Landesverwaltungsgericht Tirol
22.04.2015
LVwG-2012/25/3324-16
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Alexander Hohenhorst über die Beschwerde von BB, CC, DD und EE, alle vertreten durch Rechtsanwalt, Adresse, vom 23.11.2012, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 08.11.2012, Zahl ****, betreffend Erteilung einer betriebsanlagenrechtlichen Genehmigung nach Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen
zu Recht erkannt:
1. Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als dem Anlagenbetreiber aus Sicht des Immissionsschutzes folgende weitere Auflagen vorgeschrieben werden:
a) Das Eingangstor zum Gebäude mit dem Mistcontainer darf nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß bei Zu- und Abfahrten geöffnet werden.
b) Bei der Führanlage hat im Bereich des planbefestigten Bodens neben dem regelmäßigen Entfernen der Exkremente nach jeder Nutzung mindestens zweimal am Tag (zu Mittag und am Abend nach Betriebsschluss) eine Reinigung mittels Besen zu erfolgen. Der Nachweis über die durchzuführende Reinigung ist einem Betriebsbuch zu dokumentieren. Das Betriebsbuch ist jederzeit für die Behörde zur Einsichtnahme bereit zu legen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Vorab ist festzuhalten, dass gemäß Artikel 151, Absatz 51, Ziffer 8, B-VG die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern aufgelöst wurden. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei den Unabhängigen Verwaltungssenaten anhängigen Verfahren geht gemäß der zitierten Verfassungsbestimmung auf die Verwaltungsgerichte über. Gemäß Paragraph 3, Absatz 7, Ziffer 2, Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl römisch eins 2013/33 in der Fassung BGBl römisch eins 2013/122, können die mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei den unabhängigen Verwaltungsbehörden anhängigen Verfahren von den Verwaltungsgerichten weitergeführt werden, wenn die Rechtssache in diesem Zeitpunkt zur Zuständigkeit eines einzelnen Mitglieds der unabhängigen Verwaltungsbehörde gehört hat, danach zur Zuständigkeit des Einzelrichters eines Verwaltungsgerichtes gehört und es sich um denselben Organwalter handelt. Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid erteilte die Bezirkshauptmannschaft Y Herrn AA gemäß
§§ 77 Absatz eins und 74 Absatz 2, GewO 1994 in Verbindung mit Paragraph 93, Absatz 2, ArbeitnehmerInnenschutzgesetz die gewerberechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Reitsportzentrums in Z Gste Nr. ***1/12, ***1/13 und ***1/14 nach Maßgabe der einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides bildenden Pläne und sonstigen Unterlagen bei Einhaltung zweier Auflagen. Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige, nunmehr als Beschwerde geltende Berufung der hier im Spruch angeführten Rechtsmittelwerber. Diese bringen durch ihren Rechtsvertreter zusammengefasst vor, dass der bekämpfte Bescheid an Begründungsmängel leide, sodass eine Überprüfung der Entscheidung auf inhaltliche Rechtsmäßigkeit nicht möglich wäre. Es sei eine Bewilligung erteilt worden, ohne dass ein Ansuchen vorliege, das den Anforderungen des Paragraph 353, GewO gerecht werde. Es fehlten Emissionsgutachten zu den Emissionsarten Geruch, Staub und Ammoniak. Es hätte eine Ausbreitungsberechnung auf Basis der meteorologischen Daten stattfinden müssen, die am Standort gemessen wurden. Die gemessene Windrichtungshäufigkeit in römisch zehn sei nur bedingt geeignet. Die öRL (Vorläufige Richtlinie zur Beurteilung von Immissionen aus der Nutztierhaltung und Stallungen) sei nicht geeignet zur Berechnung der erforderlichen Mindestabstände. Deren Anwendung im Gewerbeverfahren wäre nicht zulässig. Der Gesamtschwerpunkt wäre falsch berechnet worden. Eine Abstandsberechnung anhand VDI 3894, Blatt 2 würde nur eine erste Abschätzung darstellen, weshalb Messungen durchzuführen seien. Die Abstände der Betriebsanlage zu den Beschwerdeführern seien zu gering. Die Lärmprognose wäre ungeeignet, das Gutachten nicht schlüssig, weshalb dagegen gar kein Gegengutachten nötig sei. Allfällige Emissionen zur Hackschnitzelheizung müsste der Gewerbetechniker beurteilen. Es werde deshalb beantragt, den angefochten Bescheid dahingehend abzuändern, dass der verfahrenseinleitende Antrag des AA zurück- bzw. abgewiesen werde.
In der Gegenäußerung des Konsenswerbers zu diesem Rechtsmittel wird den Beschwerdeargumenten entgegengetreten und beantragt, den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 08.11.2012 zu bestätigen.
In der mündlichen Verhandlung am 06.08.2013 gaben sowohl der immissionstechnische als auch der agrartechnische und gewerbetechnische Amtssachverständige auf Befragen an, dass die vorhandene Betriebsbeschreibung so detailliert ist, dass für den jeweiligen Sachverständigen auf seinem Fachgebiet eine Prüfung möglich war, ob und welche Schutzinteressen berührt werden und welche Auflagen erforderlichenfalls notwendig sind.
In der Verhandlung bemängelte der Privatsachverständige der Beschwerdeführer Prof. Dr. GG, dass seitens der Amtssachverständigen nur der Stall und nicht die übrigen Geruchsquellen wie Longierhalle und die im freien befindlichen Reitflächen und die Reithalle selbst berücksichtigt worden wären. Er widersprach deren Argument, dass diese Flächenquellen keinen Beitrag zur Geruchsemission darstellen würden. Zur Abschätzung der Immission und der sich daraus ergebenden Geruchsbelästigung brachte Dr. GG vor, dass diese seitens des Amtssachverständigen anhand von Richtlinien durchgeführt würden. Aus fachlicher Sicht gäbe es keinen Grund, warum keine Ausbreitungsberechnung für den Standort durchgeführt wurde. Die Durchführung einer Ausbreitungsberechnung würde kein grundsätzliches Problem darstellen und wäre machbar. Im Hinblick darauf, dass im Mittelgebirge eine Vielzahl von meteorologischen Messungen bereits durchgeführt wurde, halte er es nicht unbedingt für erforderlich, am Standort eine meteorologische Messung durchzuführen.
Der agrartechnische Amtssachverständige führte zusammengefasst aus, dass er bezüglich der Festlegung der Immissionspunkte solche Berechnungen vornimmt. Dabei stützt er sich auf einschlägige Unterlagen einer Bundesversuchsanstalt für Landwirtschaft. Ihm sind keine Publikationen bekannt, wonach bei der Immissionsbeurteilung von Reitunternehmen Emissionspunkte außerhalb geschlossener Räumlichkeiten nicht in Betracht kämen. Seine Erhebungen beruhen auf dem Vergleich von anderen Reitanlagen in römisch fünf, T und H.
Der immissionstechnische Amtssachverständige führte aus, dass sein im erstinstanzlichen Akt befindliches Gutachten auf eigenen Erkundigungen und Schlussfolgerungen beruht und nicht auf dem Gutachten des agrartechnischen Amtssachverständigen aufbaut. Der antragsgegenständliche Betrieb ist im Hinblick auf Dimension und Konzeption ähnlich der Vergleichsanlage in H. Auf die Themenbereiche Geruch, Staub und Ammoniak ist er in seiner Stellungnahme anlässlich der Verhandlung vom 20.06.2012 und in der Stellungnahme vom 20.09.2012 eingegangen. Der Mindestabstand zum Schutz vor Immissionen basiert auf der Geruchsschwelle. Die Belästigungsgrenze liegt etwa bei der Hälfte dieser Entfernung. Der Mindestabstand zu den Nachbarn in Bezug auf die Belästigungsgrenze wäre im gegenständlichen Fall auch noch eingehalten, wenn die Begrenzungslinie auf die Longierhalle und die Reithalle (bezogen auf den Dachfirst) ausgedehnt würde. Die Mindestabstände beruhen auf der Geruchsschwelle, die wiederum auf empirischen Erfahrungen (Geruchsbegehungen) bei verschiedenen Betrieben beruht. Die Reithalle ist deshalb aus Sicht des Amtssachverständigen immissionstechnisch nicht relevant, weil nur in 9,00 m Höhe eine Dachfirstöffnung vorhanden ist. Zum Hinweis von Prof. GG, dass die neu erschienene Richtlinie VDI 3894 als Stand der Technik anzusehen wäre, weil diese im Gegensatz zur alten öRL nicht auf 8 Windsektoren zu 45°, sondern auf 36 Windsektoren mit 10° basiert, führte der immissionstechnische Amtssachverständige aus, dass die Voraussetzungen für eine Anwendung der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 2, in diesem Fall nicht gegeben sind, was Prof. GG auch mehrmals in seiner Stellungnahme erwähnt hat.
Dieser führte dazu aus, dass es aus seiner Sicht nicht gerechtfertigt wäre, aufgrund des Umstandes, dass nach der VDI-Richtlinie eine Berechnung nicht richtlinienkonform durchgeführt werden kann, an deren Stelle die alte öRL Richtlinie herangezogen wird. Seines Erachtens bestünde die korrekte Vorgangsweise in der Durchführung einer Ausbreitungsberechnung.
Dem entgegnete der immissionstechnische Amtssachverständige, dass die öRL in diesem Fall auch deswegen angewendet wurde, da die nächst gelegenen Nachbarn in östlicher und südlicher Richtung abseits der Hauptwindrichtung liegen. Aus dem Ergebnis der österreichischen Richtlinie ist bekannt, dass sich in den Hauptwindrichtungen (hiervon betroffen auch die Kaltluftabflüsse) Unterschätzungen ergeben, in den Nebenwindrichtungen jedoch Überschätzungen. Damit ist das Ergebnis abgesichert.
Dazu legte der immissionstechnische Amtssachverständige in der Verhandlung eine Ausbreitungsberechnung eines Amtssachverständigen für Meteorologie vor, erläuterte diese und deren Ergebnisse und gab diese zum Akt.
Der gewerbetechnische Amtssachverständige hielt fest, dass eine Lärmprognose seinerseits nicht abgegeben wurde, sondern diese bereits dem Einreichoperat beigelegen ist. Er hat sich aus lärmtechnischer Sicht diesem immissions- bzw. emissionstechnischen Gutachten vollinhaltlich angeschlossen, was für ihn bedeutet, dass dieses Gutachten in fachlicher Hinsicht zutreffend ist. Die Beurteilung allfälliger Emissionen der Hackschnitzelheizung wurde im baurechtlichen Verfahren seitens der Gemeinde Z durchgeführt, weshalb dies von ihm im betriebsanlagenrechtlichen Verfahren nicht mehr zu erledigen ist. Die Emissionsbegrenzungen sind bereits in der Tiroler Heizungsanlagenverordnung 2000 festgesetzt.
Seitens des Rechtsvertreters der Beschwerdeführer wurde die gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. GG vom 07.09.2013 zur Ausbreitungsberechnung von Geruchsstoffen in der Reitsportanlage in Z vorgelegt. Zusammenfassend rügt der Verfasser insgesamt 8 Mängel in Bezug auf die durchgeführte Ausbreitungsberechnung.
Die Rechtsmittelbehörde beauftragte den immissionstechnischen Amtssachverständigen zur Äußerung zur Stellungnahme von Dr. GG vom 07.09.2013.
Dazu legte der immissionstechnische Amtssachverständige seine Stellungnahme vom 25.02.2015 vor, in deren Anhang A Geruchsausbreitungsberechnungen mit dem Programmpaket GRAMM/GRAL und der Software AUSTAL2000, die vom meteorologischen Amtssachverständigen durchgeführt wurden, beigeschlossen war sowie im Anhang B das Ergebnis der insgesamt 35 Geruchsbegehungen im Bereich der Betriebsanlage zwischen 27.09.2013 und 08.02.2015.
Diese Gutachten wurden in der mündlichen Verhandlung am 13.04.2015 erörtert. Dabei korrigierten der immissionstechnische und der meteorologische Amtssachverständige jeweils einen Schreibfehler in ihren Gutachten. Der immissionstechnische Amtssachverständige führte darüber hinausgehend aus, dass im Hinblick auf die baulichen Ausführungen die Anlage projektgemäß ausgeführt wurde. Die bei seinen zahlreichen Begehungen vorgefundene Situation (die Anlage befindet sich seit Jänner 2014 in Vollbetrieb) deckte sich hinsichtlich der Betriebsführung mit der Projektbeschreibung unter Berücksichtigung der Umsetzung der von ihm auf Seite 8, Punkt römisch IV. 4 seiner Stellungnahme vom 25.02.2015 vorgeschlagenen zwei weiteren Auflagen. Die Regeln, die die Stallordnung vorsieht, wurden bei seinen Begehungen regelmäßig eingehalten.
Diesbezüglich stellte der Antragsteller klar, dass die im Akt befindliche Stallordnung als Gegenstand des Einreichprojekts zu betrachten ist. Der Konsenswerber erklärte sich ausdrücklich mit der Vorschreibung der vom immissionstechnischen Amtssachverständigen in seiner Stellungnahme vom 25.02.2015 unter Punkt römisch IV. 4 vorgeschlagenen ergänzenden Nebenbestimmungen einverstanden.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat hierzu wie folgt erwogen:
Gegenstand der rechtlichen Beurteilung ist das bei der Bezirkshauptmannschaft Y am 14.10.2011 zur Bewilligung eingereichte Projekt, welches auch die Stallordnung umfasst, unter Berücksichtigung der in der erstinstanzlichen und zweitinstanzlichen Entscheidung vorgeschriebenen Nebenbestimmungen.
Die Rechtsmittelbehörde stützt ihre fachliche Feststellung auf die im Verfahren abgegebenen Stellungnahmen des immissionstechnischen, meteorologischen, agrartechnischen sowie gewerbetechnischen Amtssachverständigen. Die Beschwerdeführer traten gestützt auf ihren Privatsachverständigen Prof. Dr. GG verschiedenen Aussagen der Amtssachverständigen (mit Ausnahme des gewerbetechnischen Amtssachverständigen) entgegen. Diese Bedenken hat Prof. GG in der Zusammenfassung seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 07.09.2013 in insgesamt 8 Punkten festgehalten. Diese Rügen wurden seitens des immissionstechnischen und des meteorologischen Amtssachverständigen in ihren Stellungnahmen vom 25.02.2015 bzw. 23.02.2015 vollständig abgearbeitet. Bei der Erörterung dieser Stellungnahmen in der mündlichen Verhandlung am 13.04.2015 traten die Beschwerdeführer diesen Ausführungen der Amtssachverständigen und den von ihnen daraus gezogen Schlüssen nicht mehr entgegen. Der immissionstechnische Amtssachverständige führt in seiner Stellungnahme vom 25.02.2015 abschließend aus, dass durch die nunmehr zusätzlichen Ergebnisse der Ausbreitungsmodellierungen und Geruchsbegehungen sich bei den ursprünglich getroffenen Kernaussagen keine Änderungen ergeben. Damit ist das immissionstechnische Gutachten vom 20.09.2012, welches im erstinstanzlichen Verfahren abgegeben wurde, bestätigt, in dem der Sachverständige die Prognose aufstellt, dass bei Ausführung und Betrieb laut Projekt die Mindestabstände zum Schutz vor Immissionen zu den nächst gelegenen Wohnsiedlungen eingehalten sind.
Unter den gegebenen Umständen hat für das Landesverwaltungsgericht keinen Grund bestanden, an die Richtigkeit der von den Amtssachverständigen gezogenen Schlussfolgerungen irgendeinen Zweifel zu hegen.
Soweit in der Beschwerde Begründungsmängel gerügt wurden, sind diese insofern geheilt, als die Begründung der Rechtsmittelentscheidung an die Stelle jener der Erstbehörde tritt.
Zur Rüge, dass eine Bewilligung erteilt worden wäre, ohne dass ein Ansuchen vorgelegen sei, das den Anforderungen des Paragraph 353, GewO gerecht wird, ist festzuhalten, dass der Betriebsbeschreibung die Bedeutung zukommt, dass auch in der Folge noch überprüft werden kann, in welcher Ausführung und mit welcher Ausstattung die Anlage genehmigt worden ist. Der Betriebsbeschreibung kommt somit insofern wesentliche Bedeutung zu, als sie die Grundlage der Beurteilung bildet, welche von der Betriebsanlage ausgehenden und auf die Nachbarliegenschaften einwirkenden Emissionen zu erwarten sind. Auch bestimmt sie die normative Tragweite des Genehmigungsbescheides. Die Betriebsbeschreibung muss daher, um den genannten Erfordernissen zu entsprechen, insbesondere präzise Angaben zu all jenen Faktoren enthalten, die für die Beurteilung der auf den Nachbarliegenschaften zu erwartenden Immissionen von Bedeutung sind (VwGH 25.11.1997, 95/04/0125). Die Betriebsbeschreibung muss daher so detailliert sein, dass eine Prüfung möglich ist, ob und welche Schutzinteressen berührt und welche Auflagen erforderlichenfalls nötig sind. Die Amtssachverständigen haben bestätigt, dass das Einreichprojekt diesen Kriterien gerecht geworden ist. Für die Betriebsbeschreibung und das Abfallwirtschaftskonzept wurden überdies die amtlichen Vordrucke verwendet. In mehreren Nachreichungen hat der Konsenswerber die von der Behörde eingeforderten Angaben nachgereicht. Die geforderten Plansätze sind vorhanden. Im Durchführungserlass zur Gewerberechtsnovelle 1988 wird auch klargestellt, dass der Genehmigungswerber zur Vorlage von Unterlagen über Art und Ausmaß der von der Anlage voraussichtlich verursachten Immissionen nicht verhalten werden kann, da die Feststellung über Art und Ausmaß der zu erwartenden Immissionen Gegenstand des Beweises durch Sachverständige im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ist.
Gutachterliche Aussagen zu Geruch, Staub und Ammoniak finden sich in der Stellungnahme des immissionstechnischen Amtssachverständigen vom 20.09.2012 auf den Seiten 4 bis 6.
Die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, dass die Anwendung der öRL (Vorläufige Richtlinie zur Beurteilung von Immissionen aus der Nutztierhaltung in Stallungen) im Gewerbeverfahren nicht zulässig wäre, ist nicht weiter begründet worden. Die VDI-Richtlinie 3894, Blatt 2, welche in Deutschland gilt, wurde vom immissionstechnischen Amtssachverständigen auch nicht zur Abstandsberechnung herangezogen. Der Amtssachverständige hat in der mündlichen Verhandlung am 06.08.2013 nachvollziehbar begründet, warum er in diesem Fall die öRL angewendet hat (Seite 5 des Verhandlungsprotokolls). Demnach liegen beide Nachbarn außerhalb des Mindestabstandes zum Schutz vor Immissionen.
Im Hinblick auf die Lärmprognose hat der gewerbetechnische Amtssachverständige klargestellt, dass er dazu kein Gutachten mehr zu erstatten hatte, da das Einreichoperat bereits eine Schallausbreitungsprognose enthält, welcher er sich inhaltlich voll angeschlossen hat. Geklärt ist auch, dass die Prüfung allfälliger Emissionen seitens der Hackschnitzelheizung im Bauverfahren behandelt wurde.
Die immissionsfachliche Stellungnahme vom 25.02.2015 hat jedenfalls ergeben, dass nach der deutschen Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) im Fall der Beurteilung von Geruchsimmissionen, verursacht durch Tierhaltungsanlagen, eine belästigungsrelevante Kenngröße zu berechnen und diese anschließend mit dem Immissionswert (10 % Jahresgeruchsstunden für den Wohnnachbarbereich) zu vergleichen ist. Die GIRL legt dabei folgende Gewichtungsfaktoren für die einzelnen Tierarten fest:
→ Mastgeflügel (Puten, Masthähnchen) -1,50
→ Mastschweine -0,75
→ Milchkühe mit Jungtieren -0,50.
Für Pferde werden keine Faktoren festgelegt. Da diese jedoch nach der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1, mit einem niedrigeren Emissionsfaktor eingestuft werden als Rinder, wäre der Belästigungsfaktor auch niedriger anzusetzen als bei Rindern. Bei einer Gleichbetrachtung wäre im Wohnnachbarschaftsbereich zumindest 20 % an Jahresgeruchsstunden (20 x 0,50 = 10) noch akzeptabel.
Dazu wird auf das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 22.03.2012, Az. M 11 K 10.1016, verwiesen, wo ausgeführt wird, dass „bei Pferden keinesfalls ein höherer Geruchsfaktor als bei Rindern angenommen werden kann. Insbesondere bei der Pferdepensionshaltung kann davon ausgegangen werden, dass die Pferde unter erhöhter Einstreuung besonders sauber gehalten werden…. Geruchsbedingte Störungen durch eine Pferdehaltung sind bekanntermaßen grundsätzlich deutlich geringer als etwa bei der Haltung von Rindern oder Schweinen“.
In der Stellungnahme vom 25.02.2015 führt der Sachverständige unter anderem aus, dass die über die Geruchsausbreitungsberechnung mit der Software AUSTAL2000 ermittelten Geruchshäufigkeiten bei den Wohnanrainern ohne Berücksichtigung des tierartspezifischen Belästigungsfaktors unterhalb des Immissionswertes nach GIRL (10 %) liegen. Diesbezüglich wäre für Pferde noch der Faktor –0,50 heranzuziehen, woraus sich ergibt, dass die Geruchshäufigkeiten tierartspezifisch bedingt nochmals zu halbieren sind.
Der meteorologische Amtssachverständige hat Geruchsausbreitungsberechnungen mit dem Programmpaket GRAMM/GRAL und mit der Software AUSTAL2000 durchgeführt. Auf diesen Ergebnissen aufbauend hat der immissionstechnische Amtssachverständige auf Seite 7 seines Gutachtens vom 25.02.2015 ausgeführt, dass bei der Anwendung des Ausbreitungsmodells GRAL im gegenständlichen Fall entsprechend den Vorgaben für die Fensterlüftung die Geruchsemissionen des Stallgebäudes um 50 % gegenüber den in der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1, angegebenen Werten zu reduzieren sind.
Als Immissions-Beurteilungsmaß sind nach den Festlegungen für die Anwendung von GRAL 15 % Jahresgeruchsstunden bei einer Geruchseinheit pro m³ (1 GE/m³) und 3 % Jahresgeruchsstunden bei drei Geruchseinheiten pro m³ (3 GE/m³) heranzuziehen. In den beiden Tabellen auf Seite 7 sind die Ergebnisse für die Jahre 2011, 2012 und 2013 errechnet. Die obere Tabelle ist ohne den Abzug für die Fensterlüftung berechnet und die untere Tabelle mit dem vorgegebenen Abzug für die Fensterlüftung. Aufpunkt süd steht für die Nachbarn CC, DD, EE und Aufpunkt ost für den Nachbarn BB.
Aus der Tabelle 3 (Geruchsstundenhäufigkeiten auf Basis der Geruchsmassenströme mit Reduzierung der Stallemissionen auf die Hälfte) ist somit zu ersehen, dass im Hinblick der Aufpunkte süd und ost das für die Anwendung von GRAL festgelegte Beurteilungsmaß (Immissionsgrenzwertpaar 15 % Jahresgeruchsstunden/ 1GE pro m³ sowie 3 % Jahresgeruchsstunden/ 3 GE pro m³) deutlich eingehalten ist.
Damit ergibt sich zusammengefasst, dass hinsichtlich der Standorte sämtlicher Beschwerdeführer der Mindestabstand zum Schutz vor Immissionen, bestärkt durch die Ergebnisse der Ausbreitungsmodellierungen, eingehalten ist.
Daraus folgt die abschließende rechtliche Beurteilung, dass das zur Bewilligung eingereichte Projekt unter Berücksichtigung der Vorschreibungen nicht geeignet ist, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, womit die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd. Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Hinweis:
Für die Vergebührung des Beschwerdeantrages (samt Beilagen) sind Euro 14,30 bei der Bezirkshauptmannschaft Y zu entrichten. Dieser Betrag ist binnen zwei Wochen nach Erhalt des Zahlscheines einzuzahlen.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Alexander Hohenhorst
(Richter)
ECLI:AT:LVWGTI:2015:LVwG.2012.25.3324.16