Gericht

Landesverwaltungsgericht Tirol

Entscheidungsdatum

27.08.2018

Geschäftszahl

LVwG-2018/22/0852-2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Triendl über die Beschwerde des Herrn AA, geb. römisch XX.XX.XXXX, Adresse 1, Z, v.d. Rechtsanwälte BB, Adresse 2, Y, gegen das Straferkenntnis der Bürgermeisterin der Stadt Y vom 12.2.2018, Zl. **** wegen Übertretungen der Gewerbeordnung 1994

zu Recht:

1.           Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß Paragraph 45, Absatz eins, Ziffer 2 und 3 VStG eingestellt.

2.           Die ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

römisch eins.           Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Sie, Herr AA, geb. am römisch XX.XX.XXXX, haben am 14.03.2017 von zumindest 15:00 Uhr bis zumindest 16:00 Uhr (Lokalaugenschein) in Y, Adresse 3; „CC" folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Tatvorwurf 1:

Die Firma „CC“ in Y, Adresse 3, betreibt auf dem Standort in Y, Adresse 3 eine mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Y als Bezirksverwaltungsbehörde vom 23.11.1998 GZ.: **** genehmigte Betriebsanlage für die Erzeugung von Dachpappe, Teer- und Asphaltpodukten sowie Dachbeläge und Isoliermaterialien (...).

Es wurde im Zuge eines Lokalaugenscheins am 14.03.2017 in der Zeit von 15:00 Uhr -16:00 Uhr folgendes festgestellt:

Anlagenerweiterung Rührwerk(e) und Gebläse

Bezüglich der Verwendung der (zwei) konsenslos aufgestellten Rührwerke ist aus technischer Sicht festzustellen, dass keine Unterlagen vorliegen, aus denen eine vollständige Projektierung in Bezug auf Abluftberechnung hervorgeht.

Es ist dadurch nicht sichergestellt, dass die zusätzlich auftretenden Aerosole vollständig aus der Abluft entfernt werden können.

Der Einbau des Zusatzgebläses, das eine Änderung der Betriebsanlage darstellt, wurde nicht angezeigt und genehmigt. Es liegen dem Sachverständigen auch keine Unterlagen vor, die eine vollständige Projektierung dieser Erweiterung beinhalten. Der Volumenstrom steigt durch dieses Gebläse von 2600 m3/h auf 12000 m3/h an.

Aus technischer Sicht ist festzuhalten, dass durch das Zusatzgebläse zu einer starken Erhöhung der Geschwindigkeit des Abluftstromes kommt. Diese Erhöhung hat zur Folge, dass die Reaktionszeit der Abluft mit dem Biosorbens stark verkürzt wird und somit keine vollständige Reinigung mehr gewährleistet werden kann.

Der übermittelte Plan zeigt insgesamt 13 Rührwerksanlagen, das bedeutet, dass auch ein weiteres Rührwerk nicht genehmigt wurde. Bezüglich dieses Rührwerkes liegen keine Unterlagen vor.

Dies stellt eine genehmigungspflichtige Änderung gemäß Paragraph 81, Absatz eins, GewO. dar.

Sie haben es als Verantwortlicher der genannten Firma zu verantworten, dass die angeführte geänderte Betriebsanlage zumindest von 14.03.2017 bis 05.04.2017 ohne Genehmigung betrieben wurde.

Tatvorwurf 2:

Sie haben als Verantwortlicher der Firma „CC“ in Y, Adresse 3, zu verantworten, dass folgende Auflagen, die im Bewilligungsbescheid des Bürgermeisters der Stadt Y als Bezirksverwaltungsbehörde vom 23.11.1998 GZ.: **** gem. Paragraphen 74 bis 83 und 359 b GewO vorgeschrieben wurden, nicht eingehalten wurden.

Auflage Punkt 1) Das Betriebstagebuch (Wartungsaufzeichnungen, Aufzeichnungen und Meßberichte im Hinblick auf die halbjährlich durchzuführenden Gesamt-C-Messungen) ist in der Betriebsanlage zur jederzeitigen Einsichtnahme für Vertreter der Behörde aufzulegen.

Auflage Punkt 2) Die Abluftreinigungsanlage (Biofilteranlage) ist entsprechend den Herstellerangaben so zu betreiben und zu warten, dass bei regelmäßigen Betriebsbedingungen die obengenannten vom Hersteller der Anlage garantierten Grenzwerte eingehalten werden.

Im Zuge des Lokalaugenscheins wurde folgendes festgestellt:

Im Serviceprotokoll von DD von 11.10.2016 werden 75 mg/m3 an Schadstoffkonzentration im Reingas gemessen. Laut dem Hersteller der Biofilteranlage werden im Reingas 20 mg/m3 gewährleistet.

Es liegen keine Unterlagen und Bestätigungen vor, die diese Abweichung begründen und keine Dokumente, aus denen hervorgeht, dass diese Abweichung behoben wurde.

Es wurde bis dato - wie von Herrn E zugesagt - kein Betriebstagebuch übermittelt aus dem ersichtlich ist, ob und wann Betriebsstörungen aufgetreten sind und diesbezügliche Dokumentationen inklusive durchgeführte Gegenmaßnahmen.

Laut dem Serviceprotokoll der Firma DD in den Nachreichunterlagen vom 28.03.2017 wird der Aerosolabscheider nicht ordnungsgemäß betrieben.

Es erfolgte ein Ausbau der Metallfilterplatten, da diese laut Aussage von CC alle zwei Wochen verstopfen. Diese Änderung der Betriebsanlage wurde nicht angezeigt und genehmigt. Aus technischer Sicht handelt es sich hierbei jedoch jedenfalls um eine genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage, da die Gesamtfunktion der Betriebsanlage verändert wird.

Der Ausbau dieser Filtereinheit hat zur Folge, dass Aerosole in der Abluft nicht mehr vollständig vor der Biofiltereinheit abgeschieden werden und somit weiter in den Biofilter gelangen. Dort legen sie sich als ölige Schicht um das Trägermaterial und verhindern dadurch einen Abbau der geruchsverursachenden Substanzen.

Wartungspflicht und Aufbereitung des Bioabsorbens:

Die Auflage über die Reinigung von Leitungen und Ventilen erfolgte laut eingereichten Unterlagen jährlich, jedoch ist im Bescheid ein halbjährliches Reinigungsintervall vorgeschrieben. Nur eine Reinigung in den vorgeschriebenen Intervallen gewährleistet eine ordnungsgemäße und qualitative Funktion der Biofilteranlage.

Es liegen dem gewerbetechnischen Sachverständigen keine Unterlagen vor, die den im Bescheid Zl. **** vom 23.11.1998 beschriebenen Austausch des Trägermaterials nach 5 Jahren bestätigen.

Es gibt, wie im Bescheid Zl. **** vom 23.11.1998 beschrieben, keine Aufzeichnungen und Bestätigungen bezüglich der Entnahme und der Aufarbeitung des verbrauchten Trägermaterials beim Lieferanten.

Das biologisch aktive Trägermaterial dient der Erhaltung und Sicherstellung der Reinigungsleistung.

Es wurde auch keine Dokumentation der Durchflussmessungen übermittelt. Die Durchflussmessungen sind ein wichtiger Indikator für den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage.

Entgegen der Bescheidauflage Nr. 2 vom Bescheid Zl. **** vom 23.11.1998 konnte keine Dokumentation über die aktuellen Durchflussmessungen vorgelegt werden.

Zusammenfassung:

Nachstehende aufgelistete Mängel bzw. Abweichungen vom Genehmigungsbescheid, welche kausal im Zusammenhang mit den angezeigten Geruchsbelästigungen stehen, wurden vom Unterfertigten festgestellt:

Die Biofilteranlage wurde laut Auskunft von Herrn E durch den Einbau eines zusätzlichen Gebläses - zur Erhöhung des Gasvolumensstromes der Abluftreinigungsanlage - abgeändert. Diese Änderung wurde der Behörde jedoch nicht angezeigt. Seitens des Betriebsleiters (Herr E) konnte auch kein Schriftstück vorgelegt werden, aus welchem die vollständige Projektierung dieser Anlagenänderung (Berechnungen, Baupläne, Anleitungen, etc.) ersichtlich ist. Aus technischer Sicht handelt es sich hierbei jedoch jedenfalls um eine genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage, da die Gesamtfunktion dieses Anlagenteiles jedenfalls seitens der Behörde zu prüfen ist.

Des Weiteren wurde lt. Herrn E auch die Biofilteranlage (durch Vergrößerung der Kapazität) ohne entsprechender gewerbebehördlicher Genehmigung erweitert.

Hinsichtlich der angezeigten Geruchsimmissionen und der vor Ort auch feststellbaren Geruchsemissionen ist außerdem auch festzuhalten, dass die Anzahl der in Verwendung befindlichen Rührwerke, nicht mit der genehmigten Anzahl übereinstimmt (mittels Bescheid wurden 11 Stk. genehmigt - in der Betriebsanlage werden lt. Auskunft von Herrn E jedoch 12 betrieben). Aus technischer Sicht steht außer Zweifel, dass sich durch die Erhöhung der Produktionskapazität auch die Geruchsemission erhöht, zumal die Abluftreinigungsanlage nicht mehr als genehmigt betrachtet werden kann und sich aufgrund der im Bereich der Betriebsanlage festgestellten Geruchsbelastung der Verdacht naheliegt, dass die Funktion der Filteranlage (insbesondere auch in Hinsicht der Produktionserweiterung) nicht mehr ausreichend dimensioniert ist.

Die Aussage eines Mitarbeiters der Fa. CC, dass es sich bei der Druckanzeige der Biofilteranlage um eine Absolutdruckanzeige handelt, widerspricht sich mit der im Bescheid Zl. **** angeführten Beschreibung eines Differenzdruckmessers. Ein solcher konnte im Zuge des Lokalaugenscheins nicht vorgefunden werden. Laut Angabe wird diese Anzeige zur Detektion von Störfällen und für Wartungszwecke herangezogen.

Aufgrund dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe

Falls diese uneinbringlich ist,

Ersatzfreiheitsstrafe von

gemäß

Ad 1) € 500,00

Ad 2) €500,00

5 Tage

5 Tage

Paragraph 366, Absatz eins, Zif. 3 GewO 1994

Paragraph 367, Zif. 25 GewO 1994 i.V.m. dem angeführten Punkt des angeführten Bescheid

Verfahrenskosten

Barauslagen

Gesamtbetrag

€100,00

 

€ 1.100,00“

In der rechtzeitig dagegen erhobenen Beschwerde brachte der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer zusammenfassend vor, der Beschuldigte habe die zur Last gelegten Taten nicht zu verantworten.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den behördlichen Akt. In Bezug auf die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung des handelsrechtlichen Geschäftsführers ist auf die E-Mail der belangten Behörde vom 19.4.2018 zu verweisen.

II.         Erwägungen:

Einleitend ist die Rechtsansicht der belangten Behörde zu bestätigen, wonach es für die Bestrafung des gewerberechtlichen Geschäftsführers auf das tatsächliche Ausscheiden ankommt. Insofern ist es gegenständlich aufgrund der Information des Rechtsvertreters vom 3.7.2017 nicht zu beanstanden, wenn der handelsrechtliche Geschäftsführer zur Verantwortung gezogen wurde vergleiche zu alledem Gruber/Paliege-Barfuß GewO7, Paragraph 370, Rz 13 und 14 - Stand 1.3.2015, rdb.at).

Eine Bestrafung des Beschuldigten scheidet jedoch unabhängig von den Ausführungen in der Beschwerde aus folgenden Erwägungen aus:

Zu Spruchpunkt 1.:

Zunächst fällt auf, dass der Beschuldigte nicht als handelsrechtlicher Geschäftsführer der „CC“ als Gewerbeinhaberin, sondern lediglich als „Verantwortlicher“ bezeichnet wird. Wenn aber ein Beschuldigter nicht als unmittelbarer Täter, sondern als verantwortliches Organ einer juristischen Person bestraft wird, muss dies bei der Umschreibung der Tat und bei der Bezeichnung der angewendeten Gesetzesbestimmung zum Ausdruck kommen. Es sind diesfalls sowohl die juristische Person zu bezeichnen, bezüglich derer die Verantwortlichkeit besteht, als auch die Art der Organfunktion, aus der sich die Verantwortlichkeit ergibt (siehe Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 Paragraph 44 a, Rz 4 - Stand 1.5.2017, rdb.at, mwH). Die hier gewählte Formulierung ist daher unzureichend, weil sie nicht zum Ausdruck bringt, aus welcher Stellung des Beschuldigten zu dieser Gesellschaft sich dessen verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit ergeben soll (VwGH 13. 11. 1984, 84/04/0039 uva).

Weitere Mängel im angefochtenen Straferkenntnis ergeben sich aufgrund folgender Erwägungen:

Nach Paragraph 44, a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

Gemäß Paragraph 44 a, Ziffer eins, VStG hat der Spruch des Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Um den Erfordernissen dieser Gesetzesstelle zu entsprechen, hat der Spruch des Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu beschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, durch die die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

Anstatt nun die als erwiesen angenommene Tat kompakt und zusammenfassend im Spruch darzulegen, übernimmt die belangte Behörde offenkundig einfach Ausschnitte aus einem Bericht des beigezogenen gewerbetechnischen Amtssachverständigen, ohne diesen sprachlich auf die Erfordernisse einer spruchgemäßen Tatanlastung anzupassen (so ist etwa davon die Rede, dass „dem Sachverständigen“ Unterlagen vorliegen…), sodass nicht einmal klar ist, ob es sich dabei lediglich um die Meinung des Sachverständigen oder jener der Behörde handelt. Nach dem Ende des Zitates folgt dann die Feststellung, dass „dies eine genehmigungspflichtige Änderung darstelle“. Dabei wird wiederum übersehen, dass diese Aussage insofern einer Konkretisierung bedarf, als im Spruch (im Übrigen findet sich dazu auch in der Begründung nichts) einer Übertretung nach Paragraph 366, Absatz eins, Ziffer 3, GewO 1994 jedenfalls darzulegen ist, aus welchen Erwägungen heraus von einer Genehmigungspflicht auszugehen ist, d.h. die Behörde muss darlegen, welche nach Paragraph 74, GewO 1994 geschützten Interessen (also z.B. Gesundheitsgefährdung von Menschen, Belästigungen von Nachbarn etc.) durch die konsenslose Änderung der Betriebsanlage beeinträchtigt sind.

Die Behörde übersieht nämlich, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Spruchgestaltung in Verwaltungsstrafverfahren betreffend Betriebsanlagen bei der als erwiesen angenommenen Tat (Paragraph 44 a, Ziffer eins, VStG) unter anderem ein konkreter Vorwurf erhoben werden muss, wonach der Betrieb einer Betriebsanlage geeignet sei, die in Paragraph 74, Absatz 2, GewO 1994 genannten Interessen zu beeinträchtigen und daher von einer Genehmigungspflicht auszugehen sei vergleiche VwGH 22.12.1992, 91/04/0199, 27.04.1993, 92/04/0221 ua.). Es muss also dem Spruch entnommen werden können, worin die Behörde konkret eine Beeinträchtigung der Schutzinteressen nach Paragraph 74, Absatz 2, GewO 1994 durch (hier) die Änderung der Anlage sieht. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn dem Spruch entnommen werden kann, dass eine Gefährdung von Menschen oder etwa eine Belästigung der Nachbarn (diese müssen tatsächlich vorhanden sein!) durch den Lärm bzw. Geruch in der Betriebsanlage vergleiche etwa die Formulierung in dem der Entscheidung des VwGH vom 27.04.1993, 92/04/0221 zugrundeliegenden Straferkenntnis: „…wodurch die Anlage geeignet ist, Nachbarn bei Brand bzw. durch die mit der unsachgemäßen Lagerung zusammenhängenden Verunreinigungen des Geländes zu gefährden bzw. Nachbarn bei den mit der Lagerung zusammenhängenden Manipulationsarbeiten durch Lärm und Staub zu belästigen.“) gegeben ist. Dazu genügt es in der Regel, auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückzugreifen (VwGH 20.09.1994, 94/02/0068). Dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist dazu jedoch nichts zu entnehmen.

Dem Landesverwaltungsgericht Tirol wäre es nun unbenommen, seine rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes an die Stelle jener der Behörde zu setzen. Innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist (siehe dazu aber unten) wäre es auch möglich, die Tat noch um Sachverhaltselemente zu ergänzen, die die Tat im erforderlichen Ausmaße konkretisieren. Dabei wäre jedoch zu beachten, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche etwa VwGH 22.02.1996, 95/06/0031) die Beschwerdeinstanz trotz ihrer Berechtigung, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, auf die Ahndung der dem Beschuldigten im behördlichen Strafverfahren zur Last gelegten Tat beschränkt bleibt. Sache des Beschwerdeverfahrens ist immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Behörde bildet. Das Landesverwaltungsgericht ist daher nur im Rahmen der von der Behörde vorgeworfenen Sache zu einer Spruchänderung berechtigt. Wechselt die Beschwerdeinstanz die von der Behörde als erwiesen angenommene Tat aus oder ergänzt sie die Tat um eine weitere, so nimmt sie eine ihr nicht zustehende Befugnis in Anspruch vergleiche VwGH 22.01.2002, 99/09/0050). Dies wäre etwa dann der Fall, wenn das Landesverwaltungsgericht Tirol erstmals im Beschwerdeverfahren dem Beschuldigten zu Last legen würde, dass bestimmte Interessen nach Paragraph 74, Absatz 2, GewO 1994 durch die Tathandlung beeinträchtigt worden wären.

Im vorliegenden Fall ist dabei jedoch zu berücksichtigen, dass nach Paragraph 32, Absatz 2, VStG eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigter gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung, etc) ist, und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat. Um den Eintritt der Verfolgungsverjährung auszuschließen, muss die Verfolgungshandlung – hier binnen 1 Jahr - wegen eines bestimmten Sachverhaltes erfolgen und sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente beziehen. Nur dann unterbricht eine Verfolgungshandlung die Verjährung.

Eine Verfolgungshandlung muss, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, u.a. wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhaltes erfolgen. Dies erfordert, dass sie sich auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat. Die Berichtigung oder Ergänzung eines Tatbestandsmerkmales durch das Landesverwaltungsgericht setzt voraus, dass innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist eine entsprechende Verfolgungshandlung hinsichtlich dieses Merkmales erfolgt ist. Innerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist (die Behörde geht von einer Tatzeit 14.3.2017) wurde jedoch kein den oben skizzierten Voraussetzungen entsprechender Tatvorwurf erhoben, zumal – wie beschrieben – zur Beeinträchtigung der Interessenslage kein Vorhalt erhoben wurde. Es war daher schon aus diesem Grunde spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt 2.:

Unter diesem Spruchpunkt wurde die Nichteinhaltung zweier Bescheidauflagen zur Last gelegt. Dabei fällt zunächst auf, dass die Behörde die Nichteinhaltung zweier Bescheidauflagen lediglich als ein Delikt angesehen hat. Tatsächlich hätte die Behörde jedoch zwei Übertretungen des Paragraph 367, Ziffer 25, GewO 1994 zu Last legen müssen vergleiche Ziermann in Stolzlechner/Wendl/Bergthaler (Hrsg), Die gewerbliche Betriebsanlage4, 2016, Rz 391k, 10.1).

Unabhängig davon finden sich auch hier wiederum weitwendige Ausführungen in Form von Zitaten aus einer Stellungnahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen. Eine konkrete, nachvollziehbare Subsumtion der Ausführungen des Sachverständigen unter die beiden Auflagenpunkte fehlt jedoch. Die Behörde führt also selbst mit keinem Wort an, warum sie davonausgeht, dass diese beiden Auflagen nicht eingehalten worden sein sollen.

Nach der Auflage 1 des Bescheides vom 23.11.1998, Zl. **** ist das Betriebstagebuch in der Betriebsanlage zur jederzeitigen Einsichtnahme für Vertreter der Behörde aufzulegen. Aus den Ausführungen im Spruch kann nun nicht ansatzweise abgeleitet werden, dass ein Betriebstagebuch nicht aufgelegt war. Dass allenfalls kein Betriebstagebuch „übermittelt“ wurde, ist nach dieser Auflage nicht gefordert.

Auflage 2 lautet wie folgt: „Die Abluftreinigungsanlage (Biofilteranlage) ist entsprechend den Herstellerangaben so zu betreiben und zu warten, dass bei regelmäßigen Betriebsbedingungen die obengenannten vom Hersteller Anlage garantierten Grenzwert eingehalten werden.“

Eine konkrete Aussage dazu, ob nun die Anlage so betrieben und gewartet wurde, dass „bei regelmäßigen Betriebsbedingungen“ die vom Hersteller der Anlage garantierten Grenzwerte zum Tatzeitpunkt nicht eingehalten werden, ist in den weitwendigen Ausführungen im Spruchpunkt 2. nicht zu finden. Es hätte daher einer konkreten Angabe jener Grenzwerte bedurft, die vom Hersteller der Anlage lt. Genehmigungsbescheid garantiert werden (siehe dazu etwa Seite 5 des zitierten Genehmigungsbescheides) und wären diesen konkrete Feststellungen des Sachverständigen gegenüberzustellen gewesen, die darlegen, dass diese Grenzwerte bei regelmäßigen Betriebsbedingungen zur angenommen Tatzeit 14.3.2017 nicht eingehalten worden sind. Dazu wird lediglich auf ein Serviceprotokoll aus dem Jahr 2016 verwiesen und dass keine Unterlagen und Bestätigungen vorlägen, die „diese Abweichungen begründen und keine Dokumente, aus denen hervorgeht, dass diese Abweichung behoben wurde“. Die weiteren Ausführungen im Spruch stehen in keinem Zusammenhang mit der Frage, ob nun diese Auflage eingehalten ist oder nicht.

Insgesamt lässt sich daher der angeführte, z.T. völlig themenfremde Sachverhalt nicht ansatzweise in einer für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Klarheit unter den Auflagenpunkt 2 subsumieren und war daher auch diesbezüglich wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Nur ergänzend wird angemerkt, dass im Spruch des angefochtenen Bescheides auch die Strafsanktionsnorm (Paragraph 44 a, Ziffer 3, VStG) nicht angeführt wurde. Die Strafsanktionsnorm wäre diesfalls „§ 367 Einleitungssatz GewO 1994“ gewesen (siehe zu alledem VwGH 26.4.1994, 94/04/0004).

III.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist sowohl im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren als auch im gegenständlichen führerscheinrechtlichen Verfahren unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision war daher auszuschließen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Franz Triendl

(Richter)

European Case Law Identifier

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.22.0852.2