Landesverwaltungsgericht Tirol
14.12.2022
LVwG-2022/37/2210-5
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde der AA GmbH, Adresse 1, **** Z, vertreten durch
BB, Rechtsanwalt in **** Y, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol (= belangte Behörde) vom 04.07.2022, Zl ***, betreffend ein Feststellungsverfahren nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002, nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Schriftsatz vom 16.12.2021 beantragte die AA GmbH (= Beschwerde-führerin), vertreten durch BB, Rechtsanwalt in **** Y, die Feststellung, dass ein näher beschriebenes Tanklagersystem zur Sammlung und Zwischenlagerung von im Rahmen eines Handelsbetriebes sowie eines Gastgewerbetriebes anfallenden biogenen Abfällen nicht der Genehmigungspflicht des Paragraph 37, Absatz eins, oder 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) unterliegt. Über Ersuchen der belangten Behörde erstattete der abfalltechnische Amtssachverständige CC die Stellungnahme vom 09.02.2022.
Zum Ansuchen der Beschwerdeführerin äußerte sich die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie mit Schriftsatz vom 08.04.2022.
Mit Schriftsatz vom 15.04.2022, Zl ***, übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin und dem Landesumweltanwalt die abfalltechnische Stellungnahme vom 09.02.2022. Darüber hinaus teilte sie die von ihr vertretene Rechtsauffassung mit, wonach es sich „bei dem konkret beschriebenen Tanklagersystem mit Pumpförderung um ein Lager im Sinne des Paragraph 2, Absatz 7, Ziffer eins a, AWG 2002 handelt, dieses jedoch gemäß Paragraph 37, Absatz 2, Ziffer 5, AWG 2002 als ‚Lager für Abfälle‘ nicht gemäß Paragraph 37, Absatz eins, AWG 2002 unterliegt, sofern es der Genehmigungspflicht gemäß den Paragraphen 74, ff GewO 1994 unterliegt“.
Die Beschwerdeführerin äußerte sich dazu mit Schriftsatz vom 19.05.2022 und präzisierte den Feststellungsantrag dahingehend, dass er wie folgt lautete:
„Die Behörde möge feststellen, dass das gegenständliche Tanklagersystem nicht der Genehmigungspflicht gemäß Paragraph 37, Absatz eins, oder 3 AWG 2002 unterliegt und auch keine Ausnahme gemäß Paragraph 37, Absatz 2, AWG 2002 gegeben ist.“
Mit Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides vom 04.07.2022, Zl ***, stellte die belangte Behörde fest, dass für das von der Beschwerdeführerin geplante, näher beschriebene Tanklagersystem mit Pumpförderung als Lager für Abfälle gemäß Paragraph 2, Absatz 7, Ziffer eins a, AWG 2002 die Ausnahme gemäß Paragraph 37, Absatz 2, Ziffer 5, AWG 2002 zum Tragen kommt. Mit Spruchpunkt römisch II. des eben angeführten Bescheides verpflichtete die belangte Behörde die Beschwerdeführerin zur Entrichtung einer Verwaltungsabgabe in Höhe von Euro 24,70.
Mit Schriftsatz vom 09.08.2022 erhob die rechtsfreundlich vertretene AA GmbH Beschwerde gegen den Bescheid vom 04.07.2022, Zl ***, und beantragte, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, „dass gemäß Paragraph 6, Absatz 6, Ziffer eins, AWG 2002 festgestellt wird, dass das vom signierten Antrag umfasste, geplante Tanklagersystem mit Pumpförderung nicht der Genehmigungspflicht gemäß Paragraph 37, Absatz eins, oder 3 AWG 2002 unterliegt und auch keine Ausnahme gemäß Paragraph 37, Absatz 2, AWG 2002 gegeben ist“; hilfsweise wird beantragt, den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Mit Schriftsatz vom 18.08.2022, Zl ***, legte die belangte Behörde den Gegenstandsakt dem Landesverwaltungsgericht Tirol mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde gegen den Bescheid vom 04.07.2022, Zl ***, vor.
Zu den vom Landesverwaltungsgericht Tirol mit Schriftsatz vom 11.10.2022,
Zl ***, aufgeworfenen Fragen äußerte sich die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 19.10.2022.
Am 07.12.2022 fand die öffentliche mündliche Verhandlung statt. Die Beschwerdeführerin verwies auf das bisherige Vorbringen, insbesondere die Beschwerde vom 09.08.2022 und die Stellungnahme vom 19.10.2022. Ergänzend hob sie hervor, dass im Hinblick auf die zeitweilige Lagerung der gegenständlichen biogenen Abfälle bis zum Einsammeln auf dem Gelände der in R13 und D15 des Anhanges 2 zum AWG 2002 formulierte Ausnahmetatbestand erfüllt sei. Die Vertreterin des Landesumweltanwaltes verwies auf die Stellungnahme vom 02.05.2022, die Vertreterin der belangten Behörde auf die Darlegungen im angefochtenen Bescheid.
Beweis wurde aufgenommen durch die Einvernahme des abfalltechnischen Amtssachverständigen CC und durch Einsicht und Verlesung des Aktes der belangten Behörde und des Aktes des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, jeweils samt Beilagen.
Weitere Beweise wurden nicht beantragt und auch nicht aufgenommen.
II. Beschwerdevorbringen:
Die Beschwerdeführerin stellte zunächst den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt außer Streit. Die Beschwerdeführerin bemängelte somit ausschließlich deren rechtliche Beurteilung.
Die Beschwerdeführerin betonte, dass im gegenständlichen Tanklagersystem gerade kein Behandlungsverfahren R13 oder D15 des Anhanges 2 des AWG 2002 durchgeführt werde. Da beim gegenständlichen Tanklagersystem von keiner Abfallbehandlungsanlage auszugehen sei, handle es sich nach der Definition des Paragraph 2, Absatz 7, Ziffer eins a, AWG 2002 nur um ein Lager „zur Zusammenstellung von Chargen und zur Zerkleinerung oder Verdichtung von Abfällen ausschließlich für Transport- oder Lagerzwecke“. Bei einem derartigen Lager fänden aber gemäß Paragraph 2, Absatz 7, Ziffer eins a, AWG 2002 keine Behandlungsverfahren R13 oder D15 des Anhanges 2 zum AWG 2002 statt. Die belangte Behörde hätte daher feststellen müssen, dass das gegenständliche Tanklagersystem nicht der Genehmigungspflicht gemäß Paragraph 37, Absatz eins, oder
Abs 3 AWG 2002 unterliegt und auch keine Ausnahme gemäß Paragraph 37, Absatz 2, AWG 2002 gegeben ist. Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass bei dem gegenständlichen Tanklagersystem lediglich von einem optimierten Zwischenlager auszugehen sei, sämtliche Manipulationen an den biogenen Abfällen würden der besseren Lagerbarkeit und Transportierbarkeit dienen. Von einer Verwertung im Sinne des Paragraph 2, Absatz 5, Ziffer 5, AWG 2002 sei daher nicht auszugehen. Auch unter Berücksichtigung der eben angeführten Bestimmung liege somit weder ein Verwertungsverfahren noch ein Beseitigungsverfahren vor. Damit scheide die Qualifikation des gegenständlichen Tanklagersystems als Abfallbehandlung im Sinne des Paragraph 37, AWG 2002 aus.
Unter Hinweis auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 14.10.2020, C-629/19, Sappi ua, und das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 21.05.2022, 46.1-3491/2015-36, hob die Beschwerdeführerin hervor, dass biogene Abfälle, die zum Betrieb einer Biogasanlage verwendet würden, nicht mehr als Abfall einzustufen seien, sollten die Voraussetzungen gemäß Artikel 6, Absatz eins, der Abfallrahmenrichtlinie bereits vor ihrer tatsächlichen Verwendung erfüllt sein. Unter Berücksichtigung der getrennten Sammlung der kein wie immer geartetes Gefährdungspotenzial aufweisenden biologisch verwertbaren Abfälle und deren Verwertung bei der Erzeugung von Biogas sei daher beim gegenständlichen biogenen Abfall das Abfallende durch die Vorbereitung zur Wiederverwendung und damit vor der gegenständlichen Lagerung eingetreten. Zudem würden die gegenständlichen biogenen Materialien eine entsprechende Qualität aufweisen und sei bereits bei deren Entstehung ein Verwendungszweck gegeben. Sie seien somit als Nebenprodukte und nicht als Abfälle zu qualifizieren. Folglich sei auch Paragraph 37, AWG 2002 auf diese biogenen Materialien nicht anzuwenden.
Zusammenfassend hob die Beschwerdeführerin hervor, dass sich das antragsgegenständliche Tanklagersystem am Entstehungsort der biogenen Abfälle befinde. Die biogenen Abfälle würden im Tanklagersystem nur zeitweilig, nämlich bis zum Einsammeln durch die öffentliche Müllabfuhr, gelagert. Mit dem Tanklagersystem erfolge keine Behandlung der Abfälle, es handle sich vielmehr um ein optimiertes Zwischenlager für Abfälle. In dem verfahrens-gegenständlichen Tanklager erfolge somit unzweifelhaft eine zeitweilige Lagerung bis zum Einsammeln auf dem Gelände der Entstehung der Abfälle. Von einem Behandeln im Sinne des Paragraph 2, Absatz 5, Ziffer eins, AWG 2002 und damit von einem „Behandeln“ von Abfällen im Sinne des
§ 2 Absatz 7, Ziffer eins, AWG 2002 sei nicht auszugehen. Vielmehr werde der in R 13 und D 15 des Anhanges 2 zum AWG 2002 formulierte Ausnahmetatbestand erfüllt. Dementsprechend sei das Tanklager nicht als Behandlungsanlage im Sinne des Paragraph 37, Absatz eins, AWG 2002 einzustufen. Folglich unterliege das geplante Tanklagersystem mit Pumpförderung nicht der Genehmigungspflicht gemäß Paragraph 37, Absatz eins und 3 AWG 2002 und sei somit kein Tatbestand gemäß Paragraph 37, Absatz 2, AWG 2002 erfüllt. Folgte man der Auffassung der belangten Behörde, wären auch die derzeit bei ihr [= der Beschwerdeführerin] zum Einsatz kommenden Biomülltonnen – wie das geplante Tanklagersystem – als Abfallbehandlungsanlage zu beurteilen.
Abschließend hob die Beschwerdeführerin hervor, dass ihr ein konsenswidriger Betrieb, der als Änderung der Betriebsanlage zu qualifizieren sei, nicht unterstellt werden dürfe.
III. Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin betreibt in dem auf Gst **1, GB ***** römisch zehn, errichteten Gebäude ein Handelsgewerbe gemäß Paragraph 124, Ziffer 11, Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), beschränkt auf den Einzelhandel, sowie ein Gastgewerbe mit den Berechtigungen gemäß Paragraph 111, Absatz eins, Ziffer 2, GewO 1994 in der Betriebsart Buffet. Die Beschwerdeführerin ist als Lebensmittelunternehmen laut Kapitel 5 der VO (EG) 852/2004 über Lebensmittelhygiene verpflichtet, ein oder mehrere Verfahren, die auf den HACCP-Grundsätzen beruhen, einzurichten, durchzuführen und aufrecht zu erhalten. Zu diesem Verfahren zählt auch die Eingangskontrolle der Lebensmittel.
Sowohl im Rahmen des Handelsbetriebes als auch im Rahmen des Gastgewerbebetriebes fallen biogene Materialien an. Beim Handelsbetrieb sind es in erster Linie „überlagerte Lebensmittel“, also Lebensmittel, die nicht mehr verkauft werden können. Beim Gastgewerbebetrieb fallen biogene Materialien insbesondere bei der Speisezubereitung an. Diese biogenen Materialien sollen zukünftig über ein Tanklagersystem mit Pumpförderung im Betrieb gesammelt und in einem Tank bis zur Abholung zwischengelagert werden.
Bei diesem Tanklagersystem handelt es sich um ein geschlossenes und geruchsfreies System, welches aus einer Aufgabeeinheit, einem Rohrleitungssystem und einem Lagertank besteht. Die biogenen Materialien werden über die Aufgabeeinrichtung in das System eingebracht und zwecks Verbesserung der Durchgängigkeit in den Rohrleitungen und zur Volumenreduktion beim anschließenden Transport zerkleinert. Vor dem Einbringen der biogenen Materialien in das geplante Tanklagersystem findet ein händisches Aussortieren von Fremdstoffen statt. Bei verpackten Lebensmitteln wird vor deren Einbringung in das Tanklagersystem die Verpackung entfernt.
Die Zerkleinerung erfolgt unter Ausnutzung des Eigenwassers der biogenen Materialien sowie unter Zugabe einer geringen Menge von „Transportwasser“, welches lediglich dem Ausgleich des natürlichen Wasserverlustes (Verdunstung) dient und die Transportierbarkeit im Rohrleitungssystem gewährleistet. Die eben beschriebene Manipulation verfolgt nicht das Ziel, nachfolgende Behandlungsschritte zu umgehen oder zu erleichtern. Die zerkleinerten biogenen Materialien werden über ein Rohrleitungssystem zu einem Lagertank gepumpt. Ist der Lagertank voll, soll er durch entsprechende Saugfahrzeuge geleert werden.
Beabsichtigt ist die Lagerung der biogenen Materialien bis zur Einsammlung durch die öffentliche Müllabfuhr. Die Entsorgung der im Lagertank gesammelten biogenen Materialien erfolgt somit weiterhin über die Gemeinde. Die Beschwerdeführerin hat für die von der Standortgemeinde eingerichtete öffentliche Müllabfuhr die durch den Gemeinderat festgesetzte Müllgebühr zu entrichten. Die biogenen Materialien sollen zu einer Biogasanlage transportiert und dort umweltgerecht verwertet werden.
Die im geplanten Tanklagersystem eingebrachten biogenen Materialien sind für eine Verwertung in einer Biogasanlage oder Co-Fermentationsanlage geeignet. Eine Kompostierung ist eher schwierig durchzuführen.
Das geplante Tanklagersystem weist gegenüber der Verwendung von Biomülltonnen folgende Vorteile auf:
● Volumenreduktion durch Zerkleinerung der Bioabfälle
● Minimierung der Geruchsemissionen durch die Abluftreinigung
● Geringerer Aufwand für die Reinigung
IV. Beweiswürdigung:
Die Beschreibung des geplanten Tanklagersystems und der beabsichtigten Lagerung der im Handelsbetrieb und Gastgewerbebetrieb der Beschwerdeführerin anfallenden biogenen Materialien bis zur Abholung durch die öffentliche Müllabfuhr wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung weitgehend außer Streit gestellt. Bei der Sachverhaltsdarstellung verwertete das Landesverwaltungsgericht Tirol zudem das ergänzende Vorbringen der Beschwerdeführerin sowie die Darlegungen des abfalltechnischen Amtssachverständigen. Das vorgesehene Tanklagersystem ist auch im „Fließ-Schema Nassmüllentsorgung“ dargestellt, auf das sich der angefochtene Bescheid bezieht.
V. Rechtslage:
1. Abfallwirtschaftsgesetz 2002:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002
(AWG 2002), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 102 aus 2002, in der Fassung in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 200 aus 2021,, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Begriffsbestimmungen
Paragraph 2, (1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,
1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder
2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.
[…]
(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses
Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (Paragraph eins, Absatz 3,) erforderlich, solange
1. eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder
2 sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen
Verwendung steht.
Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse (Paragraph eins, Absatz 3,) erforderlich, wenn diese im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.
[…]
(4) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind
1. […]
2. ‚Siedlungsabfälle‘
a) gemischte Abfälle und getrennt gesammelte Abfälle aus Haushalten, einschließlich Papier und Karton, Glas, Metall, Kunststoff, Bioabfälle, Holz, Textilien, Verpackungen, Elektro- und Elektronik-Altgeräte, Altbatterien und Altakkumulatoren sowie Sperrmüll, einschließlich Matratzen und Möbel;
b) gemischte Abfälle und getrennt gesammelte Abfälle aus anderen Herkunfts-bereichen, sofern diese Abfälle in ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung Abfällen aus Haushalten ähnlich sind.
Siedlungsabfälle umfassen keine Abfälle aus Produktion, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Klärgruben, Kanalisation und Kläranlagen, einschließlich Klärschlämme, Altfahrzeuge und keine Bau- und Abbruchabfälle. Gemischte Siedlungsabfälle gelten auch dann weiterhin als gemischte Siedlungsabfälle, wenn sie einem Behandlungsverfahren unterzogen worden sind, das ihre Eigenschaften nicht wesentlich verändert hat.
[…]
7. ‚Bioabfälle‘ biologisch abbaubare Garten- und Parkabfälle, Nahrungsmittel- und Küchenabfälle aus Haushalten, Büros, Gaststätten, Großhandel, Kantinen, Cateringgewerbe und aus dem Einzelhandel sowie vergleichbare Abfälle aus Nahrungsmittelverarbeitungsbetrieben.
8. ‚Lebensmittelabfälle‘ alle Lebensmittel gemäß Art. 2 der Verordnung (EG) Nr 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit, ABl. Nr. L 31 vom 01.02.2002 S. 1, die zu Abfall geworden sind.
[…]
(5) Im Sinne dieses Bundesgesetzes
1. ist ‚Abfallbehandlung‘ jedes Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren, einschließlich
der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung.
[…]
(7) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind
1. ‚Behandlungsanlagen‘ ortsfeste oder mobile Einrichtungen, in denen Abfälle behandelt werden, einschließlich der damit unmittelbar verbundenen, in einem technischen Zusammenhang stehenden Anlagenteile;
1a. ‚Lager‘ ortsfeste Einrichtungen, die zur Durchführung der Behandlungsverfahren
R 13 oder D 15 des Anhangs 2 sowie zur Aussortierung von Störstoffen, zur Zusammenstellung von Chargen und zur Zerkleinerung oder Verdichtung von Abfällen ausschließlich für Transport- oder Lagerzwecke verwendet werden;
[…]“
„Feststellungsbescheide
Paragraph 6, (1) Bestehen begründete Zweifel,
1. ob eine Sache Abfall im Sinne des Bundesgesetzes ist,
2. welcher Abfallart diese Sache gegebenenfalls zuzuordnen oder
3. ob eine Sache gemäß den unionsrechtlichen Abfallvorschriften, insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen (im Folgenden:
EG-VerbringungsV), ABl. Nr. L 190 vom 12.07.2006 S.1, bei der Verbringung notifizierungspflichtiger Abfall ist,
hat der Landeshauptmann dies entweder von Amts wegen oder auf Antrag des Verfügungsberechtigten oder auf Veranlassung der Bundespolizei nach Maßgabe des Paragraph 82, oder der Zollorgane nach Maßgabe des Paragraph 83, mit Bescheid festzustellen. Der Verfügungsberechtigte hat die für die Beurteilung erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Ein Feststellungsbescheid gemäß Ziffer 2, darf nur beantragt werden, sofern nicht Paragraph 7, zur Anwendung kommt.
[…]
(6) Der Landeshauptmann hat auf Antrag eines Projektwerbers oder des Umweltanwaltes oder von Amts wegen innerhalb von drei Monaten festzustellen, ob
1. eine Anlage der Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs. 1 oder 3 oder gemäß § 52 unterliegt oder eine Ausnahme gemäß § 37 Abs. 2 gegeben ist,
2. eine Anlage eine IPPC-Behandlungsanlage ist,
3. eine Änderung einer Behandlungsanlage der Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs. 1 oder 3 unterliegt oder gemäß § 37 Abs. 4 anzeigepflichtig ist.
Parteistellung hat neben dem Projektwerber der Umweltanwalt.
[…]“
„Genehmigungs- und Anzeigepflicht für ortsfeste Behandlungsanlagen
Paragraph 37, (1) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen bedarf der Genehmigung der Behörde. Die Genehmigungspflicht gilt auch für ein Sanierungskonzept gemäß Paragraph 57, Absatz 4,
(2) Der Genehmigungspflicht gemäß Absatz eins, unterliegen nicht
[…]
5. Lager für Abfälle, die der Genehmigungspflicht gemäß den §§ 74 ff GewO 1994, gemäß dem Mineralrohstoffgesetz oder gemäß dem Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen (EG-K), BGBl I Nr. 150/2004, unterliegen, ausgenommen IPPC-Behandlungsanlagen,
6. Anlagen privater Haushalte, in denen zulässigerweise die im Haushalt anfallenden Abfälle behandelt werden,
[…]“
„Anhang 2
Behandlungsverfahren
1. Verwertungsverfahren
[…]
R13 Lagerung von Abfällen bis zur Anwendung eines der unter R1 bis R12 aufgeführten Verfahren (ausgenommen zeitweilige Lagerung – bis zur Sammlung – auf dem Gelände der Entstehung der Abfälle)
2. Beseitigungsverfahren
[…]
D15 Lagerung bis zur Anwendung eines der unter D1 bis D14 aufgeführten Verfahren (ausgenommen zeitweilige Lagerung – bis zur Sammlung – auf dem Gelände der Entstehung der Abfälle)“
2. Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes (TAWG), LGBL Nr 3/2008 in der Fassung in der Fassung Landesgesetzblatt Nr 28 aus 2011,, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„§ 2.
Begriffsbestimmungen
[…]
(5) Biologisch verwertbare Abfälle sind Garten- und Parkabfälle, Nahrungs- und Küchenabfälle aus Haushalten, aus dem Gaststätten- und Cateringgewerbe und aus dem Handel sowie vergleichbare Abfälle aus Nahrungs-, Genuss- und Futtermittelverarbeitungsbetrieben, aus der Land- und Forstwirtschaft und aus der Straßenerhaltung.
[…]“
„§ 14.
Öffentliche Müllabfuhr
(1) Die Gemeinde hat zur Besorgung der Aufgaben nach Absatz 2, eine öffentliche Müllabfuhr einzurichten und Abfallberatung zu betreiben. Die Gemeinde kann sich zur Besorgung dieser Aufgaben auch eines privaten Unternehmens oder der öffentlichen Müllabfuhr einer anderen Gemeinde bedienen oder zur Besorgung dieser Aufgabe mit anderen Gemeinden einen Gemeindeverband bilden.
(2) Durch die öffentliche Müllabfuhr sind folgende Aufgaben entsprechend den Interessen nach Paragraph 4, Absatz 6, zu besorgen:
a) die Abholung des Siedlungsabfalles (Restmüll, getrennt zu sammelnder
Siedlungsabfall, biologisch verwertbarer Abfall und Sperrmüll) von den Grundstücken, auf denen er anfällt, soweit im Abs. 3 nichts anderes bestimmt oder in einer Verordnung nach Abs. 4 nichts anderes festgelegt ist,
[…]
d) die Abgabe der nach lit. a und b gesammelten getrennt zu sammelnden Siedlungsabfälle an befugte Entsorgungsunternehmen,
e) der Betrieb oder die Abfuhr zu einer biologischen Verwertungsanlage für die nach lit. a und b gesammelten biologisch verwertbaren Abfälle.
3. Tiroler Abfallwirtschaftskonzept:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Tiroler Abfallwirtschaftskonzeptes (TAWK), Landesgesetzblatt Nr 1 aus 1993,, zuletzt geändert durch Landesgesetzblatt Nr 17 aus 2016,, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„§ 1
Getrennt zu sammelnde Siedlungsabfälle
[…]
(3) Zum Zweck der Vorbereitung zur Wiederverwendung, zum Recyceln oder zur sonstigen Verwertung sind außerdem getrennt zu sammeln:
a) Nicht der VerpackVO 1996 unterliegende Abfälle aus Papier und Metall (Haushaltsschrott) sowie nicht der Elektroaltgeräteverordnung unterliegende Abfälle aus Metall (Haushaltsschrott),
b) Speisefette und –öle und
c) biologisch verwertbare Siedlungsabfälle.“
„§ 3
Getrennt zu sammelnde sonstige Abfälle
Getrennt zu sammeln sind:
a) Nicht der VerpackVO 1996 unterliegende Abfälle aus Papier und Metall (Schrott) sowie nicht der Elektroaltgeräteverordnung unterliegende Abfälle aus Metall (Schrott),
b) Flachglas, Altholz und Altreifen und
c) biologisch verwertbare sonstige Abfälle.“
4. Abfallrahmenrichtlinie:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen der Richtlinie (RL) 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.11.2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (= Abfallrahmenrichtlinie), ABl. L 312 vom 22.11.2008, Sitzung 3, zuletzt geändert durch ABl. L 150 vom 14.06.2018, Sitzung 109, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Artikel 3
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichneter Ausdruck
1. ‚Abfall‘ jeden Stoff oder Gegenstand, dessen sich sein Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss;
[…]
2b. ‚Siedlungsabfall‘
a) gemischte Abfälle und getrennt gesammelte Abfälle aus Haushalten, einschließlich Papier und Karton, Glas, Metall, Kunststoff, Bioabfälle, Holz, Textilien, Verpackungen, Elektro –und Elektronik-Altgeräte, Altbatterien und Altakkumulatoren sowie Sperrmüll, einschließlich Matratzen und Möbel;
b) gemischte Abfälle und getrennt gesammelte Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen, sofern diese Abfälle in ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung Abfällen als Haushalten ähnlich sind;
Siedlungsabfall umfasst keine Abfälle aus Produktion, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Klärgruben, Kanalisation und Kläranlagen, einschließlich Klärschlämme, Altfahrzeuge und aus Bau- und Abbruch.
[…]
4. ‚Bioabfall‘ biologisch abbaubare Garten- und Parkabfälle, Nahrungsmittel- und
Küchenabfälle aus Haushalten, Büros, Gaststätten, Großhandel, Kantinen, Cateringgewerbe und aus dem Einzelhandel sowie vergleichbare Abfälle aus Nahrungsmittelverarbeitungsbetriebe;
4a. ‚Lebensmittelabfall‘ alle Lebensmittel gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, die zu Abfall geworden sind;
[…]
14. ‚Behandlung‘ Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren, einschließlich Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung;
[…]“
„Artikel 5
Nebenprodukte
(1) Die Mitgliedsstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass ein Stoff oder Gegenstand, der das Ergebnis eines Herstellungsverfahrens ist, dessen Hauptziel nicht die Herstellung des betreffenden Stoffes oder Gegenstandes ist, nicht als Abfall, sondern als Nebenprodukt betrachtet wird, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
a) es ist sicher, dass der Stoff oder Gegenstand weiterverwendet wird,
b) der Stoff oder Gegenstand kann direkt ohne weitere Verarbeitung, die über die
normalen industriellen Verfahren hinausgeht, verwendet werden,
c) der Stoff oder Gegenstand wird als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses erzeugt und
d) die weitere Verwendung ist rechtmäßig, d.h. der Stoff oder Gegenstand erfüllt alle
einschlägigen Produkt-, Umwelt- und Gesundheitsschutzanforderungen für die
jeweilige Verwendung und führt insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- oder
Gesundheitsfolgen.
[…]“
„Artikel 6
Ende der Abfalleigenschaft
(1) Die Mitgliedsstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Abfälle die ein Recyclingverfahren oder ein anderes Verwertungsverfahren durchlaufen haben, nicht mehr als Abfälle betrachtet werden, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
a) der Stoff oder der Gegenstand soll für bestimmte Zwecke verwendet werden;
b) es besteht ein Markt für diesen Stoff oder Gegenstand oder eine Nachfrage danach;
c) der Stoff oder Gegenstand erfüllt die technischen Anforderungen für die bestimmten
Zwecke und genügt den bestehenden Rechtsvorschriften und Normen für Erzeugnisse und
d) die Verwendung des Stoffs oder Gegenstands führt insgesamt nicht zu schädlichen
Umwelt- oder Gesundheitsfolgen
[…]“
5. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 133 aus 2013, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 24 aus 2017, (Paragraph 29,) und Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 138 aus 2017, (Paragraph 28,), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Erkenntnisse
Paragraph 28, (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
[…]
Verkündung und Ausfertigung der Erkenntnisse
Paragraph 29, […]
(2) Hat eine Verhandlung in Anwesenheit von Parteien stattgefunden, so hat in der Regel das Verwaltungsgericht das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen sogleich zu verkünden.
[…]
(3) Die Verkündung des Erkenntnisses entfällt, wenn
[…]
2. das Erkenntnis nicht sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung gefasst werden kann
und jedermann die Einsichtnahme in das Erkenntnis gewährleistet ist. […]“
VI. Erwägungen:
1. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:
Gemäß Paragraph 7, Absatz 4, VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen.
Der angefochtene Bescheid wurde der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters am 13.07.2022 nachweislich zugestellt. Deren Beschwerde vom 09.08.2022 ist am 10.08.2022 bei der Behörde per E-Mail eingebracht und an diesem Tag auch bei der Post aufgegeben worden. Die Einbringung der Beschwerde erfolgte innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist und somit fristgerecht.
2. In der Sache:
2.1. Zur Abfalleigenschaft:
Die verfahrensgegenständlichen biogenen Materialien fallen beim Handelsbetrieb und Gastgewerbebetrieb der Beschwerdeführerin an. Sie sind keinesfalls das Ergebnis eines Herstellungsverfahrens und werden auch nicht als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses erzeugt. Bei den verfahrensgegenständlichen Materialien handelt es sich um beim Gastgewerbebetrieb anfallende Speisereste sowie um nicht mehr für den Verkauf verwendbare Lebensmittel. Die Qualifikation dieser biogenen Materialien als Nebenprodukt im Sinne des Artikel 5, Absatz eins, der Abfallrahmenrichtlinie sowie Paragraph 2, Absatz 3 a, AWG 2002 scheidet somit aus.
Die beschriebenen biogenen Materialien werden nach ihrer zeitlich begrenzten Lagerung im geplanten Tanklagersystem der öffentlichen Müllabfuhr übergeben. Die weitere Verwertung dieser biogenen Materialien obliegt der öffentlichen Müllabfuhr, die Beschwerdeführerin hat auf die weitere Verwertung keinen Einfluss.
Mit der Übergabe der beschriebenen biogenen Materialien an die öffentliche Müllabfuhr bringt die Beschwerdeführerin klar zum Ausdruck, dass sie sich dieser Gegenstände entledigen will. Dementsprechend sind die biogenen Materialien als Abfall im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer eins, AWG 2002 zu qualifizieren. Es handelt sich um biogene Abfälle im Sinne des Paragraph 2, Absatz 4, Ziffer 7, AWG sowie Paragraph 2, Absatz 5, TAWG. Da die in das geplante Tanklagersystem einzubringende Bioabfälle von der Art her mit den in Haushalt anfallenden Abfällen vergleichbar sind, sind sie den biologisch verwertbaren Siedlungsabfällen im Sinne des Paragraph eins, Absatz 3, Litera c, TAWK zuzuordnen.
Die Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin, wonach bezogen auf die gegenständlichen biogenen Materialien die Voraussetzungen gemäß Artikel 6, Absatz eins, der Abfallrahmenrichtlinie vorlägen und der Eintritt des Abfallendes bereits vor der vorübergehenden Lagerung im geplanten Tanklagersystem anzunehmen sei, ist verfehlt. Paragraph 5, Absatz eins, AWG 2002 knüpft das Ende der Abfalleigenschaft allein an die Erfüllung generell umschriebener – allenfalls in einer Verordnung nach Artikel 6, Absatz 2, Abfallrahmenrichtlinie oder Paragraph 5, Absatz 2, AWG 2002 aufgestellter – Voraussetzungen ohne Hinzutreffen einer (oder alternativ zu einer) Entscheidung im Einzelfall. Zudem enthält Paragraph 5, Absatz 2, AWG 2002 nach seinem eindeutigen Wortlaut die „allgemeinen Bestimmungen“ des Artikel 6, Absatz eins, Abfallrahmenrichtlinie ausschließlich als Determinanten für allfällige Verordnungen und ermöglicht daher (unabhängig von der Frage, ob sie sich dafür unmittelbar eignen) nicht, diese als Maßstab für eine individuelle Entscheidung heranzuziehen (so ausdrücklich VwGH 20.10.2022, Ra 2021/07/0068; dieser Entscheidung folgend
VwGH 07.11.2022, Ra 2021/07/0060). Paragraph 5, Absatz eins, AWG 2002 bietet keinen Raum für einen (vorzeitigen) Eintritt des Endes der Abfalleigenschaft in Abweichung von der Erfüllung bestimmter Typen genereller Voraussetzungen und macht daher von der Option der Einzelfallentscheidung nach Artikel 6, Absatz 4, Abfallrahmenrichtlinie gerade keinen Gebrauch (so ausdrücklich VwGH 20.10.2022, Ra 2021/07/0068; dieser Entscheidung folgend
VwGH 07.11.2022, Ra 2021/07/0060).
Die Kompostverordnung, Bundesgesetzblatt Teil 2, Nr 292 aus 2001,, definiert das Abfallende von zur Kompostherstellung verwendeter biogener und sonstiger Abfälle. Die Kompostverordnung ist aber für das gegenständliche Feststellungsverfahren irrelevant, da die zwischengelagerten biogenen Materialien nicht zur Kompostherstellung verwendet werden sollen und folglich die Qualitätsanforderungen an Komposte nicht anzuwenden sind. Die Entscheidung des EUGH vom 17.11.2022 in der Rechtssache C-238/21 bezog sich wiederum auf nicht kontaminierten Bodenaushub, der nach geltendem österreichischen Recht als Material der höchsten Qualitätsklasse eingestuft wird und unmittelbar zur Geländeanpassung und Flächenentwicklung eingesetzt werden soll. Zudem bestand für das verfahrensgegenständliche Aushubmaterial eine konkrete Anfrage örtlicher Bauern auf die Lieferung dieses Bodenaushubs. Die gegenständlichen biogenen Materialien sind mit Bodenaushüben der geprüften höchsten Qualitätsklasse nicht vergleichbar.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sind daher die gegenständlichen biogenen Materialien auch unter Berücksichtigung des Artikel 6, Abfallrahmenrichtlinie als Abfälle im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, Z AWG 2002 zu qualifizieren.
2.2. Zur Abfallbehandlung:
Die belangte Behörde hatte entsprechend dem verbesserten Antrag der Beschwerdeführerin vom 19.05.2022 im Sinne des Paragraph 6, Absatz 6, Ziffer eins, AWG 2002 eine Feststellung zu treffen, ob die verfahrensgegenständliche Anlage der Genehmigungspflicht gemäß Paragraph 37, Absatz eins, oder 3 AWG 2002 unterliegt oder eine Ausnahme gemäß Paragraph 37, Absatz 2, AWG 2002 gegeben ist.
Die in dem gegenständlichen Tanklagersystem gesammelten, als Abfälle zu qualifizierenden biogenen Materialien sollen einer Biogasanlage zugeführt werden, in der die Verwertung der biogenen Abfälle erfolgt. Der dort stattfindende Vorgang ist als biologisches Umwandlungsverfahren im Sinne des Verwertungsverfahrens R3 des Anhangs 2 des AWG 2002 zu qualifizieren.
Die Beschwerdeführerin bringt nunmehr vor, die Lagerung der gesammelten biogenen Abfälle im verfahrensgegenständlichen Tanklagersystem sei als „zeitweilige Lagerung“ zu qualifizieren und daher nicht dem Verwertungsverfahren R13 und dem Beseitigungsverfahren D15 des Anhanges 2 zum AWG 2002 zuzuordnen. Vielmehr sei der in R13 und D15 des Anhanges 2 zum AWG 2002 formulierte Ausnahmetatbestand erfüllt. Folglich liege keine Abfallbehandlung vor.
Dazu ist Folgendes festzuhalten:
Ein „Behandeln“ von Abfällen im Sinne des Paragraph 2, Absatz 7, Ziffer eins, AWG 2002 – was nach dieser Gesetzesbestimmung Voraussetzung dafür ist, um eine (ortsfeste) Anlage als „Behandlungs-anlage“ im Sinne des Paragraph 37, Absatz eins, AWG 2002 einzustufen – liegt nach Paragraph 2, Absatz 5, Ziffer eins, AWG 2002 nur dann vor, wenn eine Maßnahme die Kriterien eines Verwertungs- oder Beseitigungs-verfahrens entsprechend dem Anhang 2 zum AWG 2002 erfüllt (VwGH 21.10.2004, 2004/07/0130; VwGH 06.07.2006, 2005/07/0087).
Gemäß Paragraph 2, Absatz 5, Ziffer eins, AWG 2002 ist „Abfallbehandlung“ jedes Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung. Anhang 2 zum AWG 2002 („Behandlungsverfahren“), der Verwertungs- und Beseitigungsverfahren auflistet, entspricht den Anhängen römisch eins („Beseitigungsverfahren“) und römisch II („Verwertungsverfahren“) zur Abfallrahmenrichtlinie. Die Lagerung von Abfällen wird sowohl im Verwertungsverfahren R 13 als auch im Beseitigungsverfahren D 15 ausdrücklich erwähnt. Dabei ist zwischen der „zeitweiligen Lagerung“ und der „Zwischenlagerung“ zu unterscheiden. Die Zwischenlagerung ist Bestandteil der Beseitigung oder Verwertung von Abfällen, während die zeitweilige Lagerung bis zum Einsammeln hiervon ausdrücklich ausgeschlossen ist
(VwGH 29.03.2022, Ro 2020/05/0022 bis 0023, unter Hinweis auf VwGH 21.10.2004, 2004/07/0130). Der Begriff der „zeitweiligen Lagerung“ in der Abfallrahmenrichtlinie ist gleichbedeutend mit dem Begriff der „vorläufigen Lagerung“ des AWG 2002 und fällt unter den Überbegriff der „Sammlung“ gemäß Paragraph 2, Absatz 5, Ziffer 9, AWG 2002. Damit zählt die vorläufige Lagerung zur „Abfallbewirtschaftung“ im Sinne des Artikel 3, Ziffer 9, Abfallrahmenrichtlinie.
Im gegenständlichen Fall werden die als Abfälle zu qualifizierenden biogenen Materialien in ein Tanklagersystem eingebracht, dort verdichtet und unter Zugabe von Wasser für Transport- und Lagerzwecke zerkleinert. Es findet somit keine bloße zeitweilige Lagerung statt, sondern es werden – wenn auch nur eingeschränkt – Manipulationsschritte gesetzt. Diese Manipulationsschritte werden in der Definition des Lagers gemäß Paragraph 2, Absatz 7, Ziffer eins a, AWG 2002 ausdrücklich angeführt. Die Aufzählung in der eben zitierten Bestimmung verfolgt den Zweck, die zulässigen Manipulationsschritte in einem Lager zu umschreiben, ohne dass dadurch bereits eine andere Abfallbehandlungsanlage vorliegt (so die Erläuterungen im Initiativantrag vom 12.06.2019, 887/A römisch 26 . Gesetzgebungsperiode Der Ausnahmetatbestand des Paragraph 37, Absatz 2, Ziffer 5, AWG 2002 erfasst ausdrücklich „Lager für Abfälle“ und knüpft damit an den in Paragraph 2, Absatz 7, Ziffer eins a, AWG 2002 definierten Begriff „Lager“ an. Der Tatbestand „Lager für Abfälle“ des Paragraph 37, Absatz 2, Ziffer 5, AWG 2002 entspricht inhaltlich dem „Lager“ im Sinne des Paragraph 2, Absatz 7, Ziffer eins a, AWG 2002. Paragraph 37, Absatz 2,
Z 5 AWG 2002 umschreibt einen Ausnahmetatbestand von der in Paragraph 37, Absatz eins, AWG 2002 normierten Genehmigungspflicht für die Errichtung, den Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen. Die Ausnahmetatbestände des Paragraph 37, Absatz 2, AWG 2002 erfassen somit Behandlungsanlagen, die von der Genehmigungspflicht befreit werden. Folglich ist ein Lager im Sinne des Paragraph 37, Absatz 2, Ziffer 5, AWG 2002 eine nicht der Genehmigungspflicht des Paragraph 37, Absatz eins, AWG 2002 unterliegende Abfallbehandlungsanlage. Das gegenständliche Tanklagersystem ist somit als Abfallbehandlungsanlage zu qualifizieren, auf die – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen – die Ausnahmebestimmung des Paragraph 37, Absatz 2, Ziffer 5, AWG 2002 anzuwenden ist. Vergleichbar dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 06.07.2006, 2005/07/0087, eine Speiseresteentwässerungsanlage und damit eine Anlage zur Vorbehandlung von nicht gefährlichen Abfällen als Abfallbehandlungsanlage im Sinne des
§ 37 Absatz eins, AWG 2002 qualifiziert.
Das Argument des Beschwerdeführers, dass bei dieser Auslegung auch Mülltonnen oder Sammelstellen als Abfallbehandlungsanlagen zu qualifizieren seien, vermag an der rechtlichen Beurteilung nichts zu ändern. Für öffentlich zugängliche Altstoffsammelzentren (und Sammelstellen für Problemstoffe) regelt Paragraph 54, AWG 2002 deren Genehmigungspflicht. Die Qualifikation als Behandlungsanlage ergibt sich zudem aus Paragraph 62, Absatz eins, AWG 2002. Anlagen privater Haushalte, in denen zulässigerweise die im Haushalt anfallenden Abfälle behandelt werden, unterliegen entsprechend der Ausnahmebestimmung des Paragraph 37, Absatz 2, Ziffer 6, AWG 2022 nicht der Genehmigungspflicht des Paragraph 37, Absatz eins, AWG 2002. Zudem ist bei Mülltonnen üblicherweise nicht von „ortsfesten Behandlungsanlagen“ im Sinne des Paragraph 37, Absatz eins, AWG 2002, sondern von einem „für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Ort“ gemäß
§ 15 Absatz 3, Ziffer 2, AWG 2002 auszugehen.
3. Ergebnis:
3.1. Zum Erkenntnis:
Die Zwischenlagerung der im Handelsbetrieb und im Gastgewerbebetrieb der Beschwerdeführerin anfallenden, als Abfälle zu qualifizierenden biogenen Materialien ist insbesondere im Hinblick auf die durchgeführten Manipulationsschritte und die nachfolgende Verwertung in einer Biogasanlage nicht bloß als zeitweilige Lagerung, sondern als Abfallbehandlung zu qualifizieren. Das verfahrensgegenständliche Tanklagersystem ist ein Lager im Sinne des Paragraph 2, Absatz 7, Ziffer eins a, AWG 2002. Folglich ist auf dieses Tanklagersystem die Ausnahmebestimmung des Paragraph 37, Absatz 2, Ziffer 5, AWG 2002 anzuwenden.
Der angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig. Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen. Dementsprechend lautet Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Erkenntnisses.
3.2. Zur schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses:
Gemäß Paragraph 29, Absatz 2, VwGVG hat das Verwaltungsgericht bei einer Verhandlung in Anwesenheit der Parteien das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen „in der Regel“ sogleich zu verkünden. Indem die sofortige mündliche Verkündung nicht zwingend nach dem Schluss der Verhandlung zu erfolgen hat, lässt das Gesetz dem Verwaltungsgericht einen (weiten) Spielraum, zumal dazu korrespondierend in der Ziffer 2, des Paragraph 29, Absatz 3, VwGVG nur ganz allgemein normiert wird, die Verkündigung des Erkenntnisses entfällt, wenn es nicht sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung gefasst werden kann vergleiche VwGH 30.04.2021,
Ra 2021/21/0071).
Im gegenständlichen Verfahren waren komplexe Rechtsfragen zu beantworten, insbesondere galt es auch auf die jüngere Judikatur des EuGH sowie des Verwaltungsgerichtshofes einzugehen. Darüber hinaus haben die Beschwerdeführerin, der Landesumweltanwalt und die belangte Behörde ausdrücklich auf die mündliche Verkündung der Entscheidung verzichtet. Die genannten Umstände rechtfertigen das Absehen von der mündlichen Verkündung der Entscheidung im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 07.12.2022.
VII. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hatte einen unbestrittenen Sachverhalt anhand der zitierten Bestimmungen des AWG 2002 zu beurteilen. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat die Abfalleigenschaft der in das Tanklagersystem einzubringenden biogenen Materialien anhand des subjektiven Abfallbegriffs des Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer eins, AWG 2002 begründet. Mit dem Beschwerdevorbringen, wonach bei den verfahrensgegenständlichen biogenen Materialien das Abfallende bereits vor der vorübergehenden Lagerung im geplanten Tanklagersystem eingetreten sei, hat sich das Landesverwaltungsgericht Tirol im Einklang mit den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.10.2022, Ra 2021/07/0068, und vom 07.11.2022, Ra 2021/07/0060, auseinandergesetzt. Die Qualifizierung des geplanten Tanklagersystems als Abfallbehandlung stützt das Landesverwaltungsgericht Tirol auf die eindeutige Definition des Tatbestandes „Lager“ in Paragraph 2, Absatz 7, Ziffer eins a, AWG 2002, der für die Auslegung des Begriffs „Lager“ des Paragraph 37, Absatz 2, Ziffer 5, AWG 2002 heranzuziehen ist. Die Ausführungen des Landesverwaltungsgerichtes Tirol zum Begriff „Abfallbehandlung“ weichen auch nicht von der einheitlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche insbesondere VwGH 21.10.2004, 2004/07/0130; VwGH 06.07.2006, 2005/07/0087, und VwGH 29.03.2022, Ro 2020/05/0022-0023) ab. Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung waren folglich nicht zu erörtern. Dementsprechend wird die ordentliche Revision in Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses für nicht zulässig erklärt.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Hirn
(Richter)
ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.37.2210.5