außenliegenden Parkplätzen) zu allen Beurteilungszeiträumen eingehalten.
Somit steht fest, dass es durch die Umsetzung des beantragten Projektes – insbesondere durch die Errichtung der Tiefgarage – nicht zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn durch Lärm kommen wird.
b) Der lufthygienische Amtssachverständige hat im Wesentlichen ausgeführt, dass sich schon bei der Tiefgaragenausfahrt (vor Rampe) irrelevante Zusatzbelastungen durch die Abgase ergeben würden und seien keine häufigen oder intensiven Gerüche aus dem Betrieb der Tiefgarage zu erwarten. Auch bei der beantragten Art der Mülllagerung und der Einhaltung der üblichen Sorgfaltspflicht bzw Hygienemaßnahmen seien nur geringe und seltene Geruchswahrnehmungen zu erwarten und würden bei einem ordnungsgemäß gelagerten Biomüll in einem Abstand von 2 – 3 Metern keine relevanten Gerüche mehr auftreten. Der Bauwerber hat über Nachfrage ausdrücklich mitgeteilt, dass Biomüll in geschlossenen Behältnissen und gekühlt gelagert werde und wurde dies auch als Teil des Bauprojektes sachverhaltsmäßig festgestellt.
Somit steht fest, dass es durch die Umsetzung des beantragten Projektes nicht zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn durch Geruch kommen wird.
6.3. Die Ergänzung des Sachverhaltes im Spruch war erforderlich zur Sicherstellung, dass durch die Art der Mülllagerung keine unzumutbaren Belästigungen der Nachbarn durch Gerüche zu erwarten sind.
6.4. Das vorliegende gewerberechtliche Genehmigungsverfahren wird – anders als das baurechtliche Bewilligungsverfahren – nicht als Neugenehmigungsverfahren nach Paragraph 77, GewO angesehen. Bei Abbruch eines Gebäudes (oder sonstigem „Untergang“ der Betriebsanlage) erlischt die Betriebsanlagengenehmigung nicht ipso jure, sondern erst nach Ablauf der im Paragraph 80, Absatz eins, bestimmten Frist. Ist – vor Ablauf dieser Frist – die Neuerrichtung einer gleichartigen Betriebsanlage am selben Standort vorgesehen, dann ist für eine neuerliche Genehmigung nach Paragraph 77, kein Raum. Änderungen sind daher nach Paragraph 81, GewO zu behandeln vergleiche Stolzlechner ua, GewO, 4. Auflage, Paragraph 81, Rz 7).
7. Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
ECLI:AT:LVWGVO:2023:LVwG.318.37.2023.R6