Gericht

Landesverwaltungsgericht Tirol

Entscheidungsdatum

28.06.2017

Geschäftszahl

LVwG-2017/18/0840-2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Alois Huber über die Beschwerde des AA, Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 22.02.2017, Zl ****, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Beschwerdeverhandlung

zu Recht erkannt:

1.           Gemäß Paragraph 50, VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe auf Euro 250,00, im Uneinbringlichkeitsfall zweieinhalb Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.

Demgemäß wird der Verfahrenskostenbeitrag in erster Instanz gemäß Paragraph 64, Absatz 2, VStG mit Euro 25,00 neu bestimmt.

Der Spruch des Straferkenntnisses wird überdies insoferne berichtigt, als die Tatzeit auf „jedenfalls vom 15.06.2016 bis 25.07.2016“ eingeschränkt wird.

2.           Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Paragraph 25 a, VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133, Absatz 4, B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 22.02.2017, Zl ****, wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Sie haben es zu verantworten, dass Sie selbstständig und regelmäßig, in der Absicht einen Ertrag bzw. einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, das freie Gewerbe „Fensterputzer“, zumindest seit 15.06.2016 (Sachverhaltsdarstellung des AMS) bzw. 25.07.2016 (Aufruf der Homepage durch die Bezirkshauptmannschaft Y) angeboten bzw. ausgeübt haben, indem Sie auf der Ihnen zuordenbaren Homepage http://www.****.at/ ohne über die entsprechende Gewerbeberechtigung erlangt zu haben, ihre Dienstleistungen anbieten.

Gemäß Paragraph eins, Absatz 4, GewO 1994 gilt: Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen (…) wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

Die oben dargestellte Verwaltungsübertretung wurde der Bezirkshauptmannschaft Y durch eine Sachverhaltsdarstellung der Arbeitsmarktservice Österreich vom 15.06.2016 bekannt.“

Dem Beschuldigten wurde eine Verwaltungsübertretung nach Paragraph 366, Absatz eins, Ziffer eins, GewO 1994 zur Last gelegt und wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 400,00, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von vier Tagen, verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis hatte der Beschuldigte fristgerecht Beschwerde erhoben. In dieser Beschwerde führte der Beschuldigte aus, dass er seine Aussage anlässlich seiner Einvernahme vom 22.08.2016 (bei der Bezirkshauptmannschaft Y) als Begründung dieser Beschwerde aufrecht erhalte und er ergänzen möchte, dass er nach wie vor der Ansicht sei, dass eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorgegeben sei. Er ersuche um Behebung des Straferkenntnisses, in eventu um Herabsetzung des Strafbetrages, wenn seiner Argumentation nicht gefolgt werden könne.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde ausdrücklich beantragt.

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, dass das Arbeitsmarktservice Y mit Schreiben vom 15.06.2016 der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Tirol, mitgeteilt hat, dass der Beschuldigte beim Arbeitsmarktservice Y einen Antrag auf Geldleistungen gestellt hat und für die Arbeitssuche vorgemerkt ist. In diesem Schreiben wird wie weiters mitgeteilt, dass Informationen vorliegen, wonach der Beschuldigte einer selbstständigen Tätigkeit nachgeht, welche dem Arbeitsmarkservice nicht gemeldet worden ist. In diesem Schreiben wird weiters ausgeführt, dass naheliegend ist, dass er aus dieser Tätigkeit auch ein Einkommen erzielt. Hinweise für die vermutete Tätigkeit sind laut diesem Schreiben seine Homepage auf www.****.at.

Die angeführte Einschaltung des Beschuldigten unter www.****.at hat folgenden Inhalt:

„Der BB

Private und Sorgfältige Fensterreinigung im X

Der BB im X

AA

A-**** Z

Mobil ****

E-Mail ****@****.at

Kleinunternehmer gemäß §6(1)27 USTG

AA

**** W

Gebäudereiniger Handwerk

Gemäß §19 HwO

V“

Der Beschuldigte ist seit 29.04.2014 mit Hauptwohnsitz in **** Z, Adresse 1 gemeldet (Abfragedatum 07.07.2016).

Mit 25.07.2016 wurde seitens der Bezirkshauptmannschaft Y unter www.****.at die Homepage des Beschuldigten eingesehen, dort heißt es unter anderem:

„Servus und Grüß Gott,

schön das Sie vorbei schauen.

Sie befinden sich auf der Seite des römisch zehn Fensterputzers.

Ich putze nicht nur im römisch zehn auch in all den anderen Tälern des Bezirks U.

Seit Juni 2016 auch in Y.

Hauptsächlich putze ich private Haushalte.

Hier zeigt sich ein Trend,den Wintergarten will keiner so Recht putzen.“

Seine Leistungen werden in dieser Homepage wie folgt angeboten:

„Leistungen

Fensterreinigung incl. Rahmen innen/ außen

Fenstergrundreinigung incl.Rahmen innen /außen

Wintergartenreinigung

Wintergartenreinigung Grundreinigung

Kunststoff Rahmen Oberflächenversiegelung

Nano Versiegelung

Solar/Elektrovoltaik Reinigung

Reinwasser Reinigung new

Ich reinige ausschließlich mit Reinwasser,das heißt Osmose Umkehr und Harz Filter erzeugen dieses 100% reines Wasser.

Sie erhalten eine Nebel und Schleierfreie Reinigung.

Wintergärten reinige ich bis 16 Meter mit Reinwasser.

Fensterreinigung ist im Herbst/Winter bis zu ca. -2 Grad kein Problem.

Für einen qualitativ glasklaren Durchblick sorge ich in Privathaushalten, Wohnung, Haus und Wintergarten.

Ebenso in Hotel, Gewerbe und dem Kommunal Bereich.

Ich arbeite gerne mit pauschalen Preisen.

Das gibt Ihnen die Sicherheit, eine klar abgegrenzte Leistung zu einem pauschalierten Preis zu erhalten.

Spezielle Arbeiten werden nach Zeit und Aufwand verrechnet.

Diese Kosten werden im vorhinein definiert.

Mein Stundensatz ist 49,50 € incl. MWST

Fahrtkosten Pauschale Y/U 18,50 incl.MWST

Z ohne Berechnung“

Der Beschuldigte wurde aufgrund der dargestellten Mitteilung des Arbeitsmarktservice vom 15.06.2016 am 12.07.2016 von der Finanzpolizei Y einvernommen. Dabei bestätigte er, dass die angeführte Webadresse ihm gehört und er dafür bezahlt hat. Weiters gab er an, dass er im Bezirksblatt X-T acht bis zehn Mal für den Fensterputzer im römisch zehn geworben hat und dafür je Ausgabe Euro 110,00 bezahlt hat. Zudem gab er an, dass er mit dem Unternehmen seit Mai 2016 auftritt und bislang acht Aufträge ausschließlich an Privatkunden ausgeführt hat.

Diese Feststellungen ergeben sich insbesondere aus der im erstinstanzlichen Akt erliegenden Anzeige des Arbeitsmarktservice Y vom 15.06.2016 an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft. Zudem ist auf die Werbeeinschaltungen des Beschuldigten, die zitiert worden sind, auf die Ausdrucke dieser Einschaltungen zu verweisen, die sich im erstinstanzlichen Akt finden. Am 25.07.2016 hat offenbar die Bezirkshauptmannschaft Y für diesbezüglich diese Seiten abgefragt. Hinsichtlich der Angaben des Beschuldigten betreffend die Werbeeinschaltungen bzw die tatsächliche Ausübung dieser Tätigkeiten ist auf seine Angaben im bereits erwähnten Protokoll betreffend seine Einvernahme bei der Finanzpolizei Y zu verweisen.

In rechtlicher Hinsicht ist dazu auszuführen, dass der Beschuldigte damit zweifelsfrei jedenfalls das freie Gewerbe „Fensterputzer“ in der Zeit vom 15.06.2016 bis 25.07.2016 ausgeübt hat. In dieser Zeit hat er nicht nur für diese Tätigkeiten geworben, sondern auch, wie er selbst bestätigt, in jedenfalls acht Fällen auch diesbezüglich Aufträge durchgeführt. Zudem ist auszuführen, dass nach Paragraph eins, Absatz 4, GewO 1994 das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten wird. Aufgrund der angeführten Werbeeinschaltungen im Internet ist jedenfalls davon auszugehen, dass der Beschuldigte diese Tätigkeiten an einen größeren Kreis von Personen angeboten hat.

Zum Einwand, dass der Beschuldigte in Deutschland über eine aufrechte Gewerbeberechtigung verfügen würde und diese Tätigkeiten im Rahmen einer grenzüberschreitenden Dienstleistung ausgeführt hätte, ist anzuführen, dass der Beschuldigte, wie schon dargelegt, mit Hauptwohnsitz in Z gemeldet ist. Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates der EU oder eines Vertragsstaates des EWR, die in einem anderen Mitgliedsstaat der EU oder Vertragsstaates EWR niedergelassen sind und dort eine Tätigkeit befugt ausüben, auf die die Bestimmungen der Gewerbeordnung anzuwenden wären, dürfen diese Tätigkeit vorübergehend und gelegentlich unter den gleichen Voraussetzungen wie Inländer in Österreich ausüben.

Im gegenständlichen Fall hat der Beschuldigte jedoch seinen Hauptwohnsitz in Z und bewirbt sein Unternehmen auch für diesen Ort. Darüber hinaus kann in keiner Weise davon gesprochen werden, dass die vom Beschuldigten beworbenen Tätigkeiten und auch tatsächlich ausgeübten nur vorübergehender und gelegentlicher Natur gewesen seien. Damit liegen die Voraussetzungen für eine grenzüberschreitende Dienstleistung nicht vor.

Somit hat der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Übertretung in objektiver Hinsicht erfüllt.

Zur subjektiven Tatseite, ist auszuführen, dass es sich im gegenständlichen Fall um ein Ungehorsamsdelikt handelt, bei dem der Beschuldigte gehalten gewesen wäre, mangelndes Verschulden nicht nur zu behaupten sondern auch zu belegen. Dies ist ihm nicht gelungen. Damit ist auch die subjektive Seite erfüllt.

Die einschlägige Strafbestimmung sieht Geldstrafen bis zur Höhe von Euro 3.600,00 vor.

In ihrer Begründung der Strafbemessung ging die Erstbehörde nicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten ein. Diese wurden gar nicht erwähnt. Aufgrund der dargelegten Umstände ist jedoch davon auszugehen, dass jedenfalls unterdurchschnittliche Einkommensverhältnisse vorliegen. Diese Gegebenheiten und der Umstand, dass der Tatzeitraum eingeschränkt werden musste, veranlassten das Landesverwaltungsgericht Tirol, die Strafe schuld- und tatangemessen herabzusetzen.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen vergleiche Paragraph 54 b, Absatz eins, VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Alois Huber

(Richter)

European Case Law Identifier

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.18.0840.2