Landesverwaltungsgericht Vorarlberg
29.12.2016
LVwG-418-1/2015-R11
Im Namen der Republik!
Erkenntnis
Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Mag. Pathy über die Beschwerde der C B GmbH, F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F vom 09.09.2015 betreffend KFG, zu Recht erkannt:
Gemäß Paragraph 28, Absatz eins und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Paragraph 25 a, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Begründung
Angefochtener Bescheid
1. Die Beschwerdeführerin hat am 29.07.2014 beantragt, die Bezirkshauptmannschaft möge ihr gemäß Paragraph 45, KFG ein Probefahrkennzeichen für Kraftfahrzeuge aller Art für die Betriebsstätten in F, Kstraße, und in K, H, bewilligen.
Mit angefochtenem Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft diesen Antrag gemäß Paragraph 45, Absatz 3, KFG abgewiesen.
Beschwerde
2. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde erhoben. Sie lautet wie folgt:
„Gegen den im Betreff erwähnten Bescheid erhebe ich fristgerecht Einspruch.
Begründung:
Da Sie zur Entscheidung über die Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten nicht die gesetzliche Frist von 6 Monaten eingehalten haben, ist die Abweisung des Antrages om 29.07.2014 unzulässig.
Da mir der Bescheid der BH F vom 09.09.2015 von der Polizei F, Sstraße, Anfang November 2015 zugestellt wurde, ist der Einspruch fristgerecht.“
Sachverhalt
3. Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie hat ihren Sitz in F. Die Beschwerdeführerin übt das Gewerbe der Kraftfahrzeugtechnik aus. Handelsrechtliche Geschäftsführerin ist Frau S B.
4. Im Jahre 2011 hat die Bezirkshauptmannschaft Frau S B die Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten auf Straßen mit öffentlichem Verkehr erteilt (Bescheid vom 14.04.2011).
5. Im Jahre 2012 hat Frau S B wiederholt gegen die StVO und das KFG verstoßen.
Sie wurde ua wegen Übertretung des Paragraph 45, Absatz 6, KFG und des Paragraph 45, Absatz 4, 2. Satz KFG bestraft (Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft F vom 06.12.2012). Der Beschwerde gegen dieses Straferkenntnis wurde keine Folge gegeben (Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts vom 24.01.2014). Ihr wurde Folgendes zur Last gelegt:
Sie ist der Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft vom 06.08.2012, das Fahrtenbuch für das Probefahrtkennzeichen der Behörde binnen einer Woche vorzulegen, nicht nachgekommen.
Sie hatte es zu verantworten, dass mit dem Probekennzeichen in der Zeit vom 17.04.2012 bis zum 10.08.2012 insgesamt 13 Fahrten durchgeführt wurden, die keine Probefahrten im Sinne des Paragraph 45, Absatz eins, KFG waren.
Sie hat es unterlassen, über die Verwendung der mit der Bewilligung zugewiesenen Probefahrtkennzeichen im Nachweis vor jeder Fahrt die Fahrzeugtype einzutragen, und zwar bei insgesamt elf Fahrten in der Zeit vom 19.05.2012 bis zum 27.09.2012.
6. Auch in den Jahren 2013 und 2014 hat Frau S B (die handelsrechtliche Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin) gegen das KFG (zB Paragraph 103, Absatz 2, KFG, Paragraph 42, Absatz eins, KFG oder Paragraph 57, Absatz 5, KFG) und gegen die StVO (Paragraph 20, Absatz 2, StVO) verstoßen.
Mit Bescheid vom 11.12.2014 hat die Bezirkshauptmannschaft jene Bewilligung aufgehoben, die im Jahr 2011 Frau S B zur Durchführung von Probefahrten auf Straßen mit öffentlichem Verkehr erteilt worden ist. Der Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde keine Folge gegeben (Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts vom 29.07.2015).
7. Bereits zuvor – am 29.07.2014 – hat die Beschwerdeführerin (die C B GmbH) beantragt, die Bezirkshauptmannschaft möge ihr gemäß Paragraph 45, KFG ein Probefahrkennzeichen für Kraftfahrzeuge aller Art für die Betriebsstätten in F, Kstraße, und in K, H, bewilligen.
Diesen Antrag hat die Bezirkshauptmannschaft mit dem nun angefochtenen Bescheid vom 09.09.2015 abgewiesen. Das wurde im Wesentlichen mit den zahlreichen Übertretungen begründet, die von der Beschwerdeführerin begangen worden sind.
8. Auch in den Jahren 2015 und 2016 wurden wiederholt Übertretungen des KFG begangen. Frau S B wurde wiederholt – auch in ihrer Eigenschaft als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin – bestraft, weil gegen den Paragraph 103, Absatz 2, KFG verstoßen und die geforderte Lenkerauskunft nicht erteilt wurde.
Außerdem scheinen in der Verwaltungsstrafkarte Übertretungen nach Paragraph 367, Ziffer eins, GewO und des Kommunalsteuergesetzes auf. Entsprechende Feststellungen sind auch im angefochtenen Bescheid enthalten.
Für den Standort Kstraße in F besitzt die Beschwerdeführerin keine Betriebsanlagengenehmigung.
Erwägungen zur Feststellung des Sachverhalts
9. Dieser Sachverhalt wird auf Grund des Akteninhaltes als erwiesen angenommen. Der Verfahrensablauf ergibt sich aus dem Behördenakt. Die zahlreichen Vorstrafen ergeben sich in erster Linie aus der Verwaltungsstrafkarte der handelsrechtlichen Geschäftsführerin und den behördlichen Straferkenntnissen und Strafverfügungen. Entsprechende Feststellungen enthält auch der angefochtene Bescheid; in der Beschwerde wurde diese Feststellungen nicht ausdrücklich widersprochen.
Das Landesverwaltungsgericht hat eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der die Beschwerdeführerin ohne Angabe von Gründen nicht erschienen ist.
Maßgebliche Rechtsvorschriften
10. Der Paragraph 45, Kraftfahrgesetz 1967 (KFG), Bundesgesetzblatt Nr 267 aus 1967, zuletzt geändert durch Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 40 aus 2016,, lautet auszugsweise:
„(1) Probefahrten mit nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern oder Fahrgestellen solcher Fahrzeuge dürfen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur mit Bewilligung der Behörde durchgeführt werden, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Ort liegt, von dem aus der Antragsteller hauptsächlich über die Verwendung der Probefahrtkennzeichen verfügt. Probefahrten sind Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen oder ihrer Teile oder Ausrüstungsgegenstände oder Fahrten, um Fahrzeuge vorzuführen. Als Probefahrten gelten auch
1. Fahrten zur Überführung eines Fahrzeuges an einen anderen Ort im Rahmen des Geschäftsbetriebes sowie Fahrten um unbeladene Fahrzeuge der Klassen M2, M3, N2 oder N3 gewerbsmäßig im Auftrag von Nutzfahrzeugherstellern oder Nutzfahrzeughändlern zu überführen,
2. Fahrten zur Überführung des Fahrzeuges durch den Käufer bei der Abholung des Fahrzeuges vom Verkäufer,
3. Fahrten zum Ort der Begutachtung oder Überprüfung des Fahrzeuges nach dem römisch III. und römisch fünf. Abschnitt und
4. das Überlassen des Fahrzeuges mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3 500 kg an einen Kaufinteressenten für die Dauer von bis zu maximal 72 Stunden, wobei auch Fahrtunterbrechungen zulässig sind.
(1a) und (2) ...
(3) Die im Absatz eins, angeführte Bewilligung ist auf Antrag zu erteilen, wenn
1. der Antragsteller
1.1. sich im Rahmen seines gewerblichen Betriebes, gewerbsmäßig oder zur Versorgung einer größeren Anzahl von Fahrzeugen des eigenen Betriebes, mit der Erzeugung oder Instandsetzung von Kraftfahrzeugen und Anhängern befasst,
1.2. mit solchen Handel treibt,
1.3. solche gewerbsmäßig befördert,
1.4. eine Anstalt oder einen Betrieb besitzt, der sich im öffentlichen Interesse mit der Instandsetzung oder Prüfung von Fahrzeugen befasst oder
1.5. ein Servicestationsunternehmen oder Reinigungsunternehmen betreibt, welches Fahrzeuge von Kunden zur Durchführung der Reinigung oder Pflege abholt und wieder zurückstellt,
2. die Notwendigkeit der Durchführung solcher Fahrten glaubhaft gemacht wird,
3. für jedes beantragte Probefahrtkennzeichen eine Versicherungsbestätigung gemäß Paragraph 61, Absatz eins, beigebracht wurde, und
4. der Antragsteller die für die ordnungsgemäße Verwendung der Probefahrtkennzeichen erforderliche Verlässlichkeit besitzt; diese kann angenommen werden, wenn dem Antragsteller nicht innerhalb der letzten sechs Monate eine Probefahrtbewilligung wegen Missbrauchs oder Verstoß gegen Absatz 6, aufgehoben worden ist und gegen die Vergabe an den Antragsteller keine steuerlichen Bedenken bestehen.
(4) Bei der Erteilung der im Absatz eins, angeführten Bewilligung ist auch auszusprechen, welche Kennzeichen bei den Probefahrten zu führen sind. Diese Kennzeichen sind Probefahrtkennzeichen (Paragraph 48, Absatz 3,) und dürfen nur bei Probefahrten geführt werden. Über die Erteilung der im Absatz eins, angeführten Bewilligung ist dem Antragsteller eine Bescheinigung, der Probefahrtschein, auszustellen.
(5) ...
(6) Der Besitzer einer Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten hat über die Verwendung der mit dieser Bewilligung zugewiesenen Probefahrtkennzeichen einen Nachweis zu führen und darin vor jeder Fahrt den Namen des Lenkers und das Datum des Tages sowie die Marke, die Type und die Fahrgestellnummer oder die letzten sieben Stellen der Fahrzeugidentifizierungsnummer des Fahrzeuges, sofern dieses zugelassen ist, jedoch nur sein Kennzeichen einzutragen. Der Nachweis ist drei Jahre gerechnet vom Tag der letzten Eintragung aufzubewahren und der Behörde auf Verlangen zur Einsichtnahme vorzulegen. Für Probefahrten auf Freilandstraßen (Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 16, der StVO 1960) und für Probefahrten an Sonn- und Feiertagen hat der Besitzer der Bewilligung für den Lenker eine Bescheinigung über das Ziel und den Zweck der Probefahrt auszustellen (Paragraph 102, Absatz 5, Litera c,); diese Bescheinigung unterliegt keiner Stempelgebühr. Bei Betrieben, die außerhalb des Ortsgebietes (Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 15, der StVO 1960) liegen, muss diese Bescheinigung nur für Probefahrten an Sonn- und Feiertagen ausgestellt werden. In den Fällen des Absatz eins, Ziffer 4, hat der Besitzer der Bewilligung für den Lenker eine Bescheinigung über die Probefahrt auszustellen, aus der jedenfalls der Zeitpunkt des Beginnes und des Endes der Probefahrt ersichtlich sind.
(6a) Die Behörde kann die Bewilligung bei wiederholtem Missbrauch oder wenn die Vorschriften des Absatz 6, wiederholt nicht eingehalten wurden, aufheben. In diesem Fall darf eine neuerliche Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten nicht vor Ablauf von sechs Monaten erteilt werden. Die Bewilligung ist auch aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für ihre Erteilung nicht mehr gegeben sind. Die Bestimmungen der Paragraphen 43 und 44 gelten sinngemäß. Im Falle einer Aufhebung sind die Kennzeichentafeln mit den Probefahrtkennzeichen und der Probefahrtschein (Absatz 4,) unverzüglich der Behörde abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung.
(7) und (8) …“.
Rechtliche Beurteilung
11. Nach Paragraph 45, Absatz 3, Ziffer 4, KFG ist die beantragte Bewilligung zu erteilen, wenn der Antragsteller die für die ordnungsgemäße Verwendung der Probefahrtkennzeichen erforderliche Verlässlichkeit besitzt.
Nach Paragraph 45, Absatz 3, Ziffer 4, zweiter Halbsatz KFG kann die Verlässlichkeit angenommen werden, wenn dem Antragsteller nicht innerhalb der letzten sechs Monate eine Probefahrtbewilligung wegen Missbrauchs oder Verstoß gegen Absatz 6, aufgehoben worden ist und gegen die Vergabe an den Antragsteller keine steuerlichen Bedenken bestehen.
Wenn die Voraussetzungen des zweiten Halbsatzes vorliegen – also wenn dem Antragsteller nicht innerhalb der letzten sechs Monate eine Probefahrtbewilligung aufgehoben worden ist –, dann bedeutet das noch nicht, dass die Verlässlichkeit zwingend zu bejahen ist.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass im zweiten Halbsatz des Paragraph 45, Absatz 3, Ziffer 4, KFG die Formulierung „kann angenommen werden“ verwendet wird, und nicht „muss angenommen werden“.
Außerdem muss die Verlässlichkeit auch dann vorliegen, wenn die Bewilligung erstmalig erteilt wird. Wenn die Bewilligung erstmalig erteilt wird, kann dem Antragsteller noch keine Probefahrtbewilligung wegen Missbrauchs oder Verstoßes gegen Absatz 6, aufgehoben worden sein. Jeder Antragsteller, der erstmalig eine Probefahrtbewilligung beantragt, müsste dann immer als verlässlich angesehen werden. Wenn der Gesetzgeber eine solche Regelung hätte treffen wollen, dann hätte er dies deutlicher zum Ausdruck gebracht und eine andere Formulierung gewählt.
Dass der Beschwerdeführerin nicht innerhalb der letzten sechs Monate eine Probefahrtbewilligung wegen Missbrauchs oder Verstoßes gegen Absatz 6, aufgehoben worden ist, bedeutet daher nicht, dass ihre Verlässlichkeit feststeht.
12. Im vorliegenden Fall wurde die handelsrechtliche Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin bestraft, weil sie es zu verantworten hatte, dass im Jahr 2012 ein Probefahrtkennzeichen missbraucht worden ist. Sie wurde ua bestraft, weil mit einem Probefahrtkennzeichen Fahrten durchgeführt worden sind, die keine Probefahrten waren. Einige dieser Fahrten hat sie selbst durchgeführt.
In weiterer Folge wurde mit Bescheid vom 11.12.2014 jene Bewilligung aufgehoben, die ihr zur Durchführung von Probefahrten auf Straßen mit öffentlichem Verkehr erteilt worden ist.
Obschon die Beschwerdeführerin am 29.07.2014 einen neuen Antrag gestellt hat und seit diesem Zeitpunkt das Verfahren anhängig war, wurden weitere Übertretungen des KFG begangen, wofür die handelsrechtliche Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin bestraft worden ist.
So hat die Beschwerdeführerin zB ihre Pflichten als Zulassungsbesitzerin verletzt, indem sie der Behörde keine Lenkerauskunft erteilt hat, wofür die handelsrechtliche Geschäftsführerin nach Paragraph 103, Absatz 2, KFG bestraft wurde. Außerdem wurde gegen die Gewerbeordnung und das Kommunalsteuergesetz verstoßen.
Die Beschwerdeführerin hat die mündliche Verhandlung ohne Angabe von Gründen nicht besucht. Sie hat im Verfahren nicht dargelegt, ob und welche Maßnahmen getroffen worden sind, um sicher zu stellen, dass die Pflichten, die sich aus den kraftfahrrechtlichen Bestimmungen ergeben und zu denen auch die ordnungsgemäße Verwendung der Probefahrtkennzeichen gehören, künftig eingehalten werden.
Unter diesen Umständen kann die Feststellung der Behörde, dass es der Beschwerdeführerin an der erforderlichen Verlässlichkeit mangelt, nicht als rechtswidrig angesehen werden. Der Antrag wurde zu Recht abgewiesen.
Unzulässigkeit der Revision
13. Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
ECLI:AT:LVWGVO:2016:LVwG.418.1.2015.R11